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Nachschlagewerk: ja
BGHSt
: ja
Veröffentlichung : ja
GmbHG § 84 Abs. 1 Nr. 2
Die Insolvenzantragspflicht des Schuldners entfällt nicht schon,
wenn ein Gläubiger Insolvenzantrag gestellt hat, sondern erst
mit der Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens.
Ein Liquidator ist nicht nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG strafbar,
wenn er nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse die Stellung eines Insolvenzantrags unterlässt, obwohl der in Liquidation befindlichen Gesellschaft
mittlerweile neue Vermögenswerte zugefallen sind, die allerdings nicht ausreichen, die Insolvenzlage zu beseitigen.
BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008
– 5 StR 166/08
LG Görlitz –
5 StR 166/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u. a.
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Görlitz vom 15. Januar 2007 gemäß § 349
Abs. 4 StPO aufgehoben
a) im Fall II. H der Urteilsgründe; insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen;
dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt;
b) in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b, II. B 1., II. B 2. und
II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung 1. b wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen –
wegen Betrugs in drei Fällen, wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in
25 Fällen und wegen vorsätzlichen Bankrotts in zwei Fällen unter Einbezie-
-3-
hung einer Freiheitsstrafe (und unter Außerachtlassung von Einzelgeldstrafen) aus dem Urteil des Amtsgerichts Löbau vom 28. Mai 2002 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat
es mit Blick auf eine Zäsurwirkung der Vorentscheidung eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten wegen Untreue und wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in zwei Fällen verhängt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den – über den vom Generalbundesanwalt beantragten Umfang hinausgehenden – aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte überredete als Geschäftsführer der R.
B.
mbH (im Folgenden: R.
) im August 2001 den Bot-
schafter der Republik Mongolei (davon im zweiten Fall durch den von ihm
beeinflussten gutgläubigen Betriebsleiter Z.
), für den Umbau von Bot-
schaftsgebäuden
Höhe
Baukostenvorschüsse
in
von
jeweils
über
300.000 DM zu leisten. Dabei verschwieg der Angeklagte, dass die R.
infolge spätestens Ende Juli 2001 eingetretener Zahlungsunfähigkeit
nicht mehr zahlungsfähig war. Das Landgericht hat diese Feststellung aus
kriminalistischen Anzeichen abgeleitet (rückständigem Arbeitslohn, ausbleibender Bezahlung der Lieferanten und Subunternehmer mit der Folge des
Abbruchs der Bauarbeiten sowie rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen nach erfolglosem Vollstreckungsversuch und Einstellung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens nach Antragsrücknahme durch die Krankenkasse
im Zeitraum April und Mai 2001, Stundungsschreiben an die Krankenkassen
vom 27. Juli 2001). In Höhe der geleisteten Baukostenvorschüsse hat das
Landgericht konkrete Vermögensgefährdungen angenommen. Soweit die
-4-
Vorschüsse tatsächlich nicht mehr für das Bauvorhaben verwendetet worden
seien, nämlich in Höhe von rund 48.000 DM (Fall II. A 2. a der Urteilsgründe)
bzw. rund 109.000 DM (II. A 2. b der Urteilsgründe), sei von einem tatsächlichen Vermögensschaden auszugehen.
2. Der Angeklagte beauftragte für das genannte Bauvorhaben im Sep-
4
tember 2001 einen Maler (II. B 1. der Urteilsgründe) bzw. Anfang November 2001 einen Maurer (II. B 2. der Urteilsgründe) als Subunternehmer, obwohl die R.
zahlungsunfähig war. Die Subunternehmer, die die ge-
schuldeten Bauleistungen in entsprechendem Umfang erbrachten, fielen mit
rund 40.000 DM bzw. 20.000 DM aus. Diesen Sachverhalt hat das Landgericht, wohl mit Blick auf einen einheitlichen Tatentschluss des Angeklagten,
als Betrug in zwei tateinheitlich begangenen Fällen gewertet.
5
3. In 25 Fällen führte der Angeklagte im Zeitraum von Februar 2001
bis Januar 2002 die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer der R.
gegenüber verschiedenen Krankenkassen zunächst nicht ab (Fälle
II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe), beglich aber nachträglich einen gewichtigen Teil der offenen Beitragsforderungen.
