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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- VII ZB 46/13
- vom
- 20. Februar 2014
- in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
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- Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Februar 2014 durch den
- Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari, die Richter Dr. Eick und Dr. Kartzke und die Richterin Graßnack
- beschlossen:
- Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluss der
- 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 8. August 2013
- sowie der Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht Regensburg vom 1. Juli 2013 aufgehoben.
- Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
- der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückverwiesen.
- Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - darf den Erlass
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- des
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- Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht aus den Gründen der aufgehobenen Beschlüsse ablehnen.
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- Gründe:
- I.
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- Die Gläubigerin begehrt den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
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- Sie ist Inhaberin einer durch notarielle Urkunde titulierten Forderung gegen den Schuldner.
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- Wegen eines Teilbetrags in Höhe von 50.000 € hat die Gläubigerin bei
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- dem Amtsgericht die Pfändung und Überweisung angeblicher Forderungen des
- Schuldners gegen dessen Arbeitgeber und die U.-Bank beantragt. Hierzu hat
- sich die Gläubigerin eines Antragsformulars bedient, welches nicht vollständig
- mit dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 der Verordnung über Formulare
- für
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- die
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- Zwangsvollstreckung
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- (Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung
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- - ZVFV, BGBl. 2012 I S. 1822, 1827) übereinstimmt.
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- Die Darstellung der einzelnen Rahmen, die Schriftgröße, die Dicke der
- Linien, die Zeilenumbrüche sowie die Zeilenabstände weichen zum Teil von
- diesem Formular ab. Ferner sind in einigen Bereichen die für die Eintragungen
- vorgesehenen Textlinien kürzer als in dem genannten Formular. Das Formular
- ist zudem in schwarz-weiß gehalten und weist nicht die in dem Formular gemäß
- Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV vorgesehenen grünfarbigen Elemente auf.
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- Die Gläubigerin hat das Formular darüber hinaus auf Seite 5 in dem Feld
- "Anspruch D (an Kreditinstitute)" um zusätzliche, über die vorhandenen Freizeilen hinausgehende Eintragungen erweitert, wodurch sich Seitenumbrüche verschoben haben.
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- Das Amtsgericht hat den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach vorherigem Hinweis als unzulässig zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit
- ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die
- Gläubigerin die Aufhebung der zurückweisenden Beschlüsse und den Erlass
- des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung.
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- II.
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- Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen
- Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
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- 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Antrag der Gläubigerin
- auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei nicht formgerecht eingereicht worden, da er nicht mit dem verbindlichen Formular gemäß
- Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV gestellt worden sei. Die Anerkennungsfähigkeit von
- Formularimitaten, gleich welcher Qualität, sei weder den Bestimmungen der
- Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung noch deren Umsetzung durch das
- Bundesministerium der Justiz zu entnehmen. Nur ganz geringfügige, lediglich
- durch unterschiedliche Drucksoft- und -hardware bedingte Abweichungen des
- Erscheinungsbilds individuell gefertigter Formularausdrucke vom Erscheinungsbild des amtlichen Formulars (wie einseitiger Druck statt Duplexdruck,
- Schwarz-Weiß-Druck statt Farbdruck, programm- und/oder gerätespezifische
- Druckbildeigenschaften) hielten sich noch im Rahmen der obligatorischen Nutzung des Originalformulars. Durch solche rein drucktechnisch begründeten Unterschiede werde die Authentizität des Formulars nicht berührt. Die Nutzung
- einer Formularnachahmung komme hingegen nicht in Betracht.
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- 2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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- Der Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
- kann nicht mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung, er sei nicht
- formgerecht eingereicht worden, als unzulässig zurückgewiesen werden.
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- a) Der Antrag ist nicht deshalb formunwirksam, weil die Gläubigerin auf
- Seite 5 des Formulars unter "Anspruch D (an Kreditinstitute)" zusätzliche Eintragungen vorgenommen hat, wodurch sich die Zeilen- und Seitenumbrüche
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- sowie die Gesamtseitenzahl gegenüber dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2
- Nr. 2 ZVFV verändert haben.
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- Gemäß § 829 Abs. 4 Satz 1 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz
- ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
- einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen, § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO. Am 1. September 2012 ist
- die Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung in Kraft getreten (BGBl. I 2012
- S. 1822). Nach deren § 2 Nr. 2, § 3 ist für Anträge auf Erlass eines Pfändungsund Überweisungsbeschlusses seit dem 1. März 2013 verbindlich das in Anlage
- 2 zur Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vorgegebene Antragsformular
- zu nutzen. Für den bis zum 1. März 2013 keinem Formzwang unterliegenden
- Pfändungsantrag gelten seitdem strenge Formanforderungen.
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- Wie der Senat mit Beschluss vom 13. Februar 2014 - VII ZB 39/13 (zur
- Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) entschieden hat, sind die den Formularzwang regelnden Normen verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass
- der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In den Bereichen, in
- denen das Formular aus diesen Gründen den Fall des Gläubigers nicht zutreffend erfasst, ist es nicht zu beanstanden, wenn er in dem Formular zusätzliche
- Eintragungen vornimmt, selbst wenn das Formular an dieser Stelle keine oder
- eine für die Eintragung zu geringe Anzahl an Freizeilen aufweist. Die Gläubigerin war daher berechtigt, das Formular auf Seite 5 unter "Anspruch D (an Kreditinstitute)" über die bereits vorgegebene Aufzählung hinaus um weitere Ansprüche, die das Formular nicht vorsieht, zu ergänzen, auch wenn sich hierdurch die
- Seitenumbrüche verändert haben.
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- b) Der Antrag ist auch nicht deshalb formunwirksam, weil das von der
- Gläubigerin verwendete Antragsformular bezüglich des Layouts von dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV abweicht.
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- Die den Formularzwang regelnden Normen sind nach Sinn und Zweck
- dahingehend auszulegen, dass auch die Nutzung solcher Formulare möglich
- ist, die im Layout geringe, für die zügige Bearbeitung des Antrags nicht ins Gewicht fallende Änderungen enthalten (BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014
- - VII ZB 39/13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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- Weicht - wie hier - ein Antragsformular von dem Formular gemäß Anlage
- 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV lediglich in den Maßen der Rahmen, in der Schriftgröße, in
- der Liniendicke und -länge, in den Zeilenumbrüchen und -abständen oder in
- sonstigen Layoutelementen ab, die den Aufbau des Formulars nicht verändern,
- so wird die Antragsbearbeitung durch das Vollstreckungsgericht hierdurch nicht
- beeinträchtigt. Der Rechtspfleger findet bei der Bearbeitung des Formulars die
- erforderlichen Angaben in der üblichen Reihenfolge vor.
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- Unerheblich ist schließlich, dass das von der Gläubigerin verwendete Antragsformular nicht die in dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV
- enthaltenen grünfarbigen Elemente aufweist. Die farbige Gestaltung der Formulare dient nicht in erster Linie dem Ziel, die Vollstreckungsgerichte zu entlasten,
- sondern hat den Zweck, dem Antragsteller das Ausfüllen des Formulars zu erleichtern (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 - VII ZB 39/13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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- III.
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- Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Es ist weder
- festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die weiteren Voraussetzungen für den
- Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vorliegen.
- Die Sache war daher an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückzuverweisen, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO.
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- Kniffka
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- Safari Chabestari
- Kartzke
-
- Eick
- Graßnack
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- Vorinstanzen:
- AG Regensburg, Entscheidung vom 01.07.2013 - 1 M 2819/13 LG Regensburg, Entscheidung vom 08.08.2013 - 7 T 272/13 -
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