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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 5/01
Verkündet am:
16. April 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ
:
BGHR
:
ja
nein
ja
Wettbewerbsverbot in Realteilungsvertrag
ZPO § 322 Abs. 1; GWB § 34 F.: 20. Februar 1990
Die rechtskräftige Feststellung, daß eine bestimmte Vertragsklausel nicht gegen
kartellrechtliche Vorschriften verstößt, beschränkt sich nicht allein auf Verstöße
gegen materielles Kartellrecht, sondern umfaßt auch die Frage der Formwirksamkeit nach § 34 GWB a.F., § 125 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die Urteilsgründe
sich mit der Frage der Formunwirksamkeit nicht auseinandersetzen.
BGH, Urt. v. 16. April 2002 – KZR 5/01 – OLG Düsseldorf
LG Dortmund
-2-
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. April 2002 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch
und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum und Dr. MeierBeck
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Februar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien – zwei Kommanditgesellschaften, die Leuchten und Leuchttechnik herstellen und vertreiben – sind aus einer Realteilung hervorgegangen.
Ursprünglich verfügte die Klägerin über zwei Produktionsstätten, eine für Möbeleinbauleuchten und eine für Leuchtentechnik. Gesellschafter der Klägerin waren
zu gleichen Teilen Uwe-Jens L.
und Eckhard H.
. Beide Gesellschafter
kamen überein, ihre Gesellschafterbeziehungen zum Ende des Jahres 1995 in der
Weise zu beenden, daß der Gesellschafter L.
mit der Klägerin das Werk für
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Möbeleinbauleuchten und der Gesellschafter H.
mit der Ende 1995 gegrün-
deten Beklagten das Werk für Leuchtentechnik fortführen sollten.
Ab 1. Januar 1996 wurden beide Betriebe getrennt geführt. Die beiden Gesellschafter verhandelten in der Folgezeit, um die Modalitäten der Trennung zu regeln. Am 20. Mai 1996 kam es schließlich zu einem Realteilungsvertrag zwischen
den Parteien, an dem auch die beiden persönlich haftenden Komplementärgesellschaften sowie die beiden Gesellschafter L.
und H.
beteiligt waren. § 15
dieses Vertrages enthält die folgende Wettbewerbsklausel:
[Die Beklagte] wird sich im Vertrieb im wesentlichen auf Leuchtenhersteller, Elektrogroßhandel, Messebauer und Elektrohandel beschränken. Die Vertriebsbereiche Serienmöbelhersteller, Möbelzulieferer, Großhändler gemäß Anl. 15 zu diesem Vertrage,
Innenausbauer, Ladenbauer, Messebauer mit ha.
-Produkten, Wohnwagenhersteller und – mit den unten geregelten Ausnahmen – Paneelhersteller werden von [der
Beklagten] nicht bearbeitet und nicht beliefert. Produkte gem. Anl. 16 aus dem ha.
Programm per Übertragungsstichtag werden von [der Beklagten] nicht vertrieben.
Diese Wettbewerbsklausel gilt nur für Deutschland und ist in ihrer Wirksamkeit aus
rechtlichen Gründen auf 2 Jahre nach Abschluß dieses Vertrages beschränkt.
In Ausnahme der vorstehenden Wettbewerbsbeschränkung ist ausschließlich [die Beklagte] zur Belieferung von Hü. mit allen verbundenen Unternehmen berechtigt. Die
e.
-Kunden werden ausschließlich von [der Klägerin] beliefert. Gegenseitigen Kundenschutz gewähren sich [die Klägerin] und [die Beklagte] für die Paneelhersteller
gemäß Anl. 17 zu diesem Vertrage. Die Übernahme weiterer Paneelhersteller bedarf
in jedem Fall der vorherigen Abstimmung.
Bei Verstoß gegen die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung zahlt der übertretende
Beteiligte an den anderen Beteiligten eine Vertragsstrafe von 25 % des Umsatzes aus
allen betreffenden Geschäften. ...
