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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- I ZR 144/98
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- Verkündet am:
- 26. Oktober 2000
- Fritz
- Justizangestellte
- als Urkundsbeamtin
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
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- Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
- Dr. Erdmann und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
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- für Recht erkannt:
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- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
- Oberlandesgerichts Köln vom 17. April 1998 aufgehoben.
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- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für
- Handelssachen des Landgerichts Köln vom 20. Februar 1997 wird
- zurückgewiesen.
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- Die Widerklage wird abgewiesen.
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- Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
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- Von Rechts wegen
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- Tatbestand:
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- Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Unterhaltungselektronik
- und Telekommunikationsgeräten. Die Klägerin gehört zur M.
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- /S.
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- Gruppe und unterhält einen Verbrauchermarkt in Frankfurt am Main. Die Beklagte gehört zur R. -Handelsgruppe und betreibt im Raum Frankfurt am Main
- Filialen unter der Bezeichnung Radio D. .
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- Am 7. März 1996 warb die Beklagte in der B. -Zeitung für ein Siemens
- Funktelefon Megaset 950. Hierbei stellte sie den eigenen Verkaufspreis einer
- "ehemaligen unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers" gegenüber, die
- nicht der letzten ehemals gültigen Preisempfehlung des Herstellers entsprach.
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- Die Klägerin erwirkte deswegen am 4. April 1996 eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagten diese Werbung untersagt wurde. Mit Schreiben
- vom 24. April 1996 erklärte die Beklagte, daß sie die einstweilige Verfügung als
- endgültige und materiell-rechtlich verbindliche Regelung zwischen den Parteien anerkenne. Insbesondere verzichte sie auf die Rechte aus den §§ 924, 926,
- 927 ZPO (Widerspruch, Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage und Aufhebung wegen veränderter Umstände), soweit diese zum Zeitpunkt der Abgabe
- der Erklärung vorgelegen hätten. Klargestellt werde, daß die einstweilige Verfügung räumlich nur insoweit Gültigkeit besitze, als die Klägerin die Verletzung
- durch einen späteren Verstoß oder das Vorliegen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG
- geltend machen könne.
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- Die Klägerin hat diese Erklärung im Hinblick auf die dort enthaltene
- räumliche Beschränkung für nicht ausreichend erachtet und die Beklagte auf
- Unterlassung der beanstandeten Werbung in Anspruch genommen.
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- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
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- Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage
- abgewiesen und der Beklagten auf deren Widerklage den Betrag von
- 4.871,72 DM zugesprochen, den diese auf den von der Klägerin wegen der
- außergerichtlichen Kosten erster Instanz erwirkten Kostenfestsetzungsbeschluß gezahlt hatte.
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- Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt
- die Klägerin ihren Klageantrag sowie den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.
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- Entscheidungsgründe:
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- I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet, die Widerklage
- hingegen für begründet erachtet und ausgeführt:
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- Das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzinteresse
- ergebe sich daraus, daß mit dem Streit über die räumliche Reichweite des titulierten Unterlassungsanspruchs oder jedenfalls der Möglichkeit seiner Verfolgung auch Unklarheiten über den Inhalt und die Tragweite der Abschlußerklä-
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- rung und insbesondere über deren Kongruenz mit dem in der einstweiligen
- Verfügung ausgesprochenen Verbot bestünden.
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- Die Klage sei aber unbegründet, da die Wiederholungsgefahr entfallen
- sei. Allerdings sei die angegriffene Werbung irreführend und das Schreiben
- vom 24. April 1996 genüge nicht den an eine Abschlußerklärung zu stellenden
- inhaltlichen Anforderungen. Letzteres folge zwar nicht schon aus dem die
- räumliche Begrenzung enthaltenden "klarstellenden" Zusatz der Beklagten, der
- nicht den Bestand und die Wirkung des titulierten Unterlassungsanspruchs,
- sondern dessen Vollstreckungsmöglichkeit betroffen habe; denn diese habe
- sich wegen der mit § 13 Abs. 2 UWG n.F. eingetretenen Einschränkungen der
- Verfolgbarkeit von Unterlassungsansprüchen tatsächlich auf Wettbewerbshandlungen beschränkt, für die die Klägerin als unmittelbar Verletzte oder als
- gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG Berechtigte aktivlegitimiert gewesen sei. Durchgreifende Bedenken gegen die Gleichstellung des Verfügungstitels mit einem
- Hauptsachetitel ergäben sich aber daraus, daß der von der Beklagten in dem
- Schreiben vom 24. April 1996 erklärte Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO
- die Einrede der Verjährung nicht erfaßt habe.
