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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 4 StR 247/13
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- 30. Juli 2013
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Diebstahls u.a.
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- Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß §§ 206a, 349
- Abs. 2 StPO beschlossen:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
- Landgerichts Halle vom 12. Februar 2013 wird
- a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im
- Fall II.7 der Urteilsgründe wegen Diebstahls verurteilt
- wurde; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des
- Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
- b) der Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Diebstahls in fünf Fällen und des vorsätzlichen
- Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen schuldig ist.
- 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
- Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
- Rechtsmittels zu tragen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens
- ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen und wegen Diebstahls in sechs Fällen zu
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- einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und
- seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen richtet
- sich seine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision, mit der er die
- Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Verfahren ist hinsichtlich
- einer Tat einzustellen, da es an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten unbegründet.
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- 1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch
- ist wirksam. Dies gilt auch für die Tat II.11 der Urteilsgründe, denn die Bewertung als (Trick-)Diebstahl, wie sie das Landgericht vorgenommen hat, beruht
- auf vollständigen und widerspruchsfreien Feststellungen (vgl. Meyer-Goßner,
- StPO, 56. Aufl., § 318 Rn. 16). Läge entsprechend der Ansicht des Generalbundesanwalts auf derselben Tatsachengrundlage dagegen ein Betrug vor,
- würde es sich um einen bloßen Subsumtionsfehler handeln. Ein solcher steht
- indes der Wirksamkeit der Revisionsbeschränkung nicht entgegen (vgl. BGH,
- Urteil vom 1. März 2005 - 5 StR 499/04 [juris Rn. 6]; Meyer-Goßner, aaO, § 318
- Rn. 17a mwN). Der Senat ist daher an der beantragten Schuldspruchberichtigung gehindert (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 318 Rn. 31; KK-Paul, 6. Aufl., § 318
- Rn. 9).
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- 2. Das Verfahren ist jedoch teilweise einzustellen, weil hinsichtlich des
- Diebstahls im Fall II.7 der Urteilsgründe weder ein Strafantrag gestellt ist, noch
- die Staatsanwaltschaft (oder der Generalbundesanwalt) das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht hat.
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- In diesem Fall, einem Ladendiebstahl mit einer "Beute" im Wert von
- 22 Euro, liegt ein Strafantrag nicht vor (vgl. auch das Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 16. Juli 2013). Entgegen der Ansicht der Strafkammer hat die
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- Staatsanwaltschaft aber auch das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung "durch Anklageerhebung" nicht konkludent bejaht. Dies ist zwar
- grundsätzlich möglich und in der Regel zu bejahen, sofern sich aus den Umständen nicht anderes ergibt (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 230 Rn. 4). Letzteres ist hier der Fall. Die Staatsanwaltschaft hat die Tat in der Anklageschrift
- - wie auch alle anderen Diebstahlsvorwürfe - ausschließlich als gewerbsmäßigen Diebstahl ("§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2" StGB) gewürdigt. Das besondere
- öffentliche Interesse an der Strafverfolgung hat sie ausdrücklich (nur) hinsichtlich einer später nach § 154 StPO ausgeschiedenen Sachbeschädigung bejaht.
- Es liegt mithin nicht fern, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur § 243 Abs. 2
- StGB, sondern auch § 248a StGB übersehen hat (vgl. zu einem Fall der Anklage wegen gefährlicher, einer Verurteilung aber nur wegen "einfacher" Körperverletzung auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - 4 StR 464/00
- [juris Rn. 3]). Da beim Diebstahl geringwertiger Sachen ein (wirksamer und
- noch bestehender) Strafantrag oder die Bejahung des besonderen öffentlichen
- Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft Voraussetzung
- für eine entsprechende Verurteilung ist, also (positiv) vorliegen muss, scheidet
- ein Schuldspruch wegen Diebstahls schon dann aus, wenn hieran - wie vorliegend - Zweifel bestehen.
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- Der deshalb gebotenen Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO
- steht die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch nicht
- entgegen, da der Senat das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen von
- Amts wegen zu prüfen hat (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. August
- 1996 - 4 StR 344/96; weitere Nachweise bei KK-Kuckein, aaO, § 352 Rn. 3).
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- Der Senat schließt aus, dass die Verurteilung in diesem Fall die Bemessung der Einzelstrafen im Übrigen oder die Anordnung der Maßregel beeinflusst
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- hat und dass der Tatrichter angesichts der verbleibenden Einzelstrafen (ein
- Jahr vier Monate, ein Jahr drei Monate, zwei Mal ein Jahr, fünf Mal acht Monate
- und ein Mal sechs Monate) ohne die für die Tat II.7 der Urteilsgründe verhängte
- Einzelstrafe (sechs Monate) eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
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- 3. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle
- vom 12. Februar 2013 im Übrigen ist aus den vom Generalbundesanwalt in der
- Antragsschrift vom 7. Juni 2013 dargelegten Gründen erfolglos. An der entsprechenden Verwerfung gemäß § 349 Abs. 2 StPO ist der Senat durch den den
- Fall II.11 der Urteilsgründe betreffenden Antrag des Generalbundesanwalts
- (allein) auf Schuldspruchberichtigung nicht gehindert (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2013 - 3 StR 61/13). Zur Zulässigkeit einer wiederholten
- Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verweist der Senat
- ergänzend auf § 67f StGB.
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- Sost-Scheible
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- Roggenbuck
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- Bender
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- Mutzbauer
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- Quentin
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