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15 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IX ZR 117/16
  5. Verkündet am:
  6. 15. Dezember 2016
  7. Kluckow
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 320; InsO § 95 Abs. 1 Satz 3
  19. Haben die Parteien eines Werkvertrages vereinbart, dass die Fälligkeit des Werklohns von
  20. der Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialkassen und der Bauberufsgenossenschaft abhängen soll, ist diese Vereinbarung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauunternehmers für den Verwalter bindend.
  21. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - IX ZR 117/16 - OLG Köln
  22. LG Bonn
  23. ECLI:DE:BGH:2016:151216UIXZR117.16.0
  24. -2-
  25. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 15. Dezember 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
  27. Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den
  28. Richter Meyberg
  29. für Recht erkannt:
  30. Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Februar 2016 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  31. Von Rechts wegen
  32. Tatbestand:
  33. 1
  34. Der Kläger ist Verwalter in dem am 8. November 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der G
  35. GmbH (Schuldnerin). Die Schuld-
  36. nerin war im Gerüstbau tätig und erhielt Aufträge von der Beklagten. Dazu gab
  37. es einen Rahmenvertrag vom 2. Mai 2013, in dem es hieß:
  38. "2.2 Die folgenden, gültigen Nachweise, die nicht älter als drei
  39. Monate sein dürfen, sind regelmäßig vom AN im Original beizubringen:
  40.  Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes
  41.  Unbedenklichkeitsbescheinigung der Betriebskrankenkasse
  42.  Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes
  43.  Unbedenklichkeitsbescheinigung der BauBG
  44. -3-
  45.  Nachweis (Mitarbeiterliste und Sozialversicherungsausweise
  46. usw. aller auf den Baustellen eingesetzter Mitarbeiter) …
  47. 2.8 Werklohnansprüche des Auftragnehmers sind erst bei Vorlage
  48. sämtlicher Unterlagen sowie Nachweise in der vertraglich vereinbarten Form zur Zahlung fällig. Bis zum Eintritt dieser Fälligkeitsbedingung ist der Auftraggeber berechtigt, Werklohnzahlungen
  49. ganz oder teilweise zurückzuhalten, auch wenn die Vertragsleistung vom Auftragnehmer bereits vollständig erbracht worden ist.
  50. 10.3 Zahlungen können zurückgehalten werden, wenn die unter
  51. Ziffern 2.2) dieses Vertrages aufgeführten, gültigen Nachweise
  52. beim AG nicht vollständig vorliegen."
  53. 2
  54. In einer Zusatzvereinbarung vom 2. Mai 2013, welche die persönliche
  55. Verpflichtung des Geschäftsführers der Schuldnerin zur Freistellung in Bezug auf "nicht abgeführte Steuern sowie Sozialbeiträge" regelt, heißt es:
  56. "Mir ist weiter bekannt, dass Werklohnforderungen des Auftragnehmers erst dann zur Zahlung fällig werden, wenn von diesem
  57. seine Vorleistungsverpflichtungen nach Maßgabe des heute unterzeichneten Rahmenvertrages vollständig erfüllt worden sind."
  58. 3
  59. Der Kläger verlangt restlichen Werklohn in Höhe von 6.265,05 € aus einem im August 2013 erteilten Auftrag. Die Schuldnerin hatte die ihr obliegenden Werkleistungen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr
  60. Vermögen vollständig erbracht, jedoch die vereinbarten Unbedenklichkeitsbescheinigungen nicht beigebracht, nachdem sie Mitarbeiter nicht angemeldet, Beiträge zur Bauberufsgenossenschaft nicht gezahlt und konkrete
  61. Lohnsummen nicht gemeldet hatte.
  62. 4
  63. Die Beklagte hat den Klageanspruch anerkannt, soweit er auf Zahlung
  64. Zug um Zug gegen Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozial-
  65. -4-
  66. kasse des Gerüstbaus und derjenigen der Bauberufsgenossenschaft ab dem
  67. 17. September 2013 gerichtet ist. Sie ist im Umfang ihres Anerkenntnisses verurteilt worden. Im Übrigen hat die Beklagte die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB erhoben. Die auf unbedingte Zahlung gerichtete Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger diesen Antrag weiter.