Die Anlage 15 enthält eine Liste mit den Namen von zwanzig inländischen
und elf ausländischen Großhändlern. Anlage 17 enthält eine Tabelle mit den Namen von insgesamt 25 Paneelherstellern, von denen sechzehn der Klägerin und
neun der Beklagten zugeordnet sind.
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Zwischen den Parteien ist streitig, ob Einigkeit über diese – von den Vertragspartnern nicht unterzeichneten und mit dem Hauptvertrag nicht fest verbundenen – Anlagen bestand.
Nach Unterzeichnung des Realteilungsvertrags kam es zwischen den Parteien unter anderem deswegen zum Streit, weil die Beklagte einen in Anlage 17 der
Klägerin zugeordneten Paneelhersteller beliefert hatte.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung im einzelnen bezeichneter
Vertriebshandlungen in Anspruch genommen und – nachdem Zweifel an der kartellrechtlichen Wirksamkeit des Wettbewerbsverbotes geäußert worden waren –
die Feststellung beantragt, „daß die Wettbewerbsklausel ... in § 15 des Realteilungsvertrages ... wirksam ist und nicht gegen kartellrechtliche Bestimmungen verstößt“. Ferner hat die Klägerin Auskunft über weitere gegen die Wettbewerbsklausel verstoßende Vertriebshandlungen der Beklagten begehrt und – als zweite
Stufe – Zahlung einer sich aus der Auskunft errechnenden Vertragsstrafe verlangt.
Das als Kartellgericht angerufene Landgericht Dortmund hat die beiden Verfahrensteile getrennt und über die Unterlassungs- und Feststellungsklagen gesondert entschieden. Durch Urteil vom 4. Februar 1999 hat es die Unterlassungsklage
mit der Begründung abgewiesen, die für das Wettbewerbsverbot als Geltungsdauer vereinbarten zwei Jahre seien verstrichen; es hat jedoch festgestellt, „daß die
Wettbewerbsklausel in § 15 des Realteilungsvertrages der Parteien vom 20. Mai
1996 nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt“. In den Urteilsgründen
heißt es hierzu:
Die Wettbewerbsregelung in § 15 des Realteilungsvertrages vom 20. Mai 1996 ist
kartellrechtswirksam. Ein Verstoß gegen § 1 GWB liegt nicht vor. Dabei kann es dahinstehen, ob die Regelung in § 15 des Vertrages zur Sicherung der mit dem Realteilungsvertrag bezweckten Auseinandersetzung der Gesellschafter erforderlich war.
Hierfür dürfte einiges sprechen. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, läge eine Unwirk-
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samkeit nach § 1 GWB aber nur vor, wenn eine spürbare Beeinflussung der Marktverhältnisse durch das Kartell vorliegt. ...
Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Stufenklage. Nach Beweisaufnahme hat das Landgericht die Beklagte mit Teilurteil vom 11. Mai 2000 – wie
beantragt – zur Auskunftserteilung verurteilt. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte sich erstmals darauf berufen, die Wettbewerbsklausel sei wegen Verstoßes
gegen das kartellrechtliche Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. i.V. mit
§ 125 BGB nichtig, weil die Vertragsanlagen 15 und 17 weder unterzeichnet noch
mit der Haupturkunde fest verbunden seien. Das Berufungsgericht hat die Stufenklage in vollem Umfang abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Die Akten
des Landgerichts Dortmund 13 O 180/97 (Kart.) sind beigezogen worden und waren – insbesondere das Urteil vom 4. Februar 1999 – Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten für zulässig er-
achtet, weil die in erster Instanz zur Erteilung einer Auskunft verurteilte Beklagte
mit mehr als 1.500 DM beschwert sei. Die Berufung sei auch begründet. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch stehe der Klägerin nicht zu, weil der Realteilungsvertrag wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Schriftformerfordernis
nichtig sei. Dem stehe die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Dortmund vom
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4. Februar 1999 nicht entgegen. Urteile seien nur insoweit der Rechtskraft fähig,
als über den Streitgegenstand entschieden worden sei. Inwieweit das Gericht über
den Streitgegenstand entschieden habe, sei durch Auslegung der Urteilsformel zu
ermitteln, wobei – soweit Zweifel bestünden – der Tatbestand und die Entscheidungsgründe heranzuziehen seien. Das in Rede stehende Urteil vom 4. Februar
1999 sei in dieser Hinsicht der Auslegung zugänglich. Denn der Wortlaut der Urteilsformel lasse es offen, ob Gegenstand der gerichtlichen Prüfung und Entscheidung lediglich die Vereinbarkeit der umstrittenen Klausel mit materiellem Kartellrecht oder auch die Einhaltung des Schriftformgebots gewesen sei. Zwischen den
Parteien sei die Frage der kartellrechtlichen Wirksamkeit allein im Hinblick auf § 1
GWB erörtert worden. Dementsprechend äußerten sich auch die Entscheidungsgründe ausschließlich zu dieser Frage.
