You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

625 lines
31 KiB

  1. Nachschlagewerk: ja
  2. BGHSt
  3. : ja
  4. Veröffentlichung : ja
  5. GmbHG § 84 Abs. 1 Nr. 2
  6. Die Insolvenzantragspflicht des Schuldners entfällt nicht schon,
  7. wenn ein Gläubiger Insolvenzantrag gestellt hat, sondern erst
  8. mit der Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnung
  9. des Insolvenzverfahrens.
  10. Ein Liquidator ist nicht nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG strafbar,
  11. wenn er nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse die Stellung eines Insolvenzantrags unterlässt, obwohl der in Liquidation befindlichen Gesellschaft
  12. mittlerweile neue Vermögenswerte zugefallen sind, die allerdings nicht ausreichen, die Insolvenzlage zu beseitigen.
  13. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008
  14. – 5 StR 166/08
  15. LG Görlitz –
  16. 5 StR 166/08
  17. BUNDESGERICHTSHOF
  18. BESCHLUSS
  19. vom 28. Oktober 2008
  20. in der Strafsache
  21. gegen
  22. wegen Betrugs u. a.
  23. -2-
  24. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2008
  25. beschlossen:
  26. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  27. Landgerichts Görlitz vom 15. Januar 2007 gemäß § 349
  28. Abs. 4 StPO aufgehoben
  29. a) im Fall II. H der Urteilsgründe; insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen;
  30. dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt;
  31. b) in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b, II. B 1., II. B 2. und
  32. II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
  33. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
  34. als unbegründet verworfen.
  35. 3. Im Umfang der Aufhebung 1. b wird die Sache zu neuer
  36. Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren
  37. Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  38. G r ü n d e
  39. 1
  40. Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen –
  41. wegen Betrugs in drei Fällen, wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in
  42. 25 Fällen und wegen vorsätzlichen Bankrotts in zwei Fällen unter Einbezie-
  43. -3-
  44. hung einer Freiheitsstrafe (und unter Außerachtlassung von Einzelgeldstrafen) aus dem Urteil des Amtsgerichts Löbau vom 28. Mai 2002 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat
  45. es mit Blick auf eine Zäsurwirkung der Vorentscheidung eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten wegen Untreue und wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in zwei Fällen verhängt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den – über den vom Generalbundesanwalt beantragten Umfang hinausgehenden – aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  46. I.
  47. 2
  48. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
  49. 3
  50. 1. Der Angeklagte überredete als Geschäftsführer der R.
  51. B.
  52. mbH (im Folgenden: R.
  53. ) im August 2001 den Bot-
  54. schafter der Republik Mongolei (davon im zweiten Fall durch den von ihm
  55. beeinflussten gutgläubigen Betriebsleiter Z.
  56. ), für den Umbau von Bot-
  57. schaftsgebäuden
  58. Höhe
  59. Baukostenvorschüsse
  60. in
  61. von
  62. jeweils
  63. über
  64. 300.000 DM zu leisten. Dabei verschwieg der Angeklagte, dass die R.
  65. infolge spätestens Ende Juli 2001 eingetretener Zahlungsunfähigkeit
  66. nicht mehr zahlungsfähig war. Das Landgericht hat diese Feststellung aus
  67. kriminalistischen Anzeichen abgeleitet (rückständigem Arbeitslohn, ausbleibender Bezahlung der Lieferanten und Subunternehmer mit der Folge des
  68. Abbruchs der Bauarbeiten sowie rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen nach erfolglosem Vollstreckungsversuch und Einstellung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens nach Antragsrücknahme durch die Krankenkasse
  69. im Zeitraum April und Mai 2001, Stundungsschreiben an die Krankenkassen
  70. vom 27. Juli 2001). In Höhe der geleisteten Baukostenvorschüsse hat das
  71. Landgericht konkrete Vermögensgefährdungen angenommen. Soweit die
  72. -4-
  73. Vorschüsse tatsächlich nicht mehr für das Bauvorhaben verwendetet worden
  74. seien, nämlich in Höhe von rund 48.000 DM (Fall II. A 2. a der Urteilsgründe)
  75. bzw. rund 109.000 DM (II. A 2. b der Urteilsgründe), sei von einem tatsächlichen Vermögensschaden auszugehen.
  76. 2. Der Angeklagte beauftragte für das genannte Bauvorhaben im Sep-
  77. 4
  78. tember 2001 einen Maler (II. B 1. der Urteilsgründe) bzw. Anfang November 2001 einen Maurer (II. B 2. der Urteilsgründe) als Subunternehmer, obwohl die R.
