You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

292 lines
17 KiB

4 years ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 243/17
  4. vom
  5. 18. Oktober 2017
  6. in der Betreuungssache
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. VBVG § 4 Abs. 1 Satz 2; BVormVG § 2; AGBVormVG NW §§ 1, 2; AG BtG BW
  14. §5
  15. a) Die im Wege des sogenannten Kontaktstudiums erfolgreich absolvierte "Weiterbildung Berufsbetreuung" ist nicht mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG vergleichbar.
  16. b) Zu den landesrechtlichen Voraussetzungen (hier: Nordrhein-Westfalen und
  17. Baden-Württemberg) für die vergütungsrechtliche Anerkennung einer Nachqualifikation (hier: "Weiterbildung Berufsbetreuung") im Sinne des § 2 Abs. 2
  18. und 3 BVormVG.
  19. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 243/17 - LG Köln
  20. AG Leverkusen
  21. ECLI:DE:BGH:2017:181017BXIIZB243.17.0
  22. -2-
  23. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2017 durch den
  24. Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling,
  25. Dr. Nedden-Boeger und Guhling
  26. beschlossen:
  27. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer
  28. des Landgerichts Köln vom 4. Mai 2017 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
  29. Wert: 110 €
  30. Gründe:
  31. I.
  32. 1
  33. Die Beteiligte zu 1, eine Berufsbetreuerin, begehrt eine höhere als die
  34. festgesetzte Betreuervergütung.
  35. 2
  36. Die Betreuerin studierte nach dem im Jahr 1979 erworbenen Fachabitur
  37. mehrere Semester Sozialpädagogik und Theologie, ohne das Studium abzuschließen. Nach einer Ausbildung als Erzieherin absolvierte sie bis 1992 eine
  38. weitere Ausbildung zur Heilpädagogin. Im Jahr 1996 übernahm sie eine ehrenamtliche Vormundschaft und war seit August 1999 als Berufsbetreuerin tätig.
  39. 3
  40. Von Dezember 2001 bis März 2003 nahm sie am Institut für Weiterbildung an der Evangelischen Fachhochschule Freiburg e. V. erfolgreich an einem
  41. sogenannten Kontaktstudium "Weiterbildung Berufsbetreuung" teil, das sie mit
  42. einem Zertifikat abschloss. Unter Berufung auf diese Weiterbildung machte sie
  43. in den ihr vom Amtsgericht übertragenen Betreuungen - darunter auch die seit
  44. -3-
  45. dem Jahr 2000 geführte Betreuung für die im Heim lebende und mittellose Betroffene - seit Juni 2003 den höchsten Stundensatz geltend, den das Amtsgericht den Vergütungsfestsetzungen in der Folge auch zugrunde legte. Erstmals
  46. auf den Vergütungsantrag für das erste Quartal 2015 brachte das Amtsgericht statt des Stundensatzes von 44 € einen Stundensatz von 33,50 € in Ansatz. Eine hiergegen gerichtete Beschwerde der Betreuerin blieb ohne Erfolg. In
  47. ihren folgenden Vergütungsanträgen an das Amtsgericht stellte die Betreuerin
  48. den niedrigeren Stundensatz in Rechnung.
  49. 4
  50. Mit Antrag vom 4. Oktober 2016 hat die Betreuerin beantragt, für den
  51. Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis zum 30. September 2016 eine aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung in Höhe von 462 € festzusetzen, und dabei wieder auf einen Stundensatz von 44 € abgestellt. Das Amtsgericht hat unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 33,50 € eine Vergütung von 351,75 €
  52. festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Die gegen die teilweise Zurückweisung ihres Vergütungsantrags eingelegte Beschwerde der Betreuerin ist
  53. ohne Erfolg geblieben.
  54. 5
  55. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Betreuerin weiterhin die Festsetzung einer Vergütung nach dem höchsten Stundensatz.
  56. II.
  57. 6
  58. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
  59. 7
  60. 1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
  61. die Betreuerin erfülle nicht die formalen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die von ihr begehrte Vergütungsstufe. Die "Weiterbildung Berufsbetreuung" stelle keine Ausbildung im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 VBVG dar, da es
  62. -4-
  63. sich nicht um eine abgeschlossene Hochschulausbildung mit staatlich geprüftem Abschluss bzw. um eine dem im zeitlichen und wissenschaftlichen Umfang
  64. vergleichbare Ausbildung handele.