4. Trotz der eingetretenen (von ihm spätestens am 27. Juli 2001 er-
6
kannten) Zahlungsunfähigkeit stellte der Angeklagte den Jahresabschluss für
das Geschäftsjahr 2000 nicht bis zum 30. Juni 2001, sondern erst am
27. Februar 2002 auf (Fall II. E der Urteilsgründe); desgleichen sammelte er
seit Januar 2001 weder sämtliche Rechnungen und Belege noch erfasste er
die Bargeschäfte mittels Kasse ordnungsgemäß (Fall II. F der Urteilsgründe).
Der Angeklagte stellte auch keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Fall II. C der Urteilsgründe). Erst aufgrund eines vom Finanzamt am
8. April 2002 gestellten Insolvenzantrags wurde mit Beschluss vom 5. August 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
R.
mangels eines die Kosten des Verfahrens deckenden Vermö-
gens abgelehnt: Die R.
verfügte laut einer damals erstellten Vermö-
-5-
gensübersicht lediglich über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Euro. Dem
standen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 813.000 Euro gegenüber.
7
5. Im Zuge eines weiteren, schließlich nicht realisierten Bauvorhabens
gelang es dem Angeklagten, der nunmehr die Stellung eines Liquidators innehatte,
der
R.
zustehende
Auflassungsvormerkungen
für
100.000 Euro im Oktober 2004 zu verkaufen. Den nach Abzug der Notarkosten am 21. Oktober 2004 überwiesenen Betrag von rund 99.400 Euro verbrauchte der Angeklagte überwiegend für sich (Fall II. G der Urteilsgründe).
Auch stellte er (wiederum) keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis spätestens zum Ablauf des 11. November 2004 (Fall II. H der Urteilsgründe).
II.
8
Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
9
1. Der Schuldspruch hält in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b, II. B 1.,
II. B 2. sowie II. D 1. bis II. D 25. und II. H der Urteilsgründe der rechtlichen
Nachprüfung nicht stand. Eines Eingehens auf die vom Beschwerdeführer
erhobene Aufklärungsrüge (unterbliebene Vernehmung des Sachverständigen M.
zur Frage der fortbestehenden Zahlungsunfähigkeit im Zeit-
raum von Juli 2001 bis Mai 2002) bedarf es insoweit nicht.
10
a) In den beiden zu Lasten der Republik Mongolei begangenen Betrugstaten (II. A 2. a und II. A 2. b der Urteilsgründe) ist entgegen der Ansicht
des Generalbundesanwalts dem Urteil hinreichend deutlich zu entnehmen,
dass das Landgericht die schadensrelevante Täuschungshandlung in der
Vorspiegelung tatsächlich nicht mehr gegebener Zahlungsfähigkeit gesehen
hat (UA S. 19 f.). Nach den Urteilsfeststellungen war wegen der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der R.
die vertragsgerechte Ver-
wendung der ungesicherten Vorschussleistungen nicht gewährleistet. Eine
-6-
entsprechende, regelmäßig konkludente Täuschungshandlung ist grundsätzlich betrugsrelevant.
Gleichwohl weist das Urteil hier insoweit einen Rechtsfehler auf, als
11
das Landgericht das Leistungsunvermögen der R.
nicht allein am
Maßstab der generellen Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO
hätte feststellen dürfen. Dies wird der vorliegend gegebenen Fallkonstellation
nicht gerecht. Denn anders als in den Fällen des Lieferantenkreditbetrugs
(BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 1, 2) oder des Betrugs gegenüber Subunternehmern (vgl. dazu BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67)
geht es im Vertragsverhältnis zur Republik Mongolei nicht um die Erfüllung
von Geldforderungen, sondern um die Zusage zur vertragsgerechten Verwendung von im Voraus gezahltem Werklohn. Die Erwägungen des Landgerichts lassen unberücksichtigt, dass der Angeklagte im ersten Betrugsfall
mehr als 80 % des Vorschusses und im zweiten Betrugsfall immerhin noch
fast 60 % des Vorschusses für das Bauvorhaben verwendete. Ob die Restbeträge, über deren Verbleib das Landgericht keine Feststellungen getroffen
hat, infolge der Zahlungsunfähigkeit der R.
