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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 3 StR 195/15
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- 7. Juli 2015
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen gefährlicher Körperverletzung
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- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 7. Juli
- 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
- 1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 24. Februar 2015 im Strafausspruch mit den
- zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von zehn Monaten mit Aussetzung der Vollstreckung zur
- Bewährung verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten, mit
- der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat zum Strafausspruch Erfolg;
- im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
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- 3
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- 2. Der Ausspruch über die Jugendstrafe kann allerdings nicht bestehen
- bleiben. Das Landgericht hat auf die zur Tatzeit 19 Jahre und sieben Monate
- alte Angeklagte zwar rechtsfehlerfrei Jugendstrafrecht angewandt (§ 105 Abs. 1
- Nr. 1 JGG), indes die Annahme, die Verhängung von Jugendstrafe sei wegen
- der bei der Angeklagten vorhandenen schädlichen Neigungen und der Schwere
- ihrer Schuld erforderlich im Sinne von § 17 Abs. 2 JGG, nicht rechtsfehlerfrei
- begründet.
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- a) Das Landgericht hat bei der zu beiden Alternativen des § 17 Abs. 2
- JGG vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht berücksichtigt, dass die Angeklagte nach den Feststellungen eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und Borderline-Zügen aufweist. Dies gilt gleichermaßen dafür, dass
- die Tat im Zusammenhang mit einer längeren, konfliktbeladenen Liebesbeziehung zu dem Geschädigten stand und dieser durch seine Äußerung in einem
- Telefonat mit einer anderen Frau der Angeklagten aktuell Anlass zur Eifersucht
- gab, die nach den Feststellungen zur Tat führte.
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- b) Im Übrigen hat das Landgericht zur Begründung der Annahme, die
- Angeklagte weise schädliche Neigungen auf, auch eine Körperverletzung zum
- Nachteil einer Mitschülerin herangezogen, von deren Verfolgung im Januar
- 2013, mithin rund zwei Jahre vor der Hauptverhandlung in der vorliegenden
- Sache, gemäß § 45 JGG abgesehen worden ist. Insofern hat es - bis auf die
- objektive Tathandlung - keine näheren Umstände dieser Tat mitgeteilt und damit nicht belegt, dass aus dieser auf schädliche Neigungen der Angeklagten
- geschlossen werden kann.
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- Die Schwere der Schuld hat das Landgericht unter anderem damit begründet, dass die Angeklagte auch ein spitzes, scharfes Messer verwendet und
- dann weit größeren Schaden angerichtet hätte, sofern ein solches am Tatort
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- vorhanden gewesen wäre. Diese rein hypothetische Erwägung kann hier zur
- Begründung der Schuldschwere im Sinne von § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG, die sich
- aus dem Gewicht der konkreten Tat und der persönlichkeitsbegründeten Beziehung des Täters zu dieser bemisst (vgl. Brunner/Dölling, JGG, 12. Aufl., § 17
- Rn. 14), nicht herangezogen werden.
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- c) Das Urteil beruht auf den festgestellten Rechtsfehlern; denn es ist
- nicht auszuschließen, dass das Landgericht andernfalls auf eine mildere
- Rechtsfolge erkannt hätte.
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- Die Sache bedarf daher zum Strafausspruch neuer Verhandlung und
- Entscheidung.
- Becker
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- Hubert
- Mayer
-
- Schäfer
- Spaniol
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