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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 95/03
Verkündet am:
17. März 2004
Potsch,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
AVBFernwärmeV § 2 Abs. 2
Ein konkludenter Vertragsschluß durch Entnahme von Energie kommt grundsätzlich
nicht in Betracht, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen
und
einem
Dritten
besteht,
aufgrund
Energielieferungen erbracht werden.
BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 95/03 - OLG Naumburg
LG Halle
dessen
die
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter
Dr. Hübsch, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Naumburg vom 27. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Energieversorgungsunternehmen die Bezahlung
von Fernwärme, die sie für die Wohnungseigentumsanlage "A.
,
" in H.
in der Zeit von Januar 1999 bis einschließ-
lich Mai 2001 geliefert hat. Die Beklagten sind die Mitglieder der für diese
Wohnanlage gebildeten Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Klägerin hatte mit der früheren Eigentümerin des Wohngebäudes,
der
Firma
N.
,
am
5. November/13. Dezember 1996 einen Fernwärmeversorgungsvertrag abgeschlossen. Mit Schreiben vom 15. Januar 1998 bestätigte die A.
-3-
GmbH, die das Wohngebäude von der N.
erworben hatte, gegenüber der Klägerin, daß sie
mit Wirkung ab 1. Juni 1997 gemäß § 32 AVBFernwärmeV in den Fernwärmeversorgungsvertrag eingetreten sei. Die A.
GmbH be-
gründete sodann mit notariell beurkundeter Teilungserklärung vom 14. Juli 1997
gemäß § 8 WEG Wohnungseigentum mit 120 Wohnungseinheiten und veräußerte erstmalig am 23. Juli 1998 eine Wohneinheit; die A.
GmbH ist noch Eigentümerin eines Teils der Wohnungseinheiten. Mit
Schreiben vom 17. September 2001 teilten die Beklagten, vertreten durch die
Wohnungseigentumsverwalterin, der Klägerin mit, daß nunmehr die "WEG A.
" mit Wirkung vom 14. Juni 2001 in den Fernwärmeversorgungsvertrag eingetreten sei. Die Klägerin hat ihren Entgeltanspruch aus der Belieferung des Wohnblocks "A.
" und eines weiteren
Wohnblocks mit Fernwärme für den Zeitraum von Februar 1999 bis Februar
2001 zunächst gegenüber der A.
GmbH geltend ge-
macht und insoweit zwei obsiegende rechtskräftige Urteile erwirkt. Der Antrag
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A.
GmbH ist mangels Masse abgewiesen worden.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin nunmehr die Beklagten auf Bezahlung
der gelieferten Fernwärme für den Zeitraum von Januar 1999 bis Mai 2001 in
Höhe von umgerechnet 112.096,57 € in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
-4-
Entscheidungsgründe:
I.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, zwischen den Parteien sei für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Fernwärmeversorgungsvertrag nicht zustande gekommen. Der ursprünglich zwischen der Klägerin und
der
N.
Fernwärmevertrag, in den die A.
geschlossene
GmbH gemäß Erklä-
rung vom 15. Januar 1998 eingetreten sei, sei weder durch die notarielle Beurkundung der Teilungserklärung auf die Beklagten übergangen, noch seien diese gemäß § 32 Abs. 4 und 5 AVBFernwärmeV vor dem 14. Juni 2001 in den mit
der Klägerin geschlossenen Fernwärmevertrag eingetreten.
Mit der Entnahme von Fernwärmeenergie sei auch kein Vertrag gemäß
§ 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits abgeschlossen worden. Bei der Bereitstellung von Energie durch das Versorgungsunternehmen handele es sich um ein Vertragsangebot in Form einer Realofferte, wobei sich nach Treu und Glauben aus der Sicht des Versorgungsunternehmens bestimme, wem dieses Angebot gemacht werde. Bestehe bereits ein
Versorgungsvertrag, so werde das Versorgungsunternehmen seinen Vertragspartner mit der zur Verfügung gestellten Energie versorgen wollen. Die Entnahme von Fernwärme an der Hausanschlußstation habe die Klägerin, die nach
ihrem eigenen Vortrag keine Kenntnis von der Begründung des Wohnungseigentums gehabt habe, aus ihrer Sicht somit nicht als Annahme ihres Angebots
auf Abschluß eines Versorgungsvertrages verstehen können.
Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1
1. Fall BGB scheide aus, weil sie die Fernwärme im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit Rechtsgrund geleistet habe.
-5-
II.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Klägerin ohne Erfolg, so daß
ihre Revision zurückzuweisen ist.
1. Soweit das Berufungsgericht sowohl einen Übergang des zwischen
der Klägerin und der N.
ge-
schlossenen und von der A.