Das Berufungsgericht hat ferner darauf hingewiesen, daß der Feststellungsantrag auf die (unzulässige) Klärung einer Rechtsfrage gerichtet gewesen sei.
Zwar entfalte das – an sich unstatthafte – Feststellungsurteil des Landgerichts
Rechtswirkung und entfalte Rechtskraft. Eine extensive Auslegung des Urteils
komme aber unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufung der Beklagten sei
zulässig, weil der Wert der Beschwer 1.500 DM übersteige (§ 511a Abs. 1 ZPO
a.F.), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß sich der Wert
des Beschwerdegegenstandes im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen
die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft in erster Linie nach dem Aufwand an
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Zeit und Kosten bemißt, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert
(BGHZ 128, 85, 87 ff.; BGH, Urt. v. 24.6.1999 – IX ZR 351/98, NJW 1999, 3050);
auf ein ebenfalls zu berücksichtigendes Geheimhaltungsinteresse hat sich die Beklagte nicht berufen. Soweit die Revision zulässig ist, ist die Bemessung der Beschwer vom Revisionsgericht überprüfbar. Da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, beschränkt sich diese Prüfung jedoch darauf, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder ob es
von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.1992 – VIII ZB 2/92, NJW
1992, 2020; NJW 1999, 3050 m.w.N.; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 511 Rdn. 39).
Derartige Ermessensfehler zeigt die Revision indessen nicht auf.
Nicht zu beanstanden ist es, daß die eidesstattlichen Versicherungen der
beiden Mitarbeiter der Beklagten F.
und M.
, auf die sich das Berufungsge-
richt stützt, nicht im Original, sondern nur in Fernkopie (Telefax) vorgelegen haben. Eidesstattliche Versicherungen sind nicht formbedürftig. Sie können auch per
Telefax abgegeben werden (BayObLG NJW 1996, 406, 407 zu § 156 StGB; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 294 Rdn. 4). Die Tatsache, daß – anders als in dem
zitierten Fall des Bayerischen Obersten Landesgerichts – das Telefax hier vom
Absender an den Anwalt (mit der Bestimmung, es bei Gericht zu verwenden) und
nicht unmittelbar an das Gericht geschickt worden ist, mag im Rahmen der strafrechtlichen Beurteilung eine Rolle spielen. Im Streitfall ist sie nicht von maßgeblicher Bedeutung. Denn die Glaubwürdigkeit der beiden Mitarbeiter hängt nicht entscheidend davon ab, ob das Gericht ihre Bekundungen als eidesstattliche Versicherungen oder als schriftliche Erklärungen von Zeugen (§ 377 Abs. 3 ZPO) bewertet. Auch letztere sind als Mittel der Glaubhaftmachung zugelassen (vgl. Zöller/Greger aaO § 294 Rdn. 5; Musielak/Huber aaO § 294 Rdn. 4). Für den Beweiswert der Urkunden ist nicht von maßgeblicher Bedeutung, nach welcher Be-
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stimmung sich die beiden Mitarbeiter im Falle einer unrichtigen Erklärung strafbar
gemacht hätten, zumal sie im Streitfall aufgrund der erfolgten Belehrung von einer
Strafbarkeit nach § 156 StGB ausgehen mußten.