  79. zahlungsunfähig war. Die Subunternehmer, die die ge-
  80. schuldeten Bauleistungen in entsprechendem Umfang erbrachten, fielen mit
  81. rund 40.000 DM bzw. 20.000 DM aus. Diesen Sachverhalt hat das Landgericht, wohl mit Blick auf einen einheitlichen Tatentschluss des Angeklagten,
  82. als Betrug in zwei tateinheitlich begangenen Fällen gewertet.
  83. 5
  84. 3. In 25 Fällen führte der Angeklagte im Zeitraum von Februar 2001
  85. bis Januar 2002 die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer der R.
  86. gegenüber verschiedenen Krankenkassen zunächst nicht ab (Fälle
  87. II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe), beglich aber nachträglich einen gewichtigen Teil der offenen Beitragsforderungen.
  88. 4. Trotz der eingetretenen (von ihm spätestens am 27. Juli 2001 er-
  89. 6
  90. kannten) Zahlungsunfähigkeit stellte der Angeklagte den Jahresabschluss für
  91. das Geschäftsjahr 2000 nicht bis zum 30. Juni 2001, sondern erst am
  92. 27. Februar 2002 auf (Fall II. E der Urteilsgründe); desgleichen sammelte er
  93. seit Januar 2001 weder sämtliche Rechnungen und Belege noch erfasste er
  94. die Bargeschäfte mittels Kasse ordnungsgemäß (Fall II. F der Urteilsgründe).
  95. Der Angeklagte stellte auch keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Fall II. C der Urteilsgründe). Erst aufgrund eines vom Finanzamt am
  96. 8. April 2002 gestellten Insolvenzantrags wurde mit Beschluss vom 5. August 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
  97. R.
  98. mangels eines die Kosten des Verfahrens deckenden Vermö-
  99. gens abgelehnt: Die R.
  100. verfügte laut einer damals erstellten Vermö-
  101. -5-
  102. gensübersicht lediglich über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Euro. Dem
  103. standen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 813.000 Euro gegenüber.
  104. 7
  105. 5. Im Zuge eines weiteren, schließlich nicht realisierten Bauvorhabens
  106. gelang es dem Angeklagten, der nunmehr die Stellung eines Liquidators innehatte,
  107. der
  108. R.
  109. zustehende
  110. Auflassungsvormerkungen
  111. für
  112. 100.000 Euro im Oktober 2004 zu verkaufen. Den nach Abzug der Notarkosten am 21. Oktober 2004 überwiesenen Betrag von rund 99.400 Euro verbrauchte der Angeklagte überwiegend für sich (Fall II. G der Urteilsgründe).
  113. Auch stellte er (wiederum) keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis spätestens zum Ablauf des 11. November 2004 (Fall II. H der Urteilsgründe).
  114. II.
  115. 8
  116. Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
  117. 9
  118. 1. Der Schuldspruch hält in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b, II. B 1.,
  119. II. B 2. sowie II. D 1. bis II. D 25. und II. H der Urteilsgründe der rechtlichen
  120. Nachprüfung nicht stand. Eines Eingehens auf die vom Beschwerdeführer
  121. erhobene Aufklärungsrüge (unterbliebene Vernehmung des Sachverständigen M.
  122. zur Frage der fortbestehenden Zahlungsunfähigkeit im Zeit-
  123. raum von Juli 2001 bis Mai 2002) bedarf es insoweit nicht.
  124. 10
  125. a) In den beiden zu Lasten der Republik Mongolei begangenen Betrugstaten (II. A 2. a und II. A 2. b der Urteilsgründe) ist entgegen der Ansicht
  126. des Generalbundesanwalts dem Urteil hinreichend deutlich zu entnehmen,
  127. dass das Landgericht die schadensrelevante Täuschungshandlung in der
  128. Vorspiegelung tatsächlich nicht mehr gegebener Zahlungsfähigkeit gesehen
  129. hat (UA S. 19 f.). Nach den Urteilsfeststellungen war wegen der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der R.
  130. die vertragsgerechte Ver-
  131. wendung der ungesicherten Vorschussleistungen nicht gewährleistet. Eine
  132. -6-
  133. entsprechende, regelmäßig konkludente Täuschungshandlung ist grundsätzlich betrugsrelevant.
  134. Gleichwohl weist das Urteil hier insoweit einen Rechtsfehler auf, als
  135. 11
  136. das Landgericht das Leistungsunvermögen der R.
