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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. KZR 5/01
  5. Verkündet am:
  6. 16. April 2002
  7. Walz
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. BGHZ
  14. :
  15. BGHR
  16. :
  17. ja
  18. nein
  19. ja
  20. Wettbewerbsverbot in Realteilungsvertrag
  21. ZPO § 322 Abs. 1; GWB § 34 F.: 20. Februar 1990
  22. Die rechtskräftige Feststellung, daß eine bestimmte Vertragsklausel nicht gegen
  23. kartellrechtliche Vorschriften verstößt, beschränkt sich nicht allein auf Verstöße
  24. gegen materielles Kartellrecht, sondern umfaßt auch die Frage der Formwirksamkeit nach § 34 GWB a.F., § 125 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die Urteilsgründe
  25. sich mit der Frage der Formunwirksamkeit nicht auseinandersetzen.
  26. BGH, Urt. v. 16. April 2002 – KZR 5/01 – OLG Düsseldorf
  27. LG Dortmund
  28. -2-
  29. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  30. vom 16. April 2002 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch
  31. und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum und Dr. MeierBeck
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des
  34. Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Februar 2001 aufgehoben.
  35. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch
  36. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  37. Von Rechts wegen
  38. Tatbestand:
  39. Die Parteien – zwei Kommanditgesellschaften, die Leuchten und Leuchttechnik herstellen und vertreiben – sind aus einer Realteilung hervorgegangen.
  40. Ursprünglich verfügte die Klägerin über zwei Produktionsstätten, eine für Möbeleinbauleuchten und eine für Leuchtentechnik. Gesellschafter der Klägerin waren
  41. zu gleichen Teilen Uwe-Jens L.
  42. und Eckhard H.
  43. . Beide Gesellschafter
  44. kamen überein, ihre Gesellschafterbeziehungen zum Ende des Jahres 1995 in der
  45. Weise zu beenden, daß der Gesellschafter L.
  46. mit der Klägerin das Werk für
  47. -3-
  48. Möbeleinbauleuchten und der Gesellschafter H.
  49. mit der Ende 1995 gegrün-
  50. deten Beklagten das Werk für Leuchtentechnik fortführen sollten.
  51. Ab 1. Januar 1996 wurden beide Betriebe getrennt geführt. Die beiden Gesellschafter verhandelten in der Folgezeit, um die Modalitäten der Trennung zu regeln. Am 20. Mai 1996 kam es schließlich zu einem Realteilungsvertrag zwischen
  52. den Parteien, an dem auch die beiden persönlich haftenden Komplementärgesellschaften sowie die beiden Gesellschafter L.
  53. und H.
  54. beteiligt waren. § 15
  55. dieses Vertrages enthält die folgende Wettbewerbsklausel:
  56. [Die Beklagte] wird sich im Vertrieb im wesentlichen auf Leuchtenhersteller, Elektrogroßhandel, Messebauer und Elektrohandel beschränken. Die Vertriebsbereiche Serienmöbelhersteller, Möbelzulieferer, Großhändler gemäß Anl. 15 zu diesem Vertrage,
  57. Innenausbauer, Ladenbauer, Messebauer mit ha.
  58. -Produkten, Wohnwagenhersteller und – mit den unten geregelten Ausnahmen – Paneelhersteller werden von [der
  59. Beklagten] nicht bearbeitet und nicht beliefert. Produkte gem. Anl. 16 aus dem ha.
  60. Programm per Übertragungsstichtag werden von [der Beklagten] nicht vertrieben.
  61. Diese Wettbewerbsklausel gilt nur für Deutschland und ist in ihrer Wirksamkeit aus
  62. rechtlichen Gründen auf 2 Jahre nach Abschluß dieses Vertrages beschränkt.
  63. In Ausnahme der vorstehenden Wettbewerbsbeschränkung ist ausschließlich [die Beklagte] zur Belieferung von Hü. mit allen verbundenen Unternehmen berechtigt. Die
  64. e.
  65. -Kunden werden ausschließlich von [der Klägerin] beliefert. Gegenseitigen Kundenschutz gewähren sich [die Klägerin] und [die Beklagte] für die Paneelhersteller
  66. gemäß Anl. 17 zu diesem Vertrage. Die Übernahme weiterer Paneelhersteller bedarf
  67. in jedem Fall der vorherigen Abstimmung.
  68. Bei Verstoß gegen die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung zahlt der übertretende
  69. Beteiligte an den anderen Beteiligten eine Vertragsstrafe von 25 % des Umsatzes aus
  70. allen betreffenden Geschäften. ...
  71. Die Anlage 15 enthält eine Liste mit den Namen von zwanzig inländischen
  72. und elf ausländischen Großhändlern. Anlage 17 enthält eine Tabelle mit den Namen von insgesamt 25 Paneelherstellern, von denen sechzehn der Klägerin und
  73. neun der Beklagten zugeordnet sind.
