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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 109/14
Verkündet am:
25. März 2015
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin
Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats
des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6. März
2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. April
2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil
der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, versorgte die Beklagte, eine aus den Eigentümern von 24 privat genutzten Wohneinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft, auf der Grundlage eines am
27./30. Juni 1995 mit der Rechtsvorgängerin der Muttergesellschaft der Klägerin geschlossenen, durch eine Zusatzvereinbarung vom 8./9. November 2000
geänderten Sondervertrags leitungsgebunden mit Erdgas. Bei Abschluss des
-3-
Vertrages und der Zusatzvereinbarung war die Beklagte durch eine gewerbliche
Hausverwaltungsgesellschaft vertreten.
2
Der Gaslieferungsvertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:
"§ 4 Preise und Preisänderungen
[1] Für die Bereithaltung und Lieferung des Erdgases zahlt der Kunde einen Jahresleistungspreis und einen Arbeitspreis.
[…]
[3] Der Basis-Arbeitspreis (AP0) beträgt ab 20 Wohneinheiten für Raumheizung
mit Warmwasserbereitung
3,00 Pf/kWh
ohne Warmwasserbereitung
3,10 Pf/kWh
Der jeweilige AP0 erhöht sich um die jeweils geltende
Mineralölsteuer gemäß § 8 Absatz 2 Nr. 3a aa) Mineralölsteuergesetz (Erdgassteuer) Stand 01.07.1991
Preisabschlag, zur Zeit
0,36 Pf/kWh
0,16 Pf/kWh
H. [= Rechtsvorgängerin der Muttergesellschaft der Klägerin] behält
sich das Recht vor, den Preisabschlag ohne Angabe von Gründen zu
widerrufen. Die Regelung des Preisabschlages kommt nicht mehr zur
Anwendung, wenn die Erdgassteuer entfallen oder reduziert werden
sollte.
Der Arbeitspreis (AP1) ändert sich wie folgt:
AP1 = AP0 + 0,09133 (HEL - 34,42 DM/hl)
In der Änderungsklausel bedeuten:
HEL
=
Preis leichtes Heizöl, veröffentlicht vom Statistischen
Bundesamt in der Fachserie 17, Reihe 2; Preise
und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise); 3 Erzeugerpreise ausgewählter gewerblicher Produkte; Warenbezeichnung leichtes Heizöl
in DM/hl bei Lieferung in TKW an Verbraucher, 4050 hl pro Auftrag (einschließlich Mineralölsteuer und
EBV), frei Verbraucher, für den Berichtsort Hamburg.
[4] Etwaige Änderungen der Preise nach […] [3] werden jeweils zum und
mit Wirkung ab 1. Oktober eines Jahres vorgenommen.
-4-
Als Folgewert gilt:
der Durchschnitt aus den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten
Werten für das 2. Halbjahr des vorhergegangenen Kalenderjahres sowie
der Durchschnitt aus den veröffentlichten Werten für das 1. Halbjahr des
laufenden Kalenderjahres.
[…]
[6] Bei Vertragsbeginn gelten die Folgewerte der letzten vorhergehenden
Preisüberprüfung.
[…]"
3
Die Zusatzvereinbarung der Parteien enthält unter anderem folgende
Regelung:
"1. Der in § 4 [3] genannte Preisabschlag beträgt ab 01.10.2000 0,46 Pf/kWh
… [H. ] behält sich das Recht vor, diese Preisabschlagsregelung anzupassen, wenn der Steuersatz für Erdgas (zzt. 0,68 Pf/kWh) entfallen oder
reduziert werden sollte.
[2.] Der § 4 [4] erhält ab 01.04.2001 folgende Fassung:
Etwaige Änderungen der Preise nach […] [3] werden halbjährlich vorgenommen. Die Änderungszeitpunkte sind jeweils der 1. April und 1. Oktober. Der sich ergebende Preis wird vom jeweiligen Änderungszeitpunkt ab
berechnet. Als Folgewert für HL werden zugrunde gelegt
bei Preisänderungen zum 1. April
Durchschnittspreis leichtes Heizöl aus den veröffentlichten Werten für das
2. Halbjahr des vorhergegangenen Kalenderjahres.
bei Preisänderungen zum 1. Oktober
Durchschnittspreis leichtes Heizöl aus den veröffentlichten Werten für das
1. Halbjahr des laufenden Kalenderjahres.
[…]
Alle übrigen Bestimmungen des Erdgaslieferungsvertrages gelten unverändert weiter."
