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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 89/08
vom
6. April 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1587 Abs. 1 aF, § 1587 a Abs. 2 Nr. 5; VAHRG § 3 b Abs. 1
Auszugleichen im Versorgungsausgleich sind grundsätzlich auch die zur Kreditsicherung einer Baufinanzierung abgetretenen Anrechte aus einer Rentenlebensversicherung mit Kapitalwahlrecht.
BGH, Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 89/08 - OLG Frankfurt am Main in
Darmstadt
AG Bensheim
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2011 durch die Richter Dose, Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 11. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung
- auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das
Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 2.000 €
Gründe:
I.
1
Der am 6. August 1961 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die am 31. Dezember 1962 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) haben am 30. Dezember 2003 miteinander die Ehe geschlossen.
2
Der Ehemann erwarb während der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 152,77 €, die Ehefrau solche in Höhe
von 73,97 €, jeweils monatlich und bezogen auf das Ehezeitende. Der Ehe-
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mann verfügte darüber hinaus über mehrere am 1. Mai 2002 bei der A.
Le-
bensversicherungs AG abgeschlossene Rentenlebensversicherungen mit Kapitalwahlrechten. Die Rechte aus den Versicherungsverträgen waren an die
V.
G.
zur Besicherung einer am 31. Juli 2003 über
die Laufzeit von 23 Jahren abgeschlossenen Baufinanzierung abgetreten, wobei die Darlehenssumme von insgesamt 1.500.000 € nicht laufend getilgt, sondern endfällig in einer Summe unter anderem mit der Ablaufleistung aus den
hier streitigen Lebensversicherungen zurückgeführt werden sollte.
3
Auf den am 27. September 2006 zugestellten Scheidungsantrag hat das
Familiengericht die Ehe der Parteien durch Verbundurteil geschieden. In der
Regelung zum Versorgungsausgleich hat es nur die öffentlich-rechtlichen Versorgungsanwartschaften ausgeglichen und vom Rentenkonto des Ehemanns
39,40 € auf das Rentenkonto der Ehefrau übertragen. Die hiergegen eingelegte
Beschwerde der Ehefrau hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der
insoweit zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Ehefrau die Einbeziehung der bei der A.
Lebensversicherungs AG erworbenen Anrechte in den
Versorgungsausgleich weiter.
II.
4
Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
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1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
ausgeführt, dass die bei der A.
Lebensversicherungs AG erworbenen An-
rechte nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen seien, weil bei der vor-
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liegenden Fallgestaltung nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass
die Versorgungsanrechte im wirtschaftlichen Eigentum des Ehemanns stünden.
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2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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a) Auf den vorliegenden Fall ist gemäß § 48 Abs. 1 VersAusglG das bis
August 2009 geltende materielle Recht des Versorgungsausgleichs anzuwenden. Gemäß § 1587 Abs. 1 BGB aF findet der Versorgungsausgleich in Bezug
auf alle während der Ehezeit mit Hilfe des Vermögens oder der Arbeit der Ehegatten begründeten Anwartschaften statt. Zu den auszugleichenden Anrechten
gehören grundsätzlich auch Rentenanwartschaften auf Grund privatrechtlicher
Versicherungsverträge (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB). Handelt es sich um einen
Rentenlebensversicherungsvertrag mit Kapitalwahlrecht, ist die Anwartschaft in
den Versorgungsausgleich einzubeziehen, wenn der Berechtigte sein Wahlrecht bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags nicht ausgeübt hat (Senatsbeschluss BGHZ 153, 393 = FamRZ 2003, 664).
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b) Nicht einzubeziehen in den Versorgungsausgleich sind allerdings Anrechte, welche wirtschaftlich nicht dem Ehegatten, sondern einem Dritten zustehen (Staudinger/Rehme BGB [2004] § 1587 Rn. 12). Ob hierunter auch Anrechte aus einer Lebensversicherung fallen, die zur Kreditsicherung abgetreten
sind und mit deren Ablaufleistung ein Baudarlehen bei dessen Endfälligkeit bestimmungsgemäß getilgt werden soll, wird in Rechtsprechung und Literatur
nicht einheitlich beurteilt.
9
Nach einer Ansicht (OLG Nürnberg FamRZ 2007, 1246) ist es jedenfalls
dann nicht gerechtfertigt, eine Rentenversicherung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, wenn die Rechte daraus von vornherein zur Tilgung des
Darlehens bei Endfälligkeit abgetreten sind. In dem Fall träten die Beiträge zu
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der Rentenversicherung an die Stelle von Tilgungsleistungen, und es könne
nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Versorgungsanrechte im wirtschaftlichen Eigentum des betreffenden Ehegatten stünden. Daran ändere auch
die bloße Möglichkeit nichts, das Darlehen auf andere Weise als durch den Einsatz der abgetretenen Rentenversicherung zu tilgen.