, insbesondere etwa in-
folge von Pfändungen, nicht mehr in das Bauvorhaben investiert werden
konnten, bleibt hingegen offen. Damit ist nach den bisherigen Feststellungen
nicht auszuschließen, dass die R.
bei der Zusage im August 2001
zumindest zur vollständigen vertragsgerechten Verwendung der Baukostenvorschüsse noch in der Lage war und der Angeklagte als Geschäftsführer mit
entsprechendem Willen handelte.
Auf die nur die Verurteilung in den Fällen II. A 2. a und II. A 2. b betref-
12
fende Verfahrensrüge (rechtsfehlerhafte Belehrung des Botschafters im Rahmen der nach § 247a StPO durchgeführten audiovisuellen Vernehmung)
kommt es wegen des durchgreifenden sachlichrechtlichen Fehlers nicht mehr
an.
-7-
13
b) Im Betrugsfall zu Lasten des Malers fehlen Feststellungen, ob die
Baukostenvorschüsse zur Begleichung dieser Rechnungen noch ausgereicht
hätten. Dies liegt deswegen nicht fern, weil die R.
, wie ausgeführt,
noch über Restbeträge aus den Vorschüssen verfügte. Die subjektive Tatseite seitens des Angeklagten, die Vorschüsse nicht an die Subunternehmer
weiterzuleiten (vgl. dazu BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67),
ist ebenfalls nicht festgestellt.
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Die nunmehr vollständige Zahlungsunfähigkeit im Betrugsfall zu Lasten des Maurers ist zwar für sich genommen mit Blick auf den Verbrauch der
Geldmittel im November 2001 belegt (UA S. 25). Jedoch erfolgt wegen der
– in der Sache gleichwohl rechtsfehlerhaften – tateinheitlichen Verurteilung
auch insoweit die Urteilsaufhebung (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 353
Rdn. 7a).
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c) In den 25 Fällen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a
StGB) genügt bereits die Berechnungsdarstellung hinsichtlich der Höhe der
nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile nicht den vom Bundesgerichtshof in
ständiger Rechtsprechung (BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 4 und 5;
BGH wistra 2006, 425, 426; jeweils m.w.N.) aufgestellten Grundsätzen. Es
sind weder die Löhne noch die Höhe der jeweiligen Beitragssätze der betroffenen Sozialversicherungsträger festgestellt.
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Bezüglich 20 Fälle des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt hat das
Landgericht zudem nicht die Vorschrift des § 266a Abs. 5 Satz 2 StGB a.F.
(= § 266a Abs. 6 Satz 2 StGB n.F.) berücksichtigt. Danach wird der Arbeitgeber nicht bestraft, wenn er spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen
Beträge mitteilt und darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist,
obwohl er sich ernsthaft darum bemüht hat, und die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet werden. Das Urteil lässt mangels Feststellungen zu den Umständen
-8-
der nachträglichen Zahlungen eine Überprüfung dieses Strafaufhebungsgrundes nicht zu. Es wird weder mitgeteilt, ob der Angeklagte rechtzeitig die
Krankenkassen über die Rückstände und deren Gründe benachrichtigte,
noch, ob er die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig, das heißt innerhalb
ihm gesetzter Fristen, nachzahlte.
17
In den verbleibenden fünf Fällen waren die Arbeitnehmeranteile erst
ab Mitte November 2001, überwiegend im Dezember 2001 und Januar 2002
fällig. Für diesen Tatzeitraum ist aber – auch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe unter besonderer Berücksichtigung der Feststellungen zum Fall II. B 2. – nicht belegt, dass die R.
noch in ausreichen-
dem Umfang liquide Mittel hatte, um die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen (vgl. dazu BGHSt 47, 318, 319 f.; BGH wistra 2008, 384). Vielmehr
geht das Landgericht ganz im Gegenteil davon aus, dass im November 2001
die finanziellen Mittel „vollständig aufgebraucht“ waren (UA S. 25). Es hätte
deshalb in den Urteilsgründen der Darlegung bedurft, ob der Angeklagte die
Erfüllung der Beitragspflichten schon vorher hätte sichern können und dies
auch erkannt hat.
