|
|
- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 3 StR 422/16
- vom
- 15. Dezember 2016
- in der Strafsache
- gegen
-
- 1.
-
- 2.
-
- 3.
-
- 4.
-
- wegen zu 1., 2. und 4.: gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes u.a.
- zu 3.: Beihilfe zum besonders schweren Raub
- hier:
-
- Revisionen der Angeklagten L.
-
- und C.
-
- ECLI:DE:BGH:2016:151216B3STR422.16.0
-
- -2-
-
- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 15. Dezember 2016 gemäß § 349
- Abs. 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen:
- Auf die Revisionen der Angeklagten L.
-
- und C.
-
- wird das
-
- Urteil des Landgerichts Koblenz vom 15. Juni 2016, auch soweit
- es die Mitangeklagten S.
-
- und V.
-
- betrifft, mit den
-
- Feststellungen aufgehoben.
-
- Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
- über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
- des Landgerichts zurückverwiesen.
-
- Gründe:
- 1
-
- Das Landgericht hat die Angeklagten L.
- nicht revidierenden Mitangeklagten V.
-
- und C.
-
- sowie den
-
- jeweils wegen (gemeinschaft-
-
- lich begangenen) besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher
- Körperverletzung verurteilt. Gegen den Angeklagten L.
- Freiheitsstrafe von fünf Jahren, gegen den Angeklagten C.
-
- hat es auf eine
- auf eine Ju-
-
- gendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie gegen den Mitangeklagten V.
-
- auf eine Jugendstrafe von zwei Jahren erkannt, deren Voll-
-
- streckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den nicht revidierenden Mitangeklagten S.
-
- hat es wegen Beihilfe zum schweren Raub zu einer Freiheits-
-
- strafe von drei Jahren verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten L.
-
- und
-
- -3-
-
- C.
-
- haben mit der Sachrüge Erfolg. Die Aufhebung des Urteils ist auf die
-
- Mitangeklagten S.
- 2
-
- und V.
-
- zu erstrecken.
-
- 1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen forderte der
- Angeklagte L.
-
- die Zahlung von 400 €. H.
-
- von dem Zeugen H.
-
- versprach zwar, diese Summe zu zahlen, kam dem aber nicht nach und
- brach den Kontakt zu L.
-
- ab. Dieser beschloss daraufhin, die 400 € mit Ge-
-
- walt gemeinsam mit seinen Freunden C.
- Er veranlasste den Mitangeklagten S.
-
- und V.
-
- einzutreiben.
-
- , dem er als Belohnung ein Gramm
-
- Haschisch in Aussicht stellte, ein Treffen mit dem Zeugen H.
-
- zu verein-
-
- baren, damit man sich seiner bemächtigen und die Forderung mit Gewalt eintreiben könne. L.
-
- , C.
-
- , V.
-
- PKW Seat zu dem Treffpunkt, wo H.
-
- und S.
-
- fuhren mit einem
-
- wartete. L.
-
- forderte den über-
-
- raschten und von der Zahl der ihn plötzlich umgebenden Personen beeindruckten Zeugen H.
- und wies V.
-
- auf, sich auf die Rückbank des Fahrzeugs zu setzen,
- an, in ein außerhalb der Ortschaft gelegenes Waldstück
-
- zu fahren. Am Ziel angekommen fesselte L.
-
- dem Zeugen H.
-
- Kabelbindern die Hände auf dem Rücken. C.
-
- durchsuchte nun die Jacke
-
- des Zeugen H.
-
- mit
-
- und legte die gefundenen Sachen - ein Handy Samsung
-
- Galaxy S2, ein Portmonee ohne Geld, einen Schlüsselbund, Kopfhörer und ein
- Taschenmesser mit 6 cm Klinge - auf die Motorhaube des PKW. Feststellungen
- dahin, dass die Angeklagten bereits zu diesem Zeitpunkt mit Zueignungsabsicht hinsichtlich dieser Sachen handelten, hat die Jugendkammer nicht getroffen.
- 3
-
- Sodann forderten L.
-
- , C.
-
- und V.
-
- lautstark und wie-
-
- derholt die Begleichung der Forderung. Dabei schlugen sie dem Zeugen H.
- mehrmals mit der flachen Hand ins Gesicht und sodann mit den Fäusten
-
- -4-
-
- gegen Brust und Bauch. Um weiteren Schlägen zu entgehen, bot H.
- sein Handy und seinen Flachbildfernseher zur Begleichung der Forderung an.
- Der Angeklagte L.
-
- erklärte, dass mit dem Handy 50 € getilgt seien und er
-
- für den Fernseher 100 € anrechne. L.
-
- und C.
-
- den Oberkörper des Zeugen ein. V.
- gegen das Becken, während S.
- L.
- 4
-
- schlugen weiter auf
-
- versetzte H.
-
- einen Tritt
-
- sich abseits hielt und der Aufforderung
-
- s, ebenfalls zuzuschlagen, nicht nachkam.
- Nach einer Pause schlug C.
-
- vor, dem Zeugen H.
-
- sen Taschenmesser ins Bein zu stechen. Daraufhin nahm L.
-
- mit desdas Ta-
-
- schenmesser und erklärte dem Zeugen, dass er mit ihm ein "Münzspiel" spielen
- werde. H.
-
- solle "Kopf" oder "Zahl" sagen, bei falscher Ansage werde er
-
- ihm ins Bein stechen. Tatsächlich wollte der Angeklagte seine Drohung nicht
- umsetzen, sondern H.
