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315 lines
19 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. EnVR 56/08
  4. Verkündet am:
  5. 17. November 2009
  6. Bürk
  7. Justizhauptsekretärin
  8. als Urkundsbeamtin
  9. der Geschäftsstelle
  10. in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache
  11. Nachschlagewerk:
  12. BGHZ:
  13. BGHR:
  14. ja
  15. nein
  16. ja
  17. Pumpspeicherkraftwerke
  18. EnWG § 3 Nr. 25; StromNEV § 14 Abs. 1 Satz 1
  19. Der Betreiber eines Pumpspeicherkraftwerks, der für dessen Betrieb aus dem
  20. Netz Strom entnimmt, ist Letztverbraucher i.S. des § 3 Nr. 25 EnWG und damit
  21. entgeltpflichtiger Netznutzer nach § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV.
  22. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - EnVR 56/08 - OLG Düsseldorf
  23. -2-
  24. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2009 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
  25. Prof. Dr. Tolksdorf und die Richter Dr. Raum, Dr. Kirchhoff, Dr. Grüneberg und
  26. Dr. Löffler
  27. beschlossen:
  28. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss
  29. des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
  30. 24. September 2008 wird zurückgewiesen.
  31. Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur zu tragen.
  32. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 57 Mio. €
  33. festgesetzt
  34. Gründe:
  35. I.
  36. 1
  37. Die Antragstellerin betreibt das Übertragungsnetz in den nördlichen Bundesländern. An ihr Höchstspannungsnetz sind drei Pumpspeicherkraftwerke
  38. angeschlossen. Diese Pumpspeicherkraftwerke arbeiten nach folgendem System: Mit elektrischer Energie aus dem Höchstspannungsnetz werden Pumpen
  39. -3-
  40. angetrieben, die Wasser aus einem unteren Becken in ein höher gelegenes
  41. Sammelbecken pumpen. Besteht Bedarf, Energie dem Netz zuzuführen, wird
  42. das Wasser aus dem oberen Becken abgelassen. Das abfließende Wasser
  43. treibt dann Drehturbinen an, wodurch - wie bei einem herkömmlichen Wasserkraftwerk - Strom erzeugt wird, der in das Höchstspannungsnetz eingespeist
  44. wird. Die drei Pumpspeicherkraftwerke verfügen über eine Gesamtleistung von
  45. 2.430 MW. Sie stehen im Eigentum der Vattenfall Generations AG & Co. KG,
  46. einem Schwesterunternehmen der Antragstellerin.
  47. 2
  48. Die Antragstellerin beantragte am 25. Juni 2007 bei der Bundesnetzagentur gemäß § 23a EnWG die Genehmigung ihrer Netzentgelte für das Jahr
  49. 2008. In ihrem Genehmigungsantrag berücksichtigte sie entsprechend der Verfahrensweise aus den Vorjahren die Netznutzung durch die Pumpspeicherkraftwerke nicht. Dem Genehmigungsantrag entsprach die Bundesnetzagentur
  50. nicht im vollen Umfang. Neben weiteren Kürzungen legte sie insbesondere fest,
  51. dass der Strombezug der Pumpspeicherkraftwerke - entgegen der Genehmigungspraxis in den Vorjahren - netzentgeltpflichtig sei. Hiergegen hat sich die
  52. Antragstellerin mit der Beschwerde gewandt, mit der sie allein geltend macht,
  53. die Stromentnahme der Pumpspeicherkraftwerke sei zu Unrecht als entgeltpflichtige Netznutzung in Ansatz gebracht worden. Das Beschwerdegericht hat
  54. das Rechtsmittel der Antragstellerin zurückgewiesen. Mit ihrer - zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.
  55. II.
  56. 3
  57. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin zu Recht
  58. als zulässig erachtet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Bundesnetzagentur sowohl formell als auch materiell beschwert. Für die Annahme
  59. -4-
  60. einer materiellen Beschwer reicht es aus, dass der Betroffene durch die angefochtene Entscheidung individuell und unmittelbar betroffen ist (BGH, Beschl. v.