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d) Im Fall II. H der Urteilsgründe tragen die Feststellungen – anders
als im Fall II. C der Urteilsgründe für den Zeitraum ab dem 17. August 2001
(dazu unter aa) – nicht den Schuldspruch wegen (erneuter) Insolvenzverschleppung; der Angeklagte ist in diesem Fall aus rechtlichen Gründen freizusprechen (dazu unter bb). Entgegen der Auffassung des Landgerichts oblag dem Angeklagten nach der Überweisung von fast 100.000 Euro am
21. Oktober 2004, nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits
abgelehnt war, keine erneute strafbewehrte Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG.
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aa) Nach § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG macht sich der Geschäftsführer einer GmbH strafbar, wenn er nicht spätestens drei Wochen
nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des
-9-
Insolvenzverfahrens beantragt. Die Pflicht als Geschäftsführer der R.
, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, hat der
Angeklagte vorsätzlich verletzt. Mithin ist die Verurteilung unter II. C der Urteilsgründe und zwar in vollem Umfang zu Recht erfolgt:
20
(1) Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO (vgl. dazu
BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2) ist hier ausreichend
– auch mit Blick auf das Geständnis des sachkundigen Angeklagten – durch
die vom Landgericht angeführten „wirtschaftskriminalistischen Beweisanzeichen“ (vgl. dazu BGH wistra 2003, 232 m.N.; zum Inhalt eines Liquiditätsstatus BGH wistra 2001, 306, 307; Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 76 Rdn. 57 ff.) für den Zeitraum ab Ende Juli 2001 belegt.
Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers ist nicht von einer bloßen Zahlungsstockung im Zeitraum Juli/August 2001 auszugehen. Denn dem
Gesamtgeschehensablauf (insbesondere UA S. 25) ist zu entnehmen, dass
die geleisteten Baukostenvorschüsse alsbald verbraucht waren und die Zahlungsfähigkeit nicht dauerhaft wiederherstellen konnten. Bereits ab Oktober 2001 bezahlte die R.
wiederum nicht die Subunternehmer, die
daraufhin erneut die Baustelle verließen.
21
(2) Die ohnehin erst nach Tatvollendung erfolgte Antragstellung durch
das Finanzamt vom 8. April 2002 ließ die Pflicht des Angeklagten zur Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die Insolvenzverschleppung war mithin erst mit Rechtskraft des Beschlusses vom
5. August 2002 beendet, mit dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
mangels Masse abgelehnt wurde.
22
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Konkursordnung ist die Pflicht des Gemeinschuldners nicht bereits dadurch entfallen,
dass ein Gläubiger Konkursantrag gestellt hat (BGHR GmbHG § 64 Abs. 1
Antragspflicht 1; BGH, Urteil vom 5. Juli 1956 – 3 StR 140/56). Die Konkursverschleppung als Dauerdelikt und Unterlassungstat war erst dann beendet,
- 10 -
wenn das Konkursverfahren auf Antrag des Gläubigers eröffnet wurde (BGH,
Beschluss vom 13. Februar 1979 – 5 StR 814/78; offen gelassen in BGHR
GmbHG § 64 Abs. 1 Antragspflicht 1 für den Fall der Ablehnung des Konkursantrags mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse). Trotz
gewichtiger Gegenargumente (vgl. Tiedemann, GmbH-Strafrecht 4. Aufl.
§ 84 Rdn. 91; Müller-Gugenberger/Bieneck aaO § 84 Rdn. 10; Wegner in
Achenbach/Ransiek,
Handbuch
Wirtschaftsstrafrecht
2. Aufl.
Kap.
VII
Rdn. 43) lässt auch unter Geltung der Insolvenzordnung die Antragstellung
durch einen Gläubiger die eigene Pflicht des Schuldners nicht entfallen.
