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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. VII ZB 46/13
  4. vom
  5. 20. Februar 2014
  6. in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
  7. -2-
  8. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Februar 2014 durch den
  9. Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari, die Richter Dr. Eick und Dr. Kartzke und die Richterin Graßnack
  10. beschlossen:
  11. Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluss der
  12. 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 8. August 2013
  13. sowie der Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht Regensburg vom 1. Juli 2013 aufgehoben.
  14. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
  15. der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückverwiesen.
  16. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - darf den Erlass
  17. des
  18. Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht aus den Gründen der aufgehobenen Beschlüsse ablehnen.
  19. Gründe:
  20. I.
  21. 1
  22. Die Gläubigerin begehrt den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
  23. 2
  24. Sie ist Inhaberin einer durch notarielle Urkunde titulierten Forderung gegen den Schuldner.
  25. -3-
  26. Wegen eines Teilbetrags in Höhe von 50.000 € hat die Gläubigerin bei
  27. 3
  28. dem Amtsgericht die Pfändung und Überweisung angeblicher Forderungen des
  29. Schuldners gegen dessen Arbeitgeber und die U.-Bank beantragt. Hierzu hat
  30. sich die Gläubigerin eines Antragsformulars bedient, welches nicht vollständig
  31. mit dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 der Verordnung über Formulare
  32. für
  33. die
  34. Zwangsvollstreckung
  35. (Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung
  36. - ZVFV, BGBl. 2012 I S. 1822, 1827) übereinstimmt.
  37. 4
  38. Die Darstellung der einzelnen Rahmen, die Schriftgröße, die Dicke der
  39. Linien, die Zeilenumbrüche sowie die Zeilenabstände weichen zum Teil von
  40. diesem Formular ab. Ferner sind in einigen Bereichen die für die Eintragungen
  41. vorgesehenen Textlinien kürzer als in dem genannten Formular. Das Formular
  42. ist zudem in schwarz-weiß gehalten und weist nicht die in dem Formular gemäß
  43. Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV vorgesehenen grünfarbigen Elemente auf.
  44. 5
  45. Die Gläubigerin hat das Formular darüber hinaus auf Seite 5 in dem Feld
  46. "Anspruch D (an Kreditinstitute)" um zusätzliche, über die vorhandenen Freizeilen hinausgehende Eintragungen erweitert, wodurch sich Seitenumbrüche verschoben haben.
  47. 6
  48. Das Amtsgericht hat den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach vorherigem Hinweis als unzulässig zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit
  49. ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die
  50. Gläubigerin die Aufhebung der zurückweisenden Beschlüsse und den Erlass
  51. des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung.
  52. -4-
  53. II.
  54. 7
  55. Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen
  56. Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
  57. 8
  58. 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Antrag der Gläubigerin
  59. auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei nicht formgerecht eingereicht worden, da er nicht mit dem verbindlichen Formular gemäß
  60. Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV gestellt worden sei. Die Anerkennungsfähigkeit von
  61. Formularimitaten, gleich welcher Qualität, sei weder den Bestimmungen der
  62. Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung noch deren Umsetzung durch das
  63. Bundesministerium der Justiz zu entnehmen. Nur ganz geringfügige, lediglich
  64. durch unterschiedliche Drucksoft- und -hardware bedingte Abweichungen des
  65. Erscheinungsbilds individuell gefertigter Formularausdrucke vom Erscheinungsbild des amtlichen Formulars (wie einseitiger Druck statt Duplexdruck,
  66. Schwarz-Weiß-Druck statt Farbdruck, programm- und/oder gerätespezifische
  67. Druckbildeigenschaften) hielten sich noch im Rahmen der obligatorischen Nutzung des Originalformulars. Durch solche rein drucktechnisch begründeten Unterschiede werde die Authentizität des Formulars nicht berührt. Die Nutzung
  68. einer Formularnachahmung komme hingegen nicht in Betracht.
  69. 9
  70. 2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  71. 10
  72. Der Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
  73. kann nicht mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung, er sei nicht
  74. formgerecht eingereicht worden, als unzulässig zurückgewiesen werden.
