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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 24/15
Verkündet am:
17. Oktober 2017
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ConsulTrust
GmbHG § 57
Nach der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister kann ein
Mangel der Form der Übernahmeerklärung nicht mehr mit Erfolg gerügt werden.
GWB § 41 Abs. 1 aF
Der Verstoß eines Rechtsgeschäfts gegen das Vollzugsverbot führte auch unter
der Geltung von § 41 Abs. 1 GWB in der Fassung der 7. GWB-Novelle nicht zu
dessen Nichtigkeit, sondern nur zur schwebenden Unwirksamkeit.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - KZR 24/15 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2017:171017UKZR24.15.0
-2-
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2017 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg
und die Richter Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher, Sunder und Dr. Deichfuß
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Mai 2015 wird auf Kosten
der Beklagten zurückgewiesen.
Die Streithelferin der Beklagten trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen
-3-
Tatbestand:
1
Die Klägerin macht gegen die Beklagten, ihre ehemaligen Geschäftsführer, Schadensersatzansprüche nach § 43 GmbHG geltend.
2
Bis zum 27. März 2006 war die B.
GmbH (im Folgenden: B.
) Inhaberin aller Geschäftsanteile der Klägerin. Die Beklagten sind die
alleinigen Gesellschafter der B.
und zugleich deren Geschäftsführer,
zudem waren sie Geschäftsführer der Klägerin.
3
Nach Gesprächen zwischen den Beklagten und der C.
Gruppe über deren Beteiligung an der Klägerin wurde am 27. März 2006 ein
umfangreiches Vertragswerk protokolliert. Im Rahmen einer Gesellschafterversammlung der Klägerin wurde beschlossen, dass die ConsulTrust GmbH (im
Folgenden ConsulTrust) als Treuhänderin für die C.
ren Tochtergesellschaft C.
SE über de-
GmbH im Zusammenhang mit
einer Erhöhung des Stammkapitals von bislang 25.000 Euro um 75.000 Euro
75% der Geschäftsanteile der Klägerin erwerben sollte. Der Beschluss über die
Kapitalerhöhung der Klägerin und die Zulassung der ConsulTrust zur Übernahme des neuen Anteils wurde notariell beurkundet. Am selben Tag wurde ein
Beteiligungsrahmenvertrag notariell beurkundet, dem elf weitere, im Rahmen
der Beurkundung unterzeichnete Dokumente als Anlage beigefügt wurden. Der
Vertrag über die Beteiligung der ConsulTrust an der Klägerin (im Folgenden:
Beteiligungsvertrag) und die Gesellschaftervereinbarung über Andienungs- und
Erwerbspflichten (im Folgenden: Gesellschaftervereinbarung) wurden vom
Notar verlesen. Die weiteren Dokumente wurden nicht vom Notar verlesen,
sondern der notariellen Urkunde über den Beteiligungsrahmenvertrag zu Informationszwecken beigefügt.
4
Die Beklagten wurden erneut zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt.
-4-
5
Die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister erfolgte am
9. Juni 2006.
6
Am 16. Juli 2009 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin
unter Mitwirkung der ConsulTrust, gegen die Beklagten, die im Dezember 2008
als Geschäftsführer abberufen worden waren, Ansprüche gemäß § 43 Abs. 2
GmbHG geltend zu machen.
7
Im November 2011 wurde der Erwerb der Anteile an der Klägerin durch
die ConsulTrust nachträglich beim Bundeskartellamt als Zusammenschlussvorhaben gemeldet. Das Bundeskartellamt stellte das Verfahren zur Entflechtung
des bereits vollzogenen Zusammenschlusses mit Beschluss vom 5. Dezember
2011 ein und begründete dies damit, dass die Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorlägen (§ 41 Abs. 3 GWB i.V. mit § 36 Abs. 1 GWB).
8
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 erklärte die B.
gegenüber
der ConsulTrust, sie halte sämtliche am 27. März 2006 beurkundeten Rechtsgeschäfte für unwirksam, vorsorglich würden diese widerrufen, aufgehoben,
zurückgenommen und gekündigt.
9
Die Streithelferin, ein Versicherer, der mit der C.