Das Vorbringen der Beklagten kann auch nicht deswegen als unglaubhaft
eingestuft werden, weil eine Löschung der EDV-Daten vor Ablauf der in § 257
Abs. 4 HGB bestimmten Aufbewahrungsfristen unwahrscheinlich sei. Die Beklagte
hat nicht behauptet, sie habe die aufzubewahrenden Unterlagen vernichtet oder
gelöscht. Vielmehr sind die Kundenaufträge nach Darstellung der Beklagten noch
vorhanden; sie müssen jedoch mit erheblichem Aufwand einzeln durchgesehen
werden, weil die entsprechenden Daten nicht mehr im Computer gespeichert sind.
2. Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht den Realteilungsvertrag wegen eines Verstoßes gegen das kartellrechtliche Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. als nichtig angesehen hat. Dieser Beurteilung steht
das zwischen den Parteien ergangene Urteil des Landgerichts Dortmund vom
4. Februar 1999 entgegen, in dem rechtskräftig festgestellt worden ist, daß die
Wettbewerbsklausel in § 15 des Realteilungsvertrags der Parteien vom 20. Mai
1996 nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt.
a) Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß für die
Grenzen der Rechtskraft eines Urteils auf die Urteilsformel abzustellen ist, der in
erster Linie der Inhalt der Entscheidung zu entnehmen ist (BGH, Urt. v. 15.6.1982
– VI ZR 179/80, NJW 1982, 2257; Urt. v. 23.1.1979 – VI ZR 199/77, NJW 1979,
1046, 1047). Allerdings können zur Auslegung der Urteilsformel Tatbestand und
Entscheidungsgründe sowie in geeigneten Fällen auch das Parteivorbringen herangezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1979 – KZR 1/79, GRUR 1980, 242,
245 – Denkzettel-Aktion; Urt. v. 21.1.1986 – VI ZR 63/85, NJW 1986, 2703, 2704;
Urt. v. 21.11.1989 – KZR 17/88, WuW/E 2615, 2619 – Schulbuch-Koppelungs-
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geschäft; Urt. v. 11.11.1994 – V ZR 46/93, NJW 1995, 967; Urt. v. 8.2.1996
– IX ZR 215/94, NJW-RR 1996, 826, 827; Urt. v. 28.5.1998 – I ZR 275/95, GRUR
1999, 183, 185 – Ha-Ra/HARIVA, m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß
die Urteilsformel zu Zweifeln Anlaß gibt. Überdies ist eine solche Auslegung nur in
engen Grenzen möglich. Sie muß sich im Interesse der Rechtssicherheit an das
halten, was der Richter erkennbar zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BGH, Urt. v.
30.11.1961 – VII ZR 12/61, LM ZPO § 1042 Nr. 8; NJW 1982, 2257; Urt. v.
16.3.1999 – XI ZR 209/98, NJW-RR 1999, 1006). Das Urteil schafft daher Rechtskraft auch insoweit, als es irrigerweise über einen Anspruch entscheidet, den die
Partei nicht erhoben hatte; die Parteien müssen sich gegen ein solches Urteil
durch Einlegung des zulässigen Rechtsmittels wehren, soweit es sie beschwert
(BGHZ 34, 337, 339 f.; BGH GRUR 1999, 183, 185 – Ha-Ra/HARIVA).