10
Die Vertreter der Gegenauffassung (OLG Zweibrücken FamRZ 2004,
642; Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 395; Staudinger/Rehme BGB
[2004] § 1587 Rn. 12) berufen sich darauf, dass eine Sicherungsabtretung von
Rechten aus einer Rentenversicherung deren Berücksichtigung im Versorgungsausgleich solange nicht entgegenstünde, bis die Sicherheit in Anspruch
genommen oder das entsprechende Recht sonst aus dem Vermögen des betroffenen Ehegatten ausgeschieden sei.
11
Der Senat schließt sich letzterer Auffassung an. Die Rechte aus einer
Rentenversicherung gehören auch dann zum Vermögen des Ehegatten, wenn
sie zur Besicherung einer Baufinanzierung abgetreten sind. Denn mit der Sicherungsabtretung allein hat sich der Ehegatte seiner Rechte aus der Rentenversicherung noch nicht endgültig begeben. Die mit dem Darlehensgeber getroffene
Sicherungs- und Tilgungsabrede, welche jenem im Zeitpunkt der Endfälligkeit
des Darlehens eine Befriedigungsmöglichkeit durch die Ablaufleistung aus der
Lebensversicherung gewährt, hindert den Darlehensnehmer nicht, das Darlehen auf andere Weise zu tilgen, insbesondere durch Veräußerung der Immobilie, welche dem Darlehensgeber ohnehin als weitere Sicherheit dient. Zwar wird
der Abschluss einer Baufinanzierung über eine Lebensversicherung mit einer
Laufzeit von 23 Jahren oftmals nicht darauf angelegt sein, das Darlehen auf
andere Weise als über die Ablaufleistung aus der Lebensversicherung zu tilgen.
Jedoch sind die Ehegatten an diese Planung nicht gebunden. Insbesondere
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kann das Scheitern der Ehe es erforderlich machen, Vermögensdispositionen
abweichend von der ursprünglichen Lebensplanung zu treffen. Hierzu gehört
nicht selten die vorzeitige Veräußerung einer in der Ehezeit erworbenen Immobilie. Soweit dadurch die Baufinanzierung abgelöst wird, wird die zur Sicherheit
abgetretene Lebensversicherung frei und steht wirtschaftlich dem Versicherungsnehmer
zu
(vgl.
bereits
Senatsbeschluss
vom
1. Juni
1988
- IVb ZB 132/85 - FamRZ 1988, 936, 939).
12
Bezieht sich die Baufinanzierung nicht auf ein Familienheim, sondern
- wozu das Beschwerdegericht bisher keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat - etwa auf ein mit Gewinnerzielungsabsicht errichtetes Mietshaus, ist
umso mehr in Betracht zu ziehen, dass der Ehegatte sich von vornherein vorbehielt, die Immobilie - oder hier: seine Geschäftsanteile an der sie haltenden
Besitzgesellschaft - im Zeitpunkt der Endfälligkeit des Darlehens zu veräußern,
um mit dem Verkaufserlös das Darlehen abzulösen und aus der dadurch frei
werdenden Lebensversicherung ein regelmäßiges Renteneinkommen zu erzielen. Dafür streitet hier bereits der Umstand, dass die Lebensversicherungen
nicht als Kapitallebensversicherungen, sondern als Rentenlebensversicherungen mit lediglich einem Kapitalwahlrecht abgeschlossen waren. Auch als Folge
eines so angelegten Geschäftsmodells stünden die Versorgungsanrechte wirtschaftlich zur jederzeitigen Disposition des Ehemanns.
13
c) Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Die
Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Berechtigte sein Kapitalwahlrecht ausgeübt hat, sowie - wenn dies nicht der Fall sein sollte - die für
eine Ermessensentscheidung nach § 3 b Abs. 1 VAHRG maßgeblichen Verhältnisse aufzuklären und den Versorgungsausgleich dann unter zusätzlicher
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Einbeziehung der nach Beschlussfassung des Beschwerdegerichts mit Schriftsatz vom 12. April 2008 mitgeteilten weiteren Rentenlebensversicherung durchzuführen.
Dose
Weber-Monecke
Schilling
Klinkhammer
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Bensheim, Entscheidung vom 11.12.2007 - 71 F 518/06 OLG Frankfurt am Main in Darmstadt, Entscheidung vom 11.04.2008 - 6 UF 7/08 -