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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 327/07
vom
15. August 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
-2-
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2007 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Ravensburg vom 14. März 2006 wird mit der Maßgabe verworfen,
dass
1. die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung entfällt und
2. die Kostenentscheidung dahin abgeändert wird, dass der Angeklagte drei Viertel der Kosten des ersten Revisionsverfahrens zu tragen hat. Die Staatskasse trägt ein Viertel der dem
Angeklagten im ersten Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.
Die Kosten dieses Revisionsverfahrens trägt der Angeklagte zu
einem Drittel. Von den dem Angeklagten hierin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse zwei Drittel.
Gründe:
1
Die Revision des Angeklagten richtet sich vor allem gegen die Anordnung seiner Unterbringung in Sicherungsverwahrung.
-3-
2
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 4. Juli
2007 ausgeführt:
"Das Rechtsmittel hat bereits mit der Sachrüge Erfolg, soweit es sich
gegen die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung richtet.
Nach § 66 Abs. 4 Sätze 3 und 4 StGB bleibt eine frühere Tat bei der
Prüfung der formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf
Jahre verstrichen sind, wobei die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, nicht eingerechnet
wird.
Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich, dass in diesem Sinne Verjährung bezüglich der Tat vom 19. Dezember 1993 eingetreten war, als
der Angeklagte am 19. Oktober 2005 die urteilsgegenständliche Tat beging:
Der Angeklagte befand sich seit dem 21. März 1990 - die Tat vom
19. Dezember 1993 wurde während eines Hafturlaubs begangen (UA S.
8f) - bis zu seiner Entlassung nach Erledigung der Strafvollstreckung
(UA S. 8 vor Buchstabe f) am 24. November 2000 im Freiheitsentzug;
innerhalb dieses Zeitraums war er jedoch 'von Anfang Februar 1999 bis
Ende März 1999 ca. sechs Wochen' flüchtig (UA S. 4, 11, 18; Anm. des
Verf.: Der Angeklagte entwich am 3. Februar 1999 und wurde am
23. März 1999 wieder in Haft genommen - vgl. Vollstreckungsheft 77 Js
3048/94 Bl. 521).
-4-
Zwar liegen zwischen der Entlassung des Angeklagten aus der Strafhaft
am 24. November 2000 und der urteilsgegenständlichen Tat vom 19.
Oktober 2005 weniger als fünf Jahre. Rechnet man indes die Zeit des
Entweichens hinzu, war die Fünfjahresfrist i.S. des § 66 Abs. 4 StGB
bei Begehung der neuen Tat bereits überschritten.
Dies hat die Strafkammer auch nicht übersehen; sie ist jedoch der Auffassung, die Zeit der Flucht sei deshalb nicht auf die Frist des § 66
Abs. 4 StGB anzurechnen, weil es nicht angehe, einen Flüchtigen besser zu stellen als einen Gefangenen, der sich möglicherweise monatelang im Freigang bewährt habe (UA S. 18).
Gegen diese rechtliche Wertung bestehen durchgreifende Bedenken:
Der Vorschrift des § 66 Abs. 4 Satz 4 StGB liegt der Gedanke zugrunde, dass in die Fünf-Jahresfrist die Zeit nicht eingerechnet werden soll,
in der der Täter keine Gelegenheit hat, sich in der Freiheit zu bewähren
(BGH NJW 1969, 1678, 1679). Vollzugslockerungen, die (lediglich) zu
einer Verminderung der Kontrolle über den Gefangenen führen, bedeuten keine Beendigung oder Unterbrechung der Verwahrung in der Anstalt. Wer kontrolliert wird, ist nicht frei (BGHR StGB § 66 Abs. 4 Fristberechnung 2 = BGH NStZ 2005, 265, 266). Demgegenüber befand
sich der Angeklagte während der Fluchtdauer unkontrolliert in Freiheit;
er war nicht 'auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt'. Eine
Einbeziehung dieses Zeitraums in die Zeit der Verwahrung scheidet
somit aus (vgl. BGH NJW 2000, 2830, 2831 - insoweit in BGHSt 46, 81
nicht abgedruckt). Da - anders als im Fall von Vollzugslockerungen - die
während der Fluchtphase vereitelte Strafvollstreckung nachgeholt werden musste (§ 40 StVollstrO), ist der Entlassungszeitpunkt um die Dauer der Entweichung des Angeklagten hinausgeschoben worden. Die
-5-
Auffassung des Landgerichts würde daher zu einer doppelten Berücksichtigung der Fluchtdauer und damit zu einer fiktiven Verlängerung der
tatsächlichen Dauer der amtlichen Verwahrung des Angeklagten führen.
Da die Revision hinsichtlich der Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bereits mit der Sachrüge durchdringt, kommt es
auf die Verfahrensrüge nicht an."
3
Dem tritt der Senat bei.
4
Im Übrigen ist die Revision, die nur noch den Rechtsfolgenausspruch betrifft, unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Nack
Wahl
Kolz
Boetticher
Hebenstreit