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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 1/08
vom
17. Juli 2008
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
ZVG § 85a
Das Gebot eines Beauftragten des Gläubigers, das ausschließlich darauf gerichtet
ist, zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners die Rechtsfolgen von
§ 85a Abs. 1 und Abs. 2 ZVG herbeizuführen, ist unwirksam. Ob der Bieter zur Vertretung des Gläubigers berechtigt ist, ist insoweit ohne Bedeutung (Fortführung von
Senat, BGHZ 172, 218 ff.).
BGH, Beschl. v. 17. Juli 2008 - V ZB 1/08 - LG Potsdam
AG Luckenwalde
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Potsdam vom 14. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
300.000 €.
Gründe:
I.
1
Der Schuldner ist Eigentümer des im Eingang genannten Grundstücks.
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 ordnete das Amtsgericht am 25. September
2001 die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Die Beteiligten zu 3 bis 8
traten dem Verfahren als betreibende Gläubiger bei. Der Verkehrswert des
Grundstücks wurde auf 5.000.000 € festgesetzt.
2
Im Versteigerungstermin vom 15. Februar 2005 bot G.
730.000 €. Weitere Gebote wurden nicht abgegeben. H.
schlag im Hinblick auf § 85a Abs. 1 ZVG versagt.
H.
wurde der Zu-
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In dem schließlich auf den 10. Juli 2007 bestimmten neuen Versteigerungstermin bot die Beteiligte zu 10 300.000 €. Weitere Gebote erfolgten nicht.
Mit Beschluss vom 19. Juli 2007 hat das Amtsgericht der Beteiligten zu 10 den
Zuschlag erteilt.
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Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 5 bis 9 hat das Landgericht den Zuschlagsbeschluss aufgehoben und der Beteiligten zu 10 den Zuschlag auf ihr Gebot versagt. Mit der von dem Landgericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde erstrebt die Beteiligte zu 10 die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.
II.
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Das Beschwerdegericht sieht die Beschwerden der Beteiligten zu 5 bis 9
als begründet an. Es hat festgestellt, dass H.
mit seinem Gebot kein eige-
nes Interesse im Hinblick auf das Grundstück verfolgt, sondern dieses allein auf
Veranlassung und im Interesse der Beteiligten zu 3 abgegeben habe. Das Gebot von H.
sei missbräuchlich und unwirksam. Im Termin vom 19. Juli 2005
habe daher die in § 85a Abs. 1 ZVG bestimmte Grenze gegolten; der Beteiligten zu 10 habe der Zuschlag nicht erteilt werden dürfen.
III.
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Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
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Ein mit dem Ziel, die zum Schutz des Schuldners bestehenden Regelun-
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gen des Zwangsversteigerungsgesetzes im Interesse eines Gläubigers zu unterlaufen, abgegebenes Gebot ist unwirksam. Ob der Bieter Terminsvertreter
des Gläubigers ist, ist entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde insoweit
ohne Bedeutung.
1. Das Recht zur Abgabe von Geboten in einem Zwangsversteigerungs-
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verfahren soll jedem Interessenten die Möglichkeit verschaffen, als Meistbietender den Zuschlag zu erhalten und Eigentümer des Grundstücks zu werden
(§§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG). Die Ausübung dieses Rechts ist missbräuchlich,
wenn der Bieter hieran nicht interessiert ist, sondern mit seinem Gebot rechtlich
zu missbilligende Zwecke verfolgt (Senat, BGHZ 172, 218, 223). So verhält es
sich, wenn ein Gebot zu dem Zweck abgegeben wird, den von § 85a ZVG
Abs. 1 ZVG bezweckten Schutz des Schuldners zu unterlaufen (Senat, aaO,
226). So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte
H.
kein Interesse an dem Grundstück und gab im Termin vom 15. Februar
2005 auf Veranlassung der Beteiligten zu 3 nur deshalb ein Gebot ab, um dieser einen Gefallen zu erweisen. Durch das Gebot von H.
sollte der Schutz
des Schuldners durch § 85a Abs.1 ZVG ausgehebelt werden. Das auf Betreiben der Beteiligten zu 3 von H.
abgegebene Gebot war rechtsmissbräuch-
lich und nichtig. Es war gemäß § 71 Abs. 1 ZVG von dem Vollstreckungsgericht
zurückzuweisen.
