You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

312 lines
15 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 1 StR 188/06
  5. vom
  6. 11. Juli 2006
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen gefährlicher Körperverletzung
  10. -2-
  11. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juli 2006,
  12. an der teilgenommen haben:
  13. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  14. Nack
  15. und die Richter am Bundesgerichtshof
  16. Dr. Wahl,
  17. Dr. Boetticher,
  18. Dr. Kolz,
  19. die Richterin am Bundesgerichtshof
  20. Elf,
  21. Bundesanwalt
  22. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  23. Rechtsanwalt
  24. als Verteidiger,
  25. als Nebenkläger,
  26. Rechtsanwalt
  27. als Vertreter des Nebenklägers,
  28. Justizangestellte
  29. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  30. für Recht erkannt:
  31. -3-
  32. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 30. November 2005 mit den Feststellungen
  33. aufgehoben.
  34. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
  35. über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Gründe:
  38. 1
  39. Die Angeklagte wurde wegen gefährlicher Körperverletzung, begangen
  40. im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit, zu drei Jahren und sechs
  41. Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Angeklagte hatte ihren inzwischen von ihr
  42. geschiedenen Ehemann, den Nebenkläger, mit einem Messer in der Nähe des
  43. Herzens verletzt. Von einem Tötungsvorsatz konnte sich die Strafkammer nicht
  44. überzeugen.
  45. 2
  46. Die hierfür maßgebenden Erwägungen beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision zum Nachteil der Angeklagten, die auch vom Generalbundesanwalt vertreten wird, mit Erfolg als
  47. rechtsfehlerhaft (I.). Außerdem, so trägt sie vor, wäre die Angeklagte nicht nur
  48. zu bestrafen, sondern auch gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen gewesen (II.).
  49. -4-
  50. I.
  51. 3
  52. Die Beweiswürdigung enthält hinsichtlich des Schuldspruchs die Angeklagte begünstigende Rechtsfehler.
  53. 4
  54. 1. Zum Hintergrund und zum äußeren Geschehensablauf der Tat ist folgendes festgestellt:
  55. 5
  56. a) Aus der Ehe der Angeklagten mit dem Nebenkläger ging 2002 ein
  57. Sohn hervor. Bereits während der Schwangerschaft war es zu Schwierigkeiten
  58. gekommen. Sie hielt das Kind durch die "Unreinheit" von Geschlechtsverkehr
  59. ohne Kondom für nachhaltig gefährdet. Bald nach der Geburt trennte sie sich
  60. von ihrem Ehemann, weil sie glaubte, er kümmere sich "zu wenig oder nicht
  61. richtig" um das Kind, und zog zu ihren Eltern. In der Folge kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht des Nebenklägers mit dem Kind. Er hatte längere Zeit wegen "Problemen" bei der Abholung des Kindes auf die Realisierung des ihm gerichtlich
  62. eingeräumten Umgangsrechts verzichtet. Als er im März 2005 dieses Recht
  63. nach längerer Zeit aber dann doch wahrnehmen wollte, wuchsen die bei ihr ohnehin starken Empfindungen von Angst und Wut weiter an. Am 15. März 2005
  64. zerstach sie mit einem Messer den Reifen des PKWs ihres Ehemanns vor dessen Fahrschule.
  65. 6
  66. b) Zwei Tage später fuhr sie mit ihrem PKW in die Nähe der Fahrschule,
  67. wo sie etwa 20 Minuten wartete. Sie war mit einem Schal vermummt und führte
  68. in einer Plastiktüte ein, wie die Strafkammer ausdrücklich feststellt, "scharfes"
  69. Küchenmesser mit sich. Kurz vor Ende des Fahrschulunterrichts (21.30 Uhr)
  70. ging sie vermummt und bewaffnet zur Fahrschule und versteckte sich dort hin-
  71. -5-
  72. ter einer Mauer. Als ihr ahnungsloser Ehemann kam, wurde er von ihr "regelrecht angesprungen". Sie führte "wortlos eine bogenförmige Stichbewegung von
  73. außen nach innen in Richtung der linken Brustseite … und etwa parallel zu dieser aus". Sie vermied es, Griffspuren auf dem Messer zu hinterlassen, sondern
  74. hatte unmittelbar nur die Plastiktüte in der Hand, die letztlich um den Griff des
  75. Messers gewickelt war. Das Messer traf auf das Handy in der Hemdbrusttasche
  76. des Nebenklägers, was auf die Stichrichtung keinen Einfluss hatte. Es drang
  77. unterhalb der linken Brustwarze 5 bis 6 cm tief in den Oberkörper ein, wo eine
  78. horizontal verlaufende "Stich- oder Schnittverletzung" entstand. Der Geschädigte war durch die Attacke gegen die Mauer geprallt, die Angeklagte stürzte zu
  79. Boden. Sie floh, als der Geschädigte – der sie im Übrigen nicht erkannte – sie
  80. verfolgte. Alsbald entledigte sie sich ihrer durch den Sturz beschädigten Kleidung und der sonstigen Tatutensilien, die sie in verschiedene Müllcontainer
  81. warf.