-5-
4
Die Klägerin legte den Abrechnungen ihrer Gaslieferungen jeweils den
auf der Grundlage von § 4 des Gaslieferungsvertrags und der Zusatzvereinbarung errechneten Arbeits- und Jahresleistungspreis zugrunde. Die Beklagte
glich die Abrechnungen aus und widersprach den Preiserhöhungen der Klägerin erstmals mit Schreiben vom 29. September 2004, indem sie unter anderem
die mangelnde Billigkeit der Preiserhöhungen rügte und ankündigte, Zahlungen
künftig nur unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu leisten. Mit Schreiben vom 23. Januar 2006, 8. Februar 2007, 6. Februar 2008,
11. September 2009 und 7. Januar 2010 widersprach die Beklagte auch späteren Preiserhöhungen. Sie beglich die Abrechnungen der Klägerin seither lediglich auf der Grundlage des vor dem 1. Oktober 2004 geltenden Arbeitspreises
(2,8561 ct/kWh) und Jahresleistungspreises (3,25 €/kWh/h).
5
Das Vertragsvertragsverhältnis endete zum 30. September 2009 aufgrund einer Kündigung der Klägerin.
6
Die Beklagte hält die Preisanpassungsregelung für unwirksam.
7
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin eine Restzahlung von 79.765,50 €
nebst Zinsen für Ihre Gaslieferungen im Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum
30. September 2009. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während des
Berufungsverfahrens hat die Beklagte hilfsweise - für den Fall der Zurückweisung der von der Klägerin eingelegten Berufung - Widerklage auf Rückzahlung
vermeintlich überzahlter Gasentgelte erhoben, die sie auf der Grundlage der
vertraglich vereinbarten Basispreise und unter Berücksichtigung der teilweise
eingetretenen Verjährung mit 30.540,75 € beziffert.
8
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage bis
auf eine Herabsetzung der Zinshöhe von 8 % auf 5 % stattgegeben. Mit ihrer
-6-
vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung
des erstinstanzlichen Urteils und verfolgt ihr Hilfswiderklagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
9
Die Revision hat Erfolg.
I.
10
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
11
Der Klägerin stehe gemäß § 433 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem
Sondervertrag für Erdgaslieferung und § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG für den Zeitraum 1. April 2004 bis 30. September 2009 noch ein restlicher Kaufpreisanspruch in Höhe von 79.765,50 € zu.
12
Die Regelung in § 4 des Sondervertrags sei unter Berücksichtigung der
vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08 (NJW
2010, 2793) aufgestellten Grundsätze nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB
wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.
13
Die Klausel sei auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen einer
unangemessenen Benachteiligung der Beklagten unwirksam. Anders als vom
Landgericht angenommen, komme eine Überprüfung der Klausel gemäß § 307
Abs. 1 Satz 1 BGB nicht in Betracht, da die Klausel gemäß § 307 Abs. 3 BGB
als Preishauptabrede von einer Inhaltskontrolle ausgenommen sei.
14
Die Klausel sei auch nicht als Preisbestimmung deshalb unwirksam, weil
der Arbeitspreis an die Preisentwicklung für leichtes Heizöl geknüpft werde. In-
-7-
soweit könne nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Wirksamkeit entsprechender Klauseln bei der Anwendung der Inhaltskontrolle nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückgegriffen werden. Es sei gerade das Wesen
der Vertragsautonomie, dass an die Vereinbarung eines Preises andere Anforderungen als an Klauseln zu stellen seien, die der AGB-Kontrolle unterlägen.
Die Klausel könne daher nur gemäß § 138 BGB unwirksam sein, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestünden.
15
Der Zinsausspruch folge aus § 291 BGB in Verbindung mit § 696 Abs. 3
ZPO, jedoch nur in der Höhe gemäß § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte sei Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB. Dies habe bereits das Landgericht überzeugend festgestellt. Der Bundesgerichtshof habe durch Beschluss vom 2. Juni
2005 die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bejaht
(BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154). Es sei überzeugend, entsprechend der Einstufung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
im Falle des Zusammenschlusses zu privaten Zwecken (BGH, Urteil vom 23.
Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80) auch im Falle einer privaten Wohnungseigentümergemeinschaft die Verbrauchereigenschaft weiter anzunehmen. Die einzelnen Wohnungseigentümer würden nicht durch ihren Zusammenschluss oder durch die Wahl einer professionellen Verwaltung gewerblich
tätig. Sie seien auch nicht weniger schutzbedürftig. Es sei nicht ersichtlich, dass
vorliegend überwiegend eine gewerbliche Tätigkeit in Form des Haltens der
Immobilie gegeben sei.
16
Da die Berufung nicht zurückgewiesen worden sei, sei über die nur für
diesen Fall erhobene Widerklage nicht zu entscheiden.
-8-
II.
17
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden
Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann
der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch gemäß § 433 Abs. 2 BGB auf
Zahlung restlichen Entgelts für die im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten
Erdgaslieferungen nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision mit Recht rügt, verkannt, dass die Regelung in § 4 Abs. 3 des Sondervertrags, auf deren Grundlage die Klägerin die Gaslieferungen gegenüber der Beklagten abgerechnet hat, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, soweit sie auch künftige Preisänderungen betrifft.
18
1. Bei den Bestimmungen in § 4 des Sondervertrags handelt es sich
nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revisionserwiderung nicht angegriffenen Feststellungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.
19
2. Die für die streitgegenständliche Gasabrechnung relevanten Vertragsbestimmungen genügen, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt
hat, den Anforderungen des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3
Satz 2 BGB). Dies gilt insbesondere für die in § 4 Abs. 3 des Sondervertrags
enthaltene Berechnungsformel und die sie erläuternden und modifizierenden
Regelungen innerhalb des Sondervertrags sowie der Zusatzvereinbarung. Denn
ihr Regelungsgehalt, also die Art und Weise der erstmaligen Berechnung sowie
der Änderung des Arbeitspreises, ist aus sich heraus klar und verständlich (vgl.
Senatsurteil vom heutigen Tage, VIII ZR 243/13, zur Veröffentlichung in BGHZ
bestimmt, unter II 2, sowie Senatsurteile vom 17. September 2014 - VIII ZR
258/13, NJW 2014, 3508 Rn. 16; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ
-9-
201, 230 Rn. 13, und VIII ZR 116/13, VersorgW 2014, 212 Rn. 16 f.; jeweils zu
vergleichbaren Preisanpassungsklauseln).
20
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt die in § 4
Abs. 3 des Sondervertrags enthaltene Berechnungsformel, soweit sie künftige
Veränderungen des bei Vertragsbeginn geltenden Arbeitspreises zum Gegenstand hat, aber einer über das Transparenzgebot hinausgehenden Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie ist insoweit nicht gemäß § 307
Abs. 3 Satz 1 BGB einer weiter gehenden Inhaltskontrolle entzogen.
21
Denn wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat,
handelt es sich bei derartigen Bestimmungen hinsichtlich künftiger Preisänderungen um kontrollfähige Preisnebenabreden und nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, um die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht kontrollfähige
Preishauptabrede (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO
Rn. 14 ff., und VIII ZR 116/13, aaO Rn. 18 ff.; vom 17. September 2014
- VIII ZR 258/13, aaO Rn. 17 ff., sowie Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR
243/13, aaO unter II 3; jeweils mwN).
22
4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus
anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Denn die in § 4 Abs. 3 des Sondervertrags enthaltene Berechnungsformel hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 307
Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit sie dieser nach den vorstehend genannten Maßstäben unterliegt, nicht stand, da sie die Beklagte unangemessen benachteiligt.