  137. nicht allein am
  138. Maßstab der generellen Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO
  139. hätte feststellen dürfen. Dies wird der vorliegend gegebenen Fallkonstellation
  140. nicht gerecht. Denn anders als in den Fällen des Lieferantenkreditbetrugs
  141. (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 1, 2) oder des Betrugs gegenüber Subunternehmern (vgl. dazu BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67)
  142. geht es im Vertragsverhältnis zur Republik Mongolei nicht um die Erfüllung
  143. von Geldforderungen, sondern um die Zusage zur vertragsgerechten Verwendung von im Voraus gezahltem Werklohn. Die Erwägungen des Landgerichts lassen unberücksichtigt, dass der Angeklagte im ersten Betrugsfall
  144. mehr als 80 % des Vorschusses und im zweiten Betrugsfall immerhin noch
  145. fast 60 % des Vorschusses für das Bauvorhaben verwendete. Ob die Restbeträge, über deren Verbleib das Landgericht keine Feststellungen getroffen
  146. hat, infolge der Zahlungsunfähigkeit der R.
  147. , insbesondere etwa in-
  148. folge von Pfändungen, nicht mehr in das Bauvorhaben investiert werden
  149. konnten, bleibt hingegen offen. Damit ist nach den bisherigen Feststellungen
  150. nicht auszuschließen, dass die R.
  151. bei der Zusage im August 2001
  152. zumindest zur vollständigen vertragsgerechten Verwendung der Baukostenvorschüsse noch in der Lage war und der Angeklagte als Geschäftsführer mit
  153. entsprechendem Willen handelte.
  154. Auf die nur die Verurteilung in den Fällen II. A 2. a und II. A 2. b betref-
  155. 12
  156. fende Verfahrensrüge (rechtsfehlerhafte Belehrung des Botschafters im Rahmen der nach § 247a StPO durchgeführten audiovisuellen Vernehmung)
  157. kommt es wegen des durchgreifenden sachlichrechtlichen Fehlers nicht mehr
  158. an.
  159. -7-
  160. 13
  161. b) Im Betrugsfall zu Lasten des Malers fehlen Feststellungen, ob die
  162. Baukostenvorschüsse zur Begleichung dieser Rechnungen noch ausgereicht
  163. hätten. Dies liegt deswegen nicht fern, weil die R.
  164. , wie ausgeführt,
  165. noch über Restbeträge aus den Vorschüssen verfügte. Die subjektive Tatseite seitens des Angeklagten, die Vorschüsse nicht an die Subunternehmer
  166. weiterzuleiten (vgl. dazu BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67),
  167. ist ebenfalls nicht festgestellt.
  168. 14
  169. Die nunmehr vollständige Zahlungsunfähigkeit im Betrugsfall zu Lasten des Maurers ist zwar für sich genommen mit Blick auf den Verbrauch der
  170. Geldmittel im November 2001 belegt (UA S. 25). Jedoch erfolgt wegen der
  171. – in der Sache gleichwohl rechtsfehlerhaften – tateinheitlichen Verurteilung
  172. auch insoweit die Urteilsaufhebung (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 353
  173. Rdn. 7a).
  174. 15
  175. c) In den 25 Fällen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a
  176. StGB) genügt bereits die Berechnungsdarstellung hinsichtlich der Höhe der
  177. nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile nicht den vom Bundesgerichtshof in
  178. ständiger Rechtsprechung (BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 4 und 5;
  179. BGH wistra 2006, 425, 426; jeweils m.w.N.) aufgestellten Grundsätzen. Es
  180. sind weder die Löhne noch die Höhe der jeweiligen Beitragssätze der betroffenen Sozialversicherungsträger festgestellt.
  181. 16
  182. Bezüglich 20 Fälle des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt hat das
  183. Landgericht zudem nicht die Vorschrift des § 266a Abs. 5 Satz 2 StGB a.F.
  184. (= § 266a Abs. 6 Satz 2 StGB n.F.) berücksichtigt. Danach wird der Arbeitgeber nicht bestraft, wenn er spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen
  185. Beträge mitteilt und darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist,
  186. obwohl er sich ernsthaft darum bemüht hat, und die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet werden. Das Urteil lässt mangels Feststellungen zu den Umständen
  187. -8-
  188. der nachträglichen Zahlungen eine Überprüfung dieses Strafaufhebungsgrundes nicht zu. Es wird weder mitgeteilt, ob der Angeklagte rechtzeitig die
  189. Krankenkassen über die Rückstände und deren Gründe benachrichtigte,
  190. noch, ob er die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig, das heißt innerhalb
  191. ihm gesetzter Fristen, nachzahlte.
