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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- 3 StR 465/03
- vom
- 8. April 2004
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Betrugs
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- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. April 2004,
- an der teilgenommen haben:
- Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
- Prof. Dr. Tolksdorf,
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- die Richter am Bundesgerichtshof
- Winkler,
- Pfister,
- von Lienen,
- Hubert
- als beisitzende Richter,
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- Staatsanwalt
- als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
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- Justizamtsinspektor
- als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
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- für Recht erkannt:
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- Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
- Itzehoe vom 10. September 2003 wird verworfen.
- Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
- tragen.
- Von Rechts wegen
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- Gründe:
- Das Landgericht hat den Angeklagten, der als Sachbearbeiter beim Arbeitsamt durch fingierte "Rückzahlungen an Arbeitgeber" entsprechende Überweisungen der Bundesanstalt mit einem Gesamtbetrag von 540.249 € auf sein
- eigenes Konto bewirkt hatte, wegen Betrugs in 81 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
- Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler
- zum Nachteil des Angeklagten ergeben, auch der Strafausspruch hält entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts einer rechtlichen Prüfung
- stand.
- 1. Insbesondere gefährdet es den Bestand des Urteils nicht, daß das
- Landgericht jeweils den wegen der Spielsucht des Angeklagten nach §§ 21, 49
- Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt
- hat, ohne ausdrücklich zu erörtern, ob im Hinblick auf die allgemeinen Milderungsgründe und den vertypten Strafmilderungsgrund des § 21 StGB eine Verneinung der Regelwirkung und damit die Anwendung des Strafrahmens des
- Grundtatbestandes nach § 263 Abs. 1 StGB geboten gewesen wäre. Der Fall
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- wird nicht nur dadurch geprägt, daß der Angeklagte zwei Regelbeispiele des
- § 263 Abs. 3 StGB, nämlich gewerbsmäßiges Handeln nach Nr. 1 und Mißbrauch der Befugnisse eines Amtsträgers nach Nr. 4, verwirklicht hat. Maßgeblich kommt hinzu, daß seine Straftaten in eine umfangreiche, langandauernde
- Serie eingebettet waren und einen hohen Gesamtschaden verursacht hatten.
- Angesichts dieser Umstände lag die Verneinung der Regelwirkung des § 263
- Abs. 3 StGB in einem solchen Maße fern, daß das Fehlen einer ausdrücklichen
- Erörterung keinen Rechtsfehler darstellt.
- 2. Es stellt letztlich auch keinen zur Aufhebung des Strafausspruchs führenden Rechtsfehler dar, daß das Landgericht in 80 Fällen Einzelstrafen zwischen drei und fünf Monaten Freiheitsstrafe verhängt hat, ohne - wie in § 267
- Abs. 3 Satz 2 StPO vorgeschrieben - ausdrücklich zu erörtern, ob die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB gegeben sind. Die Verhängung einer kurzen
- Freiheitsstrafe hat regelmäßig nur Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als
- unverzichtbar erweist und dies in den Urteilsgründen dargestellt wird (BGHR
- StGB § 47 Abs. 1 Umstände 6). Die Voraussetzungen des § 47 StGB ergeben
- sich hier jedoch auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (vgl.
- BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 7). Bei der eng zusammenhängenden umfangreichen Serie von Vermögensdelikten, die ein Bedürfnis nach Einwirkung
- auf den Täter deutlich zutage treten läßt (vgl. BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 8), drängt sich die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen nach § 47
- StGB in einem solchen Maße auf, daß ein Beruhen des Urteils auf der fehlenden ausdrücklichen Erörterung ausgeschlossen werden kann.
- 3. Schließlich mußte das Landgericht nicht strafmildernd berücksichtigen, daß sich die beim Arbeitsamt vorhandenen Kontrollmechanismen aufgrund des unter den Mitarbeitern herrschenden Vertrauensverhältnisses nicht
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- ausgewirkt hatten und durch den Wegfall von Kontrollmaßnahmen ab dem Jahr
- 2000 die Taten noch leichter hatten begangen werden können. Dabei hat die
- Strafkammer zu Recht darauf hingewiesen, daß eine gewisse Taterleichterung
- durch den erschwerend zu berücksichtigenden Vertrauensmißbrauch gegenüber den Arbeitskollegen kompensiert wird (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 297,
- 298). Bei dieser Sachlage kommt es auf die weitere Frage, ob der durch wirtschaftliche Erwägungen gebotene Personalabbau und die damit verbundene
- Reduzierung der Kontrollmöglichkeiten überhaupt als "Mitverschulden" bewertet werden können, nicht mehr an.
- Tolksdorf
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- Winkler
- von Lienen
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- Pfister
- Hubert
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