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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. VERSÄUMNISURTEIL
  4. II ZR 17/04
  5. Verkündet am:
  6. 21. November 2005
  7. Boppel
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. nein
  17. BGB § 730
  18. Bei einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei der kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist, können die Gesellschafter Ausgleichsansprüche auch dann gegeneinander geltend machen, wenn Gesellschaftsverbindlichkeiten offen sind (vgl. BGHZ 26, 126, 133).
  19. BGH, Versäumnisurteil vom 21. November 2005 - II ZR 17/04 - OLG Hamm
  20. LG Paderborn
  21. -2-
  22. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
  23. Verhandlung vom 21. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter
  24. Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
  25. Dr. Reichart
  26. für Recht erkannt:
  27. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 27. Zivilsenats
  28. des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Dezember 2003 aufgehoben.
  29. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  30. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 8. Zivilsenat des
  31. Berufungsgerichts zurückverwiesen.
  32. Von Rechts wegen
  33. Tatbestand:
  34. 1
  35. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung aus der Abrechnung gemeinsamer Geschäftstätigkeit in Anspruch.
  36. 2
  37. Die Parteien beschlossen, Grundstücke im Gebiet "P.", die in
  38. ihrem Miteigentum standen oder von ihnen zu Miteigentum erworben wurden,
  39. gemeinsam zu erschließen und nach Parzellierung als Baugrundstücke zu veräußern. Der erzielte Gewinn sollte hälftig zwischen ihnen geteilt werden. Nach
  40. -3-
  41. Durchführung des Vorhabens stellte die Beklagte, die das Projekt "P." leitete,
  42. schließlich eine "endgültige" Abrechnung auf, die - unter Kürzung der Ausgabenposition "Abwicklungsgebühr" um den der Klägerin bereits bei der Abrechnung eines anderen gemeinsamen Vorhabens (Projekt "A.") belasteten Teilbetrag - mit einem Guthaben der Klägerin in Höhe von 487,96 € endete. Die Klägerin, die ihren Zahlungsanspruch wegen der beim Projekt "A." zu Unrecht berücksichtigten - weil das Vorhaben "P." betreffenden - Kosten in der Berufungsinstanz als noch offenes Guthaben aus der Abrechnung des Projekts "A." dargestellt hat, beanstandet im Wesentlichen vier Positionen der Abrechnung und
  43. verlangt - weil zu verteilendes Vermögen nicht mehr vorhanden ist - von der
  44. Beklagten Zahlung von 53.802,78 €.
  45. 3
  46. Das Landgericht hat den Zahlungsanspruch als nicht fällig angesehen
  47. und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die gegen die Abweisung
  48. des Zahlungsantrags gerichtete Berufung zurückgewiesen und dem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag, die zwischen den Parteien streitigen
  49. Rechnungsposten festzustellen, teilweise stattgegeben. Mit ihrer vom Senat
  50. zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter, das
  51. sie nunmehr insgesamt auf das Projekt "P." stützt.
  52. Entscheidungsgründe:
  53. 4
  54. I. Über die Revision der Klägerin ist, da die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis,
  55. sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81).
  56. -4-
  57. II. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des
  58. 5
  59. angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  60. 6
  61. Das Berufungsgericht hat zur Abweisung des Zahlungsantrags im Wesentlichen ausgeführt:
  62. 7
  63. Zwischen den Parteien habe hinsichtlich des Projekts "P." eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden. Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben, der unmittelbar gegenüber ausgleichspflichtigen Gesellschaftern durchgesetzt werden könne, wenn kein Gesellschaftsvermögen vorhanden
  64. sei, werde erst fällig, wenn die Schlussabrechnung von den Gesellschaftern
  65. festgestellt und über ihren Inhalt Einigkeit erzielt worden sei. Dies sei angesichts des umfangreichen Streits der Parteien über zahlreiche Positionen der
  66. Abrechnung nicht der Fall. Eine Auszahlung an die Klägerin komme auch nicht
  67. ausnahmsweise in Betracht. Da noch Steuerforderungen auf die Gesellschaft
  68. zukommen könnten, sei nämlich nicht unzweifelhaft, dass ein Auseinandersetzungsguthaben mindestens in Höhe der Klageforderung bestehe. Es könne
  69. somit nur die Berechtigung einzelner Rechnungsposten durch Feststellungsklage geklärt werden.
  70. III. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen
  71. 8
  72. Punkten stand.
  73. 1. a) Mit Recht - und von der Revision unbeanstandet - hat das Beru-
  74. 9
  75. fungsgericht allerdings angenommen, dass zwischen den Parteien bei
  76. der
  77. Durchführung
  78. des
  79. Projekts
  80. "P."
  81. eine
  82. Gesellschaft
  83. bürgerlichen
  84. Rechts bestanden hat. Die Rechtsbeziehung der Parteien erschöpfte sich nicht
  85. -5-
  86. in der gemeinschaftlichen Berechtigung an den Grundstücken, sondern war
  87. durch den gemeinsam verfolgten Zweck geprägt, die Grundstücke zu erschließen und gewinnbringend als Bauland zu veräußern (vgl. MünchKommBGB/
  88. Ulmer 4. Aufl. Vor § 705 Rdn. 15).
  89. 10
  90. b) Ebenso zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die
  91. Klägerin den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben unmittelbar gegen die Beklagte geltend machen kann (Sen.Urt. v. 5. Juli 2003 - II ZR 234/92,
  92. ZIP 2003, 1307, 1309).
  93. 11
  94. 2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ist der Zahlungsanspruch fällig. Einer - von den Gesellschaftern festzustellenden - Auseinandersetzungsbilanz bedarf es hierzu nicht (Senat aaO). Der Fälligkeit des Zahlungsantrags steht insbesondere nicht die Erwägung entgegen, es könnten noch
  95. Steuerforderungen gegen die Gesellschaft erhoben werden. Das Vorhandensein oder die Möglichkeit offener Gesellschaftsverbindlichkeiten schließen den
  96. internen Ausgleich zwischen den Gesellschaftern nicht aus, wenn - wie hier kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist (Senat BGHZ 26, 126, 133;
  97. Ulmer aaO § 730 Rdn. 62; Staudinger/Habermeier, BGB 2003 § 730 Rdn. 26;
  98. Bamberger/Roth, BGB § 730 Rdn. 32).
  99. 12
  100. 3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es
  101. die Höhe eines etwaigen - von der Klägerin noch näher darzulegenden -
  102. -6-
  103. Zahlungsanspruchs klären kann. Bei der Zurückverweisung hat der Senat von
  104. der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
  105. Goette
  106. Kurzwelly
  107. Caliebe
  108. Kraemer
  109. Reichart
  110. Vorinstanzen:
  111. LG Paderborn, Entscheidung vom 30.01.2003 - 7 O 107/02 OLG Hamm, Entscheidung vom 04.12.2003 - 27 U 77/03 -