  61. 11.11.2008 - EnVR 1/08, WuW/E D-ER 2535 Tz. 18 - citiworks; Beschl. v.
  62. 14.10.2008 - EnVR 79/07, WuW/E DE-R 2512 Tz. 7 ff. - Ulm/Neu-Ulm). Die von
  63. der Bundesnetzagentur angeordnete Berücksichtigung der Netznutzung durch
  64. die Pumpspeicherkraftwerke berührt die Antragstellerin schon deshalb unmittelbar, weil sie die von ihr geltend gemachten Kosten nicht vollständig auf die
  65. nächste Netzebene umlegen darf. Dass die Antragstellerin auf der Grundlage
  66. der Entscheidung der Bundesnetzagentur möglicherweise gegenüber Dritten,
  67. nämlich den Pumpspeicherkraftwerken, die Netzentgelte geltend machen kann,
  68. lässt ihre Beschwer nicht entfallen.
  69. III.
  70. 4
  71. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
  72. 5
  73. 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
  74. ausgeführt, dass die Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken entgeltpflichtige
  75. Netznutzer i.S. der §§ 20 f. EnWG seien. Das Pumpspeicherkraftwerk müsse
  76. als Letztverbraucher (§ 14 StromNEV) angesehen werden, weil durch das
  77. Hochpumpen des Wassers Strom verbraucht werde. Hieran ändere auch der
  78. Umstand nichts, dass mit dem Ablassen des Wassers wieder Strom zurückgewonnen werden könne, wenn auch nur in der Größenordnung von 75 bis 80%
  79. des eingesetzten Stroms. Zwar sei der gesamte Vorgang wirtschaftlich betrachtet ein System, in dem Energie gespeichert werden solle. Da die Energie zunächst jedoch verbraucht werde, indem sie in mechanische Energie umgewandelt werde, liege ein Letztverbrauch vor; der Zweck des Verbrauchs sei irrelevant. Eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 3 StromNEV, der die Ein-
  80. -5-
  81. speisung von Strom von der Netzentgeltpflicht befreie, komme nicht in Betracht,
  82. weil es insofern an einer Lücke in den Regelungen der Stromnetzentgeltverordnung fehle. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit der Entgeltpflicht jeden Stromverbrauch erfassen wollen. Wenn er die Pumpspeicherkraftwerke in Bezug auf
  83. die Netzentgeltpflicht hätte privilegieren wollen, hätte er für sie einen Ausnahmetatbestand schaffen müssen, was er - im Gegensatz zu den Gesetzgebern in
  84. anderen Staaten - nicht getan habe.
  85. 6
  86. 2. Diese Ausführungen des Beschwerdegerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Das Beschwerdegericht hat - in Bestätigung der Bundesnetzagentur - die Inanspruchnahme von Strom für den Betrieb der Pumpspeicherkraftwerke zu Recht als Letztverbrauch i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV
  87. angesehen.
  88. 7
  89. a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV werden die Kosten der Netz- und
  90. Umspannebenen, beginnend bei der Höchstspannung, jeweils anteilig auf die
  91. nachgelagerte Netz- oder Umspannebene verteilt (Kostenwälzung), soweit diese Kosten nicht der Entnahme von Letztverbrauchern und Weiterverteilern aus
  92. der jeweiligen Netzebene zuzuordnen sind. Entgeltpflichtig ist nur der Letztverbraucher. Dagegen ist die bloße (Zwischen-)Speicherung von Elektrizität aus
  93. dem Netz nicht entgeltpflichtig, weil ein entsprechender Entgelttatbestand nicht
  94. besteht und gemäß § 17 Abs. 8 StromNEV die Entgelttatbestände abschließend
  95. geregelt sind.
