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- 5 StR 97/11
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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- vom 13. April 2011
- in der Maßregelvollstreckungssache
- gegen
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- Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2011
- beschlossen:
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- Das Verfahren ruht bis zur Erledigung des mit Anfragebeschluss des Senats vom 9. November 2010 – 5 StR 394, 440
- und 474/10 – eingeleiteten Verfahrens nach § 132 GVG.
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- Bis dahin werden die Akten an das Oberlandesgericht Nürnberg zur Fortführung der nach § 67e Abs. 1 Satz 1, § 67d
- Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 StGB gebotenen Überprüfungen zurückgegeben.
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- G r ü n d e
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- Gegen den Verurteilten wird die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts München I vom 11. November 1994 vollstreckt, in dem er wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt
- worden war. Zehn Jahre der Unterbringung waren am 20. September 2010 vollzogen.
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- Nach Rechtskraft des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 (Individualbeschwerde 19359/04,
- EuGRZ 2010, 25) zur rückwirkenden Anwendung des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB
- hat das Landgericht Regensburg durch Beschluss vom 27. Januar 2011 die
- Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus angeordnet, wobei es die Vorgaben des Senats in seinem Anfragebeschluss vom 9. November 2010 (5 StR 394, 440, 474/10, NJW 2011, 240; zur Veröffentlichung in
- BGHSt bestimmt) in Bezug genommen hat. Das Oberlandesgericht Nürnberg
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- möchte die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten verwerfen. Im Blick auf entgegenstehende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte hat es die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2,
- Abs. 2 Nr. 3 GVG vorgelegt.
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- Mit seinem Anfragebeschluss hat der Senat eine rückwirkende Anwendbarkeit des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB grundsätzlich bejaht und wegen divergierender Rechtsprechung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zur identischen Rechtsfrage sowie wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage
- das Verfahren nach § 132 GVG eingeleitet. Dabei hat der Senat § 67d Abs. 3
- Satz 1 StGB allerdings weiter einschränkend dahin ausgelegt, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt
- zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder
- Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten
- des Untergebrachten abzuleiten ist (Leitsatz 2 des genannten Beschlusses); bei
- diesem Maßstab kommt in Ausnahmefällen auch eine Aussetzung der weiteren
- Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung in Betracht (Anfragebeschluss
- Rn. 47).
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- Bis zur Erledigung des Verfahrens nach § 132 GVG, das auch nach Eingang der Antworten der anderen Senate voraussichtlich noch längere Zeit in
- Anspruch nehmen wird, sind die Akten – nicht anders als in den Ausgangsverfahren und weiteren Parallelsachen – dem vorlegenden Oberlandesgericht zurückzugeben. Erscheint wegen konkreter höchster Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit eine weitere Vollstreckung der Maßregel unerlässlich,
- gelten die Maßgaben unter Ziffer VII 3 (Rn. 65) des Anfragebeschlusses.
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- Die im Vorlagebeschluss näher bezeichnete Rückfallwahrscheinlichkeit
- von lediglich 40 bis 50 % gibt dem Senat Anlass darauf hinzuweisen, dass die
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- weitere Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug
- demgegenüber nur in Ausnahmefällen höchster Gefahr gerechtfertigt werden
- kann (Rn. 42 bis 46 des Vorlagebeschlusses).
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- Basdorf
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- Brause
- Schneider
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- Schaal
- König
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