358 lines
No EOL
19 KiB
Text
358 lines
No EOL
19 KiB
Text
BUNDESGERICHTSHOF
|
||
IM NAMEN DES VOLKES
|
||
URTEIL
|
||
X ZR 174/04
|
||
|
||
Verkündet am:
|
||
6. Mai 2008
|
||
Potsch
|
||
Justizangestellte
|
||
als Urkundsbeamtin
|
||
der Geschäftsstelle
|
||
in der Patentnichtigkeitssache
|
||
|
||
-2-
|
||
|
||
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
|
||
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
|
||
und Gröning
|
||
für Recht erkannt:
|
||
Auf die Berufung der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen
|
||
wird, wird das am 28. September 2004 verkündete Urteil des
|
||
3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst:
|
||
Das deutsche Patent 195 35 104 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine
|
||
Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
|
||
"1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach sowohl in In-Ziegel-Montage als auch in
|
||
Auf-Ziegel-Montage mit einer sich zumindest annähernd
|
||
über die Breite des Kollektors (10) erstreckenden Schiene
|
||
(16) mit zwei Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet,
|
||
dass die Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene
|
||
stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel
|
||
(17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere
|
||
Schenkel (17’) als Auflage für den Kollektor (10) dient, wobei die Schiene (16) einen im Wesentlichen U-förmigen
|
||
Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den
|
||
Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren (12)
|
||
|
||
-3-
|
||
|
||
befestigbar ist, der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für
|
||
den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x) von der
|
||
Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht, und wobei zumindest ein Schenkel (17, 17’)
|
||
abgewinkelt ist.
|
||
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
|
||
dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
|
||
3. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
|
||
dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher
|
||
(28) aufweist.
|
||
4. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
|
||
dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig
|
||
einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am
|
||
unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
|
||
5. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
|
||
dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des
|
||
Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung (18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche
|
||
Länge wie eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand
|
||
(22a, 22b) des Kollektors (10) hat.
|
||
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
|
||
gekennzeichnet, dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel-
|
||
|
||
-4-
|
||
|
||
Montage an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist."
|
||
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
|
||
|
||
Von Rechts wegen
|
||
|
||
Tatbestand:
|
||
1
|
||
|
||
Der Beklagte ist Inhaber des am 21. September 1995 angemeldeten
|
||
deutschen Patents 195 35 104 (Streitpatents), das eine "Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor auf einem Dach" betrifft und 11
|
||
Patentansprüche umfasst. Die Patentansprüche 1, 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 lauten
|
||
nach Durchführung des Einspruchsverfahrens (die Orthographie ist an die neuen Regeln angepasst):
|
||
"1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite
|
||
des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei
|
||
Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die
|
||
Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als
|
||
Auflage für den Kollektor (10) dient.
|
||
|
||
-5-
|
||
|
||
2.
|
||
|
||
Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
|
||
der zur Halterung des Kollektors (10) dienende Schenkel (17)
|
||
höher als der als Auflage für den Kollektor dienende Schenkel
|
||
(17’) ist.
|
||
|
||
4.
|
||
|
||
Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x)
|
||
von der Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer
|
||
Dachlatte (14) entspricht.
|
||
|
||
5.
|
||
|
||
Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
|
||
|
||
6.
|
||
|
||
Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher (28)
|
||
aufweist.
|
||
|
||
7.
|
||
|
||
Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
|
||
|
||
9.
|
||
|
||
Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung
|
||
(18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche Länge wie
|
||
|
||
-6-
|
||
|
||
eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand (22a, 22b)
|
||
des Kollektors (10) hat.
|
||
11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel-Montage
|
||
an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist."
|
||
2
|
||
|
||
Wegen der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift des
|
||
Streitpatents verwiesen.
|
||
|
||
3
|
||
|
||
Die Klägerin hat geltend gemacht, dass das Streitpatent gegenüber umfangreichem Stand der Technik, darunter dem OBO-Bettermann-Katalog "Verbindungs- und Befestigungs-Systeme" (November 1994), nicht patentfähig sei.