  96. 8
  97. Ob die Versorgung des Pumpspeicherkraftwerks mit Strom eine entgeltpflichtige Netznutzung ist, hängt somit davon ab, ob dieses als Letztverbraucher
  98. anzusehen ist. Der Begriff des Letztverbrauchers ist in § 3 Nr. 25 EnWG legal
  99. definiert. Danach sind Letztverbraucher natürliche und juristische Personen, die
  100. Energie für den eigenen Verbrauch kaufen. Diese Begriffsbestimmung deckt
  101. -6-
  102. sich inhaltlich mit der in Art. 2 Nr. 9 der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie
  103. (2003/54/EG) vom 26. Juni 2003 (EltRL), die den "Endkunden" als denjenigen
  104. bestimmt, der Elektrizität für den eigenen Verbrauch kauft. Insoweit ist - wie aus
  105. den Begriffsbestimmungen der Art. 2 Nr. 10 und 11 EltRL deutlich wird - Endkunde nicht nur derjenige, der für den eigenen Haushalt Energie beschafft,
  106. sondern auch derjenige, der Elektrizität für gewerbliche Zwecke erwirbt, wobei
  107. hierzu auch Erzeuger und Großhändler zählen (Nr. 11).
  108. 9
  109. b) Ohne Rechtsverstoß hat das Beschwerdegericht die Pumpspeicherkraftwerke als Letztverbraucher im Sinne dieser Begriffsbestimmung angesehen. Die Inanspruchnahme von Elektrizität aus dem Netz für das Hochpumpen
  110. des Wassers vom unteren in das obere Becken des Pumpspeicherkraftwerkes
  111. begründet einen Letztverbrauch i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV, auch
  112. wenn von dem Pumpspeicherkraftwerk dann wieder Strom ins Netz abgegeben
  113. wird. Der Pumpvorgang zehrt die entnommene elektrische Energie zunächst
  114. auf. Wird das Wasser aus dem oberen Becken abgelassen, wird neue elektrische Energie gewonnen. Dies sind grundsätzlich zwei getrennte Vorgänge, die
  115. jeweils auch unterschiedlich abgerechnet werden. Die Pumpspeicherkraftwerke
  116. kaufen den Strom aus dem Höchstspannungsnetz an und veräußern den von
  117. ihnen eingespeisten Strom wieder. Insoweit nutzen sie das Höchstspannungsnetz, indem sie aus diesem Netz Strom beziehen, den sie für eigene Zwecke
  118. verwenden. Damit sind sie Letztverbraucher im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1
  119. StromNEV.
  120. 10
  121. Dem steht nicht entgegen, dass Pumpspeicherkraftwerke ihrer Funktion
  122. nach letztlich die Bedeutung eines Speichers haben, weil sie Strom in der Überschussphase entnehmen und in der Mangelsituation einspeisen. Hierauf
  123. kommt es für die Frage einer Entgeltpflicht der Netznutzung nicht an, da nach
  124. dem Regelungszusammenhang der Stromnetzentgeltverordnung die Entnahme
  125. -7-
  126. und die Einspeisung von Strom getrennt zu behandeln sind. Entgeltpflichtig
  127. nach § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV ist neben der Weiterverteilung, die nicht mit
  128. einer Entnahme elektrischer Energie aus dem Netz verbunden ist, der Letztverbrauch. Das Nebeneinander von Weiterverteilung und Letztverbrauch als
  129. Form entgeltpflichtiger Netznutzung macht deutlich, dass die Nutzung der
  130. Energie maßgebend ist, und zwar - wie Art. 2 Nr. 11 EltRL ausdrücklich bestimmt - auch die durch Erzeuger oder Großhändler. Deshalb ist Letztverbrauch
  131. i.S. des § 3 Nr. 25 EnWG - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - ebenso ein Verbrauch, der nur zu einer Energieumwandlung führt. Entscheidend ist
  132. allein, dass der entnommene Strom für eine bestimmte energieabhängige Funktion verwendet und hierfür aufgezehrt wird. Selbst wenn dadurch eine andere
  133. Energieform (im vorliegenden Fall: die Lageenergie des hochgepumpten Wassers) entsteht, ändert dies nichts am Letztverbrauch der primär eingesetzten
  134. Elektrizität i.S. des § 3 Nr. 25 EnWG. Der vom Pumpspeicherkraftwerk angekaufte Strom wird für dessen Betrieb genutzt.
