|
|
- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- X ZR 68/10
- vom
- 28. September 2011
- in dem Rechtsstreit
-
- Nachschlagewerk:
-
- ja
-
- BGHZ:
-
- nein
-
- BGHR:
-
- ja
-
- Klimaschrank
- ZPO § 148, § 543 Abs. 2, § 544; PatG §§ 81 ff.
- Auch im Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde ist im Rahmen der nach § 148 ZPO
- zu treffenden Ermessensentscheidung, ob ein Patentverletzungsrechtsstreit im Hinblick auf eine
- anhängige Patentnichtigkeitsklage ausgesetzt werden soll, nicht nur das Interesse an
- widerspruchsfreien Entscheidungen zu berücksichtigen, sondern auch das Interesse des
- Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des Verletzungsverfahrens. Dem Interesse
- des Verletzungsklägers kommt umso stärkeres Gewicht zu, je später die Nichtigkeitsklage
- erhoben worden ist.
- BGH, Beschluss vom 28. September 2011 - X ZR 68/10 - OLG Düsseldorf
- LG Düsseldorf
-
- -2-
-
- Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2011
- durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Gröning,
- Dr. Bacher, Hoffmann und die Richterin Schuster
- beschlossen:
- Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
- Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
- 8. April 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
- Der Gegenstandswert
- 1 Million Euro festgesetzt.
-
- des Beschwerdeverfahrens wird
-
- auf
-
- -3-
-
- Gründe:
-
- 1
-
- I.
-
- Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil die
-
- Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von
- Verfahrensgrundrechten
-
- gestützten
-
- Rügen
-
- nicht
-
- durchgreifen
-
- und
-
- die
-
- Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
- eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordern
- (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit
- gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
- 2
-
- II. Die von der Beklagten beantragte Aussetzung bis zur Entscheidung
- über die von ihr gegen das Klagepatent am 2. Dezember 2010 - knapp acht
- Monate
-
- nach
-
- Verkündung
-
- des
-
- angefochtenen
-
- Urteils
-
- -
-
- erhobene
-
- Nichtigkeitsklage hält der Senat nicht für zweckmäßig.
- 3
-
- Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Entscheidung über eine
- Nichtzulassungsbeschwerde in einem Patentverletzungsrechtsstreit gemäß
- § 148 ZPO ausgesetzt werden, wenn gegen das Patent, auf das die Klage
- gestützt wird, eine Nichtigkeitsklage anhängig ist. Damit wird dem Umstand
- Rechnung getragen, dass eine Änderung der Patentlage, insbesondere eine
- vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Patents, auch in der
- Revisionsinstanz zu
-
- berücksichtigen ist und im Verfahren über eine
-
- Nichtzulassungsbeschwerde zur Zulassung der Revision führt, wenn diese
- Änderung Auswirkungen auf die Entscheidung im Verletzungsrechtsstreit haben
- kann (BGH, Beschluss vom 6. April 2004 - X ZR 272/02, BGHZ 158, 372, 375 f.
- - Druckmaschinen-Temperierungssystem I).
-
- -4-
-
- 4
-
- Auch im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde liegt die
- Entscheidung über die Aussetzung, sofern die Voraussetzungen des § 148
- ZPO erfüllt sind, jedoch im Ermessen des Gerichts. Bei Ausübung dieses
- Ermessens kommt eine Aussetzung im Einzelfall auch dann in Betracht, wenn
- die Nichtigkeitsklage erst nach Abschluss der Tatsacheninstanzen im
- Verletzungsrechtsstreit erhoben worden ist, bei der in diesem Zusammenhang
- gebotenen vorläufigen Bewertung aber als erfolgversprechend anzusehen ist.
-
- 5
-
- Allerdings hat der Senat im Rahmen dieser Ermessensentscheidung
- nicht
-
- nur
-
- das
-
- Interesse
-
- an
-
- widerspruchsfreien
-
- Entscheidungen
-
- zu
-
- berücksichtigen. Er muss vielmehr alle für die Entscheidung relevanten
- Umstände in die zu treffende Abwägung einbeziehen. Zu diesen Umständen
- gehört
-
- das
-
- Interesse
-
- des
-
- Verletzungsbeklagten,
-
- nicht
-
- aus
-
- einem
-
- möglicherweise nichtigen Patent in Anspruch genommen zu werden, aber auch
- das Interesse des Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des
- Verletzungsverfahrens
-
- (BGHZ
-
- 158,
-
- 372,
-
- 376
-
- -
-
- Druckmaschinen-
-
- Temperierungssystem I). Letzterem kommt umso stärkeres Gewicht zu, je
- später die Nichtigkeitsklage erhoben worden ist. Wenn der Verletzungsbeklagte
- während der Tatsacheninstanzen des Verletzungsprozesses und während
- eines erheblichen Zeitraums nach deren Abschluss davon abgesehen hat, sich
- mit der Nichtigkeitsklage zu verteidigen und damit zeitnah Klarheit über den
- Bestand
-
- des
-
- Patents
-
- zu
-
- schaffen,
-
- kommt
-
- eine
-
- Verzögerung
-
- des
-
- Verfahrensabschlusses durch Aussetzung des an sich entscheidungsreifen
- Verfahrens
-
- über
-
- die
-
- Nichtzulassungsbeschwerde,
-
- die
-
- zulasten
-
- des
-
- Verletzungsklägers ginge, in der Regel nur dann in Betracht, wenn die
- Erfolgsaussicht der Nichtigkeitsklage offenkundig ist. Dies ist hier nicht der Fall.
- 6
-
- In der Konstellation des Streitfalls erscheint es deshalb zur Wahrung der
- berechtigten Interessen des Verletzungsbeklagten ausreichend und zumutbar,
-
- -5-
-
- die Verurteilung im Verletzungsrechtsstreit mittels einer Restitutionsklage
- entsprechend § 580 Nr. 6 ZPO (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29. Juli 2010
- - Xa ZR 118/09, GRUR 2010, 996 Rn. 12 - Bordako) anzugreifen, wenn das
- Patent nachträglich für nichtig erklärt wird.
- 7
-
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
- Meier-Beck
-
- Gröning
- Hoffmann
-
- Bacher
- Schuster
-
- Vorinstanzen:
- LG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.08.2006 - 4b O 136/03 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.04.2010 - I-2 U 108/06 -
-
|