SE eine
D&O-Versicherung abgeschlossen hat, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
10
Die Beklagten halten die Schadensersatzklage für unzulässig. Sie sind
der Auffassung, die ConsulTrust sei nie wirksam Gesellschafterin der Klägerin
geworden. Die im März 2006 abgeschlossenen Verträge seien nach der zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung von § 41 Abs. 1 GWB unwirksam, weil mit ihnen ein Zusammenschluss vollzogen worden sei, den das
Bundeskartellamt nicht freigegeben habe. Die nachfolgende Einstellung des
Entflechtungsverfahrens durch das Bundeskartellamt habe diesen Verstoß nicht
geheilt. Zudem sei der Vertrag über den Anteilserwerb wegen Nichteinhaltung
-5-
der nach § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG erforderlichen Form nicht wirksam. Da mithin die B.
nach wie vor Alleingesellschafterin der Klägerin sei, sei der
Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 16. Juli 2009 unwirksam.
11
Die Beklagten haben Zwischenfeststellungswiderklage erhoben, mit der
sie beantragen festzustellen, dass die ConsulTrust nicht Gesellschafterin der
Klägerin geworden ist.
12
Das Landgericht hat die Zwischenfeststellungswiderklage durch TeilUrteil abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, der die Klägerin entgegentritt,
verfolgen die Beklagten und ihre Streithelferin ihr Begehren weiter.
-6-
Entscheidungsgründe:
13
Die zulässige Revision ist unbegründet.
14
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung (OLG Frankfurt,
WuW/E DE-R 4864) im Wesentlichen wie folgt begründet.
15
Die ConsulTrust sei im Wege der Kapitalerhöhung Gesellschafterin der
Klägerin geworden. Der Beschluss der Altgesellschafterin der Klägerin über die
Erhöhung des Stammkapitals sowie darüber, wer zur Übernahme zugelassen
werde, sei formgerecht gefasst worden. Die ConsulTrust habe das ihr eingeräumte Übernahmerecht ausgeübt und eine dem Erhöhungsbetrag entsprechende Stammeinlage übernommen. Die B.
habe diese Übernahme-
erklärung konkludent dadurch angenommen, dass die Kapitalerhöhung zum
Handelsregister angemeldet worden sei. Nachdem die Kapitalerhöhung in das
Handelsregister eingetragen worden sei, sei davon auszugehen, dass die Anmeldung formgerecht erfolgt sei.
16
Die Übernahme sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 15 Abs. 4
GmbHG unwirksam. Sie habe nicht der notariellen Beurkundung nach dieser
Vorschrift bedurft. Zwar enthalte die Gesellschaftervereinbarung gegenseitige
Pflichten zur Andienung der Geschäftsanteile. Der Beurkundungspflicht unterlägen über den Wortlaut des § 15 Abs. 4 GmbHG hinaus auch solche Verpflichtungen, die mit einer Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils in Zusammenhang stünden. Weder das Anliegen der Beweiserleichterung noch die
Unterbindung des leichten und spekulativen Handels mit GmbH-Anteilen rechtfertigten es indes, auch die Übernahmevereinbarung der Formvorschrift des
§ 15 Abs. 4 GmbHG zu unterwerfen. Bei der Übernahme handele es sich zudem um einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang, der eigenen Formvorschriften
unterliege. Dies schließe es aus, sie darüber hinaus gehenden Formvorschriften zu unterwerfen.
-7-
17
Ob die Gesellschaftervereinbarung wirksam beurkundet sei, sei unerheblich, da eine etwaige Formnichtigkeit dieser Vereinbarung jedenfalls nicht entsprechend § 139 BGB zur Unwirksamkeit der Übernahmevereinbarung führe.
Denn nach Ziffer 6.1 des Beteiligungsvertrags und der Gesellschaftervereinbarung solle im Fall einer teilweisen Unwirksamkeit der jeweiligen Vereinbarung
diese im Übrigen aufrechterhalten bleiben.