  65. 8
  66. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass nach der dem Wortlaut der
  67. Regelung aus § 11 Abs. 2 VBVG entsprechenden Öffnungsklausel des § 2
  68. Abs. 2 BVormVG auch Weiterqualifikationen als einer Hochschulausbildung
  69. gleichwertig anerkannt werden könnten, wenn dies durch Landesrecht bestimmt
  70. werde. Das Land Nordrhein-Westfalen habe zwar das Berufsvormünderausführungsgesetz (AGBVormVG NW) erlassen, dessen § 2 Abs. 2 vorsehe, dass
  71. Prüfungen anderer Bundesländer, die auf Grundlage der jeweiligen Ausführungsregeln absolviert wurden, einer Nachqualifikation im Sinne des § 2 Abs. 1
  72. AGBVormVG NW gleich stünden. Es sei aber zu berücksichtigen, dass gemäß
  73. § 1 Nr. 2 AGBVormVG NW nur Berufsbetreuer, die Vormundschaften bereits
  74. vor dem 30. Mai 1998 berufsmäßig geführt hätten, mittels einer Nachqualifikation eine Ausbildung nachweisen könnten, die einer abgeschlossenen Hochschulausbildung gleich stehe. Diese zeitliche Voraussetzung erfülle die Betreuerin nicht.
  75. 9
  76. Die Stichtagsregelung sei auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar. Nach dieser werde dem Vertrauensschutz betroffener, nicht hinreichend qualifizierter Berufsbetreuer ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass den Bundesländern die Möglichkeit eröffnet sei, eigene
  77. Nachqualifizierungskonzepte zu entwickeln oder in anderen Bundesländern erworbene Nachqualifikationen anzuerkennen. Dem werde die nordrheinwestfälische Regelung gerecht. Schützenswertes Vertrauen könnten nur solche
  78. Berufsbetreuer ohne ausreichende formale Qualifikation in Anspruch nehmen,
  79. die bereits vor Bekanntwerden des neuen Vergütungsmodells als Berufsbetreu-
  80. -5-
  81. er tätig gewesen seien. Dass andere Bundesländer ein günstigeres Ausführungsrecht vorsähen, helfe der Betreuerin nicht weiter.
  82. 10
  83. Das Amtsgericht sei auch nicht verpflichtet gewesen, sich an der früheren Zubilligung eines Stundensatzes der höchsten Vergütungsstufe festhalten
  84. zu lassen. Denn das Betreuungsgericht müsse auf jeden neu gestellten Vergütungsfestsetzungsantrag erneut prüfen, ob die Voraussetzungen für die Höhe
  85. der beantragten Vergütungssätze vorlägen. Die Betreuerin könne daher kein
  86. schutzwürdiges Vertrauen darauf haben, dass ihr auch zukünftig stets eine
  87. Vergütung nach dem höchsten Stundensatz zuerkannt werde, ohne dass sie
  88. die Voraussetzungen für eine entsprechende Eingruppierung erfülle.
  89. 11
  90. 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Betreuerin steht der von
  91. ihr begehrte höchste Stundensatz von 44 € nicht zu.
  92. 12
  93. a) Wie das Landgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat, hat die Betreuerin
  94. weder eine abgeschlossene Hochschulausbildung noch eine dieser vergleichbare abgeschlossene Ausbildung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG.
  95. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe bei
  96. der Prüfung der Vergleichbarkeit der von der Betreuerin erfolgreich absolvierten
  97. "Weiterbildung Berufsbetreuung" entscheidungserheblichen Sachverhalt unberücksichtigt gelassen.
  98. 13
  99. aa) Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in
  100. ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als
  101. Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvorausset-
  102. -6-
  103. zungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer
  104. Ausbildung mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung kann auch
  105. sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise
  106. Hochschulabsolventen vorbehalten ist. Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat
  107. der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen. Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4
  108. Abs. 1 Satz 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen,
  109. obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann
  110. im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob
  111. er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (st. Rspr.
  112. des Senats, vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Juli 2017 - XII ZB 162/17 - juris
  113. Rn. 3 f. und vom 12. April 2017 - XII ZB 86/16 - NJW-RR 2017, 900 Rn. 9 f.
  114. mwN).
  115. 14
  116. bb) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des
  117. Landgerichts, wonach die von der Betreuerin abgeschlossene "Weiterbildung
  118. Berufsbetreuung" den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht
  119. genügt, entgegen der von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rüge stand. Mit
  120. Blick auf den einem Hochschulstudium nicht ansatzweise vergleichbaren zeitlichen Umfang dieser Ausbildung von insgesamt 350 Stunden, wie er sich aus
  121. dem von der Betreuerin vorgelegten Zertifikat ergibt, fehlt es an einer Vergleichbarkeit, ohne dass es auf weitere Umstände ankommt (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 162/17 - juris Rn. 6).
  122. 15
  123. b) Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Zuerkennung
  124. des begehrten Stundensatzes auf der Grundlage von § 2 des nordrhein-
  125. -7-
  126. westfälischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die Vergütung von
  127. Berufsvormündern (Berufsvormünderausführungsgesetz - AGBVormVG NW)
  128. vom 17. Dezember 2002 (GV NRW 2002, 633) abgelehnt.
