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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 292/98
Verkündet am:
14. Februar 2001
Kirchgeßner,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die
Richter Dr. Beyer, Ball, Wiechers und Dr. Wolst
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. September 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch
über
die
Kosten
des
Revisionsverfahrens,
an
den
20. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin macht als Gebäudeversicherer Rückgriffsansprüche gegen
die Beklagte geltend. Der Versicherungsnehmer der Klägerin vermietete eine
Wohnung des versicherten Gebäudes an die Beklagte.
Am 25. April 1996 brach ein Brand in dem zu dieser Wohnung gehörigen
Kinderzimmer aus. Die Klägerin leistete insgesamt über 150.000 DM Ersatz an
den Hauseigentümer. Der auf Zahlung eines Teilbetrages von 100.000 DM gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben, das Berufungsgericht hat
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lediglich die Höhe der zu zahlenden Zinsen herabgesetzt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Oberlandesgericht hat - soweit für die Revisionsinstanz von Interesse - ausgeführt: Der Klägerin stehe gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG aus
übergegangenem Recht ein Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung zu. Der gesetzliche Übergang der Forderung des Vermieters
und Hauseigentümers gegen die Beklagte wegen Verletzung ihrer mietvertraglichen Pflichten sei nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte
durch den vom Vermieter mit der Klägerin geschlossenen Gebäudeversicherungsvertrag mitversichert sei. Die Beklagte sei vielmehr "Dritte" im Sinne des
§ 67 Abs. 1 Satz 1 VVG. In einschlägigen Brandschadensfällen treffe den Vermieter die Beweislast dafür, daß die Schadensursache dem Obhutsbereich des
Mieters entstamme; zunächst müsse der Vermieter eine in seinen Verantwortungsbereich fallende Schadensursache ausräumen. Gelinge dies, habe sich
der Mieter davon zu entlasten, daß er für den Brand verantwortlich sei. Vorliegend habe die Beklagte keine konkreten Umstände behauptet, aus denen sich
ergeben könnte, daß die Schadensursache im Verantwortungsbereich des
Vermieters liege. Daher trage die Beklagte die Beweislast dafür, daß sie die
Beschädigung der Mietsache durch den Brand nicht zu vertreten habe. Dieser
Beweis sei der Beklagten nicht gelungen.
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2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist der Wohnungsmieter nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht in der
Gebäudeversicherung des Wohnungseigentümers mitversichert, sondern
"Dritter" im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG (BGH, Beschluß vom
18. Dezember 1991 - IV ZR 259/91, VersR 1992, 311). Danach wäre der Übergang eines gegen die Beklagte gerichteten Schadensersatzanspruches des
Wohnungseigentümers auf die Klägerin nicht ausgeschlossen (BGHZ 131,
288, 291 f m.zahlr.Nachw.).
b) An dieser Rechtsprechung hat der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 8. November
2000 (IV ZR 298/99 z. Veröff. in BGHZ bestimmt = VersR 2001, 94 mit Anm.
Lorenz und Wolter) zwar im Ergebnis festgehalten. Er hat jedoch die Ansicht
aufgegeben, in eine reine Sachversicherung könne ein Sachersatzinteresse
des Mieters nicht einbezogen werden, und dargelegt, über die Allgemeinen
Versicherungsbedingungen zur Gebäudefeuerversicherung hinaus könne der
Inhalt des Versicherungsvertrages durch zusätzliche, auch konkludente Vereinbarungen bestimmt werden. Auch könne eine festgestellte Vertragslücke in
den Allgemeinen Versicherungsbedingungen durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden (vgl. BGHZ 117, 92, 98 f). Während hierzu aber
hinreichend konkrete Anhaltspunkte erforderlich seien, so hat der IV. Zivilsenat
weiter ausgeführt, ergebe die ergänzende Vertragsauslegung des Gebäudeversicherungsvertrages allgemein einen konkludenten Regreßverzicht des
Versicherers für die Fälle, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden
durch einfache Fahrlässigkeit verursacht habe. Diese Auslegung beruhe auf
dem für den Versicherer erkennbaren Interesse des Versicherungsnehmers,
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dem als Vermieter daran gelegen sei, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnis zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu
lassen.
Die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung eines Regreßverzichts
für leichte Fahrlässigkeit könne auch nicht davon abhängen, ob der Mieter im
Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Ob in den Fällen,
in denen der Mieter eine Schäden an fremden Sachen einbeziehende Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, ein Ausgleich zwischen dem Haftpflichtund dem Feuerversicherer in Betracht kommen könnte, hat der IV. Zivilsenat
unentschieden gelassen, weil die Parteien zum Bestand einer Haftpflichtversicherung nichts vorgetragen hatten.
c) Diesen Erwägungen schließt sich der erkennende Senat in vollem
Umfang an. Bei der dargestellten versicherungsrechtlichen Lösung eines Regreßverzichts für die Fälle leichter Fahrlässigkeit obliegt es dem Versicherer
darzulegen und zu beweisen, daß die Voraussetzungen für einen Regreß beim
Mieter vorliegen, daß dieser also grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat
(BGH, Urt. v. 8. November 2000 aaO). Da das Berufungsgericht - nach der bisherigen Rechtsprechung folgerichtig - von einer anderen Beweislastverteilung
ausgegangen ist, muß die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen
werden. Die Parteien erhalten damit zugleich Gelegenheit, der neuen Rechtslage entsprechend ergänzend vorzutragen. Das Berufungsgericht wird ferner
zu erwägen haben, ob und inwieweit sich im vorliegenden Fall etwas anderes
aufgrund des Umstandes ergeben könnte, daß die Beklagte eine Haftpflichtversi-
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cherung abgeschlossen hatte, die nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien auch den Brandschaden des Vermieters erfaßte (vgl. BGH aaO).
Dr. Deppert
Dr. Beyer
Wiechers
Ball
Dr. Wolst