  82. 7
  83. Obwohl der Ehemann in der Nähe der Herzspitze getroffen wurde, trat
  84. letztlich keine konkrete Lebensgefahr ein.
  85. 8
  86. 2. Von einem Tötungsvorsatz konnte sich die Strafkammer nicht überzeugen.
  87. 9
  88. a) Worauf der Vorsatz eines Täters gerichtet war, ist eine sog. innere
  89. Tatsache. Rückschlüsse hierauf sind in aller Regel nur möglich auf Grund seiner eigenen Angaben oder auf Grund der äußeren Umstände (vgl. BGH NStZRR 2005, 264, 265 m. w. N.).
  90. 10
  91. Die Angaben der Angeklagten hat die Strafkammer zu Recht ihren Feststellungen nicht zu Grunde gelegt. Die Angeklagte hat das Geschehen nämlich
  92. -6-
  93. letztlich als eine Art Unfall geschildert; jedenfalls habe sie ihren Mann nicht verletzen wollen.
  94. 11
  95. b) Es bleibt, so auch die Strafkammer, das Tatgeschehen, das ihr jedoch
  96. als Grundlage für die Annahme eines Tötungsvorsatzes nicht genügte.
  97. 12
  98. (1) Kann der Tatrichter tatsächliche Zweifel nicht überwinden und zieht
  99. die danach gebotene Konsequenz (hier: Verurteilung nur wegen gefährlicher
  100. Körperverletzung statt wegen - heimtückisch begangenen - Mordversuchs), so
  101. hat dies das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung
  102. ist Sache des Tatrichters; es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht
  103. angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte.
  104. 13
  105. (2) Demgegenüber kann ein Urteil keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa der Fall, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, nicht alle wesentlichen Feststellungen in die Erwägungen
  106. einbezieht oder nahe liegende Möglichkeiten unerörtert lässt oder ohne konkrete Begründung verwirft. Ist eine Reihe von Erkenntnissen angefallen, so ist eine
  107. Gesamtwürdigung vorzunehmen. Ein auf einen feststehenden Kern gestütztes
  108. Beweisanzeichen, dessen Bedeutung für sich genommen unklar bleibt, kann
  109. nicht vorab isoliert nach dem Zweifelssatz beurteilt werden. Beweisanzeichen
  110. können nämlich in einer Gesamtschau wegen ihrer Häufung und gegenseitigen
  111. Durchdringung die Überzeugung von der Richtigkeit eines Vorwurfs begründen.
  112. Auch im Übrigen gebietet der Zweifelssatz nicht, zugunsten des Angeklagten
  113. Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine
  114. konkreten Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.; vgl. nur zusammenfassend
  115. BGH NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2005, 147; 264, 265 jew. m. w. N.).
  116. -7-
  117. 14
  118. 3. An alledem gemessen enthält die Beweiswürdigung der Strafkammer
  119. die Angeklagte begünstigende Rechtsfehler:
  120. 15
  121. Die Strafkammer stellt darauf ab, dass die Angeklagte das Messer nicht
  122. in die "Körpermitte" richtete, sondern eine Stichbewegung parallel zum Brustbereich durchführte. Zudem sei der Stich "keineswegs mit Wucht" geführt worden.
  123. Darüber hinaus könne selbst dann, wenn man (doch) davon ausginge, dass die
  124. Angeklagte die Möglichkeit des Todes ihres Mannes erkannt habe, bei einer
  125. "spontanen, unüberlegten oder in affektiver Erregung begangenen Einzelhandlung" nicht auf das erforderliche voluntative Element des Vorsatzes geschlossen werden.
  126. 16
  127. a) Angesichts der Feststellung, der Stich sei wegen der "Nähe zur Herzspitze“ (potentiell) lebensgefährlich gewesen, ist die Annahme, es spreche gegen einen Tötungsvorsatz, dass die Angeklagte ihren Mann (nicht in der Körpermitte, sondern) unmittelbar unter der linken Brust verletzt habe, nicht ohne
  128. weiteres einsichtig.
  129. 17
  130. b) Die Annahme, der Stich sei "keineswegs mit Wucht" geführt worden,
  131. ist nicht rechtsfehlerfrei begründet.