|
||
Sie hat beantragt, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Hilfsweise hat er das Streitpatent mit
|
||
folgender Fassung des Patentanspruchs 1 (Einfügungen unterstrichen) sowie
|
||
mit den auf diesen rückbezogenen Patentansprüchen 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 (in
|
||
neuer Nummerierung als Patentansprüche 2 bis 8) und weiter hilfsweise in der
|
||
Fassung nach dem als Verwendungsanspruch formulierten Hilfsanspruch II verteidigt:
|
||
"1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite
|
||
des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei
|
||
Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die
|
||
Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als
|
||
|
||
-7-
|
||
|
||
Auflage für den Kollektor (10) dient, [und] wobei die Schiene
|
||
(16) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren befestigbar ist, wobei zumindest ein
|
||
Schenkel (17, 17’) angewinkelt ist."
|
||
4
|
||
|
||
Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es ihm die Fassung
|
||
nach Hilfsantrag I gegeben hat.
|
||
|
||
5
|
||
|
||
Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin die vollständige Nichtigerklärung
|
||
des Streitpatents unter Abänderung des angefochtenen Urteils. Sie stützt sich
|
||
zusätzlich zu den schon in erster Instanz genannten Entgegenhaltungen auf
|
||
behauptete offenkundige Vorbenutzungen von Montagevorrichtungen für Sonnenkollektoren durch die I.
|
||
|
||
Solar AG seit 1993 und die mit verschiede-
|
||
|
||
nen Unternehmensveröffentlichungen (insbesondere Anl. E3 bis E5) unterlegte
|
||
Vorbenutzung der S.
|
||
|
||
Ltd. seit 1976 sowie auf weitere Do-
|
||
|
||
kumente aus dem Stand der Technik, darunter den OBO-Bettermann-Katalog
|
||
"Verbindungs- und Befestigungs-Systeme" (November 1994). Die Anschlussberufung des Beklagten, mit der dieser die vollständige Abweisung der Nichtigkeitsklage begehrt hat, hat der Senat als unzulässig verworfen (Sen.Beschl. v.
|
||
5.7.2005 - X ZR 174/04, GRUR 2005, 888 - Anschlussberufung im Patentnichtigkeitsverfahren); die Kostenentscheidung hat er dabei der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Beklagte tritt im Übrigen dem Rechtsmittel entgegen und
|
||
verteidigt hilfsweise das Streitpatent mit seinem ersten Hilfsantrag in der aus
|
||
der Urteilsformel ersichtlichen Fassung, nach seinem zweiten Hilfsantrag mit
|
||
weiteren einschränkenden Merkmalen.
|
||
|
||
-8-
|
||
|
||
6
|
||
|
||
Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. C.
|
||
,
|
||
|
||
ein
|
||
|
||
schriftliches
|
||
|
||
Gutachten
|
||
|
||
W.
|
||
|
||
,
|
||
|
||
erstattet,
|
||
|
||
das
|
||
|
||
er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
|
||
|
||
Entscheidungsgründe:
|
||
7
|
||
|
||
Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin führt unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Nichtigerklärung des Streitpatents über die Fassung der
|
||
angegriffenen Entscheidung hinaus; soweit es der Beklagte mit seinem in der
|
||
Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag I verteidigt, bleibt es demgegenüber
|
||
ohne Erfolg. Über den engeren Hilfsantrag II des Beklagten braucht deshalb
|
||
nicht entschieden zu werden. Dabei beschränkt sich die Sachprüfung, nachdem
|
||
der Beklagte die Entscheidung des Bundespatentgerichts nicht wirksam angefochten hat, auf die Fassung des Patents, die das Bundespatentgericht ihm gegeben hat; die erteilte Fassung dieses Schutzrechts steht nicht mehr zur Überprüfung (Sen.Urt. v. 22.2.2000 - X ZR 111/98, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 3, S. 470, 476, 485 - Positionierverfahren; vgl.
|
||
BGH, Urt. v. 21.10.1952 - I ZR 106/51, GRUR 1953, 86 re. Sp. - Schreibhefte II;
|
||
RG GRUR 1944, 122, 123 - Transformatorkühler; Rogge in Benkard, PatG
|
||
GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 22 PatG Rdn. 52).
