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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 2 StR 213/04
  4. vom
  5. 9. Juli 2004
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
  9. geringer Menge u.a.
  10. -2-
  11. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Juli 2004 gemäß
  12. § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  13. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 2. Dezember 2003 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
  14. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  15. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  16. Gründe:
  17. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in elf Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
  18. 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten
  19. verurteilt. Es hat weiter die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, daß zwei Jahre der gegen ihn verhängten Gesamtfreiheitsstrafe vorweg zu vollziehen sind.
  20. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er
  21. die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt. Sein Rechtsmittel hat
  22. mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg
  23. -3-
  24. (§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2
  25. StPO.
  26. Das landgerichtliche Urteil hat rechtlich keinen Bestand, soweit dort die
  27. Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist.
  28. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 9. Juni
  29. 2004 ausgeführt:
  30. "Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die Annahme des Landgerichts,
  31. der Angeklagte habe einen Hang zum Konsum von Betäubungsmitteln
  32. im Übermaß (UA Bl. 14), findet in den tatsächlichen Feststellungen des Urteils
  33. keine Grundlage. Hang im Sinne von § 64 StGB verlangt eine chronische, auf
  34. körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel im Übermaß zu
  35. sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 1, 4 und 5; BGH,
  36. Beschlüsse vom 15. Oktober 1996 - 1 StR 591/96, vom 14. Februar 1997 - 2
  37. StR 583/96 und vom 10. September 1997 - 2 StR 416/97). Dies läßt sich den
  38. Urteilsgründen nicht hinreichend sicher entnehmen. Die Kammer ist davon ausgegangen, daß der Angeklagte seinen Konsum von Heroin nach der Trennung
  39. von seiner Familie Mitte des Jahres 2002 nach zuvoriger massiver Einschränkung gesteigert und wieder 'annähernd regelmäßig, aber nicht täglich' Heroin
  40. zu sich genommen habe (UA Bl. 5). Darauf gestützt hat das Landgericht in diesem fortgesetzten Konsum 'keine zum Tatzeitpunkt verfestigte Abhängigkeit
  41. von Heroin' gesehen und die Annahme verminderter Schuldfähigkeit (§ 21
  42. StGB) ausgeschlossen (UA Bl. 12).
  43. -4-
  44. Damit scheidet jedenfalls die Annahme einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit aus; aber auch eine 'eingewurzelte, intensive Neigung, immer wieder Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen', kommt danach nicht in Betracht (vgl. auch BGH NStZ 1992, 489). Dies
  45. würde neben dem Nachweis dauerhaften übermäßigen Betäubungsmittelkonsums zumindest voraussetzen, daß der Angeklagte aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (BGH, Beschluß vom 10. September 1997 - 2 StR 416/97). Dies aber belegen die Urteilsgründe nicht. Die
  46. Kammer legt lediglich dar, daß die Loslösung von der Familie und die Aufgabe
  47. der legalen Berufstätigkeit die Gefahr der Begehung neuer Straftaten begründe
  48. (UA Bl. 14). Davon, daß ein übermäßiger Konsum von Heroin für die Begehung
  49. von Straftaten ursächlich gewesen sei oder in Zukunft ursächlich werde, ist
  50. dabei gerade nicht die Rede. Es ist so auch an keiner Stelle des Urteils festgestellt, daß der Angeklagte die Straftaten begangen habe, gerade um den
  51. Rauschgiftgenuß zu ermöglichen. Nach den Urteilsgründen liegt es vielmehr
  52. nahe, daß der Angeklagte vor allem zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes,
  53. nicht aber um damit seinen Rauschmittelbedarf zu befriedigen, straffällig geworden ist (was im übrigen auch den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen den Taten und einem möglichen Hang im Sinne von § 64
  54. StGB entfallen ließe, vgl. BGH NStZ-RR 1997, 67).
  55. Fehlt es bereits an einem Hang zum Konsum von Betäubungsmitteln im
  56. Übermaß, kommt es auf die Frage, ob bei dem Angeklagten nach den von der
  57. Kammer mitgeteilten Feststellungen des Sachverständigen bei dem nicht hinreichend zur Therapie bereiten Angeklagten eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht zur Durchführung einer solchen Therapie vorhanden ist (vgl. UA
  58. Bl. 14), nicht mehr an.
  59. -5-
  60. Die - rechtlich ebenfalls nicht unbedenkliche - Bestimmung über die Vollstreckungsreihenfolge wird mit der Aufhebung der Anordnung nach § 64 StGB
  61. gegenstandslos."
  62. Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Die Teilaufhebung läßt den
  63. Strafausspruch unberührt.
  64. Bode
  65. Detter
  66. Rothfuß
  67. Otten
  68. Ri'inBGH Roggenbuck
  69. ist durch Urlaub an der
  70. Unterschrift gehindert.
  71. Bode