23
Zwar muss nach der Insolvenzordnung der Schuldner nicht mehr – wie
nach § 104 KO a.F. – ein besonderes Verzeichnis der Gläubiger und Schuldner sowie eine Übersicht über die Vermögensmasse mit seinem Insolvenzantrag zusammen vorlegen. Er ist vielmehr nach Maßgabe des § 20 Abs. 1
InsO zur Erteilung von Auskünften verpflichtet. Damit enthält der Schuldnerantrag aufgrund der Neuregelung des Antragsrechts in der Insolvenzordnung
gegenüber der alten Rechtslage nunmehr für das Insolvenzgericht keine vorteilhafteren Informationsmöglichkeiten.
24
Gleichwohl sprechen die gewichtigeren Argumente dafür, dass es bei
der eigenen Antragstellung durch den Schuldner für die Beendigung der
Strafbewehrung verbleiben muss (so auch Schaal in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 160. Ergänzungslieferung [Februar 2006] § 84
GmbHG Rdn. 21; Grube/Maurer GmbHR 2003, 1461 ff.; OLG Dresden
GmbHR 1998, 830 zur Gesamtvollstreckungsordnung).
25
Der Gläubiger kann, ohne dies zu begründen, seinen Antrag nach
§ 13 Abs. 2 InsO bis zur Verfahrenseröffnung oder rechtskräftigen Abweisung seines Antrags mit der Folge zurücknehmen, dass die – nach Amtsermittlungsgrundsätzen vorzunehmende – Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen entfällt. In diesem Falle entstünde – bei weiter gegebenen Insolvenzgründen wie hier – dann erneut der mit § 64 GmbHG unvereinbare Zustand,
- 11 -
dass die Gesellschaft zwar insolvenzreif ist, über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber nicht entschieden wird. Der mit der Antragspflicht des
Geschäftsführers verfolgte Zweck, bei Vorliegen von Insolvenzgründen eine
Entscheidung des Insolvenzgerichts über die weitere werbende Tätigkeit der
GmbH oder aber die geordnete Verwertung ihres Vermögens zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) herbeizuführen,
würde verfehlt, wollte man einen Insolvenzantrag eines zur Antragstellung
nicht verpflichteten Gläubigers einer GmbH mit der damit verbundenen jederzeitigen Möglichkeit der voraussetzungslosen Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Antragsrücknahme als einen Grund für ein Erlöschen der
Antragspflicht des Geschäftsführers anerkennen. Die Stellung eines Insolvenzantrags eines Gläubigers kann somit nicht geeignet sein, die Pflicht des
Geschäftsführers gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG zum Erlöschen zu bringen,
und vermag dessen nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG gegebene Strafbarkeit
nicht zu beenden. Soweit der Verpflichtete den Insolvenzantrag nicht selbst
stellt und die ihm obliegende Handlungspflicht unterlässt, verliert dies erst
dann an Relevanz, wenn über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt ginge nämlich eine Insolvenzantragstellung durch den nach § 64 Abs. 1 GmbHG verpflichteten Geschäftsführer ins Leere. Deshalb ist der für die Beendigung maßgebliche Zeitpunkt
der Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 5. August 2002 als Tag der
Entscheidung über die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
26
An das Ende der Antragspflicht ist die Beendigung der Insolvenzverschleppung geknüpft. Im Interesse der Rechtssicherheit muss der Beendigungszeitpunkt, der insbesondere für den Verjährungsbeginn ausschlaggebend ist, eindeutig bestimmt sein. Dies wäre bei einem Fremdantrag wegen
der Rücknahmemöglichkeit nicht in gleicher Weise gewährleistet. Mit dem
Abstellen auf den Schuldnerantrag ist auch die Konstruktion eines Wiederauflebens der Antragspflicht für den Schuldner nach Rücknahme des Fremdantrags (vgl. dazu Tiedemann aaO Rdn. 91; Müller-Gugenberger/Bieneck
aaO Rdn. 10) entbehrlich.
- 12 -
27
bb) Nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts ist keine neuerliche
strafbewehrte Antragspflicht nach § 64 Abs. 1 GmbHG mehr entstanden.
