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  1. 5 StR 315/11
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. BESCHLUSS
  4. vom 28. September 2011
  5. in der Strafsache
  6. gegen
  7. 1.
  8. 2.
  9. 3.
  10. wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
  11. -2-
  12. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2011
  13. beschlossen:
  14. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des
  15. Landgerichts Potsdam vom 30. Dezember 2010 werden
  16. nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
  17. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
  18. zu tragen.
  19. Ergänzend bemerkt der Senat zu den von allen Angeklagten jeweils zulässig
  20. erhobenen Verfahrensrügen der Verletzung des § 247a StPO:
  21. Das Landgericht hat – nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten – auf jeweils
  22. schriftlich gestellten Antrag zweier Zeugen deren audiovisuelle Vernehmung
  23. gemäß § 247a StPO durch außerhalb der Hauptverhandlung erlassenene
  24. Beschlüsse angeordnet und diese den Verfahrensbeteiligten formlos
  25. mitgeteilt. Eine Verkündung und Verlesung der Beschlüsse in der
  26. Hauptverhandlung erfolgte nicht. Entsprechend den Anordnungen wurden
  27. die Zeugen audiovisuell vernommen, ohne dass die Angeklagten dieser
  28. Vorgehensweise widersprachen.
  29. Die
  30. von
  31. den
  32. Revisionen
  33. vorgebrachten
  34. Einwendungen,
  35. dass
  36. die
  37. Beschlussanordnungen nach § 247a StPO nicht vom gesetzlichen Richter im
  38. Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erlassen worden seien, weil hierfür
  39. ausschließlich die Gerichtsbesetzung in der Hauptverhandlung einschließlich
  40. der Schöffen zuständig gewesen wäre, greifen nicht. Eine gesetzliche
  41. Regelung, wonach zwingend die Gerichtsbesetzung in der Hauptverhandlung
  42. über die Anordnung nach § 247a StPO zu entscheiden hat, besteht nicht. Ein
  43. solches Erfordernis ist auch nicht aus der Gesetzessystematik als Vorschrift
  44. -3-
  45. des Zweiten Buches, 6. Abschnitt der Strafprozessordnung herzuleiten. Der
  46. Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass auch bei laufender
  47. Hauptverhandlung Gerichtsentscheidungen in der Besetzung außerhalb der
  48. Hauptverhandlung getroffen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 27. August
  49. 1986
  50. – 3 StR 223/86, BGHSt 34, 154, 155 f.; BGH, Beschluss vom 11.
  51. Januar 2011 – 1 StR 648/10, StV 2011, 295).
  52. Auch vorliegend ist die Beschlussfassung des Gerichts in der Besetzung
  53. außerhalb der Hauptverhandlung nicht zu beanstanden. Zur Vorbereitung der
  54. audiovisuellen
  55. Vernehmung
  56. ist
  57. mitunter
  58. eine
  59. erhebliche
  60. Vorlaufzeit
  61. erforderlich, etwa um die technischen und tatsächlichen Modalitäten der
  62. Vernehmung abzuklären (vgl. Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., §
  63. 247a Rn. 17). Darüber hinaus hat das Gericht im Interesse der
  64. Verfahrensbeteiligten, insbesondere wenn ein Zeuge zu seinem Schutz seine
  65. audiovisuelle Vernehmung bereits im Vorfeld beantragt hat, aus Gründen der
  66. Rechtsklarheit die beabsichtigte Entscheidung zu treffen und die Beteiligten
  67. hierüber in Kenntnis zu setzen. Die Verteidigung des Angeklagten wird
  68. hierdurch nicht eingeschränkt, weil das Gericht in der Hauptverhandlung an
  69. seine Entscheidung nicht gebunden ist und jederzeit – namentlich auch auf
  70. entsprechenden Antrag von Seiten des Angeklagten – seine Entscheidung
  71. ändern kann (vgl. Becker aaO).
  72. Basdorf
  73. Raum
  74. König
  75. Schneider
  76. Bellay