23
a) Für Gaslieferungsverträge mit Verbrauchern hat der Senat entschieden, dass Spannungsklauseln der vorliegenden Art, nach denen sich der Arbeitspreis für Gas entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert,
wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sind (Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 Rn. 25, 32, 36 ff.,
- 10 -
und VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 Rn. 32, 36 ff.). Ein berechtigtes Interesse
an der Verwendung derartiger Spannungsklauseln gegenüber Verbrauchern hat
der Senat in diesen Entscheidungen nur anerkannt, wenn sie gewährleisten,
dass der geschuldete Preis mit dem jeweiligen Marktpreis für die zu erbringende Leistung übereinstimmt und es sich damit um eine Bezugsgröße handelt, die
den Gegebenheiten des konkreten Geschäfts nahe kommt und deshalb für beide Vertragsparteien akzeptabel sein kann (Senatsurteile vom 24. März 2010
- VIII ZR 178/08, aaO Rn. 30, und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 38). Diese Voraussetzungen hat der Senat bei einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel in einem
Verbrauchervertrag verneint, weil die erforderliche Prognose, dass sich der
Marktpreis für die geschuldete Leistung typischerweise ähnlich wie der Marktpreis für das Referenzgut entwickelt, bereits daran scheitert, dass ein - durch
eine Spannungsklausel zu wahrender - Marktpreis für Gas damals nicht feststellbar war (Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 31,
und VIII ZR 304/08, aaO Rn. 39; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO
Rn. 40).
24
Diese Rechtsprechung ist, wie der Senat inzwischen entschieden hat, allerdings nicht auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr übertragbar. Dort
hält eine Preisanpassungsklausel in einem Erdgassondervertrag, nach der sich
der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der vertraglich definierten Preisentwicklung für
Heizöl ändert, der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand (Senatsurteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 41 ff., und VIII ZR
116/13, aaO Rn. 39; vgl. Kühne, NJW 2014, 2714).
25
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze hält die in § 4 Abs. 3 des Sondervertrags enthaltene Preisregelung im Streitfall einer Inhaltskontrolle, soweit
sie ihr unterliegt, nicht stand. Denn für eine gemäß § 310 Abs. 1 BGB gebotene
- 11 -
Berücksichtigung der im unternehmerischen Geschäftsverkehr geltenden Besonderheiten ist vorliegend kein Raum, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts es sich bei sämtlichen Mitgliedern der Beklagten um natürliche
Personen handelt, die das Wohnungseigentum zu rein privaten Zwecken halten. Die Beklagte ist mithin im Rahmen des § 13 BGB einer natürlichen, private
Zwecke verfolgenden Person gleichzustellen und deshalb nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB, sondern als Verbraucher im Sinne des § 13
BGB anzusehen.
26
aa) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur ist allerdings umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen Wohnungseigentümergemeinschaften als Verbraucher oder Unternehmer anzusehen sind (zum
Meinungsstand Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 243/13, aaO unter
II 4 b bb mwN).
27
bb) Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage (VIII ZR 243/13,
aaO unter 4 b cc mwN) näher ausgeführt hat, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft für sich genommen zwar weder eine natürliche noch eine juristische
Person und unterfällt deshalb bei einer allein auf den Gesetzeswortlaut gestützten Auslegung keiner der in §§ 13, 14 BGB enthaltenen Definitionen. Sie ist
aber regelmäßig einem Verbraucher gleichzustellen, wenn ihr wenigstens ein
Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt,
der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit
dient. Hiervon ist - wie im Streitfall - bei einem zur Deckung des eigenen Bedarfs abgeschlossenen formularmäßigen Energielieferungsvertrages regelmäßig auszugehen.
28
cc) Hiernach ist die Beklagte im Hinblick auf den Abschluss des streitgegenständlichen Gaslieferungsvertrags als Verbraucherin zu behandeln und fin-
- 12 -
den die nach § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB für den unternehmerischen Geschäftsverkehr entwickelten Maßstäbe für die Inhaltskontrolle einer Preisanpassungsklausel, bei der sich der Arbeitspreis ausschließlich in Abhängigkeit von der
Preisentwicklung für Heizöl ändert, keine Anwendung. Denn nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts setzt
sich die Beklagte ausschließlich aus natürlichen Personen zusammen, die das
Wohneigentum zu rein privaten Zwecken halten. Der streitgegenständliche
Gaslieferungsvertrag diente allein der Bewirtschaftung der Heizzentrale und
damit der Versorgung der in der Wohnungseigentümergemeinschaft zusammengefassten Privatwohnungen. Gegen diese Feststellungen bringt die Revisionserwiderung nichts vor und ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
29
dd) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine andere
Beurteilung auch nicht deshalb geboten, weil die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei Abschluss des Gaslieferungsvertrags sowie
der Zusatzvereinbarung durch eine gewerblich handelnde Hausverwaltungsgesellschaft vertreten war. Denn für die Abgrenzung von unternehmerischem und
privatem Handeln im Sinne der §§ 13, 14 BGB kommt es im Falle einer Stellvertretung grundsätzlich auf die Person des Vertretenen - hier der Beklagten - an.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine verbraucherschützende Norm gerade
an die Umstände des Vertragsschlusses anknüpft, also einen situativen Übereilungsschutz gewährleistet, den der Gesetzgeber aufgrund der mit der Verhandlungssituation verbundenen Gefahr einer unzulässigen oder unangemessenen
Beeinflussung für erforderlich gehalten hat (Senatsurteil vom heutigen Tage
- VIII ZR 243/13, aaO unter II 4 b ee mwN). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
30
c) Nach alledem ist die Berechnungsformel in § 4 Abs. 3 des Sondervertrags gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, soweit sie nicht den bei Ver-
- 13 -
tragsbeginn geltenden Arbeitspreis betrifft, sondern die während der Vertragsdauer eintretenden periodischen Preisanpassungen regelt.