18
Auch das Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 1 GWB in der Fassung der
7. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen stehe der Wirksamkeit der Anteilsübernahme nicht entgegen. Der Verstoß gegen das Vollzugsverbot sei durch die Einstellung des Entflechtungsverfahrens durch das
Bundeskartellamt mit Rückwirkung geheilt worden.
19
Die Übernahme sei auch nicht an den Erklärungen der B.
vom
2. Dezember 2011 gescheitert. Der auf die Erhöhung des Stammkapitals und
die Zulassung der ConsulTrust zur Übernahme gerichtete Gesellschafterbeschluss der Klägerin habe allenfalls bis zur Eintragung der Kapitalerhöhung in
das Handelsregister formlos widerrufen werden können, auch habe dieser Beschluss nicht gegen das Vollzugsverbot verstoßen. Eine Rechtsgrundlage für
eine Kündigung oder einen Widerruf der Übernahmeerklärung durch die B.
sei nicht ersichtlich. Eine freie Widerruflichkeit dieser Erklärung sei
nach dem Beteiligungsvertrag ausgeschlossen. Selbst wenn dieser formunwirksam sei, sei die B.
als Partei dieses Vertrags nach Treu und Glauben
verpflichtet gewesen, alles Erforderliche zu tun, um die Wirksamkeit des Vertrags herbeizuführen.
20
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis
1.
Die Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten ist zulässig.
stand.
21
-8-
22
a)
Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann der Beklagte bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass
ein im Laufe des Prozesses streitiges Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung festgestellt werde, wenn von dem Bestehen oder Nichtbestehen dieses Rechtsverhältnisses die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum
Teil abhängt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urteil vom 9. März 1994
- VIII ZR 165/93, BGHZ 125, 251, 255; Urteil vom 25. Oktober 2007
- VII ZR 27/06, NJW-RR 2008, 262 Rn. 10).
23
b)
Der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungswiderklage der Beklag-
ten steht nicht entgegen, dass sie an dem Rechtsverhältnis, dessen Nichtbestehen sie festgestellt wissen wollen, nicht beteiligt sind. Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO kann auch ein Rechtsverhältnis zwischen einer Partei und einem Dritten sein, sofern das zu klärende
Rechtsverhältnis für die Entscheidung der Hauptsache vorgreiflich ist und die
Entscheidung über den Streitgegenstand hinaus Bedeutung gewinnen kann
(BGH, Beschluss vom 7. November 1997 - BLw 26/97, WM 1997, 2403, 2404;
Urteil vom 15. Juni 2005 - XII ZR 82/02, NZM 2005, 704; Urteil vom 5. Mai 2011
- VII ZR 179/10, NJW 2011, 2195 Rn. 20).
24
Die danach zu fordernde Vorgreiflichkeit besteht, denn für die Entscheidung des Rechtsstreits ist von Bedeutung, ob die ConsulTrust Mitgesellschafterin der Klägerin geworden oder die B.
Alleingesellschafterin geblieben
ist.
25
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich ihr alleiniger Gesellschafter ist, grundsätzlich
nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Dies beruht auf der Erwägung, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft bei Personengleichheit mit dem Gesellschafter,
der in der Gesellschaft letztlich allein weisungsberechtigt ist, praktisch seine
-9-
eigenen Weisungen ausführt (BGH, Urteil vom 28. September 1992
- II ZR 299/91, BGHZ 119, 257, 261; Urteil vom 10. Mai 1993 - II ZR 74/92,
BGHZ 122, 333, 336; Urteil vom 21. Juni 1999 - II ZR 47/98, BGHZ 142, 92, 95;
Urteil vom 31. Januar 2000 - II ZR 189/99, NJW 2000, 1571). Unter solchen
Umständen bedarf es keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses, um die Annahme eines Handelns auf Weisung des Gesellschafters zu begründen (BGHZ
119, 257, 261). Diese Rechtsprechung findet auch Anwendung, wenn es um die
Haftung mehrerer Geschäftsführer geht, die einverständlich gehandelt haben
und zusammen die alleinigen Gesellschafter der GmbH sind, also zusammengenommen über die gleiche Rechtsmacht verfügen wie ein Alleingesellschafter
(BGHZ 122, 333, 336; 142, 92, 95). Eine andere Beurteilung ist hier auch nicht
dadurch veranlasst, dass die Beklagten nicht unmittelbar, sondern über die zwischengeschaltete B.