GmbH fortgeführten Fern-
wärmeversorgungsvertrages vom 5. November/13. Dezember 1996 auf die Beklagten wie auch deren Eintritt in diesen Vertrag nach § 32 AVBFernwärmeV
gemäß Erklärung vom 12. September 2001 für die Zeit vor dem 14. Juni 2001
verneint hat, wendet sich die Revision hiergegen nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Beklagten zur Bezahlung
der im Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Mai 2001 gelieferten Fernwärme
auch nicht aufgrund eines gemäß § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV geschlossenen
Vertrages verpflichtet.
a) Zwar ist in dem Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens regelmäßig ein Vertragsangebot in Form einer sogenannten Realofferte zum Abschluß eines Versorgungsvertrages zu sehen, das von demjenigen konkludent
angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens
Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt (vgl. Senatsurteil vom
30. April 2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131 unter II 1 a m.w.Nachw.; siehe
auch Hempel in: Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-,
Gas- und Wasserversorgung, § 2 AVBEltV Rdnr. 92 ff.). Durch diesen Rechtsgrundsatz,
der
in
§2
Abs. 2
AVBEltV/AVBGasV/AVBWasserV/
AVBFernwärmeV lediglich wiederholt ist, wird der Tatsache Rechnung getragen, daß in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen
-6-
Leistungen vielfach ohne ausdrücklich schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluß in Anspruch genommen werden; dabei soll ein vertragsloser Zustand bei
Energielieferungen vermieden, nicht aber dem Versorgungsunternehmen ein
weiterer
Vertragspartner
verschafft
werden
(Hempel
aaO
§2
AVBEltV Rdnr. 83, 117).
Die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluß fehlen jedoch, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, aufgrund dessen die Energielieferungen
erbracht werden. In einem solchen Fall erbringt das Versorgungsunternehmen,
wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt, durch die Zurverfügungstellung der
Energie die seinem Vertragspartner geschuldete Versorgungsleistung. Wird
hierbei von einer Person, die bisher im Verhältnis zum Versorgungsunternehmen noch nicht als Abnehmer aufgetreten ist, aus den vorhandenen Versorgungsleitungen Energie entnommen, ist dies aus der Sicht des Versorgungsunternehmens daher auch nicht als Annahme eines auf Abschluß eines (weiteren)
Energielieferungsvertrages gerichteten Vertragsangebots zu verstehen. Vielmehr ist, um unterschiedliche Versorgungsverträge für das gleiche Versorgungsverhältnis zu vermeiden, grundsätzlich von dem Vorrang des durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegenüber einem
Vertragsabschluß durch schlüssiges Verhalten auszugehen (vgl. OLG Hamm,
ZIP 1983, 329 f.; OLG Karlsruhe, RdE 1984, 25, 28; OLG Karlsruhe, NZM 1999,
86; Brandenburgisches OLG, RdE 2000, 72, 73; dasselbe RdE 2002, 20, 21;
Hempel aaO Rdnr. 118; Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu
den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, 1981, Bd. I, § 2 AVBEltV Rdnr. 24;
a.A. OLG Hamm RdE 1988, 212, 214; zustimmend Hempel aaO § 2 AVBEltV
Rdnr. 125; siehe auch OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1989, 889, 890). Soweit die Revision sich weiter für ihre gegenteilige Ansicht auf das Urteil des
Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 5. November 1993 (NJW-RR 1994, 436
-7-
f.) beruft, betrifft dieses einen vertragslosen Zustand nach Erlöschen des bisherigen Versorgungsvertrages und ist somit nicht einschlägig.
b) Wenn daher die Beklagten als Wohnungseigentümer über die vorhandene eigene Hausanschlußstation in dem der Klage zugrundeliegenden Zeitraum, in welchem noch der Fernwärmeversorgungsvertrag mit der A.
GmbH bestand, Fernwärme entnommen haben, konnte dies
die Klägerin nicht als Annahme eines auf Abschluß eines zusätzlichen Wärmelieferungsvertrages gerichteten Angebots auffassen. Damit scheidet aber ein
vertraglicher Entgeltanspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten - neben
der bereits titulierten Forderung gegen die A.
GmbH -
aus.
c) Daß der Klägerin auch ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812
Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber den Beklagten bereits deshalb nicht zusteht, weil
die Lieferungen aufgrund eines bestehenden Wärmeversorgungsvertrages an
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die A.
GmbH erbracht worden sind, hat das Berufungs-
gericht ebenfalls ohne Angriff durch die Revision festgestellt.
Dr. Deppert
Dr. Hübsch
Wiechers
Dr. Leimert
Dr. Wolst