28
(1) Die R.
war mit dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom
5. August 2002 aufgelöst (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, § 26 Abs. 1 Satz 1
InsO). Diese Auflösung, die eine nach §§ 66 ff. GmbHG vorzunehmende
Abwicklung der GmbH einleitet (Schulze-Osterloh/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 60 Rdn. 27), war gemäß § 65 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GmbHG von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen. Der
Angeklagte als Liquidator (§ 66 Abs. 1 GmbHG) hatte damit die nach § 70
GmbHG bezeichneten Aufgaben zur Beendigung der R.
zu erfüllen
und u. a. die Pflichten aus § 71 Abs. 4 GmbHG, darunter eine bestehende
Insolvenzantragspflicht, wahrzunehmen. Etwa noch vorhandenes Vermögen
musste er nach §§ 73, 72 GmbHG vorrangig an die Fremdgläubiger der R.
verteilen. Die Abwicklung ist dabei erst dann im Sinne des § 74
Abs. 1 GmbHG beendet, wenn kein verteilungsfähiges Aktivvermögen mehr
zur Verfügung steht (Schaal in Erbs/Kohlhaas aaO § 66 GmbHG Rdn. 2
m.N.). Zwar trifft auch den Liquidator eine strafbewehrte Pflicht zur Insolvenzantragstellung (§ 71 Abs. 4 i.V.m. § 64 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 2
GmbHG). Dies gilt aber nur für den Fall, dass die Gesellschaft in der Liquidation insolvenzreif wird, nicht aber für das Liquidationsverfahren nach der Ablehnung der Insolvenzeröffnung, weil in dem letzteren ja bereits über die
Durchführung eines Insolvenzverfahrens abschlägig entschieden wurde.
29
(2) Eine strafbewehrte Insolvenzantragspflicht ist auch durch den Zahlungseingang am 21. Oktober 2004 nicht wieder aufgelebt. Nach den vom
Landgericht getroffenen Feststellungen konnten durch den Geldbetrag von
fast 100.000 Euro Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der GmbH nicht
beseitigt werden; vielmehr hätte er nur ausgereicht, die Kosten für das Insolvenzverfahren zu decken. Mithin bestand die Insolvenzlage unverändert fort.
- 13 -
Bei dieser Sachlage kommt eine Strafbarkeit wegen (erneuter) Insol-
30
venzverschleppung nicht in Betracht. Das strafbewehrte „Aufleben“ der Antragspflicht infolge neuer die Kosten eines Insolvenzverfahrens nunmehr voraussichtlich deckender Vermögensmittel im Beendigungsstadium der nach
Auflösung abzuwickelnden GmbH ist vom Wortlaut der Strafvorschriften der
§ 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 71 Abs. 4, § 64 Abs. 1 GmbHG nicht erfasst (a.A.
Tiedemann aaO § 84 Rdn. 88; Müller-Gugenberger/Bieneck aaO § 84
Rdn. 21; Köhler in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 3. Aufl. Kap. 7 Rdn. 338; Wegner in Achenbach/Ransiek aaO
Rdn. 41; Maurer wistra 2003, 174, 176; vgl. auch Schaal in Erbs/Kohlhaas
aaO § 84 GmbHG Rdn. 22 gegen ein strafbewehrtes Wiederaufleben der
Antragspflicht bei einer bereits gelöschten GmbH; zustimmend Michalski,
GmbHG 2002 § 84 Rdn. 90; Pelz in Heidelberger Kommentar zum AktG,
§ 401 Rdn. 3). Diese Normen knüpfen die Strafbewehrung der Verletzung
der Antragspflicht allein an den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung. So macht sich etwa der Liquidator einer durch Beschluss der Gesellschafter aufgelösten (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), an sich aber nach wie
vor „lebensfähigen“ oder nach Überwindung der Insolvenz wieder „lebensfähig“ gewordenen GmbH nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 71 Abs. 4, § 64
Abs. 1 GmbHG strafbar, wenn im Stadium zwischen Auflösung und Beendigung der GmbH diese zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist und der
Liquidator nicht fristgemäß Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
stellt.