, deren alleinige Geschäftsführer sie sind, mittel-
bar die alleinigen Gesellschafter der Klägerin waren. Hätte sich hieran, wie die
Beklagten geltend machen, nichts geändert, wäre also die ConsulTrust nicht
Mitgesellschafterin der Klägerin geworden, wäre dies für die Frage einer Haftung der Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG von Bedeutung.
26
2.
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die
ConsulTrust durch Übernahme eines Geschäftsanteils Gesellschafterin der
Klägerin geworden ist.
27
a)
Eine Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH kann nur durch
einen satzungsändernden Beschluss der Gesellschafter erfolgen, der nach § 53
Abs. 2 GmbHG der notariellen Beurkundung bedarf. Nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts hat die B.
als damalige Alleingesellschafterin
der Klägerin am 27. März 2006 einen Beschluss über die Erhöhung des
Stammkapitals der Klägerin von 25.000 Euro auf 100.000 Euro zusammen mit
dem Beschluss gefasst, die ConsulTrust zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils zuzulassen. Diese Beschlüsse sind notariell beurkundet worden.
- 10 -
28
Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die ConsulTrust das
ihr eingeräumte Recht zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils am gleichen
Tag in notariell beglaubigter Form und damit entsprechend den in § 55 Abs. 1
GmbHG bestimmten Erfordernissen ausgeübt hat.
29
Schließlich hat das Berufungsgericht festgestellt, dass diese Übernahmeerklärung konkludent dadurch angenommen wurde, dass die Anmeldung der
Kapitalerhöhung zum Handelsregister erfolgte. Die Übernahme der neuen Geschäftsanteile erfolgt durch Vertrag zwischen der Gesellschaft, handelnd durch
den bisherigen Alleingesellschafter, und dem Übernehmer (BGH, Urteil vom
30. November 1967 - II ZR 68/65, BGHZ 49, 117, 119 mwN). Die Anmeldung
zum Handelsregister ist nach §§ 57 Abs. 1, 78 GmbHG von sämtlichen Geschäftsführern der Gesellschaft vorzunehmen, dies waren im maßgeblichen
Zeitraum die Beklagten.
30
Seine Feststellung, dass die Klägerin die Kapitalerhöhung ordnungsgemäß angemeldet hat, hat das Berufungsgericht darauf gestützt, dass die Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen wurde, was nach §§ 57a, 9c
GmbHG nur erfolgen darf, wenn eine den einschlägigen Bestimmungen entsprechende Anmeldung vorgelegt wurde.
31
Diese Feststellungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden
von der Revision nicht angegriffen.
32
Durch die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister sind
die neuen Geschäftsanteile entstanden und hat die ConsulTrust die Stellung
einer Gesellschafterin der Klägerin erlangt (BGH, Urteil vom 3. November 2015
- II ZR 13/14, ZIP 2015, 2315 Rn. 13).
33
b)
Die Revision macht geltend, unter den hier vorliegenden Umstän-
den habe die Übernahmevereinbarung der notariellen Beurkundung bedurft. Sie
folgert dies daraus, dass die B.
als bisherige Alleingesellschafterin und
- 11 -
die ConsulTrust als Übernehmerin mit der Übernahme eine Reihe von weiteren
Verträgen schlossen, darunter auch die Gesellschaftervereinbarung, die u.a.
wechselseitige Andienungspflichten hinsichtlich der Geschäftsanteile an der
Klägerin vorsieht, und meint, wegen des von den Parteien gewollten engen
wirtschaftlichen Zusammenhangs dieser Beschlüsse und Vereinbarungen unterfalle auch die Übernahmevereinbarung dem Erfordernis der notariellen Beurkundung nach § 15 Abs. 4 GmbHG.
34
Ob diese Auffassung zutrifft, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
Selbst wenn die Übernahmeerklärung durch die ConsulTrust GmbH und die
Annahmeerklärung der Klägerin formunwirksam gewesen wären, wurde dieser
Mangel durch die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister geheilt.
