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<title>Verfahren wegen t&ouml;dlicher Misshandlung eines geistig Behinderten muss vor dem Landgericht Kassel neu verhandelt werden </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 046 vom 05.03.08">
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<meta name="LfdNr" content="046">
<meta name="Jahr" content="2008">
<meta name="Senat" content="2. Strafsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="2 StR 626/07">
<meta name="Datum" content="05.03.08">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 46/2008 </p>
<p><div align="center"><b><font size="+2">Verfahren wegen t&ouml;dlicher Misshandlung eines geistig Behinderten muss vor dem Landgericht Kassel neu verhandelt werden </font></b></div></p>
<p align="justify">Das Landgericht Kassel hat den Angeklagten Werner H. wegen gef&auml;hrlicher K&ouml;rperverletzung und versuchten Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten und seine Ehefrau Michaela H. wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. </p>
<p align="justify">Nach den Feststellungen des Landgerichts lebte der Gesch&auml;digte, ein 1973 geborener, geistig leicht behinderter Mann, seit Ende 2002 im Haushalt der Eheleute H. Die Eheleute verwendeten die an den Gesch&auml;digten ausgezahlten Sozialleistungen zusammen mit dem &uuml;brigen Familieneinkommen, ohne dass dieser hierauf Zugriff hatte. Auf Grund k&ouml;rperlicher Misshandlungen durch Werner H. und unzureichender Ern&auml;hrung verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Gesch&auml;digten bis zum Sommer des Jahres 2003 zunehmend. </p>
<p align="justify">Am Abend des 6. Juli 2003 misshandelte Werner H. den Gesch&auml;digten aus nichtigem Anlass, wobei er ihm mit einem h&ouml;lzernen Schemel mindestens sechsmal auf Kopf und Oberk&ouml;rper schlug; der Gesch&auml;digte erlitt dabei neben anderen Verletzungen mehrere Knochenbr&uuml;che im Gesichtsbereich. Am Abend des n&auml;chsten Tages erkannten die Eheleute H., dass der Gesch&auml;digte jedenfalls ohne &auml;rztliche Hilfe noch im Laufe der n&auml;chsten Nacht versterben w&uuml;rde. Sie entschlossen sich, den Gesch&auml;digten in Th&uuml;ringen auszusetzen, um behaupten zu k&ouml;nnen, er sei aus eigenem Entschluss von ihnen weggegangen, und so sein Verschwinden zu vertuschen. Mit Hilfe eines mitangeklagten Mannes und einer in einem gesonderten Verfahren verfolgten Frau brachten die Eheleute H. den noch lebenden Gesch&auml;digten mit einem Kleinbus zum Bahnhof in Eisenach, wo Werner H. den Mitfahrenden jedoch erkl&auml;rte, den Gesch&auml;digten nun doch in ein Krankenhaus in Kassel bringen zu wollen. W&auml;hrend einer Rast an einem Parkplatz bei Eisenach stellten die Angeklagten fest, dass der Gesch&auml;digte inzwischen gestorben war. Sie lie&szlig;en seine Leiche darauf in einem Waldst&uuml;ck in der N&auml;he, versteckt hinter einem Holzstapel, liegen, wo sie am 18. Juli 2003 entdeckt wurde. </p>
<p align="justify">Das Landgericht hat die Tat des Angeklagten Werner H. vom 6. Juli 2003 als gef&auml;hrliche K&ouml;rperverletzung gew&uuml;rdigt, da sich hinreichende Anhaltspunkte f&uuml;r einen T&ouml;tungsvorsatz nicht ergeben h&auml;tten und sich auch eine Urs&auml;chlichkeit dieser Tat f&uuml;r den Tod des Gesch&auml;digten nicht sicher habe feststellen lassen. Das Verhalten der beiden Angeklagten in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2003 hat das Landgericht als versuchten Verdeckungsmord durch Unterlassen gewertet. Das Landgericht ist nur von einem Versuch des Mordes ausgegangen, weil es zu Gunsten der Angeklagten angenommen hat, der Gesch&auml;digte sei auch bei sofortigem &auml;rztlichem Eingreifen schon nicht mehr zu retten gewesen. </p>
<p align="justify">Auf die Revision der Mutter des Get&ouml;teten, die sich dem Verfahren als Nebenkl&auml;gerin angeschlossen hat, hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes das Urteil des Landgerichts aufgehoben, soweit es die angeklagten Eheleute H. betrifft, und hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zur&uuml;ckverwiesen, weil die Beweisw&uuml;rdigung in verschiedener Hinsicht L&uuml;cken enth&auml;lt und deshalb rechtsfehlerhaft ist. Das Landgericht ist zur Frage der Urs&auml;chlichkeit der Tat vom 6. Juli 2003 f&uuml;r den Tod des Gesch&auml;digten von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen und hat trotz der Massivit&auml;t und Vielzahl der Schl&auml;ge und Tritte auch an die Annahme eines T&ouml;tungsvorsatzes zu hohe rechtliche Anforderungen gestellt. Zudem hat es rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen des &sect; 221 Abs. 1, 3 StGB (Aussetzung) sowie des &sect; 225 Abs. 1 in Verbindung mit &sect; 227 Abs. 1 StGB (Misshandlung von Schutzbefohlenen) nicht gepr&uuml;ft. </p>
<p align="justify">Der neue Tatrichter wird danach insgesamt neu zu pr&uuml;fen haben, ob und in welcher Weise den angeklagten Eheleuten H. der Tod des Gesch&auml;digten rechtlich zuzurechnen ist. </p>
<p align="justify">Urteil vom 5. M&auml;rz 2008 – 2 StR 626/07 </p>
<p align="justify">Landgericht Kassel – Urteil vom 29. Juni 2007 - 6 Ks 2620 Js 46369/05 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 5. M&auml;rz 2008 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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