  192. 17
  193. In den verbleibenden fünf Fällen waren die Arbeitnehmeranteile erst
  194. ab Mitte November 2001, überwiegend im Dezember 2001 und Januar 2002
  195. fällig. Für diesen Tatzeitraum ist aber – auch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe unter besonderer Berücksichtigung der Feststellungen zum Fall II. B 2. – nicht belegt, dass die R.
  196. noch in ausreichen-
  197. dem Umfang liquide Mittel hatte, um die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen (vgl. dazu BGHSt 47, 318, 319 f.; BGH wistra 2008, 384). Vielmehr
  198. geht das Landgericht ganz im Gegenteil davon aus, dass im November 2001
  199. die finanziellen Mittel „vollständig aufgebraucht“ waren (UA S. 25). Es hätte
  200. deshalb in den Urteilsgründen der Darlegung bedurft, ob der Angeklagte die
  201. Erfüllung der Beitragspflichten schon vorher hätte sichern können und dies
  202. auch erkannt hat.
  203. 18
  204. d) Im Fall II. H der Urteilsgründe tragen die Feststellungen – anders
  205. als im Fall II. C der Urteilsgründe für den Zeitraum ab dem 17. August 2001
  206. (dazu unter aa) – nicht den Schuldspruch wegen (erneuter) Insolvenzverschleppung; der Angeklagte ist in diesem Fall aus rechtlichen Gründen freizusprechen (dazu unter bb). Entgegen der Auffassung des Landgerichts oblag dem Angeklagten nach der Überweisung von fast 100.000 Euro am
  207. 21. Oktober 2004, nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits
  208. abgelehnt war, keine erneute strafbewehrte Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG.
  209. 19
  210. aa) Nach § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG macht sich der Geschäftsführer einer GmbH strafbar, wenn er nicht spätestens drei Wochen
  211. nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des
  212. -9-
  213. Insolvenzverfahrens beantragt. Die Pflicht als Geschäftsführer der R.
  214. , einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, hat der
  215. Angeklagte vorsätzlich verletzt. Mithin ist die Verurteilung unter II. C der Urteilsgründe und zwar in vollem Umfang zu Recht erfolgt:
  216. 20
  217. (1) Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO (vgl. dazu
  218. BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2) ist hier ausreichend
  219. – auch mit Blick auf das Geständnis des sachkundigen Angeklagten – durch
  220. die vom Landgericht angeführten „wirtschaftskriminalistischen Beweisanzeichen“ (vgl. dazu BGH wistra 2003, 232 m.N.; zum Inhalt eines Liquiditätsstatus BGH wistra 2001, 306, 307; Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 76 Rdn. 57 ff.) für den Zeitraum ab Ende Juli 2001 belegt.
  221. Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers ist nicht von einer bloßen Zahlungsstockung im Zeitraum Juli/August 2001 auszugehen. Denn dem
  222. Gesamtgeschehensablauf (insbesondere UA S. 25) ist zu entnehmen, dass
  223. die geleisteten Baukostenvorschüsse alsbald verbraucht waren und die Zahlungsfähigkeit nicht dauerhaft wiederherstellen konnten. Bereits ab Oktober 2001 bezahlte die R.
  224. wiederum nicht die Subunternehmer, die
  225. daraufhin erneut die Baustelle verließen.
  226. 21
  227. (2) Die ohnehin erst nach Tatvollendung erfolgte Antragstellung durch
  228. das Finanzamt vom 8. April 2002 ließ die Pflicht des Angeklagten zur Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die Insolvenzverschleppung war mithin erst mit Rechtskraft des Beschlusses vom
  229. 5. August 2002 beendet, mit dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  230. mangels Masse abgelehnt wurde.
  231. 22
  232. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Konkursordnung ist die Pflicht des Gemeinschuldners nicht bereits dadurch entfallen,
  233. dass ein Gläubiger Konkursantrag gestellt hat (BGHR GmbHG § 64 Abs. 1
  234. Antragspflicht 1; BGH, Urteil vom 5. Juli 1956 – 3 StR 140/56). Die Konkursverschleppung als Dauerdelikt und Unterlassungstat war erst dann beendet,
  235. - 10 -
  236. wenn das Konkursverfahren auf Antrag des Gläubigers eröffnet wurde (BGH,
  237. Beschluss vom 13. Februar 1979 – 5 StR 814/78; offen gelassen in BGHR
  238. GmbHG § 64 Abs. 1 Antragspflicht 1 für den Fall der Ablehnung des Konkursantrags mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse). Trotz
  239. gewichtiger Gegenargumente (vgl. Tiedemann, GmbH-Strafrecht 4. Aufl.
  240. § 84 Rdn. 91; Müller-Gugenberger/Bieneck aaO § 84 Rdn. 10; Wegner in
  241. Achenbach/Ransiek,
  242. Handbuch
  243. Wirtschaftsstrafrecht
  244. 2. Aufl.