  135. 11
  136. c) Entscheidend kommt hinzu, dass auch weitere gesetzliche Vorschriften dafür sprechen, die Stromentnahme der Pumpspeicherkraftwerke als entgeltpflichtige Netznutzung anzusehen.
  137. 12
  138. Eine andere Auslegung wäre insbesondere mit dem durch das Gesetz
  139. zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze vom 21. August
  140. 2009 (BGBl. I S. 2870) dem § 118 EnWG angefügten Absatz 7 nicht in Einklang
  141. zu bringen. Er bestimmt, dass nach dem 31. Dezember 2008 neu errichtete
  142. Pumpspeicherkraftwerke und andere Anlagen zur Speicherung elektrischer
  143. Energie, die bis zum 31. Dezember 2019 in Betrieb gehen, für einen Zeitraum
  144. von zehn Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt
  145. sind. Die Regelung ergibt nur Sinn, wenn der Gesetzgeber selbst grundsätzlich
  146. -8-
  147. von einer Netzentgeltpflichtigkeit ausgeht. Zugleich legt sie unmissverständlich
  148. fest, dass Netznutzungsentgelte für die Pumpspeicherkraftwerke, die vor diesem Zeitpunkt errichtet wurden, auch in Zukunft nicht erlassen werden sollen.
  149. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber mit der grundsätzlichen Entgeltpflicht eine Neuregelung schaffen wollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil:
  150. 13
  151. Aus der Begründung zu § 118 Abs. 7 EnWG (BT-Drucks 16/12898
  152. S. 20), der erst in der Endphase des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt wurde, ergibt sich, dass der Zubau weiterer Pumpspeicherkraftwerke im Hinblick
  153. auf die zunehmende Windenergieeinspeisung als kurzfristig wünschenswert
  154. eingestuft wurde (BT-Drucks aaO). Die in § 118 Abs. 7 EnWG vorgesehene
  155. befristete Aufhebung der Netzentgeltpflicht ist der Sache nach damit letztlich
  156. eine Anschubsubventionierung, die einen Anreiz für den Bau neuer Pumpspeicherkraftwerke schaffen soll, indem diese für eine Anlaufphase von zehn Jahren von der Netzentgeltpflicht befreit werden. Damit wird inzident aber zugleich
  157. ausgesagt, dass die Entnahme von Strom für ein Pumpspeicherkraftwerk generell eine entgeltpflichtige Netznutzung darstellt. Der Gesetzgeber wollte mit der
  158. Novelle demnach nicht die - ihm zu diesem Zeitpunkt bereits bekannte - neuere
  159. Genehmigungspraxis der Bundesnetzagentur korrigieren, sondern vielmehr nur
  160. die Errichtung neuer Pumpspeicherkraftwerke fördern.
  161. 14
  162. Auch aus dem Regelungszusammenhang des Stromsteuergesetzes ergibt sich mittelbar, dass der Gesetzgeber die Pumpspeicherkraftwerke als Letztverbraucher von Strom ansieht. Dieses Gesetz knüpft die Steuerpflicht daran,
  163. dass Strom durch Letztverbraucher aus dem Versorgungsnetz entnommen wird
  164. (§ 5 Abs. 1 StromStG). Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird, ist
  165. nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der (Strom-)Steuer befreit. In der hierzu
  166. ergangenen Verordnung vom 15. Juni 2000 (BGBl I S. 794) wird in § 12 Abs. 1
  167. Nr. 2 bestimmt, dass der zur Stromerzeugung entnommene Strom auch derje-
  168. -9-
  169. nige ist, der in Pumpspeicherkraftwerken von den Pumpen zum Fördern der
  170. Speichermedien zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht
  171. wird. Dies lässt den Schluss zu, dass der Strombezug der Pumpspeicherkraftwerke – vorbehaltlich der Freistellung – als steuerpflichtiger Letztverbrauch i.S.
