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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- VII ZR 177/06
- vom
- 16. April 2009
- in dem Rechtsstreit
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- Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2009 durch den
- Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Bauner, Dr. Eick,
- Halfmeier und Leupertz
- beschlossen:
- Der Beschwerde des Klägers wird teilweise stattgegeben.
- Das Urteil des 10. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 27. Juli 2006 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO
- im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe
- von 84.392,40 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Im Umfang
- der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
- Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.
- Gegenstandswert: 94.392,40 € (84.392,40 € + 10.000,00 €)
- Stattgebender Teil: 84.392,40 €
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- Gründe:
- I.
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- Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz des Schadens in Anspruch,
- der ihm infolge von Mängeln bei einem Dachgeschossausbau entstanden ist.
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- Der Kläger und die Beklagten zu 1 und 2 schlossen 1992 einen Architektenvertrag über den Dachgeschossausbau in fünf Wohneinheiten, der die Leistungsphasen 1 bis 9 gemäß § 15 HOAI umfasste. Über dem 1. Obergeschoss
- sollte eine zweite Decke eingezogen werden und zwar durch neue Deckenbalken als tragende Konstruktion. Ursprünglich hatten die Hauptträger aus Stahl
- bestehen und 24 cm hoch sein sollen. Die Konstruktion wurde dahingehend
- abgeändert, dass anstelle von einigen Stahlträgern Leimholzbinder von 45 cm
- Höhe eingebaut werden sollten, um Durchbrüche für Entsorgungsleitungen vornehmen zu können. Ein durch den Kläger beauftragter Statiker fertigte einen
- 1. Nachtrag zur statischen Berechnung und forderte für die vorgesehenen
- Durchbrüche der Leimholzbinder einen Herstellernachweis.
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- Die Zimmerer- und Holzbauarbeiten wurden ohne eine Prüfstatik durch
- die Beklagte zu 3 ausgeführt; die Beklagten zu 1 und 2 führten die Bauaufsicht.
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- In der Tragkonstruktion wurden erhebliche Mängel festgestellt.
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- Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von
- Schadensersatz in Höhe von 621.000,00 DM (= 317.512,25 €) zuzüglich Zinsen
- verurteilt und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
- sind, dem Kläger 9/10 der über 691.000,00 DM hinausgehenden Schäden zu
- ersetzen.
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- Das Berufungsgericht hat die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner
- zur Zahlung in Höhe von 175.638,51 € zuzüglich Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem
- Kläger 9/10 der über 235.228,43 € hinausgehenden Schäden zu ersetzen. Hinsichtlich der Beklagten zu 3 ist die Berufung zurückgenommen worden. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen hat der Kläger
- Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
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- Der Kläger verfolgt seinen Schadensersatzanspruch gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 nach Maßgabe der Schlussanträge in der Berufungsinstanz
- weiter. Er greift jedoch den durch das Berufungsgericht vorgenommenen Abzug
- für eine durch den Kläger gezogene Bürgschaft in Höhe von 36.067,07 € ebenso wenig an wie die Abweisung von Schadensersatz wegen zu erwartender
- Unterbringungskosten der Mieter über einen Betrag in Höhe von 12.150,00 €
- hinaus.
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- II.
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- Das Berufungsurteil beruht, wie der Kläger zu Recht rügt, hinsichtlich der
- durch das Berufungsgericht festgestellten Kosten der Mängelbeseitigung auf
- einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör. Es ist nach
- § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch
- des Klägers auf Schadensersatz in Höhe von 84.392,40 € aberkannt hat.
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- Der Betrag in Höhe von 84.392,40 € ergibt sich aus den klägerischen Anträgen in der Berufungsinstanz in Höhe von 321.313,19 € (317.512,25 € und
- 3.800,94 €) abzüglich des in dem Berufungsurteil zugesprochenen Betrages in
- Höhe von 175.638,51 €, also 145.674,68 €, sowie abzüglich der nicht mehr geltend gemachten Beträge in Höhe von 36.067,07 € und 25.215,21 € (2 x
- 40.600,00 DM x 9/10 = 37.365,21 € - 12.150,00 €).
