|
|
- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- VIII ZR 281/16
- vom
- 19. September 2017
- in dem Rechtsstreit
-
- ECLI:DE:BGH:2017:190917BVIIIZR281.16.0
-
- -2-
-
- Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2017 durch
- die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
- Prof. Dr. Achilles, Dr. Schneider und Kosziol
-
- beschlossen:
- Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten durch
- einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
-
- Gründe:
- I.
- 1
-
- Die Klägerin ist Netzbetreiberin in Schleswig-Holstein. Die Beklagte betreibt eine Photovoltaikanlage. Diese nahm sie am 30. September 2012 in Betrieb. Den mit der Anlage erzeugten Strom speiste sie in das Netz der Klägerin
- ein und erhielt von dieser die EEG-Vergütung. Am Tag der Inbetriebnahme der
- Anlage hatte die Beklagte ein von der Klägerin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und unterschrieben. Dieses Formblatt trägt die
- Überschrift "Verbindliche Erklärung zur Ermittlung der Förderfähigkeit und der
- maßgeblichen Vergütungshöhe für Strom aus Photovoltaikanlagen nach dem
- Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-GesetzEEG)". Die unter Ziffer 25 des Formblattes gestellte Frage "Ist der Standort und
- die Leistung der Photovoltaikanlage der Bundesnetzagentur unmittelbar nach
- der Inbetriebsetzung gemeldet worden? (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 EEG)" bejahte die
- Beklagte. Weiter heißt es in dem Formblatt (unmittelbar über der Unterschrift
- der Beklagten): "Der Betreiber der Stromerzeugungsanlage versichert hiermit,
-
- -3-
-
- dass die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen. […]. Sofern vorstehende Angaben des Betreibers der Stromerzeugungsanlage unzutreffend sein
- sollten, behält sich der Netzbetreiber eine verzinsliche Rückforderung gezahlter
- Einspeisevergütungen im entsprechenden Umfang vom Betreiber der Stromerzeugungsanlage vor."
- 2
-
- Die Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur nahm die Beklagte
- jedoch erst am 9. April 2015 vor. Die Parteien streiten um die Frage, ob sich
- wegen der zunächst unterbliebenen Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur der Vergütungsanspruch der Beklagten für den streitgegenständlichen
- Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2014 gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1
- Buchst. a EEG 2012 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwertes - hier mithin auf einen Betrag von 592,04 € - und für
- den Zeitraum ab dem 1. August 2014 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des
- EEG 2014) bis zum 8. April 2015 gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1
- Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null verringert hat und der Klägerin demzufolge
- für die Jahre 2013 und 2014 insgesamt ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von
- 3.367,85 € nebst Zinsen gegen die Beklagte zusteht.
-
- 3
-
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete
- Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
- II.
-
- 4
-
- 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a
- Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
-
- -4-
-
- 5
-
- a) Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, da eine
- Vielzahl vergleichbarer Verfahren anhängig sei und es für deren Behandlung
- nach einheitlichem Maßstab einer höchstrichterlichen Leitentscheidung bedürfe.
- Die insoweit maßgeblichen Rechtsfragen sind mittlerweile jedoch geklärt. Es
- liegt auch keiner der weiteren im Gesetz genannten Revisionszulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) vor.
-
- 6
-
- b) Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass dem aufnehmenden Netzbetreiber gegen den Betreiber einer Photovoltaikanlage, der gegen seine Pflicht zur Meldung des
- Standorts und der installierten Leistung der Anlage an die Bundesnetzagentur
- verstoßen hat und dessen EEG-Vergütungsanspruch deshalb für den Zeitraum
- dieses Verstoßes gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 bis zum 31. Juli
- 2014 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen
- Marktwertes und für den Zeitraum ab dem 1. August 2014 gemäß § 25 Abs. 1
- Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null verringert ist, gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3
- EEG 2014 ein Anspruch auf Rückzahlung des darüber hinausgehenden Mehrbetrages der geleisteten EEG-Vergütung zusteht (Senatsurteil vom 5. Juli 2017
- - VIII ZR 147/16, juris Rn. 19 ff.).
-
- 7
-
- Die vorstehend genannten Sanktionen für den Fall einer Nichterfüllung
- der Meldepflicht des Anlagenbetreibers gegenüber der Bundesnetzagentur verstoßen, wie der Senat in dem vorbezeichneten Urteil ebenfalls entschieden hat,
- nicht
-
- gegen
-
- den
-
- verfassungsrechtlichen
-
- Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
-
- (Senatsurteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, aaO Rn. 77 ff.). Auch ändert die
- mittlerweile durch den Gesetzgeber getroffene Regelung in § 52 EEG 2017
- nichts an dem vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs des Anlagen-
-
- -5-
-
- betreibers für den im Zeitraum ab dem 1. August 2014 - hier bis zum 31. Dezember 2014 - eingespeisten Strom. Denn diese Vorschrift, die unter bestimmten Voraussetzungen eine mildere als die vorstehend genannte Sanktionierung
- des Verstoßes des Anlagenbetreibers gegen seine Meldepflicht vorsieht (§ 52
- Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017), findet, wie der Senat in seinem Urteil vom 5. Juli 2017
- (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 38 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat, keine Anwendung
- auf ältere Bestandsanlagen, die - wie die Anlage der Beklagten - im Zeitraum
- nach dem 31. Dezember 2011 und bis zum Inkrafttreten des EEG 2014 am
- 1. August 2014 in Betrieb genommen worden sind.