  68. Entscheidungsgründe:
  69. 5
  70. Die Revision bleibt ohne Erfolg.
  71. I.
  72. 6
  73. Das Berufungsgericht hat ausgeführt (vgl. NZI 2016, 304): Die Verpflichtung der Schuldnerin, die Unbedenklichkeitsbescheinigungen gemäß Nr. 2.2
  74. des Rahmenvertrages vorzulegen, stehe nach dem Vertragszweck und dem
  75. Willen der Vertragsparteien in dem für § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlichen
  76. Gegenseitigkeitsverhältnis. Die Parteien seien berechtigt, auch Nebenleistungspflichten zu Hauptleistungspflichten zu erheben, die dann im Austauschverhältnis zur Hauptleistungspflicht der Gegenseite stünden. Die Vorlage der
  77. Bescheinigungen sei im Rahmenvertrag ausdrücklich zur Fälligkeitsvoraussetzung erhoben worden. Die Beklagte sei damit weiterhin zur Leistungsverweigerung berechtigt. Das Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 BGB sei
  78. grundsätzlich insolvenzfest.
  79. 7
  80. Der Kläger habe konkludent die Erfüllung des beiderseits nicht vollständig erfüllten Vertrages verlangt, indem er den restlichen Werklohn gefordert ha-
  81. -5-
  82. be. Den restlichen Werklohn könne er nur verlangen, wenn er die geschuldeten
  83. Unterlagen vorlege. Er habe nicht dargetan, dass dies unmöglich sei. Ebenso
  84. wie er Restarbeiten erledigen könne, könne er die Rückstände bei den Sozialkassen und bei der Berufsgenossenschaft zahlen und dann die erforderlichen
  85. Unbedenklichkeitsbescheinigungen beibringen. Die Beklagte müsse befürchten,
  86. gemäß § 28e Abs. 3a SGB IV in Anspruch genommen zu werden, nachdem die
  87. Sozialkassen erhebliche Forderungen von mehr als 50.000 € zur Tabelle angemeldet hätten.
  88. II.
  89. 8
  90. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis
  91. stand. Der Kläger kann den restlichen Werklohn nur nach Maßgabe des TeilAnerkenntnisurteils verlangen, also Zug um Zug gegen Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialkasse des Gerüstbaus und derjenigen der
  92. Baugenossenschaft ab dem 17. September 2013. Ein darüber hinausgehender
  93. Anspruch steht dem Kläger nicht zu.
  94. 9
  95. 1. Grundlage des Anspruchs des Klägers sind §§ 631, 632, 640 BGB in
  96. Verbindung mit dem im August 2013 geschlossenen Werkvertrag zwischen der
  97. Schuldnerin und der Beklagten. Die Schuldnerin hat die vereinbarten Werkleistungen mangelfrei erbracht. Nach den vertraglichen Vereinbarungen der Vertragsparteien war der Werklohnanspruch jedoch erst bei Vorlage sämtlicher
  98. Unterlagen und Nachweise in der vertraglich vereinbarten Form zur Zahlung
  99. fällig. Bis zum Eintritt dieser Voraussetzung sollte die Beklagte berechtigt sein,
  100. Werklohnzahlungen ganz oder teilweise zurückzuhalten. Die Schuldnerin hatte
  101. -6-
  102. die geschuldeten Unterlagen und Nachweise bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht vorgelegt. Der Kläger hat dies bisher ebenfalls nicht getan.
  103. 10
  104. 2. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat nicht die unbedingte Fälligkeit des restlichen Werklohnanspruchs zur Folge.
  105. 11
  106. a) Die Vorschrift des § 41 InsO, nach welcher nicht fällige Forderungen in
  107. der Insolvenz als fällig gelten, betrifft Insolvenzforderungen (vgl. § 38 InsO),
  108. nicht jedoch die Forderungen des Insolvenzschuldners gegen Dritte.
  109. 12
  110. b) Soweit die vertraglichen Regelungen zivilrechtlich wirksam sind und
  111. die Insolvenzordnung keine Sondervorschriften bereithält, kann der Verwalter
  112. für die Masse nicht mehr und keine anderen Rechte beanspruchen, als dem
  113. Insolvenzschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen seinen
  114. Vertragspartner zustanden. Er hat den vertraglichen Anspruch des Schuldners
  115. in dem Zustand hinzunehmen, in dem er im Zeitpunkt der Eröffnung bestand
  116. (BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 37; vom
  117. 27. Mai 2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 97). Hat der Schuldner vor der Eröffnung den Anspruch auf Rückzahlung einer Vorleistung an einen Dritten abgetreten, ist die Abtretung regelmäßig insolvenzfest (BGH, Urteil vom 27. Mai
  118. 2003, S. 97 f). Eine vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Vertrag vereinbarte Schiedsabrede bindet auch den Verwalter, welcher beim Einzug einer
  119. Forderung aus diesem Vertrag die vom Schuldner vor der Eröffnung wirksam
  120. geschaffene Rechtslage insoweit hinzunehmen hat (BGH, Beschluss vom
  121. 30. Juni 2011 - III ZB 59/10, NZI 2011, 634 Rn. 14; Urteil vom 25. April 2013
  122. - IX ZR 49/12, NZI 2013, 934 Rn. 8 ff).