  132. 18
  133. Der Sachverständige hat, so die Strafkammer, überzeugend ausgeführt,
  134. unter Berücksichtigung der Kratzspuren auf dem Handy seien "keinerlei
  135. Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kraftaufwandes, mit dem das Messer geführt wurde, möglich". Mangels sonstiger Anhaltspunkte für eine mit Kraft geführte Stichbewegung sei daher, so die Strafkammer, zu Gunsten der Angeklagten von einem nur "geringen Kraftaufwand" bei der Tat auszugehen.
  136. -8-
  137. 19
  138. Diese Beweiswürdigung ist lückenhaft. Die Angeklagte hat ihren Mann so
  139. heftig angesprungen, dass er an die Mauer prallte und sie selbst auf den Boden
  140. fiel. Dies spricht für einen nicht unerheblichen Kraftaufwand bei dem Sprung.
  141. Sprung und Messereinsatz fielen zusammen. Es ist jedoch nicht erörtert, wieweit die Kraft des Sprunges Rückschlüsse auf die Kraft des Messereinsatzes
  142. zulässt oder gebietet. Die Annahme, dass hier jeder Zusammenhang ausgeschlossen ist, erscheint eher fern liegend; sie liegt jedenfalls nicht so nahe,
  143. dass auf jede Erörterung verzichtet werden könnte.
  144. 20
  145. c) Selbst wenn jedoch näheres nicht festzustellen ist, hätte die in Rede
  146. stehende Frage nicht vorab nach dem Zweifelssatz ("zu Gunsten") der Angeklagten beurteilt werden dürfen.
  147. 21
  148. d) Unklar im Zusammenhang mit dem Stich ist auch Folgendes:
  149. 22
  150. Der Sachverständige hat ausgeführt, da der Geschädigte nur ein Hemd
  151. getragen habe, habe es keines großen Kraftaufwandes bedurft, "um das …
  152. Hemd nebst Unterhemd sowie die Haut zu durchdringen. Danach sei es ohnehin vom Zufall abhängig, wie tief die Klinge eindringe, weil nach dem Durchdringen der Haut kein nennenswerter Widerstand mehr gegeben sei". Hierauf geht
  153. die Strafkammer nicht näher ein. War es aber vom "Zufall" abhängig, wie tief
  154. das Messer eindrang, so ist um so weniger ersichtlich, wieso sich aus der letztlich vergleichsweise glimpflichen Tatfolge für die Angeklagte günstige Gesichtspunkte ergeben sollen. Dies hat auch der Generalbundesanwalt (auch schon in
  155. seinem Terminsantrag vom 25. April 2006) im Einzelnen zutreffend dargelegt.
  156. -9-
  157. e) Auch gegen die Ausführungen zum voluntativen Element des Vorsat-
  158. 23
  159. zes bestehen Bedenken. Zwar ist der rechtliche Ansatz der Strafkammer zutreffend; es ist jedoch nicht erkennbar, wieso die bewaffnete und vermummte Angeklagte, die insgesamt geraume Zeit erst in ihrem PKW und dann hinter einer
  160. Mauer auf den Angeklagten gewartet hat, spontan gehandelt haben könnte. Die
  161. nicht näher ausgeführte Feststellung, sie habe sich "spätestens" bei dessen
  162. Erscheinen zum Angriff gegen ihren Mann entschlossen, vermag nicht zu verdeutlichen, warum sie sich schon vorher vermummt, bewaffnet und versteckt
  163. haben sollte.
  164. 4. Es mag dahinstehen, ob jeder der aufgeführten Gesichtspunkte für
  165. 24
  166. sich genommen notwendig die Aufhebung des Urteils bewirken müsste. Jedenfalls in ihrer Gesamtheit führen sie dazu, dass das Urteil keinen Bestand haben
  167. kann.
  168. II.
  169. 25
  170. Infolge der Aufhebung des Schuldspruchs ist auch über den Rechtsfolgenausspruch neu zu befinden, ohne dass es auf das hiergegen gerichtete
  171. Vorbringen der Revision noch ankäme.
  172. 26
  173. Der Senat sieht jedoch Anlass zu folgenden Hinweisen:
  174. 27
  175. 1. Bei der Angeklagten liegt eine Persönlichkeitsstörung vor, die etwa
  176. von einem "hochgradig negativen Selbstbild", einer "nur geringen Aggressionsneigung bei einer überdurchschnittlichen Aggressionshemmung" und der Unfähigkeit, "selbständig Entscheidungen zu treffen", gekennzeichnet ist. All dies
  177. führt dazu, dass die Angeklagte "kaum in der Lage ist, eigene Ansprüche gel-
  178. - 10 -
  179. tend zu machen und andere Meinungen zu relativieren". Die Diagnose einer
  180. Persönlichkeitsstörung sagt jedoch nichts darüber aus, ob sie i. S. d. §§ 20, 21
  181. StGB "schwer" ist. Hierfür ist maßgebend, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Delikts zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH NStZ-RR 2006, 199
  182. m. w. N.; vgl. auch Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57, 60). Hierfür
  183. ist bisher wenig ersichtlich. Die Angeklagte hat während ihrer Ehe den Haushalt
  184. versorgt und in der Fahrschule die Büroarbeiten erledigt. Nach der von ihr ausgehenden Trennung zog sie zu ihren Eltern, war in geringem Umfang bei einer