|
||
|
||
8
|
||
|
||
I. 1. Das Streitpatent betrifft nach Patentanspruch 1 in dessen im Berufungsverfahren zur Überprüfung stehender Fassung, die er durch das angefochtene Urteil erhalten hat, eine Vorrichtung "zum Montieren von zumindest
|
||
einem Sonnenkollektor" (d.h. eine Vorrichtung, auf die ein oder mehrere Sonnenkollektoren montiert werden können), auf einem Dach. Die Beschreibung
|
||
des Streitpatents bezeichnet derartige Vorrichtungen als aus der US-Patentschrift 4 336 413 bekannt. Dort seien die zur Befestigung von Paneelen die-
|
||
|
||
-9-
|
||
|
||
nenden Schienen U-förmig und die Schenkel des U erstreckten sich parallel zur
|
||
Dachebene. U-förmige Abschnitte der Schienen senkrecht zur Dachebene dienten der wasserdichten Verbindung zweier benachbarter Paneele (Beschr. Sp. 1
|
||
Z. 3 - 13). In der Praxis werde zwischen den Montagetechniken der In-ZiegelMontage mit Integration der Kollektoren in die Dachziegelfläche und der AufZiegel-Montage unterschieden, bei der die Kollektoren über den Dachziegeln
|
||
montiert würden. Hierfür würden üblicherweise unterschiedliche Vorrichtungen
|
||
verwendet, was die Lagerhaltung erschwere. Hausdächer wiesen in aller Regel
|
||
Dachsparren (d.h. in Richtung der Dachschräge verlaufende Balken) und Dachlatten auf, wobei die Stärke der Dachlatten regelmäßig 24 mm betrage. Bei allen bekannten Montageeinrichtungen seien zusätzliche Halterungen für den
|
||
Kollektor wie Haltekrallen erforderlich (Beschr. Sp. 1 Z. 61 - 65).
|
||
9
|
||
|
||
2. Durch das Streitpatent soll eine Vorrichtung zur Montage von Sonnenkollektoren bereitgestellt werden, die mit wenig Materialaufwand kostengünstig
|
||
hergestellt werden kann, eine einfache und wenig aufwändige Montage ermöglicht, eine gute Stabilität aufweist und sowohl für die In-Ziegel-Montage wie für
|
||
die Auf-Ziegel-Montage verwendet werden kann (vgl. Beschr. Sp. 1 Z. 66 Sp. 2 Z. 7).
|
||
|
||
10
|
||
|
||
3. Hierzu lehrt Patentanspruch 1 in der Fassung, die er durch das Bundespatentgericht erhalten hat, eine Vorrichtung zum Montieren von zumindest
|
||
einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach,
|
||
(1) die eine Schiene (16) aufweist, die
|
||
(2) sich zumindest annähernd über die Breite des Kollektors erstreckt,
|
||
(3) einem im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat
|
||
|
||
- 10 -
|
||
|
||
(4) mit zwei Schenkeln (17, 17’), die
|
||
(4.1) senkrecht auf der Dachebene stehend
|
||
(4.2) unterschiedlich hoch sind und
|
||
(4.3) von denen einer (17) zur Halterung des Kollektors und
|
||
(4.4) der andere (17’) als Auflage für den Kollektor dient,
|
||
(4.5) wobei zumindest ein Schenkel abgewinkelt ist, und wobei
|
||
(5) die Grundfläche (24) der Schiene zwischen den zwei Schenkeln direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann.
|
||
11
|
||
|
||
4. Einen schematischen Teilschnitt durch eine patentgemäße Vorrichtung
|
||
zur In-Ziegel-Montage zeigt die verkleinert wiedergegebene Figur 1 des Streitpatents:
|
||
|
||
12
|
||
|
||
II. 1. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1, wie er vom
|
||
Bundespatentgericht als schutzfähig angesehen wurde, war durch die u.a. in
|
||
dem dem Bundespatentgericht noch nicht vorliegenden Prospekt (Anl. E4) "Solahart Streamline" der S. W. H.
|
||
|
||
Ltd. in P. , W.