  123. -7-
  124. 13
  125. c) Für Werklohnansprüche gelten insoweit keine Besonderheiten. Der
  126. Insolvenzverwalter eines Werkunternehmers ist an die Vereinbarung eines
  127. Sicherheitseinbehalts gebunden (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR
  128. 151/98, NZI 1999, 72 f; vom 10. Juli 2003 - IX ZR 119/02, BGHZ 155, 371,
  129. 377). Er kann den restlichen Werklohn in einem solchen Fall erst nach Ablauf
  130. der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche verlangen. Hängt die Fälligkeit des Werklohnanspruchs von der Vorlage bestimmter Bescheinigungen und
  131. Nachweise ab, hat der Insolvenzverwalter diese Bescheinigungen und Nachweise beizubringen.
  132. 14
  133. 3. Die Rechtsfragen, um die in den Vorinstanzen gestritten wurden, sind
  134. überwiegend nicht entscheidungserheblich.
  135. 15
  136. a) Das gilt zunächst für die Frage, ob der Werkvertrag im Zeitpunkt der
  137. Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Seiten nicht vollständig erfüllt
  138. war (§ 103 Abs. 1 InsO). Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hindern auch ausstehende Nebenleistungen die Annahme einer vollständigen Erfüllung (BGH, Urteil vom 17. März 1972 - V ZR 53/70, BGHZ 58,
  139. 246, 249 zu § 36 VerglO; MünchKomm-InsO/Huber, 3. Aufl., § 103 Rn. 123;
  140. HK-InsO/Marotzke, 8. Aufl., § 103 Rn. 70; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl.,
  141. § 103 Rn. 18; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl.,
  142. § 103 Rn. 16). In der Kommentarliteratur wird teilweise vertreten, dass nur selbständige Nebenpflichten die Anwendbarkeit des § 103 InsO rechtfertigten,
  143. Pflichten also, die einen klagbaren Anspruch gewähren und dem Leistungsinteresse dienen (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 14. Aufl., § 103 Rn. 58). Nach anderer Ansicht ist ein gegenseitiger Vertrag nur dann im Sinne von § 103 InsO beiderseits nicht erfüllt, wenn es sich bei den im Zeitpunkt der Eröffnung noch ausstehenden Leistungen um im Synallagma stehende Hauptleistungspflichten
  144. -8-
  145. handelt (Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 109, 111 unter Hinweis auf die Senatsurteile vom 10. Juli 2003 - IX ZR 119/02, BGHZ 155, 371, 374 und vom
  146. 22. Januar 2009 - IX ZR 66/07, WM 2009, 471 Rn. 15). Die Vorschrift des § 103
  147. InsO regele die Fortgeltung des Synallagmas in der Insolvenz; deshalb müssten
  148. bei Insolvenzeröffnung auch noch in diesem Verhältnis stehende Ansprüche
  149. bestehen. Hätte die Schuldnerin den Vertrag im Sinne von § 103 InsO vollständig erfüllt, bestünde das in dieser Vorschrift geregelte Wahlrecht nicht. Der Kläger könnte den Werklohnanspruch aus diesem Vertrag unmittelbar geltend machen. Auf die Frage der Fälligkeit des Anspruchs hat die Frage der Anwendbarkeit des § 103 InsO jedoch keinen Einfluss.
  150. 16
  151. b) Geht man mit der bisherigen Senatsrechtsprechung von einem im
  152. Zeitpunkt der Eröffnung beiderseits nicht vollständig erfüllten Vertrag aus, ändert sich ebenfalls nichts. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ließ die beiderseitigen Ansprüche unberührt, nahm ihnen jedoch ihre Durchsetzbarkeit
  153. (BGH, Urteil vom 25. April 2002 - IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 359; vom
  154. 7. Februar 2013 - IX ZR 218/11, BGHZ 196, 160 Rn. 8; vom 19. November
  155. 2015 - IX ZR 198/14, NZI 2016, 128 Rn. 18; MünchKomm-InsO/Kreft, 3. Aufl.,
  156. § 103 Rn. 13). Verlangt der Insolvenzverwalter in dieser Lage die Erfüllung des
  157. Anspruchs zur Masse, liegt darin in aller Regel die Erfüllungswahl im Sinne von
  158. § 103 Abs. 1 InsO; denn diese ist Voraussetzung der Durchsetzung des Anspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2003, aaO S. 376; vom 19. November
  159. 2015, aaO). Aber auch die Frage der Erfüllungswahl ist nicht entscheidungserheblich. Lehnt der Verwalter die Erfüllung des Vertrages ab oder belässt er es
  160. bei dem Zustand der Hemmung der beiderseitigen Ansprüche, kann er den Anspruch nicht geltend machen. Von diesem Grundsatz gibt es zwar Ausnahmen.
