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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 3 StR 368/16
- vom
- 15. November 2016
- in der Strafsache
- gegen
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- 1.
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- 2.
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- wegen Verabredung zu der ungenehmigten Vermittlung eines Vertrages über
- den Erwerb von Kriegswaffen
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- hier: Revision des Angeklagten
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- B.
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- ECLI:DE:BGH:2016:151116B3STR368.16.0
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- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
- 15. November 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten B.
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- wird das Urteil des
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- Landgerichts Koblenz vom 16. März 2016 - auch soweit es den
- Angeklagten E.
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- betrifft - im jeweiligen Strafausspruch mit
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- den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten B.
- Angeklagten E.
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- und den nichtrevidierenden
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- jeweils wegen Verabredung zu der ungenehmigten Vermitt-
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- lung eines Vertrages über den Erwerb von Kriegswaffen zu einer Freiheitsstrafe
- von einem Jahr und drei Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
- Die auf Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen
- Rechts gestützte Revision des Angeklagten B.
- auch zugunsten des Angeklagten E.
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- hat - gemäß § 357 StPO
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- - den aus der Entscheidungsformel
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- ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel
- des Angeklagten B.
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- unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Verfahrensrügen bleiben, wie der Generalbundesanwalt zutreffend
- ausgeführt hat, erfolglos.
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- 2. Die Sachrüge führt zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen, wohingegen der Schuldspruch Bestand hat.
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- a) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
- bemühten sich die Angeklagten vom 24. Juni 2014 bis Januar 2015 im Einvernehmen miteinander, ein Waffengeschäft zu vermitteln, bei dem mindestens
- 14 in Ungarn befindliche Kampfflugzeuge des Typs MIG 29 an den Irak geliefert
- werden sollten. Bei den Vertragsverhandlungen handelten auf der Käuferseite
- für die irakische Regierung, die selbst nicht in Erscheinung trat, Verantwortliche
- zweier Firmen mit Sitz in Bagdad und Moskau; auf der Verkäuferseite waren
- Vertreter einer bosnischen Firma und - später auch - einer ungarischen Firma
- beteiligt. Die Angeklagten waren in den E-Mail-Verkehr zwischen den Verhandlungsparteien eingebunden. Der Angeklagte B.
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- hielt außerdem mündlichen
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- Kontakt zur Verkäuferseite. Er war Ansprechpartner und Mittelsmann für sie,
- während der Angeklagte E.
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- den Kontakt zur Käuferseite pflegte und/oder
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- als Vertreter für sie handelte. Die Angeklagten versprachen sich eine erhebliche
- Provisionszahlung. Am 17. September 2014 kam es "durch die stetige Mitwirkung der Angeklagten" zu dem Entwurf eines Vorvertrages über den Verkauf
- von - nunmehr - 24 Kampfflugzeugen des Typs MIG 29 nebst Zubehör zu einem Preis von 66 Mio. USD; der Vorvertrag wurde allerdings nicht geschlossen.
- Da das beabsichtigte Geschäft an Kapitalbeschaffungsschwierigkeiten auf der
- Käuferseite scheiterte, blieben die Bemühungen der Angeklagten letztlich erfolglos.
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- b) Die Feststellungen rechtfertigen die Verurteilung wegen Verabredung
- zu der ungenehmigten Vermittlung eines Vertrages über den Erwerb von
- Kriegswaffen nach § 4a Abs. 1, § 22a Abs. 1 Nr. 7 KWKG, § 30 Abs. 2 StGB.
- Näheren Ausführungen bedarf es nur zu Folgendem:
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- Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Handlungen der Angeklagten, die auf die Vermittlung eines Auslandsgeschäfts über
- Kriegswaffen zielten, das Versuchsstadium noch nicht erreicht hatten; denn es
- lag noch kein bindendes Vertragsangebot über die Lieferung vor, das alle wesentlichen für einen Vertragsschluss notwendigen Angaben enthielt (vgl. BGH,
- Urteil vom 27. Juni 1993 - 1 StR 339/93, NStZ 1994, 135, 136; Beschluss vom
- 17. Februar 1989 - 3 StR 468/88, BGHR KWKG § 16 Abs. 1 Nr. 7 Versuch 2).
- Ebenso rechtsfehlerfrei ist die vom Landgericht vorgenommene Beurteilung,
- dass sich die Angeklagten im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB verabredeten, dieses
- Verbrechen zu begehen. Sie hatten in zumindest stillschweigender Übereinkunft den unbedingten Entschluss gefasst, als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) den
- in den wesentlichen Grundzügen bereits konkretisierten Kaufvertrag über die
- Kampfflugzeuge zu vermitteln (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 27. Juni 1993
- - 1 StR 339/93, aaO; vom 13. November 2008 - 3 StR 403/08, BGHR KWKG
- § 22a Abs. 1 Nr. 7 Vermitteln 2; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Oktober
- 2006 - III-1 Ws 391/06, NStZ 2007, 647, 648; MüKoStGB/Heinrich, 2. Aufl.,
- § 22a KWKG Rn. 87).