35
Nach der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister können
Mängel der Übernahmevereinbarung mit Rücksicht auf den Schutz des Vertrauens des Geschäftsverkehrs auf die ungeschmälerte Erhaltung der im Register eingetragenen Kapitalgrundlage nur noch eingeschränkt geltend gemacht
werden. Neben dem Fehlen einer Übernahmeerklärung können grundsätzlich
nur solche Mängel gerügt werden, die in Zweifel stellen, ob die betreffende Erklärung in zurechenbarer Weise veranlasst worden ist, insbesondere mangelnde Geschäftsfähigkeit und fehlende Vollmacht (Scholz/Priester, GmbHG,
11. Auflage,
§ 57
Rn. 53;
MünchKomm.GmbHG/Lieder,
2. Auflage,
§ 57
Rn. 78 ff.; Ulmer/Casper in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Auflage, § 57
Rn. 52 f.; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Auflage, § 57 Rn. 26). Eine
Anfechtbarkeit der Übernahmeerklärung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung
oder anderer Willensmängel scheidet dagegen aus (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2007 - II ZR 216/06, NZG 2008, 73 Rn. 22). Nichts anderes gilt für die Berufung auf Mängel der Form der Übernahmeerklärung (Scholz/Priester, GmbHG,
11. Auflage,
§ 55
Rn. 83;
MünchKomm.GmbHG/Lieder,
2. Auflage,
§ 55
- 12 -
Rn. 131; Ulmer/Casper in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Auflage, § 55
Rn. 76).
36
3.
Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsge-
richts, das Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 1 GWB stehe der Wirksamkeit der
Übernahme des Geschäftsanteils an der Klägerin durch die ConsulTrust nicht
entgegen, bleiben ebenfalls erfolglos.
37
a)
Das Berufungsgericht hat zugrunde gelegt, dass die Anteilsüber-
nahme der Zusammenschlusskontrolle unterlag. § 41 Abs. 1 Satz 1 GWB in der
zum Zeitpunkt dieses Rechtsgeschäfts geltenden Fassung der 7. Novelle des
Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 15. Juli 2005 (im Folgenden: GWB aF) bestimmt, dass die beteiligten Unternehmen einen Zusammenschluss, der vom Bundeskartellamt nicht freigegeben wurde, nicht vor Ablauf
der Fristen nach § 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 GWB aF vollziehen dürfen. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nach § 41
Abs. 1 Satz 2 GWB aF unwirksam.
38
b)
Nach nahezu einhelliger Auffassung in der Literatur, der das Beru-
fungsgericht beigetreten ist, führte ein Verstoß gegen das Vollzugsverbot auch
unter der Geltung von § 41 Abs. 1 GWB aF nicht zur unheilbaren Nichtigkeit
des betreffenden Rechtsgeschäfts, sondern nur zu dessen schwebender Unwirksamkeit. Diese Unwirksamkeit entfällt rückwirkend mit der Einstellung des
Entflechtungsverfahrens durch das Bundeskartellamt (Ruppelt in Langen/Bunte,
Deutsches Kartellrecht, 11. Auflage, § 41 Rn. 2; Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. Auflage, § 41 GWB Rn. 12 f.;
Bechtold, GWB, 6. Auflage, § 41 Rn. 8; Schulte in Schulte/Just, Kartellrecht,
§ 41 GWB Rn. 13, Riesenkampff/Lehr in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff,
Kartellrecht, § 41 GWB Rn. 5; MünchKomm.GWB/Mäger, § 41 Rn. 19; Kuhn in
Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Stand September 2014, § 41 GWB
Rn. 51; Thomas in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, § 41
- 13 -
GWB Rn. 56; Colbus/Marquier, EWS 2012, 305, 307; Lettl, WuW 2009, 249;
BKartA, Tätigkeitsbericht 2007/2008, BT-Drucks. 16/13500, S. 21; anders Topel
in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Auflage, § 50 Rn. 9; s. auch
- nicht tragend - BKartA, WuW DE-V 1553 Rn. 172).
39
c)
40
Der Bundesgerichtshof hat bereits zur Rechtslage vor Inkrafttreten der
Diese Auffassung trifft zu.