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Tenor des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 4. Februar 1999 bedürfe der Auslegung; der Wortlaut lasse es offen, ob Gegenstand der gerichtlichen Prüfung und Entscheidung lediglich
die Vereinbarkeit der Wettbewerbsklausel mit materiellem Kartellrecht oder auch
die Einhaltung des Schriftformgebots des § 34 GWB a.F. gewesen sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Tenor des fraglichen Urteils läßt keinen Zweifel
daran aufkommen, daß kartellrechtliche Gründe der Wirksamkeit des Realteilungsvertrages nicht entgegenstehen. Insbesondere gibt die Urteilsformel keinen
Anlaß, zwischen der Vereinbarkeit mit materiellem und formellem Kartellrecht zu
unterscheiden.
aa) Bereits der Wortlaut des Tenors („Es wird festgestellt, daß die Wettbewerbsklausel ... nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt“) ist eindeutig.
Bei dem kartellrechtlichen Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. handelt es
sich um eine kartellrechtliche Vorschrift, deren Nichteinhaltung die Unwirksamkeit
der entsprechenden Vertragsklausel (und damit grundsätzlich des gesamten Ver-
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trages) nach sich zieht. In nichts deutet der Wortlaut auf eine Beschränkung etwa
in dem Sinne hin, daß lediglich ein Verstoß gegen das Kartell- oder das Preisbindungsverbot in Rede gestanden hätte.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann eine solche Beschränkung auch nicht dem Umstand entnommen werden, daß die Unwirksamkeit wegen
Nichteinhaltung des kartellrechtlichen Schriftformgebots nicht allein eine einzelne
Bestimmung, sondern den gesamten Vertrag betrifft (Bornkamm in Langen/Bunte,
Kartellrecht, 9. Aufl., Anh. zu § 34 GWB Rdn. 26). Der Klägerin ging es bei ihrer
Klage allein um die Durchsetzung des vertraglichen Wettbewerbsverbots, so daß
sich die Beschränkung des Antrags auf diese Bestimmung zwanglos erklärt.
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Tenor auch nicht deswegen
auslegungsbedürftig, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts am
4. Februar 1999 noch nicht feststand, mit welchem Inhalt der fragliche Vertrag zustande gekommen war. Zwar war es zwischen den Parteien streitig, ob sich die
getroffene Vereinbarung auf die Anlagen 15 und 17 bezog. Das Landgericht hat
jedoch zum Ausdruck gebracht, daß seine Entscheidung auf einer „abstrakten
kartellrechtlichen Überprüfung der Vertragsregelung, ihr wirksames Zustandekommen im übrigen unterstellt“ beruhte.
cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begründen auch die verfahrensrechtlichen Besonderheiten der kartellrechtlichen Feststellungsklage keine
Zweifel; sie unterstreichen vielmehr die Eindeutigkeit der vom Landgericht getroffenen Feststellung.
Mit Recht weist das Berufungsgericht allerdings darauf hin, daß die Feststellungsklage, über die das Landgericht Dortmund entschieden hat, unzulässig war.
Denn sie war auf die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage und nicht auf die Fest-
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stellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet
(§ 256 Abs. 1 ZPO). Dennoch waren derartige auf die Klärung einer abstrakten
Rechtsfrage gerichteten Feststellungsanträge unter der Geltung des § 96 Abs. 2
GWB a.F. nicht selten. Diese Bestimmung sah vor, daß immer dann, wenn sich in
einem Verfahren vor einem für Kartellstreitigkeiten nicht zuständigen Gericht
(§§ 87, 89, 92 GWB a.F.) eine kartellrechtliche Vorfrage stellte, das Verfahren
auszusetzen und den Parteien Gelegenheit zu geben war, die kartellrechtliche
Frage mit einer Feststellungsklage vor dem für Kartellstreitigkeiten zuständigen
Gericht zu klären. Mit dieser Feststellungsklage konnten daher abstrakte Rechtsfragen geklärt werden. Diese Besonderheit beschränkte sich aber auf die nach
Aussetzung gemäß § 96 Abs. 2 GWB a.F. erhobene Feststellungsklage. Es war
zwar möglich, eine solche Klage – wie im Streitfall – vorab beim Kartellgericht zu
erheben; für sie galten aber die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen des
§ 256 ZPO (Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 8. Aufl., § 96 GWB Rdn. 25
a.E.).
