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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 399/05
  4. vom
  5. 13. September 2005
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. September 2005
  11. gemäß §§ 45, 46 StPO beschlossen:
  12. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den
  13. vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung
  14. der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn
  15. vom 15. März 2005 zu gewähren, wird als unzulässig verworfen.
  16. Gründe:
  17. Der Angeklagte wurde am 15. März 2005 u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Ihm wurde mündlich eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Gegen
  18. dieses Urteil legte der Angeklagte mit Schreiben vom 17. März 2005, das beim
  19. Landgericht am 21. März 2005 einging, Revision ein. Mit dem Hinweis, dass
  20. die förmliche Urteilszustellung an seinen Pflichtverteidiger erfolge, wurde dem
  21. Angeklagten eine Urteilsabschrift übersandt. Seinem Pflichtverteidiger wurde
  22. das Urteil am 21. April 2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Mit Beschluss vom 27. Mai 2005 verwarf das Landgericht die Revision, weil innerhalb
  23. der Begründungsfrist Revisionsanträge und deren Begründung nicht angebracht worden waren (§ 345 Abs. 1 StPO). Gemäß der Verfügung vom 31. Mai
  24. 2005, die am 1. Juni 2005 ausgeführt wurde, wurde dem Angeklagten unter
  25. Übersendung einer Beschlussabschrift mitgeteilt, dass die förmliche Zustellung
  26. des Beschlusses an seinen Pflichtverteidiger erfolgt. Diesem wurde der Beschluss am 6. Juni 2005 gegen Empfangsbekenntnis mit Rechtsmittelbelehrung
  27. -3-
  28. zugestellt. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2005 zeigte der jetzige Verteidiger des
  29. Angeklagten an, dass er diesen vertrete. Dem Schriftsatz war ein mit der Überschrift "Vollmacht" versehenes Schreiben des Angeklagten vom 13. Juni 2005
  30. beigefügt, mit dem der Angeklagte seinen jetzigen Verteidiger um ein Gespräch
  31. gebeten hatte. Dieser begründete die Revision mit Schriftsatz vom 27. Juni
  32. 2005 und beantragte, dem Angeklagten nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
  33. Der Generalbundesanwalt hat hierzu u.a. ausgeführt:
  34. "Der Wiedereinsetzungsantrag des jetzigen Verteidigers ist
  35. unzulässig, da bereits die formalen Voraussetzungen für die
  36. sachliche Prüfung des Wiedereinsetzungsantrags gegen die
  37. Versäumung der Revisionsbegründungsfrist fehlen (BGHR
  38. StPO § 44 Abs. 1 Verhinderung 11). Der Antrag des Verteidigers verhält sich nicht dazu, wann das Hindernis, das einer
  39. rechtzeitigen Revisionsbegründung entgegenstand, wegfiel.
  40. Zwar hat der Verteidiger vorgetragen, die Versäumnis sei dem
  41. Verurteilten erstmals durch die formlose Mitteilung des Verwerfungsbeschlusses vom 27. Mai 2005 zur Kenntnis gelangt.
  42. Entscheidend für den Fristbeginn der Wochenfrist für die
  43. Wiedereinsetzung ist nämlich der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten und nicht der Zeitpunkt der
  44. Kenntnisnahme durch den vormaligen Pflichtverteidiger,
  45. zumal dieser nicht mit dem Betreiben einer Revision
  46. beauftragt war (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 1992 - 2 StR
  47. 114/92; Meyer-Goßner, StPO 48. Auflage, § 45 Rdnr. 3).
  48. Wann dem Verurteilten der Verwerfungsbeschluss letztlich
  49. bekannt gegeben wurde, teilt der Wiedereinsetzungsantrag
  50. nicht mit. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Wahrung der
  51. Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich
  52. ist,
  53. gehört
  54. zur
  55. formgerechten
  56. Anbringung
  57. des
  58. Wiedereinsetzungsantrags, dass der Antragsteller mitteilt,
  59. wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand,
  60. weggefallen ist (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1997 - 3 StR
  61. 539/96; BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 7 m.w.N.).
  62. -4-
  63. Bedenken bestehen auch im Hinblick auf eine ausreichende
  64. Glaubhaftmachung. Denn die eigene eidesstattliche Versicherung des Verurteilten ist kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung (BGHR StPO § 45 Abs. 2 Glaubhaftmachung 1). Die
  65. hierin zu sehende schlichte Erklärung des Verurteilten reicht
  66. zur Glaubhaftmachung grundsätzlich nicht aus. Zwar stehen
  67. andere Beweismittel nicht zur Verfügung, es handelt sich aber
  68. gerade nicht um einen nahe liegenden Versäumnisgrund (KKMaul, StPO, 5. Aufl. § 45 Rdnr. 13)."
  69. Dem tritt der Senat bei, zumal eine unverschuldete Fristversäumnis vom
  70. Antragsteller nicht vorgetragen wird.
  71. Tepperwien
  72. Kuckein
  73. Ernemann
  74. Athing
  75. Sost-Scheible