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5.3 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZR 68/10
  4. vom
  5. 28. September 2011
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. Klimaschrank
  14. ZPO § 148, § 543 Abs. 2, § 544; PatG §§ 81 ff.
  15. Auch im Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde ist im Rahmen der nach § 148 ZPO
  16. zu treffenden Ermessensentscheidung, ob ein Patentverletzungsrechtsstreit im Hinblick auf eine
  17. anhängige Patentnichtigkeitsklage ausgesetzt werden soll, nicht nur das Interesse an
  18. widerspruchsfreien Entscheidungen zu berücksichtigen, sondern auch das Interesse des
  19. Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des Verletzungsverfahrens. Dem Interesse
  20. des Verletzungsklägers kommt umso stärkeres Gewicht zu, je später die Nichtigkeitsklage
  21. erhoben worden ist.
  22. BGH, Beschluss vom 28. September 2011 - X ZR 68/10 - OLG Düsseldorf
  23. LG Düsseldorf
  24. -2-
  25. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2011
  26. durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Gröning,
  27. Dr. Bacher, Hoffmann und die Richterin Schuster
  28. beschlossen:
  29. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
  30. Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
  31. 8. April 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  32. Der Gegenstandswert
  33. 1 Million Euro festgesetzt.
  34. des Beschwerdeverfahrens wird
  35. auf
  36. -3-
  37. Gründe:
  38. 1
  39. I.
  40. Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil die
  41. Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von
  42. Verfahrensgrundrechten
  43. gestützten
  44. Rügen
  45. nicht
  46. durchgreifen
  47. und
  48. die
  49. Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
  50. eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordern
  51. (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit
  52. gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
  53. 2
  54. II. Die von der Beklagten beantragte Aussetzung bis zur Entscheidung
  55. über die von ihr gegen das Klagepatent am 2. Dezember 2010 - knapp acht
  56. Monate
  57. nach
  58. Verkündung
  59. des
  60. angefochtenen
  61. Urteils
  62. -
  63. erhobene
  64. Nichtigkeitsklage hält der Senat nicht für zweckmäßig.
  65. 3
  66. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Entscheidung über eine
  67. Nichtzulassungsbeschwerde in einem Patentverletzungsrechtsstreit gemäß
  68. § 148 ZPO ausgesetzt werden, wenn gegen das Patent, auf das die Klage
  69. gestützt wird, eine Nichtigkeitsklage anhängig ist. Damit wird dem Umstand
  70. Rechnung getragen, dass eine Änderung der Patentlage, insbesondere eine
  71. vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Patents, auch in der
  72. Revisionsinstanz zu
  73. berücksichtigen ist und im Verfahren über eine
  74. Nichtzulassungsbeschwerde zur Zulassung der Revision führt, wenn diese
  75. Änderung Auswirkungen auf die Entscheidung im Verletzungsrechtsstreit haben
  76. kann (BGH, Beschluss vom 6. April 2004 - X ZR 272/02, BGHZ 158, 372, 375 f.
  77. - Druckmaschinen-Temperierungssystem I).
  78. -4-
  79. 4
  80. Auch im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde liegt die
  81. Entscheidung über die Aussetzung, sofern die Voraussetzungen des § 148
  82. ZPO erfüllt sind, jedoch im Ermessen des Gerichts. Bei Ausübung dieses
  83. Ermessens kommt eine Aussetzung im Einzelfall auch dann in Betracht, wenn
  84. die Nichtigkeitsklage erst nach Abschluss der Tatsacheninstanzen im
  85. Verletzungsrechtsstreit erhoben worden ist, bei der in diesem Zusammenhang
  86. gebotenen vorläufigen Bewertung aber als erfolgversprechend anzusehen ist.
  87. 5
  88. Allerdings hat der Senat im Rahmen dieser Ermessensentscheidung
  89. nicht
  90. nur
  91. das
  92. Interesse
  93. an
  94. widerspruchsfreien
  95. Entscheidungen
  96. zu
  97. berücksichtigen. Er muss vielmehr alle für die Entscheidung relevanten
  98. Umstände in die zu treffende Abwägung einbeziehen. Zu diesen Umständen
  99. gehört
  100. das
  101. Interesse
  102. des
  103. Verletzungsbeklagten,
  104. nicht
  105. aus
  106. einem
  107. möglicherweise nichtigen Patent in Anspruch genommen zu werden, aber auch
  108. das Interesse des Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des
  109. Verletzungsverfahrens
  110. (BGHZ
  111. 158,
  112. 372,
  113. 376
  114. -
  115. Druckmaschinen-
  116. Temperierungssystem I). Letzterem kommt umso stärkeres Gewicht zu, je
  117. später die Nichtigkeitsklage erhoben worden ist. Wenn der Verletzungsbeklagte
  118. während der Tatsacheninstanzen des Verletzungsprozesses und während
  119. eines erheblichen Zeitraums nach deren Abschluss davon abgesehen hat, sich
  120. mit der Nichtigkeitsklage zu verteidigen und damit zeitnah Klarheit über den
  121. Bestand
  122. des
  123. Patents
  124. zu
  125. schaffen,
  126. kommt
  127. eine
  128. Verzögerung
  129. des
  130. Verfahrensabschlusses durch Aussetzung des an sich entscheidungsreifen
  131. Verfahrens
  132. über
  133. die
  134. Nichtzulassungsbeschwerde,
  135. die
  136. zulasten
  137. des
  138. Verletzungsklägers ginge, in der Regel nur dann in Betracht, wenn die
  139. Erfolgsaussicht der Nichtigkeitsklage offenkundig ist. Dies ist hier nicht der Fall.
  140. 6
  141. In der Konstellation des Streitfalls erscheint es deshalb zur Wahrung der
  142. berechtigten Interessen des Verletzungsbeklagten ausreichend und zumutbar,
  143. -5-
  144. die Verurteilung im Verletzungsrechtsstreit mittels einer Restitutionsklage
  145. entsprechend § 580 Nr. 6 ZPO (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29. Juli 2010
  146. - Xa ZR 118/09, GRUR 2010, 996 Rn. 12 - Bordako) anzugreifen, wenn das
  147. Patent nachträglich für nichtig erklärt wird.
  148. 7
  149. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  150. Meier-Beck
  151. Gröning
  152. Hoffmann
  153. Bacher
  154. Schuster
  155. Vorinstanzen:
  156. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.08.2006 - 4b O 136/03 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.04.2010 - I-2 U 108/06 -