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- Dem Entschluss zu einer mittäterschaftlichen Tatbegehung steht nicht
- entgegen, dass nach den Feststellungen der Angeklagte B.
- ger der Verkäufer zuzuordnen war, während der Angeklagte E.
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- mehr dem Laim Lager
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- der Käufer stand. Zwar ist für den Betäubungsmittelhandel in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass sich das Zusammenwirken des
- Veräußerers und des Erwerbers nicht als Mittäterschaft, sondern als selbstän-
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- dige Täterschaft darstellt. Diese Beurteilung ist darin begründet, dass beide sich
- als Geschäftspartner gegenüberstehen und gegensätzliche Interessen verfolgen, so dass ihr gemeinsames Tätigwerden allein durch die Art der Deliktsverwirklichung vorgegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2002 - 2 ARs
- 164/02, NJW 2002, 3486, 3487; Urteil vom 30. September 2008 - 5 StR 215/08,
- NStZ 2009, 221, 222; Beschlüsse vom 31. März 2011 - 3 StR 400/10, BGHR
- StGB § 9 Abs. 1 Teilnahme 1; vom 14. Juli 2011 - 4 StR 139/11, StraFo 2011,
- 391).
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- Auf die hier zu beurteilende Fallkonstellation kann dieser Rechtsgedanke
- indes nicht übertragen werden. Die beiden Angeklagten verfolgten gerade keine
- gegensätzlichen Interessen; vielmehr war ihr gemeinschaftliches Handeln von
- einem gleichlaufenden Provisionsinteresse bestimmt. Es "stand" eine Provision
- von 1,8 bis 2 Mio. USD "im Raum", die zwischen den Angeklagten und den weiteren auf der Verkäuferseite tätigen Beteiligten "aufgeteilt werden sollte" (UA
- S. 43). Des Weiteren ist den Urteilsgründen hinreichend sicher zu entnehmen,
- dass die Angeklagten nicht fest in die Unternehmensstrukturen der auf den beiden Seiten beteiligten Firmen eingebunden waren, sondern ihnen Vermittlung
- und Koordination des beabsichtigten Auslandsgeschäfts zur eigenverantwortlichen Erledigung überlassen wurden (vgl. insbesondere UA S. 8 f., 38, 40). Verbleibende geringfügige Unklarheiten, etwa dergestalt, inwieweit der Angeklagte
- E.
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- lediglich den Kontakt zur Käuferseite pflegte (UA S. 36) oder als Vertre-
-
- ter für sie handelte (UA S. 9), schaden daher nicht.
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- c) Die Strafzumessung hält indes revisionsgerichtlicher Überprüfung
- nicht stand.
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- Die Strafkammer hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, einen minder
- schweren Fall nach § 22a Abs. 3 KWKG zu prüfen, und die festgesetzte Strafe
- dem nach § 30 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten
- Strafrahmen des § 22a Abs. 1 KWKG entnommen. Unter den gegebenen Umständen war indes zu erörtern, ob ein minder schwerer Fall gegeben ist, weil
- dessen Annahme infolge des Vorliegens des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes nach § 30 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB jedenfalls nicht fern
- lag. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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- Sieht das Gesetz den Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falles
- vor und ist zugleich ein vertypter Milderungsgrund gegeben, so ist vorrangig der
- minder schwere Fall zu prüfen. Im Rahmen der dabei gebotenen Gesamtwürdigung aller strafzumessungserheblichen Umstände kann auch der vertypte Milderungsgrund - zu festgestellten sonstigen Milderungsgründen hinzutretend
- oder auch für sich - einen minder schweren Fall begründen. Erst wenn der
- Tatrichter die Anwendung des milderen Sonderstrafrahmens auch unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes nicht für gerechtfertigt hält,
- darf er seiner konkreten Strafzumessung den nur wegen dieses Milderungsgrundes herabgesetzten Regelstrafrahmen zugrunde legen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2015 - 1 StR 629/14, NStZ 2015, 696; vom 3. März
- 2015 - 3 StR 612/14, juris Rn. 7; MüKoStGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46
- Rn. 104 ff.; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung,
- 5. Aufl., Rn. 1107 ff.).
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- Der Strafausspruch kann daher keinen Bestand haben. Es kann nicht
- ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer auf eine geringere Strafe erkannt hätte, wenn sie einen minder schweren Fall nach § 22a Abs. 3 KWKG
- geprüft hätte, weil der hierfür vorgesehene Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu
- drei Jahren oder Geldstrafe) nicht unerheblich hinter dem nach § 30 Abs. 2
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- i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 22a
- Abs. 1 KWKG (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren und neun
- Monaten) zurückbleibt.
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- 3. Die Aufhebung des Strafausspruchs ist gemäß § 357 StPO auf den
- Angeklagten E.
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- zu erstrecken, weil der dargelegte Rechtsfehler ihn gleich-
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- ermaßen betrifft.
- Becker
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- Schäfer
- Spaniol
-
- Gericke
- Berg
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