31
(3) Das „Wiederaufleben“ der Antragspflicht im Liquidationsstadium
mag in zivilrechtlicher Hinsicht begründbar sein, wenn die GmbH – anders
als zum Zeitpunkt der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens – über ausreichende Geldmittel zur Deckung der Verfahrenskosten verfügt. Diese Frage bedarf ebenso wenig der Vertiefung wie diejenige,
ob der Liquidator auch nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 20 Abs. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 InsO insolvenzrechtlich zu einer
Mitteilung verpflichtet sein könnte. Für die Beurteilung der Strafbarkeit nach
- 14 -
§ 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1, § 71 Abs. 4 GmbHG ist dies ohne Belang, weil nach dem Wortlaut dieser Vorschriften nur dann eine Strafbarkeit
entsteht, wenn Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit eintritt und der Liquidator die Stellung eines Insolvenzantrags unterlässt. Daraus folgt aber
umgekehrt, dass die Gesellschaft vorher nicht in der Krise gewesen sein
darf, sondern vielmehr erst in den Zustand der Krise geraten muss, der dann
die Insolvenzantragspflicht auslöst. Ist dagegen das Tatbestandsmerkmal der
Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung durchgängig erfüllt, stünde einer Strafbarkeit, mag auch eine zivilrechtliche Pflicht bestehen, das Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) entgegen. Im Falle einer nach § 60 Abs. 1
Nr. 5 GmbHG aufgelösten GmbH ist eine (erneute) Insolvenzverschleppung
nur in der (allerdings theoretischen) Konstellation mit dem Wortlaut vereinbar, dass die Überschuldung bzw. die Zahlungsunfähigkeit der GmbH im Liquidationsverfahren beseitigt wird und die GmbH anschließend wiederum in
eine Krise gerät. Eine Strafbarkeitslücke entsteht hierdurch nicht, weil die
zweckwidrige Verwendung im Beendigungsstadium eingehender Gelder für
den Liquidator regelmäßig – wie auch hier – eine Strafbarkeit wegen Untreue
begründen wird.
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Eine erneute Verurteilung des Angeklagten wegen einer nunmehr als
Liquidator begangenen Insolvenzverschleppung bei hier unverändert gegebenen Insolvenzgründen würde zudem das Schuldprinzip verletzen (vgl.
BVerfG – Kammer – StraFo 2007, 369 zum Unterlassungsdauerdelikt in
§ 235 Abs. 2 Nr. 2 StGB; Schaal in Erbs/Kohlhaas aaO 170. Ergänzungslieferung [Mai 2008] § 401 AktG Rdn. 50; a.A. RGSt 47, 154, 155; BGHSt 14,
280, 281 für eine erneute Verurteilung bei weiterer Verletzung der Antragspflicht nach der Vorverurteilung; Otto, Großkommentar AktG 4. Aufl. § 401
Rdn. 51).
33
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
Die Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung im Fall II. C (wie ausge-
- 15 -
führt), wegen Bankrotts in den Fällen II. E und II. F sowie wegen Untreue im
Fall II. G der Urteilsgründe hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die vom Beschwerdeführer erhobene, die Ermittlung der Zahlungs-
34
unfähigkeit betreffende Aufklärungsrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
b) Der Senat bemerkt ergänzend zur Verurteilung wegen Bankrotts in
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zwei Fällen (aa) sowie wegen Untreue (bb) in sachlichrechtlicher Hinsicht:
aa) Zum 30. Juni 2001 als dem für die Tatbegehung maßgeblichen
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Zeitpunkt (§ 264 Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 267 Abs. 1 HGB) ist zwar
weder eine Zahlungsunfähigkeit noch eine Überschuldung belegt (vgl. dazu
BGH wistra 2003, 232, 233; 1998, 105). Es liegt jedoch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu diesem Zeitpunkt jedenfalls eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor. Dieser Krisengrund ist gegenüber der vom
Landgericht zugrunde gelegten Zahlungsunfähigkeit auch gleichgewichtig,
weshalb sich der Fehler nicht auswirkt. Die objektive Bedingung der Strafbarkeit nach § 283 Abs. 6 StGB ist jedenfalls nicht vor Ablauf der Frist zur
Aufstellung der Bilanz eingetreten (vgl. dazu BGHR StGB § 283 Abs. 1
Nr. 7b Bilanz 2; Zeit 1). Die Zahlungseinstellung (vgl. dazu BGH BB 2008,
634, 635 m.w.N.) ist erst für November 2001 mit dem vollständigen
Verbrauch sämtlicher Finanzmittel einschließlich der Baukostenvorschüsse
festgestellt.