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- Das Berufungsgericht hat ein Gutachten zu den voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten eingeholt. Nach der Schätzung des Gutachters betragen
- die Mängelbeseitigungskosten 375.394,00 €. Die Beklagte hat diese Berechnung angegriffen und unter Vorlage von Kostenvoranschlägen dargelegt, die
- Mängelbeseitigungskosten für die von dem Gutachter vorgeschlagene Sanie-
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- rung betrügen lediglich 217.505,16 €. Der Kläger hat diese Berechnung in
- mehrfacher Weise angegriffen. Insbesondere hat er die niedrigeren Mengenansätze der Beklagten beanstandet und die von den Unternehmern angebotenen
- Preise als unrealistisch untersetzt bezeichnet. Beide Parteien haben zum Beweis die Einholung eines Gutachtens beantragt.
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- Das Berufungsgericht hat seine Schadensberechnung auf der Grundlage
- der von den Beklagten vorgenommenen Berechnungen vorgenommen. Die Beklagten hätten unter Verwendung der Angaben des Gutachters Kostenvoranschläge eingeholt. Die Massen seien nach Angaben der Beklagten an Hand der
- Bauzeichnung und der Markierung des Sachverständigen präziser als von diesem geschätzt ermittelt worden. Der Kläger hätte die detaillierten Angaben der
- Beklagten konkret widerlegen müssen. Das sei nicht geschehen.
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- Damit hat das Berufungsgericht gegen den Anspruch des Klägers auf
- rechtliches Gehör verstoßen.
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- Zwischen den Parteien war die Höhe der Mängelbeseitigungskosten
- streitig. Das Gericht hat dazu ein Gutachten eingeholt. Die Beklagte hat Angriffe
- gegen dieses Gutachten geführt. Der Kläger hat in der Sache dieses Gutachten
- verteidigt und sich die Ergebnisse des Gutachtens jedenfalls insoweit zu eigen
- gemacht, als sie ihm günstig waren. Auf die Angriffe des Beklagten gegen das
- Gutachten hätte das Gericht eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters
- jedenfalls deshalb herbeiführen müssen, weil auch der Kläger es beantragt hat.
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- Das Übergehen des Beweisantrags findet im materiellen Recht keine
- Stütze. Ohne jede Grundlage ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der
- Kläger habe den neuen Vortrag der Beklagten substantiiert bestreiten müssen.
- Der Kläger konnte sich auf das bereits erstattete Gutachten berufen und insbesondere Mengen und Preise in den Berechnungen der Beklagten bestreiten,
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- ohne dazu weitere Angaben zu machen. So wie von dem Kläger - wie das Berufungsgericht noch erkennt - zu Beginn des Prozesses keine näheren Angaben zu Mängelbeseitigungsmaßnahmen und deren Kosten verlangt werden
- konnten, konnten ihm solche Angaben auch nicht nach Vorlage der Angebote
- abverlangt werden. Mit diesen Angeboten sollten die Berechnungen des Sachverständigen in Frage gestellt werden. Es wäre deshalb notwendig gewesen,
- den Sachverständigen dazu zu hören.
- Die Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör ist
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- auch entscheidungserheblich, denn das Berufungsgericht hätte eine weitere
- gutachterliche Stellungnahme zu dem Aufwand der Mängelbeseitigung einholen
- müssen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei
- der gebotenen Klärung zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre.
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- III.
- Soweit der Kläger das Berufungsurteil hinsichtlich der über 235.228,43 €
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- hinausgehenden Mängelbeseitigungskosten und sonstigen Schäden wegen der
- auf 75 % des Dachgeschossausbaus beschränkten Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten angegriffen hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
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- Eine Anpassung dieses im Feststellungstenor genannten Betrages, ab
- dem eine weitere Schadensersatzpflicht der Beklagten besteht, ist im Wege der
- Auslegung des Feststellungstenors nach erneuter Feststellung der Mängelbeseitigungskosten vorzunehmen.
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- Von einer weiteren Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der weitergehenden Nichtzulassungsbeschwerde wird abgesehen, weil sie
- nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
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- Kniffka
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- Bauner
- Halfmeier
-
- Eick
- Leupertz
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- Vorinstanzen:
- LG Hamburg, Entscheidung vom 30.05.2001 - 325 O 312/96 OLG Hamburg, Entscheidung vom 27.07.2006 - 10 U 36/01 -
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