31
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung aus den im Senatsurteil vom heutigen Tage (VIII ZR 243/13, aaO unter
II 4 b ff (1) mwN) im Einzelnen ausgeführten Gründen auch nicht daraus, dass
bei einem Verbrauchervertrag, von dessen Vorliegen hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist, bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind (§ 310 Abs. 3
Nr. 3 BGB).
32
Da die Berechnungsformel bereits aus dem eingangs genannten Grund
unwirksam ist, kommt es auf die von der Beklagten geltend gemachten weiteren
Unwirksamkeitsgründe nicht an.
33
5. Ob und in welcher Höhe der Klägerin dennoch ein Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung zusteht, hängt von dem für die streitgegenständlichen
Gaslieferungen geschuldeten Preis ab. Nach der gefestigten Rechtsprechung
des Senats kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, wenn sich
die mit dem Wegfall einer unwirksamen Preisänderungsklausel entstehende
Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem
Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer
Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten
des Kunden verschiebt. Eine solche nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges ist dann anzunehmen, wenn es sich um ein langjähriges Energieversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und
den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum
nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitab-
- 14 -
schnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht (Senatsurteile
vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 23, und VIII ZR 93/11,
ZNER 2012, 265 Rn. 28; vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877
Rn. 20).
34
Unter diesen Voraussetzungen kann - sowohl im Falle der Rückforderung als auch im Falle der Restforderung von Entgelt für Energielieferungen
(Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 93/11, aaO Rn. 29) - die durch den
Wegfall der unwirksamen Preisänderungsklausel entstehende Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise geschlossen werden, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen,
die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht
geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei
Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (Senatsurteile vom
14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 21 ff.; und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 26
ff.; vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 Rn. 23, und VIII ZR
52/12, EnWZ 2013, 225 Rn. 21 ff.; vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ
198, 111 Rn. 64).
35
Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu dem - für die Begründetheit der Klage und der Hilfswiderklage relevanten - Zeitpunkt des Zugangs der jeweiligen Jahresabrechnungen sowie des
erstmals mit Schreiben vom 29. September 2004 erklärten Widerspruchs der
Beklagten gegen die Preiserhöhungen getroffen.
- 15 -
III.
36
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist; es ist daher insoweit
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur
Endentscheidung reif ist, im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum Zugang der
Jahresabrechnungen und dem Zeitpunkt der erstmaligen Beanstandung der
Preiserhöhungen durch die Beklagte getroffen werden können (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).
37
Vorsorglich weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass
von einem Widerspruch gegen die Preiserhöhung auch dann auszugehen ist,
wenn der Kunde sich nur gegen die Billigkeit der Preiserhöhung wendet. Auf die
tatsächlichen oder von dem Versorgungsunternehmen vermuteten Gründe für
- 16 -
den Widerspruch kommt es nicht an (Senatsurteile vom 22. Februar 2012
- VIII ZR 34/11, WM 2012, 2061 Rn. 31; vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 80/13,
aaO Rn. 22; jeweils mwN).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Schneider
Dr. Achilles
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2011 - 316 O 89/09 OLG Hamburg, Entscheidung vom 06.03.2014 - 5 U 108/11 -