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- Die Gesamtwürdigung des Verhaltens der Beklagten ergebe jedoch, daß
- die Wiederholungsgefahr entfallen sei. Denn die Beklagte habe bereits auf die
- vorprozessuale Abmahnung der Klägerin hin erklärt, sie wolle eine etwa ergehende einstweilige Verfügung gegen sich gelten lassen. Außerdem habe sie
- sich im Rechtsstreit nicht auf die Einrede der Verjährung berufen, sondern sei
- im Gegenteil selbst von einem unbeschränkten Verzicht auf die Rechte aus
- § 927 ZPO ausgegangen. Das im Rahmen einer Gesamtschau zu berücksichtigende Verhalten der Beklagten dokumentiere damit deren ernsthaften und
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- endgültigen Unterlassungswillen, so daß sichergestellt sei, daß die mit der
- einstweiligen Verfügung verbotene Wettbewerbshandlung auch künftig zuverlässig unterbleiben werde. Da die Klägerin als unterlegene Partei die Kosten
- des Rechtsstreits zu tragen habe, habe sie der Beklagten gemäß § 717 Abs. 2
- ZPO auch ihre von dieser bereits bezahlten außergerichtlichen Kosten zurückzuzahlen.
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- II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt
- zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, zur Wiederherstellung des
- der Klage stattgebenden Urteils erster Instanz und zur Abweisung der von der
- Beklagten im zweiten Rechtszug erhobenen Widerklage.
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- 1. Die von der Beklagten mit dem Schreiben vom 24. April 1996 abgegebene Abschlußerklärung in Verbindung mit deren sonstigen Verhalten war
- nicht nur deshalb ungeeignet, die aufgrund des von der Beklagten nicht in Abrede gestellten Wettbewerbsverstoßes zu vermutende Wiederholungsgefahr zu
- beseitigen, weil sie keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung enthalten
- hat, sondern auch deshalb, weil sie zu Unrecht von einer im Hinblick auf die
- Regelung des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG n.F. räumlich beschränkten Reichweite
- der einstweiligen Verfügung vom 4. April 1996 ausgegangen ist. Wie der Senat
- nach dem Erlaß des Berufungsurteils mehrfach entschieden hat, hat die Neuregelung der Klagebefugnis des Mitbewerbers in § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG nicht
- dazu geführt, daß wettbewerbsrechtliche Ansprüche, für die ein Mitbewerber
- als unmittelbar Verletzter oder nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG klagebefugt ist,
- dessen räumlichem Tätigkeitsbereich entsprechend beschränkt sind (BGH, Urt.
- v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421
- - Vorratslücken; Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 76/98, Umdr. S. 18 f. - Mißbräuchliche
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- Mehrfachverfolgung, z. Veröffentl. in BGHZ bestimmt; Urt. v. 6.7.2000
- - I ZR 243/97, Umdr. S. 8 - Altunterwerfung IV).
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- Danach war auch das im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung des
- Sachverhalts mit einzubeziehende übrige Verhalten der Beklagten nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Dies gilt namentlich für deren auf die vorprozessuale Abmahnung der Klägerin hin erfolgte Erklärung, sie
- werde eine etwa ergehende einstweilige Verfügung gegen sich gelten lassen;
- denn die von der Beklagten entsprechend dieser Ankündigung abgegebene
- Abschlußerklärung war dann in zweifacher Hinsicht zu eng gefaßt. Die von der
- Beklagten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgegebenen Erklärungen beseitigten dann nur den hinsichtlich der Einrede der Verjährung bestehenden Mangel, nicht aber denjenigen hinsichtlich der räumlichen Geltung.
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- 2. Mit dem Erfolg der Revision gegen die klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts entfällt die Grundlage für die Rückzahlung der mit
- dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts vom 18. März 1997 festgesetzten außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der ersten Instanz. Dementsprechend ist auch die Widerklage abzuweisen, ohne daß es - angesichts der
- zwingenden Regelung des § 91 Abs. 1 ZPO - hierzu noch weitergehender
- Ausführungen in der Revisionsbegründung bedurfte.
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- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
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- Erdmann
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- Starck
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- Büscher
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- Pokrant
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- Schaffert
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