  172. von § 5 Abs. 1 StromStG anzusehen ist.
  173. 15
  174. d) Die Einwände der Antragstellerin gegen die Behandlung der Betreiber
  175. von Pumpspeicherkraftwerken als netzentgeltpflichtige Letztverbraucher können nicht überzeugen:
  176. 16
  177. Entgegen ihrer Auffassung wird die in einem Pumpspeicherkraftwerk angewandte Speichertechnologie gegenüber anderen Speichertechnologien durch
  178. diese Auslegung nicht systemwidrig diskriminiert. Vielmehr werden lediglich
  179. unterschiedliche Sachverhalte ihrer jeweiligen Natur entsprechend verschieden
  180. behandelt und berücksichtigt, dass das Pumpspeicherkraftwerk Energie nicht
  181. im eigentlichen Sinne speichert, sondern über den Verbrauch von Elektrizität
  182. neuen Strom erzeugt.
  183. 17
  184. Der Umstand, dass die Zuleitung des Stroms an ein Pumpspeicherkraftwerk umsatzsteuerlich nicht als Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1 UStG angesehen
  185. wird (BFHE 172, 148), weil der subjektive Tatbestand der Verschaffung nicht
  186. erfüllt ist, lässt für das eigenständige Regelungswerk der Stromnetzentgeltverordnung keine Rückschlüsse zu. Hier ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV
  187. allein die Entnahme durch einen Letztverbraucher maßgebend.
  188. 18
  189. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin auch auf § 15 Abs. 1 Satz 3
  190. StromNEV. Zwar trifft zu, dass für die Einspeisung des von einem Pumpspeicherkraftwerk erzeugten Stroms nach § 15 Abs. 1 Satz 3 StromNEV keine
  191. Netzentgelte anfallen, weil für die Einspeisung von Strom generell keine Netz-
  192. - 10 -
  193. entgelte zu entrichten sind. Das ändert aber nichts daran, dass die vorherige
  194. Entnahme von Strom aus dem Netz entgeltpflichtig ist. Die Tätigkeit der Pumpspeicherkraftwerke kann auch nicht als einheitlicher (kostenfreier) Einspeisungsvorgang angesehen werden. Insoweit gilt für die Stromerzeugung durch
  195. ein Pumpspeicherkraftwerk nichts anderes als für jeden Energieerzeuger, der
  196. Elektrizität für die Energieerzeugung in Anspruch nimmt. Soweit er diese verbraucht (etwa durch Stromverbrauch beim Anfahren von Kraftwerken), ist er
  197. Letztverbraucher und netzentgeltpflichtig nach § 14 Abs. 1 Satz 1 StromNEV.
  198. Für eine abweichende Beurteilung bei einem Pumpspeicherkraftwerk ist kein
  199. Raum. Eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 3 StromNEV auf den
  200. gesamten Stromhaushalt des Pumpspeicherkraftwerks scheidet aus. Es fehlt
  201. ersichtlich an einer Regelungslücke, die eine Analogie erst eröffnen könnte.
  202. 19
  203. Schließlich verstößt die Heranziehung der Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken zu Netzentgelten weder gegen die Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes noch ist sie systemwidrig. Es mag sein, dass den Pumpspeicherkraftwerken energiewirtschaftlich eine wesentliche Funktion zukommt,
  204. weil sie antizyklisch die Auslastung der Netzinfrastruktur steuern können. Sie
  205. sind insbesondere in der Lage, Strom aus dem Netz zu nehmen, wenn eine
  206. Überlastung droht. Im Zusammenhang mit den Erneuerbaren Energien haben
  207. die Pumpspeicherkraftwerke eine besondere Bedeutung, weil die Energieeinspeisung dieser Energieträger stark von den äußeren Rahmenbedingungen
