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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
LwZR 6/00
Verkündet am:
27. April 2001
Kanik
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
-----------------------------------
BGB § 591 b Abs. 1
§ 591 b Abs. 1 BGB findet auf Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung des Verpächters keine Anwendung.
BGH, Urt. v. 27. April 2001- LwZR 6/00 - OLG Celle
AG Langen
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein sowie die ehrenamtlichen Richter Dahm und Schroth
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des
7. Zivilsenats
- Senat
für
Landwirtschaftssachen -
des
Oberlandesgerichts Celle vom 3. Februar 2000 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der
Beklagten zu 2 entschieden worden ist.
In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur anderweiten
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten sind miteinander verheiratet. Der Beklagte zu 1 pachtete
durch Verträge vom 13. Juni 1975 und 1. Juli 1981 von der Klägerin landwirtschaftliche Nutzflächen (im folgenden: Pachtgrundstücke). Diese nutzte er neben anderen Pachtflächen und den zu dem Hof der Beklagten zu 2 gehörenden
-3-
Grundstücken zur Milchwirtschaft. Er erhielt auch die Milchreferenzmenge zugeteilt.
Am 15. August 1991 beantragte er die Bewilligung einer Milchaufgabevergütung. Die Vergütung wurde unter Einbeziehung der Pachtgrundstücke
festgesetzt. Das hat zur Folge, daß die Pachtgrundstücke wirtschaftlich nicht
mehr zur Milcherzeugung genutzt werden können.
Die auf 287.085 DM festgesetzte Vergütung wurde am 27. Februar 1992
dem Beklagten zu 1 ausgezahlt. 100.000 DM hiervon überweis er am 3. März
1992 an die Beklagte zu 2. Die Pachtverträge zwischen der Klägerin und dem
Beklagten zu 1 wurden beendet. Am 5. März 1993 erhielt die Klägerin den Besitz an den Pachtgrundstücken zurück. Sie hat zunächst den Beklagten zu 1
auf Zahlung von 54.651,37 DM Schadenersatz in Anspruch genommen. Das
Landwirtschaftsgericht hat der Klage in Höhe von 34.976,88 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Das Urteil des Landwirtschaftsgerichts haben die Klägerin
und der Beklagte zu 1 angefochten. Die Vollstreckung aus dem Urteil des
Landwirtschaftsgerichts gegen den Beklagten zu 1 verlief erfolglos. Durch
Schriftsatz vom 23. Dezember 1998 hat die Klägerin die Klage auf die Beklagte
zu 2 erstreckt und die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur
Zahlung von 94.995,52 DM beantragt. Das Oberlandesgericht hat der Klage
gegenüber dem Beklagten zu 1 in Höhe weiterer 48.983,64 DM stattgegeben,
seine Berufung gegen das Urteil des Landwirtschaftsgerichts zurückgewiesen
und die Beklagte zu 2 verurteilt, als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten
an die Klägerin 83.960,52 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Mit der Revision
erstrebt die Beklagte zu 2 die Abweisung der gegen sie gerichteten Klage.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Erweiterung der Klage auf die Beklagte
zu 2 für zulässig und den geltend gemachten Anspruch auch ihr gegenüber im
wesentlichen für begründet. Es führt aus, die Beantragung einer Milchaufgabevergütung unter Einbeziehung der Pachtgrundstücke bedeute eine Verletzung
der Pflichten des Beklagten zu 1 aus dem Pachtvertrag und eine Schädigung
des Eigentums der Klägerin an den Grundstücken. Insoweit habe die Beklagte
zu 2 gemeinschaftlich mit dem Beklagten zu 1 gehandelt. Sie sei der Klägerin
daher nach §§ 823 Abs. 1, 830, 840 BGB gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 1 zum Ersatz verpflichtet. Die von der Beklagten zu 2 erhobene Einrede der Verjährung sei nicht begründet. Die Verjährungsfrist sei ihr gegenüber
nach § 852 BGB zu bestimmen und bei Erstreckung der Klage nicht abgelaufen
gewesen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.
II.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Zulässigkeit der Klageerweiterung auf die Beklagte zu 2 im Berufungsverfahren. Die
Einbeziehung eines weiteren Beklagten im Berufungsverfahren verkürzt den
Rechtsstreit diesem gegenüber um eine Instanz. Sie ist daher nur zulässig,
wenn er der Erstreckung der Klage zustimmt oder die Verweigerung seiner Zustimmung rechtsmißbräuchlich ist (st. Rspr., vgl. BGHZ 21, 285, 287; 65, 264,
-5-
268; BGH, Urt. v. 26. April 1988, VI ZR 246/86, NJW 1988, 2298, 2299). Die
Verweigerung der Zustimmung ist rechtsmißbräuchlich, wenn der mit der Erweiterung der Klage verbundene Verlust nicht zu einer beachtlichen Schlechterstellung des neuen Beklagten führt. So ist es, wenn die Klage im ersten
Rechtszug gegen den im zweiten Rechtszug in den Rechtsstreit einbezogenen
neuen Beklagten abgewiesen worden wäre (BGH, Urt. v. 4. Oktober 1985,
V ZR 136/84, NJW-RR 1986, 356) oder der Klage gegen die im ersten Rechtszug allein verklagte Partei zwar stattgegeben worden ist, der weitere Beklagte
mit dem vorgetragenen Sachverhalt jedoch vertraut ist und sein tatsächliches
Vorbringen die Grundlage der Inanspruchnahme im ersten Rechtszug allein
verklagten Partei nicht in Frage stellt (BGH, Urt. v. 18. März 1997, XI ZR 34/96,
NJW 1997, 2885, 2886 f).