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Dass es sich bei H.
nicht um einen Terminsvertreter der betreiben-
den Gläubigerin und Beteiligten zu 3 gehandelt hat, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ohne Belang. Das Eigengebot eines Gläubigervertreters begründet nach der Rechtsprechung des Senats zwar die tatsächliche
Vermutung für die missbräuchliche Absicht, den von dem Gesetz bezweckten
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Schuldnerschutz zu unterlaufen. Rechtsmissbräuchliches Handeln ist aber nicht
auf einen Gläubigervertreter beschränkt. Auch Dritte, die allein das Ziel verfolgen, mit ihrem Gebot die zum Schutze des Schuldners bestehenden Regelungen auszuhebeln, handeln rechtsmissbräuchlich. Der Unterschied zum Terminsvertreter besteht nur darin, dass für dessen Rechtsmissbrauch eine tatsächliche Vermutung spricht, während im Falle, dass ein Dritter handelt, das zu
missbilligende Verhalten positiv festgestellt werden muss. So ist das Beschwerdegericht verfahren.
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2. Die Feststellung der Missbräuchlichkeit des von H.
abgegebenen
Gebots durch das Beschwerdegericht lässt auch sonst keinen Rechtsfehler erkennen.
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a) Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde bedurfte es keiner Ausführungen zu § 114a ZVG, um die Missbräuchlichkeit des Gebots festzustellen.
Der Senat hat, um das Gefüge der Schuldnerschutzvorschriften und die besondere Position des Gläubigers als Bieter darzustellen, auf das Zusammenspiel
von § 85a Abs. 3 ZVG und § 114a ZVG hingewiesen (BGHZ 172, 218, 229). Er
hat daraus gefolgert, dass das Gesetz ein alleiniges Interesse des Gläubigers
an der Beseitigung der Wertgrenzen nicht anerkennt, und dazu auf die strukturellen Besonderheiten abgestellt. Er hat damit die Feststellung rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gerade nicht davon abhängig gemacht, ob im Einzelfall
das Gebot des Terminsvertreters, hätte es der Gläubiger selbst abgegeben, von
den Regelungen der §§ 85a Abs. 3, 114a ZVG erfasst worden wäre. Er hat
vielmehr im Gegenteil ausgeführt, dass gegen die – generelle – Annahme
rechtsmissbräuchlichen Bieterverhaltens nicht eingewendet werden könne,
dass der Gläubiger, dessen Forderung – wie hier – weit genug unter dem Verkehrswert liegt, die Erteilung des Zuschlags nach § 85a Abs. 3 ZVG durch ein
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entsprechendes Gebot vermeiden kann (Senat aaO S. 229 f.). Daher ist ohne
Bedeutung, ob der Zuschlag auf ein im Auftrag des Gläubigers abgegebenes
Gebot, das den Verkehrswert nicht erreicht, gemäß § 114a ZVG Satz 1 ZVG
dazu führen würde, dass der Gläubiger als befriedigt gälte (vgl. hierzu BGHZ
117, 8, 12 ff.; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 114a Anm. 2.8; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeier, ZVG, 13. Aufl., § 114a Rdn. 25).
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b) Ohne Bedeutung ist auch, dass das Vollstreckungsgericht die Unwirksamkeit des Gebotes von H.
nicht erkannt und dieses nicht gemäß § 71
Abs. 1 ZVG zurückgewiesen hat (Senat, Beschl. v. 4. Januar 2008, V ZB
178/06, WM 2008, 33, 34). § 79 ZVG findet insoweit keine Anwendung.
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c) Schließlich ist ohne Bedeutung, ob die Beschwerdeführer im Termin
vom 15. Februar 2005 Gelegenheit hatten, das Vollstreckungsgericht auf die
Unwirksamkeit des Gebotes von H.
hinzuweisen. Dessen Gebot löste we-
gen seiner Missbräuchlichkeit keine Wirkungen aus. Der Mangel ist grundsätzlich nicht heilbar. Hiermit ist die Annahme der Rechtsbeschwerde unvereinbar,
die Beschwerdeführer seien dadurch, dass sie sich nicht schon im Versteigerungstermin auf die Unwirksamkeit des Gebots von H.
berufen hätten, dar-
an gehindert, diese im Beschwerdeverfahren geltend zu machen.
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IV.
14
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten im
Zuschlagsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht im Sinne von Parteien gegenüberstehen (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 170, 378, 381 m.w.N.).
Krüger
Klein
Czub
Stresemann
Roth
Vorinstanzen:
AG Luckenwalde, Entscheidung vom 19.07.2007 - 9 K 175/01 LG Potsdam, Entscheidung vom 14.12.2007 - 5 T 603/07 -