  129. 16
  130. aa) Nach dem bis zum 30. Juni 2005 geltenden § 2 Abs. 2 des Gesetzes
  131. über die Vergütung von Berufsvormündern (Berufsvormündervergütungsgesetz
  132. - BVormVG) konnte - ebenso wie nach dem seit 1. Juli 2005 geltenden § 11
  133. Abs. 2 VBVG - durch Landesrecht bestimmt werden, dass es einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
  134. BVormVG (jetzt: § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG) gleichstand, wenn der Betreuer
  135. Kenntnisse im Sinne dieser Vorschrift durch eine Prüfung vor einer staatlichen
  136. oder staatlich anerkannten Stelle nachgewiesen hatte. Zu einer solchen Prüfung durfte nur zugelassen werden, wer mindestens fünf Jahre lang Betreuungen berufsmäßig geführt und an einer Umschulung oder Fortbildung teilgenommen hatte, die besondere Kenntnisse im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2
  137. BVormVG vermittelt hatte, welche nach Art und Umfang den durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule vermittelten vergleichbar waren.
  138. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BVormVG (jetzt: § 11 Abs. 3 Satz 1 VBVG) konnte das
  139. Landesrecht weitergehende Zulassungsvoraussetzungen aufstellen und gemäß
  140. § 2 Abs. 3 Satz 3 BVormVG (jetzt: § 11 Abs. 3 Satz 3 VBVG) auch bestimmen,
  141. dass eine in einem anderen Land abgelegte Prüfung im Sinne dieser Vorschrift
  142. anerkannt wurde.
  143. 17
  144. Von dieser Regelungsbefugnis hatte das Land Nordrhein-Westfalen Gebrauch gemacht. Gemäß § 2 Abs. 1 AGBVormVG NW stand es einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule gleich, wenn ein Betreuer besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, durch
  145. eine Umschulung oder Fortbildung erworben und durch eine Prüfung nachgewiesen hatte. Nach § 2 Abs. 2 AGBVormVG NW wurden als Prüfung im Sinne
  146. -8-
  147. von Absatz 1 alle Prüfungen anerkannt, die in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Ausführungsvorschriften zu § 2 BVormVG mit Erfolg abgelegt worden waren, wobei
  148. aus dem Zeugnis über die Prüfung hervorgehen musste, welchen Kenntnissen
  149. die durch die Prüfung nachgewiesenen Kenntnisse entsprachen. Allerdings
  150. schränkte § 1 Nr. 2 AGBVormVG NW den Anwendungsbereich der landesrechtlichen Ausführungsbestimmung dahingehend ein, dass solche Nachqualifikationen nur bei Berufsbetreuern anerkannt wurden, die bereits vor dem 30. Mai
  151. 1998 "Vormundschaften berufsmäßig geführt haben."
  152. 18
  153. Dementsprechend findet sich auf dem die erfolgreiche Teilnahme bescheinigenden Zertifikat der Betreuerin auch folgender Hinweis: "Mit der erfolgreichen Teilnahme … sind die Voraussetzungen des § 2 … BVormVG … in
  154. Verbindung mit dem Landesausführungsgesetz NRW … hinsichtlich der Qualifikation erfüllt. Der Nachweis der persönlichen Voraussetzungen (einschlägige
  155. Berufstätigkeit vor den gesetzlich vorgesehenen Stichtagen) bleibt Obliegenheit
  156. des Teilnehmenden."
  157. 19
  158. bb) Diese zusätzliche Voraussetzung erfüllt die Betreuerin, die ihre Tätigkeit als Berufsbetreuerin erst im August 1999 aufgenommen hat, nicht. Die
  159. von ihr in Baden-Württemberg auf der Grundlage der dort in § 5 des Gesetzes
  160. zur Ausführung des Betreuungsgesetzes (AG BtG BW) getroffenen Ausführungsbestimmung erworbene Nachqualifikation kann daher in NordrheinWestfalen keine Anerkennung finden.
  161. 20
  162. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Stichtagsregelung des
  163. § 1 Nr. 2 AGBVormVG NW nicht. Auch die Rechtsbeschwerde macht solche
  164. nicht geltend. Das Landgericht weist zu Recht darauf hin, dass der gewählte
  165. Stichtag zulässigerweise an das Bekanntwerden der geplanten, die berufliche
  166. -9-
  167. Qualifikation des Betreuers in den Blick nehmenden Änderung der Betreuervergütung anknüpft. Diese Änderung erfolgte mit dem Berufsvormündervergütungsgesetz, das als Art. 2 a des Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts
  168. sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG) vom
  169. 25. Juni 1998 erlassen wurde (BGBl. I S. 1580, 1586). Durch die mit § 1
  170. BVormVG zum 1. Januar 1999 eingeführte Anknüpfung der Vergütung an die
  171. Ausbildung des Betreuers wurden die bisher tätigen Berufsbetreuer, die über
  172. nutzbare Fachkenntnisse, nicht jedoch über einen formalen Bildungsabschluss
  173. im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG verfügten, auf die niedrigste Vergütungsstufe verwiesen.