  161. In einem Urteil vom 22. Januar 2009 (IX ZR 66/07, WM 2009, 471 Rn. 15) heißt
  162. es, die Vorschrift des § 103 InsO sei unanwendbar, wenn der Verwalter einen
  163. -9-
  164. nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis wurzelnden Anspruch geltend mache. Wie
  165. weit dieser Grundsatz verallgemeinerungsfähig ist, bedarf keiner Entscheidung.
  166. Der Kläger klagt einen Werklohnanspruch ein, damit einen im Synallagma stehenden Anspruch, der sicher unter § 103 InsO fällt.
  167. 17
  168. c) Entgegen der Ansicht der Revision macht die Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB mit dem Ziel der in der Insolvenzordnung nicht
  169. vorgesehenen abgesonderten Befriedigung einer eigenen Forderung oder der
  170. Forderung eines Dritten geltend. Die Vertragsparteien haben die Zahlung des
  171. Werklohns nicht nur von der vollständigen und mangelfreien Erstellung des geschuldeten Werkes abhängig gemacht, sondern auch von der Vorlage der im
  172. Vertrag näher beschriebenen Bescheinigungen und Nachweise. Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung (§ 311 Abs. 1 BGB) werden
  173. von der Revision mit Recht nicht erhoben. Dass es sich insoweit um Allgemeine
  174. Geschäftsbedingungen handele, ist nicht vorgetragen worden.
  175. 18
  176. 4. Das Ergebnis des Berufungsgerichts steht schließlich nicht im Widerspruch zur bisherigen Senatsrechtsprechung oder zu Grundsätzen des Insolvenzrechts.
  177. 19
  178. a) Im Urteil vom 2. Dezember 2004 (IX ZR 200/03, BGHZ 161, 241, 251)
  179. hat der Senat angenommen, dass die gesetzliche Pflicht des Unternehmers (im
  180. konkreten Fall: des Arbeitnehmerüberlassers) zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zur Entgeltpflicht
  181. des Bestellers (im konkreten Fall: des Verleihers) steht. Der Entleiher verspreche das Entgelt nicht als Gegenleistung dafür, dass der Verleiher seinen gesetzlichen Pflichten als Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG nachkomme. Im damaligen Fall ging es jedoch um eine Pflicht, welche den Arbeitgeber
  182. - 10 -
  183. kraft Gesetzes trifft. Anders als im vorliegenden Fall hatten die dortigen Vertragsparteien die Entgeltpflicht des Entleihers nicht von der Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers abhängig gemacht.
  184. 20
  185. b) Die Geltendmachung fehlender Fälligkeit entspricht hier nicht einer
  186. nach § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO verbotenen Aufrechnung. Wäre die Beklagte gemäß § 28e Abs. 3a SGB IV als Bürgin für nicht abgeführte Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Anspruch genommen worden, stünde ihr ein Regressanspruch gegen die Schuldnerin zu. Dann wäre zu prüfen, ob dieser Anspruch
  187. gegen den Anspruch auf restlichen Werklohn aufgerechnet werden könnte. Die
  188. Voraussetzungen des Aufrechnungsverbots des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO wären
  189. jedoch nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres erfüllt. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung, deren Vorlage erst die Fälligkeit des Werklohnanspruchs begründete, hätte frühestens mit der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch
  190. die Bürgin ausgestellt werden können. Der Werklohn wäre daher nicht vor der
  191. Entstehung des Rückgriffanspruchs unbedingt und fällig geworden. Abgesehen
  192. davon geht es hier nicht um die Aufrechnung mit einem Rückgriffanspruch,
  193. - 11 -
  194. sondern um die Abwehr des noch nicht einredefrei bestehenden Werklohnanspruchs.
  195. Kayser
  196. Lohmann
  197. Möhring
  198. Pape
  199. Meyberg
  200. Vorinstanzen:
  201. LG Bonn, Entscheidung vom 28.10.2014 - 10 O 114/14 OLG Köln, Entscheidung vom 03.02.2016 - 17 U 101/14 -