  185. Reinigungsfirma tätig und versorgte ihr Kind.
  186. 28
  187. 2. Die genannten Symptome der Persönlichkeitsstörung (z. B. eine besondere Aggressionshemmung) sprechen an sich nicht dafür, dass die Angeklagte für andere Menschen gefährlich werden könnte. Ihre Bedeutung für eine
  188. erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit bei einem massiven Aggressionsdelikt wird daher nicht ohne weiteres erkennbar. Die Strafkammer hat jedoch zusätzlich zu der festgestellten Persönlichkeitsstörung auch noch einen explosionsartigen Affektdurchbruch bei der Tat bejaht.
  189. 29
  190. Dabei ist im Ansatz auch nicht verkannt, dass hiergegen insbesondere
  191. das planmäßige und auf Sicherung bedachte Verhalten der Angeklagten
  192. - vor der Tat (bewaffnen; vermummen; verstecken);
  193. - bei der Tat (Spurenvermeidung am Messer; Wortlosigkeit, sonst wäre sie nahe
  194. liegend an der Stimme erkannt worden);
  195. - nach der Tat (planmäßige Beseitigung sämtlicher Gegenstände, deren Besitz
  196. sie hätte belasten können an verschiedenen Orten);
  197. spricht (vgl. nur BGH NStZ 2005, 149, 150; BGH NStZ-RR 2005, 264, 265 jew.
  198. m. w. N.; vgl. auch Boetticher und andere aaO 61); die Strafkammer beschränkt
  199. - 11 -
  200. sich jedoch auf die Feststellung, gleichwohl sei das Tatbild mit der Annahme
  201. eines Affekts vereinbar. Konkret begründet ist dies nicht, insbesondere das Vortatgeschehen und das eigentliche Tatgeschehen sind in diesem Zusammenhang nicht angesprochen.
  202. 30
  203. 3. Ist aber weder die Annahme einer schweren Persönlichkeitsstörung
  204. noch die eines affektiven Durchbruchs rechtsfehlerfrei begründet, so gilt dies
  205. auch für die auf eine Kombination beider Gesichtspunkte gestützte Annahme
  206. erheblich verminderter Schuldfähigkeit. Dementsprechend fehlt es bisher auch
  207. an einer Grundlage für eine Unterbringung gemäß § 63 StGB.
  208. 31
  209. 4. Das Verhalten der Angeklagten erscheint jedoch gekennzeichnet
  210. durch eine Mischung überwertiger Ideen (hinsichtlich des Kindes) und erheblicher irrationaler Ängste und anderer negativer Emotionen, die offenbar der Nebenkläger bei ihr auslöst. Verdeutlicht wird dies etwa an ihrer Äußerung in der
  211. Hauptverhandlung, sie habe "Angst gehabt, dass … er nicht aufhöre, dem Kind
  212. weh zu tun". Tatsächlich haben dem Kind Treffen mit dem Nebenkläger zunehmend mehr "Spaß gemacht". Dies hat eine Diplom-Psychologin von der Caritas
  213. bekundet, die bei diesen Treffen, die in Räumlichkeiten der Caritas stattfanden,
  214. dabei war. Objektivierbare Anhaltspunkte für ein wie auch immer beschaffenes
  215. Fehlverhalten des Nebenklägers sind auch im Übrigen nicht ersichtlich.
  216. 32
  217. Es erscheint daher jedenfalls nicht fern liegend und dementsprechend
  218. prüfungs- und erörterungsbedürftig, ob eine schwere andere seelische Abartigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB im Hinblick auf ein überdauerndes Vorstellungsgefüge ohne realen Hintergrund ("Wahnsyndrom") vorliegt.
  219. - 12 -
  220. Gegebenenfalls erschiene dann die Frage nach Gefährlichkeit und Un-
  221. 33
  222. terbringung in einem erkennbar anderen Licht als bei der bisherigen Annahme
  223. eines eher persönlichkeitsfremden affektiven Durchbruchs, der, so die Strafkammer, auch deshalb nicht (mehr) auf eine künftige Gefährlichkeit der Angeklagten hindeutet, weil sie durch die bisherige Haft beeindruckt ist.
  224. Nack
  225. Wahl
  226. Kolz
  227. Boetticher
  228. Elf