-
- s Wahl jeweils als richtig bestätigen und ihn nur
-
- weiter einschüchtern "und damit letztlich zur Begleichung der noch ausstehenden Forderung, mindestens aber zur Duldung der Wegnahme der ihm bereits
- abgenommenen Gegenstände" bewegen. Der Angeklagte L.
- eine Münze, verdeckte sie und bestätigte jeweils die von H.
- Wahl. Sodann beendete V.
-
- warf zweimal
- getroffene
-
- das Münzspiel, indem er das Messer an
-
- sich nahm und es auf die Motorhaube zurücklegte.
- 5
-
- L.
-
- , C.
-
- und V.
-
- verlangten weiterhin die Begleichung
-
- der Forderung. Schließlich stieß der Angeklagte L.
-
- dem Zeugen H.
-
- mit dem Knie wuchtig in den Bauch und befahl ihm, sich von nun an täglich bei
- ihm zu melden, anderenfalls er noch Schlimmeres zu erwarten habe. Am
- nächsten Tag solle er den Fernseher zur Abholung bereithalten. Sodann schnitt
- er die Kabelbinder auf und gab H.
-
- seine SIM-Card aus dem Handy zu-
-
- rück. Das Handy und die Schlüssel behielt er für sich. Das Portmonee warf er in
-
- -5-
-
- den Wald, nachdem er den Inhalt in H.
- hatte. Der Angeklagte C.
-
- s Jackentasche zurückgesteckt
-
- nahm die Kopfhörer des Zeugen H.
-
- an
-
- sich, um sie für sich zu behalten. Schließlich entfernten sich die Angeklagten.
- 6
-
- 2. Das Landgericht hat dieses Geschehen als einen gemeinschaftlichen
- schweren Raub der Angeklagten L.
-
- , C.
-
- und V.
-
- in Tatein-
-
- heit mit gefährlicher Körperverletzung gewertet und eine Beihilfe des Angeklagten S.
-
- dazu angenommen.
-
- 7
-
- Diese Würdigung hält materiell-rechtlicher Prüfung nicht stand.
-
- 8
-
- § 249 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass die Zueignungsabsicht im Zeitpunkt der Wegnahme besteht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom
- 11. Oktober 2006 - 4 StR 400/06, NStZ-RR 2007, 15). Dies hat das Landgericht
- nicht festgestellt.
-
- 9
-
- Die Wegnahme der Gegenstände war hier bereits mit dem Ausbreiten
- der Gegenstände des Zeugen H.
-
- auf der Motorhaube des Fahrzeugs der
-
- Angeklagten vollendet. Da der gefesselte Zeuge H.
-
- nicht mehr in der
-
- Lage war, die Sachherrschaft über die gegen seinen Willen seiner Kleidung
- entnommenen Sachen auszuüben, war sein Gewahrsam bereits in diesem
- Moment gebrochen. Für die Begründung neuen Gewahrsams ist entscheidend,
- ob der Täter nach der Verkehrsauffassung die Herrschaft über die Sache derart
- erlangt hat, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber
- ausüben kann; ein Fortschaffen der Beute vom Tatort ist nicht erforderlich (vgl.
- Fischer, StGB, 64. Aufl., § 242 Rn. 17; Schönke/Schröder-Eser, StGB,
- 27. Aufl., § 242 Rn. 38; jeweils mwN). Das Ausbreiten der Sachen auf der
- Motorhaube ihres Fahrzeugs und die spätere Verwendung des Messers sowie
- der Umgang mit den übrigen Sachen belegen, dass nunmehr die Angeklagten
-
- -6-
-
- die Sachherrschaft über die Gegenstände erlangt hatten und in der Lage waren, mit diesen nach Belieben zu verfahren.
- 10
-
- Der Angeklagte L.
-
- fasste mit seiner Erklärung, das Funktelefon mit
-
- 50 € anzurechnen, den Entschluss, sich das Handy anzueignen, erst nach der
- Wegnahme der Gegenstände und nach den folgenden Gewaltanwendungen
- und Drohungen, die den Zeugen zur Begleichung der Forderung veranlassen
- sollten. Auch soweit festgestellt ist, dass der Angeklagte C.
- Gewaltanwendung die Kopfhörer des Zeugen H.
-
- nach der
-
- an sich nahm, die er
-
- später im Fahrzeug zurückließ, ist nicht dargetan, dass er insoweit bereits im
- Zeitpunkt der Wegnahme mit Zueignungsabsicht handelte. Hinsichtlich der übrigen weggenommenen Sachen ist nach den getroffenen Feststellungen eine
- Zueignungsabsicht nicht zu erkennen.
- 11
-
- Schließlich steht die Feststellung, dass der Zeuge H.
-
- mit dem
-
- nach zwischenzeitlicher Beratung der Angeklagten veranstalteten Münzspiel
- "mindestens aber zur Duldung der Wegnahme der ihm bereits abgenommenen
- Gegenstände" bewegt werden sollte, im Widerspruch zu den Feststellungen zur
- vorangegangenen Gewahrsamsverschiebung, nach denen die Wegnahme bereits vollendet war.
- 12
-
- 3. Da derselbe materiellrechtliche Fehler auch den Schuldspruch zum
- Nachteil der Mitangeklagten S.
-
- und V.
-
- betrifft, ist das Urteil
-
- auch bezüglich dieser Angeklagten aufzuheben (§ 357 StPO).
-
- -7-
-
- 13
-
- 4. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
- Becker
-
- Schäfer
- Tiemann
-
- Spaniol
- Hoch
-
|