  75. 11
  76. a) Der Antrag ist nicht deshalb formunwirksam, weil die Gläubigerin auf
  77. Seite 5 des Formulars unter "Anspruch D (an Kreditinstitute)" zusätzliche Eintragungen vorgenommen hat, wodurch sich die Zeilen- und Seitenumbrüche
  78. -5-
  79. sowie die Gesamtseitenzahl gegenüber dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2
  80. Nr. 2 ZVFV verändert haben.
  81. 12
  82. Gemäß § 829 Abs. 4 Satz 1 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz
  83. ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
  84. einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen, § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO. Am 1. September 2012 ist
  85. die Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung in Kraft getreten (BGBl. I 2012
  86. S. 1822). Nach deren § 2 Nr. 2, § 3 ist für Anträge auf Erlass eines Pfändungsund Überweisungsbeschlusses seit dem 1. März 2013 verbindlich das in Anlage
  87. 2 zur Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vorgegebene Antragsformular
  88. zu nutzen. Für den bis zum 1. März 2013 keinem Formzwang unterliegenden
  89. Pfändungsantrag gelten seitdem strenge Formanforderungen.
  90. 13
  91. Wie der Senat mit Beschluss vom 13. Februar 2014 - VII ZB 39/13 (zur
  92. Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) entschieden hat, sind die den Formularzwang regelnden Normen verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass
  93. der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In den Bereichen, in
  94. denen das Formular aus diesen Gründen den Fall des Gläubigers nicht zutreffend erfasst, ist es nicht zu beanstanden, wenn er in dem Formular zusätzliche
  95. Eintragungen vornimmt, selbst wenn das Formular an dieser Stelle keine oder
  96. eine für die Eintragung zu geringe Anzahl an Freizeilen aufweist. Die Gläubigerin war daher berechtigt, das Formular auf Seite 5 unter "Anspruch D (an Kreditinstitute)" über die bereits vorgegebene Aufzählung hinaus um weitere Ansprüche, die das Formular nicht vorsieht, zu ergänzen, auch wenn sich hierdurch die
  97. Seitenumbrüche verändert haben.
  98. -6-
  99. 14
  100. b) Der Antrag ist auch nicht deshalb formunwirksam, weil das von der
  101. Gläubigerin verwendete Antragsformular bezüglich des Layouts von dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV abweicht.
  102. 15
  103. Die den Formularzwang regelnden Normen sind nach Sinn und Zweck
  104. dahingehend auszulegen, dass auch die Nutzung solcher Formulare möglich
  105. ist, die im Layout geringe, für die zügige Bearbeitung des Antrags nicht ins Gewicht fallende Änderungen enthalten (BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014
  106. - VII ZB 39/13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
  107. 16
  108. Weicht - wie hier - ein Antragsformular von dem Formular gemäß Anlage
  109. 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV lediglich in den Maßen der Rahmen, in der Schriftgröße, in
  110. der Liniendicke und -länge, in den Zeilenumbrüchen und -abständen oder in
  111. sonstigen Layoutelementen ab, die den Aufbau des Formulars nicht verändern,
  112. so wird die Antragsbearbeitung durch das Vollstreckungsgericht hierdurch nicht
  113. beeinträchtigt. Der Rechtspfleger findet bei der Bearbeitung des Formulars die
  114. erforderlichen Angaben in der üblichen Reihenfolge vor.
  115. 17
  116. Unerheblich ist schließlich, dass das von der Gläubigerin verwendete Antragsformular nicht die in dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV
  117. enthaltenen grünfarbigen Elemente aufweist. Die farbige Gestaltung der Formulare dient nicht in erster Linie dem Ziel, die Vollstreckungsgerichte zu entlasten,
  118. sondern hat den Zweck, dem Antragsteller das Ausfüllen des Formulars zu erleichtern (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 - VII ZB 39/13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
  119. -7-
  120. III.
  121. 18
  122. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Es ist weder
  123. festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die weiteren Voraussetzungen für den
  124. Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vorliegen.
  125. Die Sache war daher an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückzuverweisen, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO.
  126. Kniffka
  127. Safari Chabestari
  128. Kartzke
  129. Eick
  130. Graßnack
  131. Vorinstanzen:
  132. AG Regensburg, Entscheidung vom 01.07.2013 - 1 M 2819/13 LG Regensburg, Entscheidung vom 08.08.2013 - 7 T 272/13 -