  245. Kap.
  246. VII
  247. Rdn. 43) lässt auch unter Geltung der Insolvenzordnung die Antragstellung
  248. durch einen Gläubiger die eigene Pflicht des Schuldners nicht entfallen.
  249. 23
  250. Zwar muss nach der Insolvenzordnung der Schuldner nicht mehr – wie
  251. nach § 104 KO a.F. – ein besonderes Verzeichnis der Gläubiger und Schuldner sowie eine Übersicht über die Vermögensmasse mit seinem Insolvenzantrag zusammen vorlegen. Er ist vielmehr nach Maßgabe des § 20 Abs. 1
  252. InsO zur Erteilung von Auskünften verpflichtet. Damit enthält der Schuldnerantrag aufgrund der Neuregelung des Antragsrechts in der Insolvenzordnung
  253. gegenüber der alten Rechtslage nunmehr für das Insolvenzgericht keine vorteilhafteren Informationsmöglichkeiten.
  254. 24
  255. Gleichwohl sprechen die gewichtigeren Argumente dafür, dass es bei
  256. der eigenen Antragstellung durch den Schuldner für die Beendigung der
  257. Strafbewehrung verbleiben muss (so auch Schaal in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 160. Ergänzungslieferung [Februar 2006] § 84
  258. GmbHG Rdn. 21; Grube/Maurer GmbHR 2003, 1461 ff.; OLG Dresden
  259. GmbHR 1998, 830 zur Gesamtvollstreckungsordnung).
  260. 25
  261. Der Gläubiger kann, ohne dies zu begründen, seinen Antrag nach
  262. § 13 Abs. 2 InsO bis zur Verfahrenseröffnung oder rechtskräftigen Abweisung seines Antrags mit der Folge zurücknehmen, dass die – nach Amtsermittlungsgrundsätzen vorzunehmende – Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen entfällt. In diesem Falle entstünde – bei weiter gegebenen Insolvenzgründen wie hier – dann erneut der mit § 64 GmbHG unvereinbare Zustand,
  263. - 11 -
  264. dass die Gesellschaft zwar insolvenzreif ist, über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber nicht entschieden wird. Der mit der Antragspflicht des
  265. Geschäftsführers verfolgte Zweck, bei Vorliegen von Insolvenzgründen eine
  266. Entscheidung des Insolvenzgerichts über die weitere werbende Tätigkeit der
  267. GmbH oder aber die geordnete Verwertung ihres Vermögens zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) herbeizuführen,
  268. würde verfehlt, wollte man einen Insolvenzantrag eines zur Antragstellung
  269. nicht verpflichteten Gläubigers einer GmbH mit der damit verbundenen jederzeitigen Möglichkeit der voraussetzungslosen Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Antragsrücknahme als einen Grund für ein Erlöschen der
  270. Antragspflicht des Geschäftsführers anerkennen. Die Stellung eines Insolvenzantrags eines Gläubigers kann somit nicht geeignet sein, die Pflicht des
  271. Geschäftsführers gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG zum Erlöschen zu bringen,
  272. und vermag dessen nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG gegebene Strafbarkeit
  273. nicht zu beenden. Soweit der Verpflichtete den Insolvenzantrag nicht selbst
  274. stellt und die ihm obliegende Handlungspflicht unterlässt, verliert dies erst
  275. dann an Relevanz, wenn über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt ginge nämlich eine Insolvenzantragstellung durch den nach § 64 Abs. 1 GmbHG verpflichteten Geschäftsführer ins Leere. Deshalb ist der für die Beendigung maßgebliche Zeitpunkt
  276. der Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 5. August 2002 als Tag der
  277. Entscheidung über die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
  278. 26
  279. An das Ende der Antragspflicht ist die Beendigung der Insolvenzverschleppung geknüpft. Im Interesse der Rechtssicherheit muss der Beendigungszeitpunkt, der insbesondere für den Verjährungsbeginn ausschlaggebend ist, eindeutig bestimmt sein. Dies wäre bei einem Fremdantrag wegen
  280. der Rücknahmemöglichkeit nicht in gleicher Weise gewährleistet. Mit dem
  281. Abstellen auf den Schuldnerantrag ist auch die Konstruktion eines Wiederauflebens der Antragspflicht für den Schuldner nach Rücknahme des Fremdantrags (vgl. dazu Tiedemann aaO Rdn. 91; Müller-Gugenberger/Bieneck
  282. aaO Rdn. 10) entbehrlich.