Danach war die erhobene Feststellungsklage zwar im konkreten Fall mangels eines nach § 96 Abs. 2 GWB a.F. ausgesetzten Verfahrens unzulässig;
gleichwohl war die Verfahrensweise aber nicht ungewöhnlich. Unter der Geltung
des § 96 Abs. 2 GWB a.F. wurden häufig derartige Feststellungsklagen erhoben,
in denen es immer wieder um die Klärung der kartellrechtlichen Wirksamkeit von
Verträgen ging. Zu klären waren dabei im allgemeinen die Frage einer möglichen
Unwirksamkeit nach § 1 oder § 15 GWB a.F. sowie die Einhaltung des kartellrechtlichen Schriftformerfordernisses (§ 34 GWB a.F.). Typischerweise sollten
auch sämtliche kartellrechtlichen Vorfragen geklärt werden, um eine (erneute)
Aussetzung des Hauptprozesses zu vermeiden. Die Urteilsformel, wonach die
fragliche Wettbewerbsklausel nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstieß,
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entsprach daher damals einer üblichen Tenorierung und ließ erkennen, welche
kartellrechtlichen Fragen damit geklärt sein sollten.
dd) Auch im vorliegenden Fall ist der Streitstoff vom Landgericht auf dieses
übliche Maß reduziert worden. Die Klägerin hatte nämlich die Feststellung beantragt, „daß die Wettbewerbsklausel ... wirksam ist und nicht gegen kartellrechtliche
Vorschriften verstößt“. Da sonstige Wirksamkeitsfragen nicht Gegenstand des
Verfahrens vor dem für Kartellsachen zuständigen Gericht sein sollten, hat das
Landgericht den Ausspruch entsprechend begrenzt und hierzu ausgeführt (Urteil
des Landgerichts Dortmund vom 4.2.1999 im Verfahren 13 O 180/97 (Kart.)):
Das Feststellungsinteresse der Klägerin für den Klageantrag zu 1 ist
gegeben gemäß § 96 Abs. 2 GWB a.F. ... Der Antrag ist, wie die Erörterungen im Termin ergeben haben, allein auf die abstrakte kartellrechtliche Überprüfung der Vertragsregelung, ihr wirksames Zustandekommen im übrigen unterstellt, gerichtet.
Daraus wird deutlich, daß es der Klägerin zunächst um eine noch umfassendere Feststellung zur Wirksamkeit gegangen war. Das Landgericht hielt jedoch
das Klagebegehren nur für zulässig, soweit es um die Klärung der kartellrechtlichen Wirksamkeit ging. Daß das Landgericht sich in seinem Urteil nur zur Frage
einer möglichen Unwirksamkeit nach § 1 GWB geäußert hat, erlaubt entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts nicht den Schluß, daß das Landgericht seinen
Ausspruch zur Wirksamkeit entsprechend beschränken wollte. Es ist vielmehr
gang und gäbe, daß das Gericht sich auf die von den Parteien behandelten Streitpunkte beschränkt und andere von den Parteien nicht angesprochene Punkte unerörtert läßt. Unterläuft dem Gericht hierbei ein Fehler, indem es einen Gesichtspunkt übersieht, der die Unwirksamkeit der in Rede stehenden Vertragsklausel
hätte begründen können, folgt daraus noch nicht ein Wille, den Gegenstand der
ausgesprochenen Feststellung zu beschränken.
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III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist
nunmehr darüber zu entscheiden, ob das Landgericht die Beklagte zu Recht zur
Auskunft verurteilt hat. Hierfür ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens
zu übertragen ist.
Hirsch
Goette
Raum
Bornkamm
Meier-Beck