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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (Brfg) 49/13
vom
4. November 2013
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richterinnen Lohmann und
Dr. Fetzer sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Dr. Martini
am 4. November 2013 beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das
Urteil des 2. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom
4. März 2013 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
1
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 21. März 2012 die Zulassung des
Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO) widerrufen. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage des Klägers ist
vor dem Anwaltsgerichtshof ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich der
Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
2
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg;
ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e
Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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3
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung
(§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine
erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt
wird (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg)
30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
4
a) Der Kläger, gegen den das Amtsgericht K.
- Insolvenzgericht - mit
Beschluss vom 12. Mai 2011 die vorläufige Verwaltung seines Vermögens angeordnet hatte, stellt nicht in Abrede, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt des
Zulassungswiderrufs in Vermögensverfall geraten war. Er macht jedoch geltend, die Vermögensinteressen seiner Mandanten seien hierdurch zu keinem
Zeitpunkt gefährdet gewesen.
5
b) Dieser Auffassung ist der Anwaltsgerichtshof mit Recht nicht gefolgt.
Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des
Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch
wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die
Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen des Vermögensverfalls folgt, wird sie im nach der gesetzlichen Wertung
vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen
verneint werden können (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschluss vom 15. März
2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, juris Rn. 9). Denn die Annahme einer Gefährdung
der Interessen der Rechtsuchenden im Falle des Vermögensverfalls des beauftragten Rechtsanwalts ist regelmäßig schon im Hinblick auf dessen Umgang mit
Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt
(st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, aaO
m.w.N.).
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6
c) Dass eine Gefährdung der Rechtsuchenden zum maßgeblichen Zeitpunkt ausgeschlossen war oder ist, hat der als Einzelanwalt tätige Kläger nicht
dargetan. Von ihm ist zu fordern, dass er die zum Schutz der Interessen der
Rechtsuchenden in seiner Lage erforderlichen Vorkehrungen trifft und deren
Einhaltung vertragsrechtlich und tatsächlich sicherstellt. Dies setzt regelmäßig
die Aufgabe einer Tätigkeit als Einzelanwalt und den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit einer Anwaltssozietät voraus, der nach der Organisation der
Sozietät, dem Umfang der Tätigkeitsverpflichtung des Rechtsanwalts gegenüber der Sozietät und den getroffenen Maßnahmen einen effektiven Schutz der
Interessen der Rechtsuchenden (auch in Vertretungsfällen) erwarten lässt
(st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 - AnwZ (Brfg) 62/11,
juris Rn. 6; vom 5. September 2012 - AnwZ (Brfg) 26/12, NJW-RR 2013, 175
Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der Kläger ist nach wie vor als Einzelanwalt tätig und
kann daher nicht wirksam darauf überwacht werden, ob er selbst auferlegte Beschränkungen hinsichtlich der Annahme von Fremdgeld einhält (vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, aaO Rn. 10 m.w.N.). Sein
Vorbringen, es sei bislang zu keiner Gefährdung der finanziellen Interessen
seiner Mandanten gekommen, genügt nicht, um eine Gefährdung der Mandanteninteressen auszuräumen. Es ist bereits nicht erkennbar, dass und gegebenenfalls welche Maßnahmen der Kläger zur Sicherung der Mandanteninteressen ergriffen hat. Vor diesem Hintergrund entbehrt der Vorwurf des Klägers jeder Grundlage, der Anwaltsgerichtshof habe die ihn treffende Amtsermittlungspflicht (§ 112c Abs. 1 BRAO, § 86 VwGO) verletzt.
7
d) Die vom Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellten strengen
Anforderungen an die Ausräumung einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verstoßen - anders als der Kläger in Anlehnung an die Entscheidung des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 29. August 2011 (BRAK
2011, 287 ff.) meint - nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. Senatsbeschluss vom
-5-
22. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 12/11, juris Rn. 6 m.w.N.). Die Regelung des § 14
Abs. 2 Nr. 7 BRAO dient dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege,
also eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts (Senatsbeschlüsse vom
12. Februar 2001 - AnwZ (B) 7/00, juris Rn. 13; vom 15. März 2012
- AnwZ (Brfg) 55/11, aaO Rn. 11 m.w.N.). Mildere, ebenso wirksame Maßnahmen, die dem Anliegen des Gesetzes in gleicher Weise Rechnung trügen,
kommen nicht in Betracht.
8
e) Auch eine - vom Kläger aus § 12 Abs. 2 Satz 2 RDG hergeleitete - unzulässige Ungleichbehandlung mit Personen, die außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbringen, ist nicht ersichtlich. Dabei kann dahin stehen, ob so der Kläger - § 12 Abs. 2 Satz 2 RDG höhere Anforderungen an das Vorliegen eines Vermögensverfalls stellt als § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Denn das in
§§ 1 bis 3 BRAO zum Ausdruck kommende Leitbild des Anwaltsberufs weist
einem Rechtsanwalt eine besondere Stellung zu. Er allein ist als unabhängiges
Organ der Rechtspflege zu einer umfassenden und unabhängigen Beratung
und Vertretung der Rechtsuchenden berufen. Diese weitreichenden Pflichten
und Befugnisse berechtigen den Gesetzgeber, höhere Anforderungen an die
Eignung und Zuverlässigkeit von Rechtsanwälten zu stellen (Senatsbeschluss
vom 31. Mai 2010 - AnwZ (B) 46/09, juris Rn. 11 m.w.N.).
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2. Der vom Kläger weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist bereits nicht schlüssig dargelegt. Hierzu gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die
Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des Berufungsgerichts erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom
-6-
22. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 12/11, aaO m.w.N.). Solche Ausführungen lässt der
Kläger vermissen.
10
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Tolksdorf
Lohmann
Stüer
Fetzer
Martini
Vorinstanz:
AGH Frankfurt, Entscheidung vom 04.03.2013 - 2 AGH 7/12 -