  283. - 12 -
  284. 27
  285. bb) Nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts ist keine neuerliche
  286. strafbewehrte Antragspflicht nach § 64 Abs. 1 GmbHG mehr entstanden.
  287. 28
  288. (1) Die R.
  289. war mit dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom
  290. 5. August 2002 aufgelöst (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, § 26 Abs. 1 Satz 1
  291. InsO). Diese Auflösung, die eine nach §§ 66 ff. GmbHG vorzunehmende
  292. Abwicklung der GmbH einleitet (Schulze-Osterloh/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 60 Rdn. 27), war gemäß § 65 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GmbHG von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen. Der
  293. Angeklagte als Liquidator (§ 66 Abs. 1 GmbHG) hatte damit die nach § 70
  294. GmbHG bezeichneten Aufgaben zur Beendigung der R.
  295. zu erfüllen
  296. und u. a. die Pflichten aus § 71 Abs. 4 GmbHG, darunter eine bestehende
  297. Insolvenzantragspflicht, wahrzunehmen. Etwa noch vorhandenes Vermögen
  298. musste er nach §§ 73, 72 GmbHG vorrangig an die Fremdgläubiger der R.
  299. verteilen. Die Abwicklung ist dabei erst dann im Sinne des § 74
  300. Abs. 1 GmbHG beendet, wenn kein verteilungsfähiges Aktivvermögen mehr
  301. zur Verfügung steht (Schaal in Erbs/Kohlhaas aaO § 66 GmbHG Rdn. 2
  302. m.N.). Zwar trifft auch den Liquidator eine strafbewehrte Pflicht zur Insolvenzantragstellung (§ 71 Abs. 4 i.V.m. § 64 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 2
  303. GmbHG). Dies gilt aber nur für den Fall, dass die Gesellschaft in der Liquidation insolvenzreif wird, nicht aber für das Liquidationsverfahren nach der Ablehnung der Insolvenzeröffnung, weil in dem letzteren ja bereits über die
  304. Durchführung eines Insolvenzverfahrens abschlägig entschieden wurde.
  305. 29
  306. (2) Eine strafbewehrte Insolvenzantragspflicht ist auch durch den Zahlungseingang am 21. Oktober 2004 nicht wieder aufgelebt. Nach den vom
  307. Landgericht getroffenen Feststellungen konnten durch den Geldbetrag von
  308. fast 100.000 Euro Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der GmbH nicht
  309. beseitigt werden; vielmehr hätte er nur ausgereicht, die Kosten für das Insolvenzverfahren zu decken. Mithin bestand die Insolvenzlage unverändert fort.
  310. - 13 -
  311. Bei dieser Sachlage kommt eine Strafbarkeit wegen (erneuter) Insol-
  312. 30
  313. venzverschleppung nicht in Betracht. Das strafbewehrte „Aufleben“ der Antragspflicht infolge neuer die Kosten eines Insolvenzverfahrens nunmehr voraussichtlich deckender Vermögensmittel im Beendigungsstadium der nach
  314. Auflösung abzuwickelnden GmbH ist vom Wortlaut der Strafvorschriften der
  315. § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 71 Abs. 4, § 64 Abs. 1 GmbHG nicht erfasst (a.A.
  316. Tiedemann aaO § 84 Rdn. 88; Müller-Gugenberger/Bieneck aaO § 84
  317. Rdn. 21; Köhler in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 3. Aufl. Kap. 7 Rdn. 338; Wegner in Achenbach/Ransiek aaO
  318. Rdn. 41; Maurer wistra 2003, 174, 176; vgl. auch Schaal in Erbs/Kohlhaas
  319. aaO § 84 GmbHG Rdn. 22 gegen ein strafbewehrtes Wiederaufleben der
  320. Antragspflicht bei einer bereits gelöschten GmbH; zustimmend Michalski,
  321. GmbHG 2002 § 84 Rdn. 90; Pelz in Heidelberger Kommentar zum AktG,
  322. § 401 Rdn. 3). Diese Normen knüpfen die Strafbewehrung der Verletzung
  323. der Antragspflicht allein an den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung. So macht sich etwa der Liquidator einer durch Beschluss der Gesellschafter aufgelösten (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), an sich aber nach wie
  324. vor „lebensfähigen“ oder nach Überwindung der Insolvenz wieder „lebensfähig“ gewordenen GmbH nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 71 Abs. 4, § 64
  325. Abs. 1 GmbHG strafbar, wenn im Stadium zwischen Auflösung und Beendigung der GmbH diese zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist und der