|
||
|
||
, im
|
||
|
||
Jahr 1986 sowie in den Anl. E3 und E5 vorbeschriebenen Schiene zum Befestigen von solaren Heißwassersystemen jedenfalls für den Fachmann, einen
|
||
Ingenieur oder erfahrenen Techniker, der mit der Entwicklung und Montage von
|
||
|
||
- 11 -
|
||
|
||
Sonnenkollektoranlagen vor allem in der mittelständischen Wirtschaft befasst
|
||
war, nahegelegt. Die Vorveröffentlichung dieses Prospekts wie auch der beiden
|
||
anderen Prospekte Anl. E3 (1994) und E5 (Información tecnica e instalación
|
||
manual Solahart, Januar 1986) ist durch die Druckdaten für den Senat überzeugend belegt und steht im Übrigen auch nicht im Streit. Der Prospekt zeigt
|
||
eine Schiene in dem durch das Streitpatent beschriebenen Einsatz, die mit
|
||
Ausnahme des Merkmals (5) alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung, wie sie vor dem Bundespatentgericht Bestand hatte,
|
||
aufweist. Die gezeigte Schiene (Merkmal 1) erstreckt sich nämlich über mehr
|
||
als die Breite des Kollektors (Zeichnung Seite 6; Merkmal 2), hat einen Querschnitt, der zwischen dem längeren Schenkel und dem diesem am nächsten
|
||
liegenden der kürzeren Schenkel einen im Wesentlichen U-förmigen Abschnitt
|
||
aufweist (Komponentenliste S. 4, Collector rail 1840; Merkmal 3), und zwar mit
|
||
drei und damit auch mit zwei Schenkeln (ebenda; Merkmal 4), die senkrecht auf
|
||
der Dachebene stehen und unterschiedlich hoch sind (Diagramm S. 6; Merkmale 4.1 und 4.2), von denen der längere zur Halterung des Kollektors und die
|
||
beiden kürzeren als Auflage für den Kollektor dienen (Merkmale 4.3, 4.4). Dies
|
||
ist zwar in der Anl. E4 nicht deutlich zu sehen, wird jedoch in der ersichtlich die
|
||
gleiche Montagevorrichtung zeigenden Anl. E5, S. 58 ("Detalle de la sujectión
|
||
del colector") deutlich gezeigt. Die Anwinklung eines Schenkels, und zwar des
|
||
längeren, ist in Anl. E4, S. 4, Collector rail 1840, deutlich erkennbar (Merkmal
|
||
4.5). Dass die Grundfläche der Schiene zwischen den zwei Schenkeln auch
|
||
direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann, wird allerdings nicht gezeigt, eine Befestigungsmöglichkeit etwa durch Bohrungen zu schaffen, durch
|
||
die die Schiene am Sparren festgeschraubt werden kann, setzt jedoch nicht
|
||
mehr als einfache, dem Fachmann geläufige Überlegungen voraus, nachdem
|
||
die Befestigung nach Anl. E4 über eine Lasche an dem Befestigungsstreifen
|
||
(Collector straps) 0847 (S. 4) erfolgt (Merkmal 5).
|
||
|
||
- 12 -
|
||
|
||
13
|
||
|
||
2. a) Dagegen ist die nunmehr mit Hilfsanspruch I verteidigte Fassung
|
||
des Patentanspruchs 1 schutzfähig. In diese Fassung sind zunächst die beiden
|
||
Möglichkeiten des Einbaus in In-Ziegel-Montage und Auf-Ziegel-Montage aufgenommen. Dies ist allerdings im Fall des Erzeugnisschutzes zunächst nur
|
||
dann von Bedeutung, wenn und soweit es sich auf die räumlich-körperliche
|
||
Ausgestaltung der Schiene auswirkt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 1.4.2008
|
||
- X ZR 29/04, Umdruck S. 12), es sich mithin nicht um bloße, für sich nicht
|
||
schutzbegrenzende Zweckangaben handelt (Sen. BGHZ 112, 140, 155 f. - Befestigungsvorrichtung II; vgl. schon Sen.Urt. v. 7.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR
|
||
1979, 149, 151 - Schießbolzen). Dies ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, insoweit der Fall, als die In-Ziegel-Montage zur Folge hat, dass der als
|
||
Auflage für den Kollektor dienende Schenkel eine Auflagefläche aufweisen
|
||
muss, die von der Grundfläche in Dachlattenstärke beabstandet ist. Dies kommt
|
||
in dem zusätzlichen Merkmal,
|
||
(3.1) dass der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere
|
||
Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10)
|
||
aufweist, deren Abstand (x) von der Grundfläche (24) der
|
||
Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht,
|
||
zum Ausdruck. Dieses Merkmal ist in dem erteilten Patent (Patentanspruch 4)
|
||
enthalten, und in den ursprünglichen Unterlagen (ebenfalls in Patentanspruch
|
||
4) als zur Erfindung gehörend offenbart. Zwar besagt es nur, dass der Abstand
|
||
der Stärke einer Dachlatte entsprechen soll. Diese Stärke ist auch im Patentanspruch nicht definiert, ergab sich zum Anmeldetag aber daraus, dass übliche
|
||
Dachlatten damals entweder 24 mm oder 30 mm oder 40 mm stark waren. Auf
|
||
diese Stärken muss der Abstand nach dem verteidigten Patentanspruch eingestellt sein. Zwar sind auch noch andere Möglichkeiten denkbar, mit denen der
|
||
In-Ziegel-Einbau ermöglicht werden kann, wie das Einbringen einer Zwischen-
|
||
|
||
- 13 -
|
||
|
||
latte. Dies wird jedoch schon von dem zusätzlichen Merkmal (3.1) nicht erfasst.