  174. 21
  175. Der am 1. Juli 1998 in Kraft getretene § 2 BVormVG, der den Ländern
  176. die Einführung einer vergütungssteigernden Nachqualifikation ermöglichte, hatte deshalb auch die Funktion, zum Schutz des Vertrauens dieser Berufsbetreuer eine Übergangsregelung zu schaffen, die es ihnen für eine begrenzte Zeit
  177. ermöglichte, die Voraussetzungen auch für die höchste Vergütungsstufe zu erwerben (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 230/11 - juris Rn. 19).
  178. Dann aber ist es folgerichtig, solche Berufsbetreuer von dieser Nachqualifikationsmöglichkeit auszunehmen, die mangels entsprechender beruflicher Tätigkeit
  179. unter Geltung des alten Vergütungsrechts noch kein berechtigtes Vertrauen
  180. bilden konnten. Dementsprechend sah im Übrigen auch § 5 Abs. 1 Satz 2 lit. b
  181. AG BtG BW in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung (GBl. BW 2001
  182. S. 682) vor, dass zur Prüfung nur zugelassen werden durfte, wer bereits vor
  183. dem 1. Januar 1999 über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren Betreuungen berufsmäßig geführt hatte. Weshalb im vorliegenden Fall die Betreuerin
  184. die Zulassung zur Prüfung erhielt, obwohl sie weder diese Anforderung noch
  185. die von § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVormVG geforderte Fünfjahresfrist erfüllte, bedarf hier keiner weiteren Aufklärung.
  186. - 10 -
  187. 22
  188. c) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf die
  189. bis in das Jahr 2015 bestehende langjährige Vergütungspraxis auf Vertrauensschutzgesichtspunkte. Denn das Betreuungsgericht war nicht nach Treu und
  190. Glauben unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verpflichtet, an dem
  191. in früheren Festsetzungsbeschlüssen der Betreuerin zugebilligten Stundensatz
  192. von 44 € für die Zukunft festzuhalten. Es musste vielmehr auf den neu gestellten Vergütungsfestsetzungsantrag hin erneut das Vorliegen der Voraussetzungen für die Höhe der Vergütung prüfen. Nachdem es dabei abweichend von
  193. seiner früheren Wertung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Betreuerin die
  194. Voraussetzung für eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2
  195. Nr. 2 VBVG nicht erfüllt, war es seine Aufgabe, diese gewonnene bessere Erkenntnis umzusetzen (Senatsbeschlüsse vom 29. März 2017 - XII ZB 570/15 juris Rn. 9 und vom 8. Februar 2012 - XII ZB 230/11 - juris Rn. 14 f. mwN).
  196. 23
  197. Das Landgericht hat somit zu Recht ein schützenswertes Vertrauen der
  198. Betreuerin in eine gleichbleibende Festsetzung für künftige Zeitabschnitte verneint und richtig gesehen, dass der Vertrauensgrundsatz allenfalls einer Rückforderung überzahlter Betreuervergütung entgegenstehen könnte, wenn das
  199. Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit
  200. rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig ist (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 6. Juli 2016 - XII ZB 493/14 - FamRZ 2016, 1759 Rn. 19 f. und vom
  201. 25. November 2015 - XII ZB 261/13 - FamRZ 2016, 293 Rn. 17 ff.). Um eine
  202. derartige Rückforderung geht es hier jedoch nicht.
  203. 24
  204. Zu keiner anderen Beurteilung führt schließlich der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf Art. 12 GG. Insbesondere ist mit der die gesetzlichen Vorgaben
  205. umsetzenden Reduzierung des der Betreuerin gewährten Stundensatzes - anders als die Rechtsbeschwerde meint - nicht eine (Teil-)Sperrung der berufli-
  206. - 11 -
  207. chen Tätigkeit der Betreuerin verbunden (vgl. auch BVerfG FamRZ 2000, 1277,
  208. 1279 f.).
  209. 25
  210. 3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen,
  211. weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
  212. Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
  213. Dose
  214. Klinkhammer
  215. Nedden-Boeger
  216. Schilling
  217. Guhling
  218. Vorinstanzen:
  219. AG Leverkusen, Entscheidung vom 07.10.2016 - 14 XVII 53/04 P LG Köln, Entscheidung vom 04.05.2017 - 6 T 355/16 -