  326. Liquidator nicht fristgemäß Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  327. stellt.
  328. 31
  329. (3) Das „Wiederaufleben“ der Antragspflicht im Liquidationsstadium
  330. mag in zivilrechtlicher Hinsicht begründbar sein, wenn die GmbH – anders
  331. als zum Zeitpunkt der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens – über ausreichende Geldmittel zur Deckung der Verfahrenskosten verfügt. Diese Frage bedarf ebenso wenig der Vertiefung wie diejenige,
  332. ob der Liquidator auch nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 20 Abs. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 InsO insolvenzrechtlich zu einer
  333. Mitteilung verpflichtet sein könnte. Für die Beurteilung der Strafbarkeit nach
  334. - 14 -
  335. § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1, § 71 Abs. 4 GmbHG ist dies ohne Belang, weil nach dem Wortlaut dieser Vorschriften nur dann eine Strafbarkeit
  336. entsteht, wenn Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit eintritt und der Liquidator die Stellung eines Insolvenzantrags unterlässt. Daraus folgt aber
  337. umgekehrt, dass die Gesellschaft vorher nicht in der Krise gewesen sein
  338. darf, sondern vielmehr erst in den Zustand der Krise geraten muss, der dann
  339. die Insolvenzantragspflicht auslöst. Ist dagegen das Tatbestandsmerkmal der
  340. Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung durchgängig erfüllt, stünde einer Strafbarkeit, mag auch eine zivilrechtliche Pflicht bestehen, das Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) entgegen. Im Falle einer nach § 60 Abs. 1
  341. Nr. 5 GmbHG aufgelösten GmbH ist eine (erneute) Insolvenzverschleppung
  342. nur in der (allerdings theoretischen) Konstellation mit dem Wortlaut vereinbar, dass die Überschuldung bzw. die Zahlungsunfähigkeit der GmbH im Liquidationsverfahren beseitigt wird und die GmbH anschließend wiederum in
  343. eine Krise gerät. Eine Strafbarkeitslücke entsteht hierdurch nicht, weil die
  344. zweckwidrige Verwendung im Beendigungsstadium eingehender Gelder für
  345. den Liquidator regelmäßig – wie auch hier – eine Strafbarkeit wegen Untreue
  346. begründen wird.
  347. 32
  348. Eine erneute Verurteilung des Angeklagten wegen einer nunmehr als
  349. Liquidator begangenen Insolvenzverschleppung bei hier unverändert gegebenen Insolvenzgründen würde zudem das Schuldprinzip verletzen (vgl.
  350. BVerfG – Kammer – StraFo 2007, 369 zum Unterlassungsdauerdelikt in
  351. § 235 Abs. 2 Nr. 2 StGB; Schaal in Erbs/Kohlhaas aaO 170. Ergänzungslieferung [Mai 2008] § 401 AktG Rdn. 50; a.A. RGSt 47, 154, 155; BGHSt 14,
  352. 280, 281 für eine erneute Verurteilung bei weiterer Verletzung der Antragspflicht nach der Vorverurteilung; Otto, Großkommentar AktG 4. Aufl. § 401
  353. Rdn. 51).
  354. 33
  355. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
  356. Die Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung im Fall II. C (wie ausge-
  357. - 15 -
  358. führt), wegen Bankrotts in den Fällen II. E und II. F sowie wegen Untreue im
  359. Fall II. G der Urteilsgründe hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
  360. a) Die vom Beschwerdeführer erhobene, die Ermittlung der Zahlungs-
  361. 34
  362. unfähigkeit betreffende Aufklärungsrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
  363. b) Der Senat bemerkt ergänzend zur Verurteilung wegen Bankrotts in
  364. 35
  365. zwei Fällen (aa) sowie wegen Untreue (bb) in sachlichrechtlicher Hinsicht:
  366. aa) Zum 30. Juni 2001 als dem für die Tatbegehung maßgeblichen
  367. 36
  368. Zeitpunkt (§ 264 Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 267 Abs. 1 HGB) ist zwar
  369. weder eine Zahlungsunfähigkeit noch eine Überschuldung belegt (vgl. dazu
  370. BGH wistra 2003, 232, 233; 1998, 105). Es liegt jedoch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu diesem Zeitpunkt jedenfalls eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor. Dieser Krisengrund ist gegenüber der vom
  371. Landgericht zugrunde gelegten Zahlungsunfähigkeit auch gleichgewichtig,
  372. weshalb sich der Fehler nicht auswirkt. Die objektive Bedingung der Strafbarkeit nach § 283 Abs. 6 StGB ist jedenfalls nicht vor Ablauf der Frist zur
  373. Aufstellung der Bilanz eingetreten (vgl. dazu BGHR StGB § 283 Abs. 1
  374. Nr. 7b Bilanz 2; Zeit 1). Die Zahlungseinstellung (vgl. dazu BGH BB 2008,
  375. 634, 635 m.w.N.) ist erst für November 2001 mit dem vollständigen
  376. Verbrauch sämtlicher Finanzmittel einschließlich der Baukostenvorschüsse
  377. festgestellt.
