154 lines
No EOL
8.4 KiB
Text
154 lines
No EOL
8.4 KiB
Text
BUNDESGERICHTSHOF
|
||
IM NAMEN DES VOLKES
|
||
URTEIL
|
||
II ZR 231/98
|
||
|
||
Verkündet am:
|
||
21. Februar 2000
|
||
Vondrasek
|
||
Justizangestellte
|
||
als Urkundsbeamtin
|
||
der Geschäftsstelle
|
||
in dem Rechtsstreit
|
||
|
||
Nachschlagewerk:
|
||
BGHZ:
|
||
|
||
ja
|
||
nein
|
||
|
||
ZPO § 240; KO § 146 Abs. 3
|
||
|
||
-2-
|
||
|
||
Zur Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Sachurteilsvoraussetzungen der
|
||
Konkursfeststellungsklage, wenn er einen durch Eröffnung des Konkursverfahrens
|
||
unterbrochenen Rechtsstreit gegen den Konkursverwalter des Schuldners aufnimmt.
|
||
|
||
BGH, Urteil vom 21. Februar 2000 - II ZR 231/98 - OLG München
|
||
LG München I
|
||
|
||
-3-
|
||
|
||
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
|
||
vom 21. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
|
||
Richter Prof. Dr. Henze, Dr. Kurzwelly, Kraemer und die Richterin Münke
|
||
für Recht erkannt:
|
||
|
||
I.
|
||
|
||
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des
|
||
19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom
|
||
30. April 1998 teilweise im Kostenpunkt - Gerichtskosten
|
||
und außergerichtliche Kosten des Beklagten sowie der
|
||
unter den nachfolgenden Nummern aufgeführten Kläger und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Feststellung
|
||
der Forderungen der Kläger zu 7, 45, 46, 53, 74, 85, 93,
|
||
110, 144 und 145 zur Konkurstabelle verurteilt worden ist.
|
||
|
||
II.
|
||
|
||
Im Hinblick auf die vorbezeichneten Kläger wird das Verfahren vor dem Berufungsgericht seit dem 5. Juli 1995 aufgehoben und das unterbrochene Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
|
||
|
||
III.
|
||
|
||
Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte die Kosten der Kläger, mit Ausnahme der oben unter
|
||
I. aufgezählten, die Kosten des Streithelfers, 62 % der Gerichtskosten und 69 % seiner eigenen außergerichtlichen
|
||
Kosten. Die Kläger zu 7, 45, 46, 53, 74, 85, 93, 110, 144
|
||
und 145 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die
|
||
weiteren 38 % der Gerichtskosten tragen die Kläger zu 7
|
||
|
||
-4-
|
||
|
||
(6,8 %), zu 45 (2 %), zu 46 (2 %), zu 53 (1,3 %), zu 74
|
||
(14 %), zu 85 gesamtschuldnerisch (2 %), zu 93 gesamtschuldnerisch (3,3 %), zu 110 (4 %), zu 144 (1,3 %) und zu
|
||
145 (1,3 %). Die weiteren 31 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger zu 7 (5,5 %), zu 45
|
||
(1,7 %), zu 46 (1,7 %), zu 53 (1,1 %), zu 74 (11 %), zu 85
|
||
gesamtschuldnerisch (1,7 %), zu 93 gesamtschuldnerisch
|
||
(2,8 %), zu 110 (3,3 %), zu 144 (1,1 %) und zu 145 (1,1 %).
|
||
|
||
Von Rechts wegen
|
||
|
||
Tatbestand:
|
||
Die noch verbliebenen 76 Kläger (von ursprünglich mehr als 160) haben
|
||
vom beklagten Konkursverwalter der M. AG (Gemeinschuldnerin) die Feststellung der von ihnen verfolgten Ansprüche auf Rückzahlung ihrer als stille Gesellschafter an die Gemeinschuldnerin gezahlten Einlagen zur Konkurstabelle
|
||
begehrt. Das Landgericht hat die zunächst auf Zahlung lautenden und gegen
|
||
die Gemeinschuldnerin gerichteten Hauptanträge der Kläger abgewiesen, die
|
||
Gemeinschuldnerin aber auf die Hilfsanträge hin durch Teilurteil zur Erstellung
|
||
einer Auseinandersetzungsbilanz verurteilt. Die Kläger haben gegen die Abweisung der Hauptanträge Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens – am 7. Juli 1995 – wurde das Anschlußkonkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet. Nachdem die Kläger das Verfahren
|
||
gegen den Beklagten wieder aufgenommen haben, hat das Oberlandesgericht
|
||
den auf Feststellung der Rückzahlungsforderungen zur Konkurstabelle umge-
|
||
|
||
-5-
|
||
|
||
stellten Hauptanträgen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision des
|
||
Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Der
|
||
erkennende Senat hat die Revision lediglich im Hinblick auf die im Urteilstenor
|
||
aufgeführten, nicht aber hinsichtlich der übrigen 64 Kläger zur Entscheidung
|
||
angenommen.
|
||
|
||
Entscheidungsgründe:
|
||
Im Umfang der Annahme hat die Revision Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die im Urteilstenor bezeichneten Kläger haben das in der Berufungsinstanz gemäß § 240 ZPO unterbrochene Verfahren nicht in der durch das Gesetz gebotenen Weise aufgenommen.
|
||
1. Die Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits in Form einer Konkursfeststellungsklage gemäß § 146 Abs. 3 KO ist nur unter der Voraussetzung
|
||
statthaft, daß die Klageforderung im Konkursverfahren angemeldet, geprüft und
|
||
bestritten worden ist (BGH, Urt. v. 26. Juni 1953 - V ZR 71/52, LM § 146 KO Nr.