  208. (Wind, Sonnenlicht) abhängt. Die Funktionsweise des Pumpspeicherkraftwerks
  209. erlaubt den Strombezug aus dem Netz auch in solchen Phasen, in denen aus
  210. Erneuerbaren Energien kein Strom gewonnen werden kann.
  211. 20
  212. Diese Gesichtspunkte sprechen aber nicht per se gegen die Entgeltpflicht der
  213. Netznutzung durch Pumpspeicherkraftwerke. Es lässt sich
  214. - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - in Bezug auf die Gesamtheit der
  215. - 11 -
  216. Stromkunden nicht generell feststellen, dass hierdurch eine Verteuerung der
  217. Elektrizitätsversorgung eintreten muss. Wären die Pumpspeicherkraftwerke
  218. nämlich nicht netzentgeltpflichtig, so träfen die Netznutzer der nachgelagerten
  219. Netzebenen entsprechend erhöhte Netznutzungsentgelte (§ 14 Abs. 1 Satz 1
  220. StromNEV). Sind die Pumpspeicherkraftwerke dagegen netzentgeltpflichtig, so
  221. verringern sich die Netzkosten für die Gesamtheit der Netznutzer auf den nachgeordneten Netzebenen. Allerdings werden die Preise für den von den Pumpspeicherkraftwerken eingespeisten Strom wegen der von ihnen zu entrichtenden Netzentgelte höher ausfallen müssen. Bei einer Gesamtbetrachtung ist
  222. nicht ohne weiteres erkennbar, ob die Entgeltpflicht der Netznutzung für Pumpspeicherkraftwerke bei den Endkunden und insbesondere bei den privaten
  223. Haushalten zu einer Verteuerung der Stromversorgung führen würde. Schon
  224. weil eine schlüssige Darlegung einer Kostensteigerung für den Endverbraucher
  225. fehlt, lässt sich der von der Antragstellerin behauptete Verstoß gegen die Zielvorgaben des § 1 EnWG nicht feststellen, so dass offen bleiben kann, ob die
  226. Antragstellerin diesen Gesichtspunkt überhaupt in zulässiger Form in das
  227. Rechtsbeschwerdeverfahren eingebracht hat.
  228. 21
  229. Zutreffend ist allerdings, dass durch die Erhöhung der Preise für den
  230. Strom, der aus den Pumpspeicherkraftwerken ins Netz eingespeist wird, dessen Absatzmöglichkeiten beeinträchtigt werden. Hierin liegt aber - worauf die
  231. Bundesnetzagentur zutreffend hingewiesen hat - sogar ein Element der Wettbewerbsgleichheit, weil andere Stromerzeuger, die z.B. den Energieträger Gas
  232. einsetzen, auch Netzentgelte entrichten müssen. Dies zeigt vor allem das Beispiel der Gasturbinenwerke, die im Hinblick auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit teilweise ähnliche Funktionen wie Pumpspeicherkraftwerke
  233. übernehmen, weil jedenfalls eine Unterversorgung des Netzes auch durch solche Gasturbinenwerke ausgeglichen werden könnte.
  234. - 12 -
  235. 22
  236. Die von der Antragstellerin vorgebrachten weiteren Bedenken betreffen
  237. in erster Linie die Frage nach dem energiepolitischen Sinn der Netzentgeltpflicht für Pumpspeicherkraftwerke. Für derartige Erwägungen ist jedoch im
  238. Rahmen der Auslegung der vorhandenen Normen kein Raum. Sie können sich
  239. nur an den Gesetzgeber richten. Dieser hat allerdings - wie oben ausgeführt mit der Schaffung des § 118 Abs. 7 EnWG die Entscheidung getroffen, Pumpspeicherkraftwerke nicht generell von der Netzentgeltpflicht zu befreien.
  240. Tolksdorf
  241. Raum
  242. Grüneberg
  243. Kirchhoff
  244. Löffler
  245. Vorinstanz:
  246. OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.09.2008 - VI-3 Kart 5/08 (V) -