  378. Die rechtsfehlerfrei als tateinheitlich begangen gewerteten und nicht
  379. 37
  380. behobenen Verstöße gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
  381. (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB) sind dem angefochtenen Urteil hinreichend deutlich
  382. zu
  383. entnehmen
  384. – 3 StR 232/53).
  385. (vgl.
  386. dazu
  387. BGH,
  388. Urteil
  389. vom
  390. 25.
  391. März
  392. 1954
  393. - 16 -
  394. 38
  395. bb) Die R.
  396. war auch überschuldet, wie insbesondere aus der
  397. Vermögensaufstellung zum 5. August 2002 zu schließen ist. Diese Überschuldung hat der Angeklagte im Herbst 2004 dadurch vertieft, dass er als
  398. Liquidator den der R.
  399. zustehenden Geldbetrag von rund
  400. 99.400 Euro für private Zwecke entnahm. Die Vertiefung einer Überschuldung begründet die Strafbarkeit wegen Untreue (BGHR StGB § 266 Abs. 1
  401. Nachteil 21; BGH wistra 2008, 379, 380). Im Übrigen hat der Angeklagte
  402. nicht die Vorschrift des § 73 GmbHG eingehalten, indem er das Guthaben für
  403. eigene ersichtlich gesellschaftsfremde Zwecke verwandte.
  404. III.
  405. 39
  406. Die Sache bedarf nach alledem in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b,
  407. II. B 1., II. B 2. und II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe umfassend neuer
  408. Aufklärung und Bewertung, sofern nicht mit Blick auf die vier rechtskräftigen
  409. Einzelstrafen (Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr acht Monaten, von sieben Monaten und zweimal zwei Monaten) insbesondere hinsichtlich der Fälle
  410. II. D 1. bis II. D 25. von der Vorschrift des § 154 StPO Gebrauch gemacht
  411. wird. Für die erneut erforderliche zweifache Gesamtstrafbildung unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Löbau vom 28. Mai 2002 weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
  412. 40
  413. Aus der rechtskräftigen Vorentscheidung sind sämtliche Einzelstrafen,
  414. also auch die Einzelgeldstrafen, einzubeziehen (BGHR StGB § 55 Abs. 1
  415. Satz 1 Erledigung 3; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 – 2 StR 176/08
  416. Rdn. 8). Die bereits vollstreckte Gesamtgeldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen ist auf die erste Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen (§ 51 Abs. 2
  417. StGB).
  418. 41
  419. Die Beendigungszeitpunkte für die Delikte nach § 266a StGB sind in
  420. den 20 Fällen, in denen der Angeklagte die Beitragsschulden nachträglich
  421. beglich, nicht ordnungsgemäß festgestellt: Da das Vergehen des Vorenthal-
  422. - 17 -
  423. tens von Arbeitnehmeranteilen der Beiträge zur Sozialversicherung ein echtes Unterlassungsdelikt darstellt, ist dieses Delikt beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners (BGH wistra 1992, 23). Feststellungen dazu,
  424. wann die Beitragsschulden erfüllt worden sind, hat das Landgericht, wie dargelegt, nicht getroffen.
  425. 42
  426. Die Bankrottdelikte sind hier mit dem Eintritt der objektiven Bedingung
  427. der Strafbarkeit beendet (vgl. Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB
  428. 27. Aufl. § 283 Rdn. 69 m.w.N.) und damit in die erste Gesamtfreiheitsstrafe
  429. einzubeziehen. Die R.
  430. hat, wie ausgeführt, die Zahlungen im No-
  431. vember 2001 eingestellt.
  432. 43
  433. Die Insolvenzverschleppung ist hingegen, wie dargelegt, erst nach
  434. dem 28. Mai 2002 beendet und damit in die zweite Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen.
  435. 44
  436. Bei Bildung der neuen Gesamtstrafen wird, wenn unter Berücksichtigung des bislang gewährten Strafabschlags Anlass zu einer weitergehenden
  437. Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung bestehen
  438. - 18 -
  439. sollte, dieser durch eine Anrechnung auf die neuen Gesamtstrafen Rechnung
  440. zu tragen sein (vgl. dazu BGHSt [GS] 52, 124; BGH wistra 2008, 348, 349).
  441. Basdorf
  442. Raum
  443. Schaal
  444. Brause
  445. Dölp