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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- IX ZB 155/05
- vom
- 26. Oktober 2006
- in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
- während der Insolvenz
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- Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
- Dr. Gero Fischer, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den
- Richter Dr. Detlev Fischer
- am 26. Oktober 2006
- beschlossen:
- Auf die Rechtsmittel des Insolvenzverwalters werden der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 24. Mai
- 2005, der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 24. März 2005
- und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 21. Februar 2005 aufgehoben.
- Der Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und
- Überweisungsbeschlusses wird abgewiesen.
- Die Kosten des Verfahrens einschließlich beider Rechtsmittelzüge
- hat die Gläubigerin zu tragen.
- Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
- 5.706 € festgesetzt.
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- Gründe:
- I.
- Das Amtsgericht eröffnete mit Beschluss vom 23. November 2004 über
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- den Nachlass des verstorbenen Schuldners das Insolvenzverfahren und bestellte den Insolvenzverwalter. Zugunsten der Gläubigerin war aufgrund notarieller
- Urkunde vom 24. November 1994 eine Grundschuld in Höhe von 172.500 DM
- nebst Zinsen zu Lasten des Grundstücks des Schuldners im Grundbuch eingetragen worden.
- Am 21. Februar 2005 hat die Gläubigerin auf der Grundlage der voll-
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- streckbaren Grundschuldbestellungsurkunde einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Nachlassinsolvenzverwalter erwirkt. Danach wurden dessen angebliche Forderungen auf fällige und künftig fällig werdende
- Mietzinsen gegen die Drittschuldnerin gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen. Die Drittschuldnerin hat aufgrund des mit dem verstorbenen Schuldner geschlossenen Mietvertrages eine Nettomiete von 930 DM zu
- zahlen.
- Die gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eingelegte Erin-
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- nerung hat das Amtsgericht durch Beschluss des Richters als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg
- geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt der Insolvenzverwalter, die amts- und landgerichtlichen Entscheidungen aufzuheben und den
- Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abzuweisen.
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- II.
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- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und nach § 575
- Abs. 1 bis 3 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
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- Der Senat hat zwischenzeitlich die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene rechtsgrundsätzliche Frage mit Beschluss vom 13. Juli 2006 (IX ZB
- 301/04, ZIP 2006, 1554, z.V.b. in BGHZ) entschieden. Danach ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners die Pfändung mithaftender Mieten oder Pachten durch absonderungsberechtigte
- Grundpfandgläubiger nicht mehr zulässig.
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- Bereits die wortgetreue Auslegung des § 49 InsO ergibt, dass Gläubiger,
- denen ein Recht auf Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen zusteht,
- nur nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt sind. Der Wortlaut
- spricht dagegen, dass Grundpfandgläubiger ihr Absonderungsrecht an den gemäß §§ 1123, 1124 BGB mithaftenden Mieten und Pachten auch noch nach
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen (den Nachlass) des
- Grundstückseigentümers (Schuldners) im Wege der Forderungspfändung verfolgen können.
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- Bestätigt wird diese wortgetreue Auslegung des § 49 InsO inbesondere
- durch § 110 Abs. 1 und 2 InsO. Eine Vorauspfändung von Mieten gemäß
- §§ 829, 832, 835 ZPO begründet danach spätestens nach Ablauf des nächsten
- auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgenden Kalendermonats kein Absonderungsrecht mehr. Dann leuchtet aber nicht ein, dass die im hypothekari-
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- schen Haftungsverbund stehenden Mieten und Pachten nach der Eröffnung des
- Insolvenzverfahrens von Grundpfandgläubigern durch Pfändung beschlagnahmt werden könnten.
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- Dieses Ergebnis entspricht auch der Interessenlage der Beteiligten, weil
- die Durchsetzung des Absonderungsrechts von Grundpfandgläubigern in die
- nach §§ 1123, 1124 BGB mithaftenden Mieten oder Pachten auf dem Wege der
- Forderungspfändung den Insolvenzverwalter in die Lage brächte, öffentliche
- Lasten des Grundeigentums und laufende Kosten der Gebäudeinstandhaltung
- und der Gebäudeversicherung als Masseverbindlichkeiten berichtigen zu müssen, ohne dafür aus der Nutzung des Absonderungsgutes Deckung zu erhalten.
- Hierdurch würden die Insolvenzgläubiger ungerechtfertigt benachteiligt. Der Insolvenzverwalter wäre demgemäß verpflichtet, diesen Folgen mit einem eigenen Antrag gemäß § 165 InsO, §§ 172 f ZVG zu begegnen.
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- Die angefochtenen Entscheidungen sind deshalb aufzuheben und der
- Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist abzuweisen.
- Dr. Gero Fischer
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- Raebel
- Lohmann
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- Vill
- Dr. Detlev Fischer
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- Vorinstanzen:
- AG Leipzig, Entscheidung vom 24.03.2005 - 442 M 3107/05 LG Leipzig, Entscheidung vom 24.05.2005 - 12 T 411/05 -
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