Nach diesen Grundsätzen ist die Klageerweiterung zulässig. Davon, daß
die Beklagte zu 2 mit der Prozeßführung des Beklagten zu 1 im ersten Rechtszug vertraut ist, ist auszugehen. Die Beklagten sind miteinander verheiratet;
der Beklagte zu 1 hat den Hof der Beklagten zu 2 für die von ihm betriebene
Milchwirtschaft genutzt. Zur Aufgabe der Milchwirtschaft haben sich die Beklagten gemeinsam entschlossen, die vom Beklagten zu 1 hierfür erhaltene
Vergütung ist zu einem großen Teil an die Beklagte zu 2 gelangt. Zum Grund
der Haftung des Beklagten zu 1 macht sie keine Ausführungen, die von denen
des Beklagten zu 1 abweichen und dessen Haftung in Frage stellen könnten.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch die Verjährung des gegen die Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 1 BGB geltend gemachten Anspruchs
verneint. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Möglichkeit
wirtschaftlicher Nutzung der Pachtgrundstücke zur Milchviehhaltung aufgrund
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der Befugnis zur abgabefreien Anlieferung von Milch überhaupt um eine Eigenschaft der Grundstücke handelt, deren Beeinträchtigung eine Haftung unter
dem Gesichtspunkt der Eigentumsverletzung begründen kann.
a) Die Erwirkung einer Milchaufgabevergütung durch den Pächter bedeutet rechtlich eine Verschlechterung der Pachtsache (Senat, BGHZ 135,
284, 290 f). Ein hieraus resultierender Anspruch des Verpächters verjährt daher in der Frist des § 591 b BGB (Senat, aaO). Denn die Vorschrift erfaßt nicht
nur vertragliche Ansprüche des Verpächters, sondern auch Ansprüche wegen
der Beschädigung des Eigentums an der Pachtsache, soweit sie auf dasselbe
Ziel wie die vertraglichen Ansprüche gerichtet sind (vgl. Protokolle II 194; st.
Rechtspr., vgl. BGHZ 47, 53, 55; 98, 235, 237 f; BGH, Urt. v. 8. Januar 1986,
VIII ZR 134/84, NJW 1986, 1608; Urt. v. 1. Dezember 1991, XII ZR 169/90,
NJW 1992, 1821; Urt. v. 17. Juni 1993, IX ZR 206/92, NJW 1993, 2797, 2798).
Soweit ein Dritter neben dem Pächter dem Verpächter wegen der Schädigung der Pachtsache ersatzpflichtig ist, findet § 591 b BGB auch auf die
Verjährung gegen ihn gerichteter Ansprüche Anwendung, sofern der Dritte in
den Schutzbereich des Pachtvertrages einbezogen ist (st. Rechtspr., vgl.
BGHZ 71, 175, 178; Urt. v. 16. März 1994, XII ZR 245/92, NJW 1994, 1788 f;
MünchKomm-BGB/Voelskow, 3. Aufl., § 558 Rdn. 16; Soergel/Heintzmann,
BGB, 12. Aufl. § 558 Rdn. 9; Staudinger/Emmerich, BGB [1994], § 558
Rdn. 23). So verhält es sich mit der Beklagten zu 2. Als Ehefrau des Beklagten
zu 1 ist sie in den Schutzbereich der Pachtverträge zwischen der Klägerin und
dem Beklagten zu 1 mit einbezogen. Da die Pachtgrundstücke am 5. März
1993 der Klägerin zurückgegeben worden sind, sind die gegen die Beklagte
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zu 2 im Jahre 1998 rechtshängig gemachten Ansprüche wegen einer Verletzung des Eigentums an den Grundstücken verjährt.
b) Anders verhält es sich dagegen bei einem Anspruch aus vorsätzlicher
sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB). Auf einen solchen Anspruch gegen
den Pächter oder einen in den Schutzbereich des Pachtvertrages einbezogenen Dritten findet § 591 b BGB keine Anwendung (offen gelassen in BGH, Urt.
v. 17. Juni 1993, IX ZR 206/92, NJW 1993, 2797, 2798). Zweck der in §§ 558,
591 b BGB bestimmten kurzen Verjährungsfrist ist es zu gewährleisten, daß die
Parteien eines Gebrauchsüberlassungsvertrages sich nach der Beendigung
des Vertragsverhältnisses rasch auseinandersetzen. Insbesondere die Ansprüche wegen des Zustandes der überlassenen Sache bei ihrer Rückgabe sollen
beschleunigt geklärt werden (vgl. Protokolle II 117, 194; BGHZ 47, 53, 56; 86,
71, 78; 98, 235, 237). Dieser Zweck gebietet es nicht, die Vorschriften auch auf
die Ansprüche des Verpächters aus § 826 BGB anzuwenden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl. § 558 Rdn. 7; Soergel/Heintzmann, § 558 BGB Rdn. 3;
Bub/Treier/Gramlich, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl.,
VI Rdn. 16; zweifelnd Erman/Jendrek, BGB, 10. Aufl., § 558 Rdn. 4). Denn
Haftungsgrund ist hier nicht die Beschädigung der Pachtsache, sondern die
vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Verpächters. An welchem Rechtsgut
der Schaden eingetreten ist, ist für die Ersatzpflicht ohne Bedeutung. Für die
Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB muß es daher bei der Regelung von
§ 852 BGB verbleiben (vgl. MünchKomm-BGB/Stein, § 852 Rdn. 41).
Die Verjährung eines solchen Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 wäre hier nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des
-8-
Berufungsgerichts durch die Erstreckung der Klage auf die Beklagte zu 2
rechtzeitig unterbrochen worden.
3. Der Rechtstreit ist zur abschließenden Entscheidung durch den Senat
nicht reif. Das Berufungsgericht wird die von der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2 unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung erhobenen Vorwürfe zu klären haben.
Wenzel
Krüger
Klein