|
||
Diese Abstandsvorgabe ermöglicht es auf einfache Weise, ein und dieselbe
|
||
Schiene nicht nur für die Auf-Ziegel-Montage, sondern - und zwar ohne zusätzlichen Aufwand und Gefahren für den Halt der Schiene - auch für die In-ZiegelMontage nutzbar zu machen. Der Stand der Technik bot hierfür keine Anregung. Das gilt nicht nur für die vorgenannten "Solahart"-Unterlagen (insbesondere die Anlagen E3, E4 und E5), sondern auch für die bekannte und mit Ausnahme des oben beschriebenen Merkmals 3.1 alle Sachmerkmale erfüllende
|
||
(wenn auch für die Kollektorenmontage nicht vorgesehene), allerdings eine für
|
||
die In-Ziegel-Montage nicht geeignete Dimensionierung aufweisende Schiene
|
||
des OBO-Bettermann-Katalogs (S. 122), die die Katalogabbildung wie folgt
|
||
zeigt:
|
||
|
||
wie auch für die weiteren von der Klägerin genannten Dokumente, die von der
|
||
Lösung des Streitpatents insgesamt weiter ab liegen.
|
||
14
|
||
|
||
b) Mit Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags I werden auch
|
||
die mit diesem Patentanspruch verteidigten, weitere Ausgestaltungen darstellenden Patentansprüche 2 bis 6 durch die Schutzfähigkeit dieses Patentanspruchs in seiner hilfsweise verteidigten Fassung getragen.
|
||
|
||
- 14 -
|
||
|
||
15
|
||
|
||
III. Die Kostenentscheidung, die auch die Entscheidung über die bereits
|
||
als unzulässig verworfene Anschlussberufung erfasst, beruht auf § 121 Abs. 2
|
||
Satz 2 PatG i.V.m. §§ 91, 92, 97 ZPO. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass
|
||
über die Anschlussberufung nicht mündlich verhandelt worden ist. Er hat im
|
||
Rahmen der für die Entscheidung gegebenenfalls heranzuziehenden Billigkeitsgesichtspunkte (§ 121 Abs. 2 Satz 2 PatG) weiter berücksichtigt, dass sich
|
||
die Zurückweisung der Anschlussberufung auf den Verletzungsstreit nicht ausgewirkt haben dürfte; soweit dies der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in vollem Umfang entsprechen sollte (Beschl. des früheren
|
||
I. Zivilsenats vom 11.10.1956 - I ZR 28/55, GRUR 1957, 79), könnte er an dieser nicht festhalten. Schließlich hat er berücksichtigt, dass sich sein Ergebnis
|
||
|
||
- 15 -
|
||
|
||
gegenüber dem Ergebnis, das das Bundespatentgericht gefunden hat, eher als
|
||
korrigierende Verdeutlichung als als eine substantielle Abweichung darstellt. All
|
||
dies lässt eine von der Entscheidung erster Instanz abweichende Kostenentscheidung nicht als veranlasst erscheinen.
|
||
|
||
Melullis
|
||
|
||
Keukenschrijver
|
||
Meier-Beck
|
||
|
||
Mühlens
|
||
Gröning
|
||
|
||
Vorinstanz:
|
||
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 28.09.2004 - 3 Ni 50/02 -
|
||
|
||
|