- 8
-
- Weiter hat der Senat bereits entschieden, dass der Rückforderungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber nach § 35 Abs. 4
- Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 sowie
- die Verpflichtung des Netzbetreibers, die zurückgeforderte Vergütung bei der
- nächsten Abrechnung als Einnahme zu berücksichtigen und sie auf diese Weise dem EEG-Ausgleichsmechanismus zuzuführen, nicht davon abhängen, dass
- der Netzbetreiber seinerseits durch den Übertragungsnetzbetreiber auf eine
- entsprechende Rückzahlung in Anspruch genommen wird. Auch kommt es
- nicht darauf an, ob der Netzbetreiber einem möglichen Rückforderungsanspruch des Übertragungsnetzbetreibers die Einrede der Verjährung entgegenhalten könnte (Senatsurteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, aaO Rn. 55 ff.).
-
- 9
-
- Schließlich hat der Senat in seinem vorbezeichneten Urteil auch geklärt,
- dass der Netzbetreiber grundsätzlich weder verpflichtet ist, den Anlagenbetreiber auf dessen Pflicht zur Meldung seiner Photovoltaikanlage und zur Übermittlung von deren Standort und installierter Leistung an die Bundesnetzagentur
- hinzuweisen, noch ihn über die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung dieser
- Pflicht aufzuklären. Der Betreiber einer Photovoltaikanlage, der Fördermittel
- nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in Anspruch nehmen will, hat sich
-
- -6-
-
- über die geltende Rechtslage und über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung zu informieren und ist deshalb grundsätzlich auch
- selbst verantwortlich für die Erfüllung seiner Meldepflichten gegenüber der
- Bundesnetzagentur (Senatsurteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, aaO
- Rn. 65 ff.).
- 10
-
- 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil
- hält rechtlicher Nachprüfung anhand der vorstehend genannten Maßstäbe
- stand.
-
- 11
-
- Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt,
- dass sich infolge der zunächst unterbliebenen Meldung der Photovoltaikanlage
- der Beklagten bei der Bundesnetzagentur deren Vergütungsanspruch für den
- streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2014 gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwertes - hier mithin auf 592,04 € und für den Zeitraum ab dem 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2014 gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null
- verringert hat. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auf dieser
- Grundlage einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin gemäß § 35 Abs. 4
- Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 gegenüber der Beklagten in der mit der Klage geltend gemachten Höhe von
- 3.367,85 € nebst Zinsen bejaht.
-
- 12
-
- Vergeblich macht die Revision geltend, die Rückzahlungsforderung der
- Klägerin sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die von der
- Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer in gleicher Höhe gegen die Klägerin
- bestehenden Schadensersatzforderung (§ 280 Abs. 1 BGB) wegen Verletzung
- von Hinweis- und Aufklärungspflichten erloschen. Denn wie oben (unter II 1 b)
- bereits erwähnt, ist der Netzbetreiber weder verpflichtet, den Anlagenbetreiber
-
- -7-
-
- auf dessen Pflicht zur Meldung seiner Photovoltaikanlage und zur Übermittlung
- von deren Standort und installierter Leistung an die Bundesnetzagentur hinzuweisen, noch ihn über die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflicht
- aufzuklären.
- 13
-
- Ebenfalls ohne Erfolg bleibt schließlich auch die Rüge der Revision, § 35
- Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014
- seien, soweit diesen Vorschriften für den Fall einer unterbliebenen Meldung der
- Anlage an die Bundesnetzagentur ein Rückzahlungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber zu entnehmen sei, insbesondere wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Wie im
- Senatsurteil vom 5. Juli 2017 (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 77 ff.) im Einzelnen
- ausgeführt, hat sich der Gesetzgeber mit den in § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a
- EEG 2012 und § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 für den Fall der Nichtmeldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur vorgesehenen Sanktionen innerhalb des ihm insoweit zustehenden weiten Gestaltungsspielraums gehalten und
- sind diese Sanktionen daher verfassungsrechtlich - entgegen der Auffassung
- der Revision - nicht zu beanstanden.
-
- -8-
-
- 14
-
- 3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab
- Zustellung dieses Beschlusses.
- Dr. Milger
-
- Dr. Hessel
- Dr. Schneider
-
- Dr. Achilles
- Kosziol
-
- Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
-
- Vorinstanzen:
- AG Flensburg, Entscheidung vom 05.04.2016 - 63 C 117/15 LG Flensburg, Entscheidung vom 04.11.2016 - 7 S 28/16 -
-
|