|
||
1; Urt. v. 15. Oktober 1953 – IV ZR 31/53, LM § 61 KO Nr. 2, 3; Urt. v.
|
||
8. November 1961 – VIII ZR 149/60, NJW 1962, 153, 154; Jaeger/Weber, Konkursordnung 8. Aufl. § 146 Rdn. 14; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze
|
||
17. Aufl. § 146 KO Anm. 2e; Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung 11. Aufl. § 146
|
||
Rdn. 16e). Die im Urteilstenor bezeichneten Kläger mögen ihre Forderungen
|
||
zwar zur Konkurstabelle angemeldet haben. Die Prüfung ihrer Forderungen
|
||
durch den Beklagten ist jedoch nicht ausreichend dargelegt und nachgewiesen.
|
||
a) Das Berufungsgericht hat zur Frage der ordnungsgemäßen Forderungsanmeldung keine Feststellungen getroffen. Der Beklagte hat erstmals im
|
||
|
||
-6-
|
||
|
||
Revisionsverfahren eine Forderungsanmeldung der vorbezeichneten Kläger in
|
||
Abrede gestellt. Dieser Vortrag ist ungeachtet dessen zu beachten, daß er erst
|
||
in der Revisionsinstanz gebracht wurde. Er betrifft eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung (vgl. BGHZ 85,
|
||
288, 290; 100, 217, 219; Musielak/Ball, ZPO 1999, § 561 Rdn. 8 m.w.N.). Die
|
||
betreffenden Kläger haben nicht ausreichend dargelegt, daß die Voraussetzungen für die Aufnahme des Rechtsstreits ihrerseits vollständig erfüllt sind.
|
||
Zwar hat die Revisionserwiderung anwaltliche Begleitschreiben an das Konkursgericht vom 18. und 25. September 1998 vorgelegt, aus denen eine Forderungsanmeldung auch dieser Kläger hervorgehen soll. Des weiteren hat sie
|
||
mitgeteilt, daß sie davon ausgehe, der Beklagte habe inzwischen auch die
|
||
Forderungen dieser Kläger geprüft und bestritten. Dies reicht jedoch zur Darlegung der Sachurteilsvoraussetzungen einer Konkursfeststellungsklage nicht
|
||
aus. Hierfür sind vielmehr beglaubigte Auszüge aus der Konkurstabelle gemäß
|
||
§ 146 Abs. 1 Satz 2 KO vorzulegen, die dem Anmelder, dessen Forderung bestritten worden ist, vom Konkursgericht von Amts wegen erteilt werden, damit
|
||
die Forderung gerichtlich verfolgt werden kann. Aus welchen Gründen solche
|
||
Auszüge hier nicht vorgelegt wurden, ist dem Vortrag der Revisionserwiderung
|
||
nicht zu entnehmen. Die Vorlage von Auszügen aus der Konkurstabelle kann
|
||
auch nicht durch die Anregung an den Senat ersetzt werden, die Konkursakten
|
||
beizuziehen. Die Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen der Konkursfeststellungsklage von Amts wegen ist nicht mit der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes gleichzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 20. Januar 1989 - V ZR 173/87,
|
||
WM 1989, 834, 836; Musielak/Weth aaO, § 56 Rdn. 2). Auch im Bereich der
|
||
Prozeßvoraussetzungen haben grundsätzlich die Parteien die Zulässigkeitsvoraussetzungen darzutun und die erforderlichen Nachweise zu beschaffen
|
||
(Zöller/
|
||
Vollkommer, ZPO 21. Aufl. § 56 Rdn. 4).
|
||
|
||
-7-
|
||
|
||
b) Eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Aufnahme des
|
||
Rechtsstreits durch die Kläger wird entgegen den Ausführungen der Revisionserwiderung auch nicht dadurch entbehrlich, daß es sich um ein Massenverfahren handelt. Die Anmeldung einer Vielzahl paralleler Einzelforderungen
|
||
und der Umstand, daß der beklagte Konkursverwalter voraussichtlich auch die
|
||
bisher möglicherweise noch nicht angemeldeten Forderungen bestreiten würde, entbinden nicht von der vorherigen Anmeldung und Prüfung der Forderungen. Die Beachtung dieser Erfordernisse dient dem Interesse der Gesamtheit
|
||
der Konkursgläubiger, denen das Prüfungsverfahren die Möglichkeit eröffnen
|
||
soll, sich an der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Begründetheit der
|
||
Forderung zu beteiligen. Aus diesem Grund ist das Erfordernis auch nicht etwa
|
||
durch eine Vereinbarung zwischen Konkursverwalter und Kläger oder durch
|
||
Rügeverzicht des Konkursverwalters abdingbar (BGH, Urt. v. 26. Juni 1953
|
||
aaO, Bl. 45 li. Sp.). Das Interesse der Konkursgläubiger an der Durchführung
|
||
eines ordnungsgemäßen Prüfungsverfahrens vor einer gerichtlichen Entscheidung besteht im Falle eines Massenverfahrens mit einer Vielzahl relativ gleich
|
||
gelagerter Forderungen in gleichem Maße wie bei ”einzigartigen” Forderungen.
|
||
|
||
-8-
|
||
|
||
2. Infolge des Fehlens einer rechtswirksamen Aufnahme befindet sich
|
||
der Rechtsstreit weiterhin im Stadium der Unterbrechung gemäß § 240 ZPO. Er
|
||
ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (BGH, Urt. v. 26. Juni
|
||
1953 aaO).
|
||
|
||
Röhricht
|
||
|
||
Henze
|
||
Kraemer
|
||
|
||
Kurzwelly
|
||
Münke
|
||
|
||
|