7. GWB-Novelle entschieden, dass ein Verstoß gegen das Vollzugsverbot nicht
zur unheilbaren Nichtigkeit des Zusammenschlusses führt, sondern lediglich zur
schwebenden Unwirksamkeit, und zur Begründung ausgeführt, es wäre unverständlich, wenn die Verletzung der Anmeldepflicht neben der schwebenden
Unwirksamkeit und der Bußgeldsanktion weitere Sanktionen zur Folge hätte.
Sehe das Bundeskartellamt von einer Untersagung ab, bedeute dies, dass gegen den Zusammenschluss unter dem Gesichtspunkt der Bestimmungen über
die Zusammenschlusskontrolle keine Bedenken bestünden (BGH, Beschluss
vom 31. Oktober 1978 - KVR 3/77, WuW/E BGH 1556, 1559 - Weichschaum
III). Daher wäre es unverhältnismäßig, eine Maßnahme, die materiell nicht gegen die Bestimmungen der Zusammenschlusskontrolle verstößt, als unheilbar
nichtig anzusehen.
41
Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber der 7. GWB-Novelle hieran
etwas ändern wollte, sind nicht ersichtlich. Danach entfiel die Unwirksamkeit
rückwirkend mit der Einstellung des Entflechtungsverfahrens durch das Bundeskartellamt.
42
d)
Anders als die Revision meint, steht dem nicht entgegen, dass der
Gesetzgeber im Rahmen der 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit Wirkung zum 30. Juni 2013 eine Bestimmung in das Gesetz
eingefügt hat, nach welcher Rechtsgeschäfte, die gegen das Vollzugsverbot
verstoßen, von der Unwirksamkeitsfolge ausgenommen sind, wenn der nicht
angemeldete Zusammenschluss nach Vollzug angezeigt und das Entflech-
- 14 -
tungsverfahren eingestellt wurde, weil die Voraussetzungen für eine Untersagung des Zusammenschlusses nicht vorlagen (§ 41 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GWB).
Wie der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf
der 8. GWB-Novelle zu entnehmen ist, wurde darin lediglich eine Klarstellung
gesehen (BT-Drucks. 17/9852, S. 20 und 30).
43
4.
Der Eintritt der ConsulTrust als neue Gesellschafterin der Klägerin
wird auch durch die im Schreiben der B.
vom 2. Dezember 2011 ent-
haltenen Erklärungen nicht in Frage gestellt. Insoweit bedarf die Frage, ob der
B.
44
ein Grund hierfür zur Seite stand, keiner Entscheidung.
a)
Ein Widerruf der Erklärungen, mit denen die B.
als dama-
lige Alleingesellschafterin der Klägerin gegenüber der ConsulTrust die Verpflichtung einging, das Stammkapital der Klägerin zu erhöhen und die ConsulTrust zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils zuzulassen, beträfe nur das
schuldrechtliche Geschäft und ließe die Wirksamkeit der Übernahmevereinbarung als dingliches Geschäft, das zwischen der Klägerin und der ConsulTrust
als Übernehmerin geschlossen wurde, unberührt.
45
b)
Die schwebende Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts hat grund-
sätzlich nicht zur Folge, dass den Parteien die Befugnis zusteht, sich einseitig
hiervon zu lösen (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993,
648, 651). Auch Sinn und Zweck des Vollzugsverbots (§ 41 Abs. 1 GWB) erfordern es nicht, den Parteien eine solche Befugnis einzuräumen.
46
c)
Wie bereits ausgeführt können nach der Eintragung der Kapitaler-
höhung nur noch solche Mängel geltend gemacht werden, die infrage stellen,
dass die Erklärungen, die die Übernahmevereinbarung zustande brachten, zurechenbar veranlasst wurden. Dass die Annahme der Übernahmeerklärung mit
solchen Mängeln behaftet war, zeigt die Revision nicht auf.
- 15 -
47
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1
ZPO.
Limperg
Kirchhoff
Sunder
Bacher
Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 11.06.2013 - 3-6 O 79/12 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.05.2015 - 11 U 71/13 (Kart) -