Die rechtsfehlerfrei als tateinheitlich begangen gewerteten und nicht
37
behobenen Verstöße gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
(§ 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB) sind dem angefochtenen Urteil hinreichend deutlich
zu
entnehmen
– 3 StR 232/53).
(vgl.
dazu
BGH,
Urteil
vom
25.
März
1954
- 16 -
38
bb) Die R.
war auch überschuldet, wie insbesondere aus der
Vermögensaufstellung zum 5. August 2002 zu schließen ist. Diese Überschuldung hat der Angeklagte im Herbst 2004 dadurch vertieft, dass er als
Liquidator den der R.
zustehenden Geldbetrag von rund
99.400 Euro für private Zwecke entnahm. Die Vertiefung einer Überschuldung begründet die Strafbarkeit wegen Untreue (BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 21; BGH wistra 2008, 379, 380). Im Übrigen hat der Angeklagte
nicht die Vorschrift des § 73 GmbHG eingehalten, indem er das Guthaben für
eigene ersichtlich gesellschaftsfremde Zwecke verwandte.
III.
39
Die Sache bedarf nach alledem in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b,
II. B 1., II. B 2. und II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe umfassend neuer
Aufklärung und Bewertung, sofern nicht mit Blick auf die vier rechtskräftigen
Einzelstrafen (Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr acht Monaten, von sieben Monaten und zweimal zwei Monaten) insbesondere hinsichtlich der Fälle
II. D 1. bis II. D 25. von der Vorschrift des § 154 StPO Gebrauch gemacht
wird. Für die erneut erforderliche zweifache Gesamtstrafbildung unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Löbau vom 28. Mai 2002 weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
40
Aus der rechtskräftigen Vorentscheidung sind sämtliche Einzelstrafen,
also auch die Einzelgeldstrafen, einzubeziehen (BGHR StGB § 55 Abs. 1
Satz 1 Erledigung 3; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 – 2 StR 176/08
Rdn. 8). Die bereits vollstreckte Gesamtgeldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen ist auf die erste Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen (§ 51 Abs. 2
StGB).
41
Die Beendigungszeitpunkte für die Delikte nach § 266a StGB sind in
den 20 Fällen, in denen der Angeklagte die Beitragsschulden nachträglich
beglich, nicht ordnungsgemäß festgestellt: Da das Vergehen des Vorenthal-
- 17 -
tens von Arbeitnehmeranteilen der Beiträge zur Sozialversicherung ein echtes Unterlassungsdelikt darstellt, ist dieses Delikt beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners (BGH wistra 1992, 23). Feststellungen dazu,
wann die Beitragsschulden erfüllt worden sind, hat das Landgericht, wie dargelegt, nicht getroffen.
42
Die Bankrottdelikte sind hier mit dem Eintritt der objektiven Bedingung
der Strafbarkeit beendet (vgl. Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB
27. Aufl. § 283 Rdn. 69 m.w.N.) und damit in die erste Gesamtfreiheitsstrafe
einzubeziehen. Die R.
hat, wie ausgeführt, die Zahlungen im No-
vember 2001 eingestellt.
43
Die Insolvenzverschleppung ist hingegen, wie dargelegt, erst nach
dem 28. Mai 2002 beendet und damit in die zweite Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen.
44
Bei Bildung der neuen Gesamtstrafen wird, wenn unter Berücksichtigung des bislang gewährten Strafabschlags Anlass zu einer weitergehenden
Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung bestehen
- 18 -
sollte, dieser durch eine Anrechnung auf die neuen Gesamtstrafen Rechnung
zu tragen sein (vgl. dazu BGHSt [GS] 52, 124; BGH wistra 2008, 348, 349).
Basdorf
Raum
Schaal
Brause
Dölp