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BUNDESGERICHTSHOF
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BESCHLUSS
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3 StR 55/16
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vom
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21. April 2016
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in der Strafsache
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wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a.
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ECLI:DE:BGH:2016:210416B3STR55.16.0
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 21. April
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2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 29. September 2015 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er verurteilt worden ist; jedoch bleiben
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die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten.
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Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
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1
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Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung
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sowie wegen Körperverletzung in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von
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einem Jahr und acht Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem
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psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision
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des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel er-
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sichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne des
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§ 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen leidet der Angeklagte an einem unfallbedingten kortikalen Substanzdefekt, der in Folge einer Inaktivität der betroffenen
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Hirnregion zu einem komplexen Störungsbild geführt hat. So nimmt der Angeklagte auf der kognitiven Ebene Vorgänge verlangsamt und teilweise falsch
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wahr, was eine dauernde Neigung zur Folge hat, Situationen in paranoider Färbung wahrzunehmen. Auch besteht eine affektive Labilität mit Störung der Impulskontrolle.
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Am 8. Januar 2015 würgte er eine Prostituierte, nachdem diese ihn nach
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Erbringung der vereinbarten Leistungen zum Gehen aufgefordert hatte. Außerdem versetzte er ihr schmerzhafte Fußtritte in die Nierenregion. Einen ihr zu
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Hilfe eilenden Sicherheitsmann packte er ebenfalls am Hals und drückte so zu,
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dass dieser Atemnot bekam; außerdem schlug er ihn mehrmals mit der Faust
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gegen Kopf und Körper (Fall II. 2 der Urteilsgründe). Am 23. März 2015 versetzte er einem Nachbarn einen Faustschlag auf die Nase, entfernte sich dann und
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verschaffte sich später Zutritt zu dessen Wohnung, wobei er versuchte, ihn mit
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einem Messer zu verletzen. Nachdem der Nachbar ihn überwältigt hatte und
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auf ihm liegend das Eintreffen der Polizei abwartete, biss der Angeklagte ihn in
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den Oberarm (Fall II. 3 der Urteilsgründe).
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2. Der Schuldspruch kann insgesamt nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat das Vorliegen von - wenn auch erheblich verminderter - Schuldfähigkeit nicht rechtsfehlerfrei begründet.
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a) Nach den Darlegungen des sachverständig beratenen Landgerichts
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lag beim Angeklagten im Hinblick auf die oben beschriebenen hirnorganischen
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Veränderungen, deretwegen er auf - teilweise in paranoider Verkennung der
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Situation erlebte - Zurückweisungen durch sein Umfeld mit Aggression reagiert,
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zum Zeitpunkt der Taten eine krankhafte seelische Störung vor. Diese Erkrankung habe in beiden Fällen zu einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit geführt. Der Angeklagte habe sich jeweils ungerecht behandelt
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gefühlt und den dann "einschießenden Affekt", der sich in den Gewalttaten entladen habe, nicht mehr kontrollieren können.
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b) Bei dieser Sachlage hätte sich das Landgericht mit der Frage der Aufhebung der Schuldfähigkeit befassen müssen. Denn den Ausführungen der
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Strafkammer ist zu entnehmen, dass sie von der Unfähigkeit des Angeklagten
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ausgegangen ist, in den Tatsituationen sein Handeln zu kontrollieren. Dies
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spricht aber dafür, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht nur
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vermindert, sondern aufgehoben war und er deshalb im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) handelte.
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Daher muss der Schuldspruch aufgehoben werden. Die Feststellungen
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zum objektiven Tatgeschehen sind jedoch rechtsfehlerfrei getroffen und können
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aufrechterhalten bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
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Da die zu neuer Verhandlung berufene Strafkammer erneut umfassend
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über die Schuldfähigkeit des Angeklagten wird befinden müssen, kann auch
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der Maßregelausspruch keinen Bestand haben.
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3. Sollte die neue Hauptverhandlung wiederum ergeben, dass die
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Schuldfähigkeit des Angeklagten bei den Taten - eingeschränkt - gegeben war,
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ist darauf hinzuweisen, dass der fakultative vertypte Milderungsgrund des § 21
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StGB bei der Strafrahmenwahl der Erörterung bedarf.
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Becker
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RiBGH Schäfer befindet sich
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im Urlaub und ist daher
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gehindert zu unterschreiben.
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Becker
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Spaniol
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Gericke
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Tiemann
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