  74. -4-
  75. Zwischen den Parteien ist streitig, ob Einigkeit über diese – von den Vertragspartnern nicht unterzeichneten und mit dem Hauptvertrag nicht fest verbundenen – Anlagen bestand.
  76. Nach Unterzeichnung des Realteilungsvertrags kam es zwischen den Parteien unter anderem deswegen zum Streit, weil die Beklagte einen in Anlage 17 der
  77. Klägerin zugeordneten Paneelhersteller beliefert hatte.
  78. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung im einzelnen bezeichneter
  79. Vertriebshandlungen in Anspruch genommen und – nachdem Zweifel an der kartellrechtlichen Wirksamkeit des Wettbewerbsverbotes geäußert worden waren –
  80. die Feststellung beantragt, „daß die Wettbewerbsklausel ... in § 15 des Realteilungsvertrages ... wirksam ist und nicht gegen kartellrechtliche Bestimmungen verstößt“. Ferner hat die Klägerin Auskunft über weitere gegen die Wettbewerbsklausel verstoßende Vertriebshandlungen der Beklagten begehrt und – als zweite
  81. Stufe – Zahlung einer sich aus der Auskunft errechnenden Vertragsstrafe verlangt.
  82. Das als Kartellgericht angerufene Landgericht Dortmund hat die beiden Verfahrensteile getrennt und über die Unterlassungs- und Feststellungsklagen gesondert entschieden. Durch Urteil vom 4. Februar 1999 hat es die Unterlassungsklage
  83. mit der Begründung abgewiesen, die für das Wettbewerbsverbot als Geltungsdauer vereinbarten zwei Jahre seien verstrichen; es hat jedoch festgestellt, „daß die
  84. Wettbewerbsklausel in § 15 des Realteilungsvertrages der Parteien vom 20. Mai
  85. 1996 nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt“. In den Urteilsgründen
  86. heißt es hierzu:
  87. Die Wettbewerbsregelung in § 15 des Realteilungsvertrages vom 20. Mai 1996 ist
  88. kartellrechtswirksam. Ein Verstoß gegen § 1 GWB liegt nicht vor. Dabei kann es dahinstehen, ob die Regelung in § 15 des Vertrages zur Sicherung der mit dem Realteilungsvertrag bezweckten Auseinandersetzung der Gesellschafter erforderlich war.
  89. Hierfür dürfte einiges sprechen. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, läge eine Unwirk-
  90. -5-
  91. samkeit nach § 1 GWB aber nur vor, wenn eine spürbare Beeinflussung der Marktverhältnisse durch das Kartell vorliegt. ...
  92. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden.
  93. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Stufenklage. Nach Beweisaufnahme hat das Landgericht die Beklagte mit Teilurteil vom 11. Mai 2000 – wie
  94. beantragt – zur Auskunftserteilung verurteilt. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte sich erstmals darauf berufen, die Wettbewerbsklausel sei wegen Verstoßes
  95. gegen das kartellrechtliche Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. i.V. mit
  96. § 125 BGB nichtig, weil die Vertragsanlagen 15 und 17 weder unterzeichnet noch
  97. mit der Haupturkunde fest verbunden seien. Das Berufungsgericht hat die Stufenklage in vollem Umfang abgewiesen.
  98. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Die Akten
  99. des Landgerichts Dortmund 13 O 180/97 (Kart.) sind beigezogen worden und waren – insbesondere das Urteil vom 4. Februar 1999 – Gegenstand der mündlichen
  100. Verhandlung.
  101. Entscheidungsgründe:
  102. I.
  103. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten für zulässig er-
  104. achtet, weil die in erster Instanz zur Erteilung einer Auskunft verurteilte Beklagte
  105. mit mehr als 1.500 DM beschwert sei. Die Berufung sei auch begründet. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch stehe der Klägerin nicht zu, weil der Realteilungsvertrag wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Schriftformerfordernis
  106. nichtig sei. Dem stehe die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Dortmund vom
  107. -6-
  108. 4. Februar 1999 nicht entgegen. Urteile seien nur insoweit der Rechtskraft fähig,
  109. als über den Streitgegenstand entschieden worden sei. Inwieweit das Gericht über
  110. den Streitgegenstand entschieden habe, sei durch Auslegung der Urteilsformel zu
  111. ermitteln, wobei – soweit Zweifel bestünden – der Tatbestand und die Entscheidungsgründe heranzuziehen seien. Das in Rede stehende Urteil vom 4. Februar
  112. 1999 sei in dieser Hinsicht der Auslegung zugänglich. Denn der Wortlaut der Urteilsformel lasse es offen, ob Gegenstand der gerichtlichen Prüfung und Entscheidung lediglich die Vereinbarkeit der umstrittenen Klausel mit materiellem Kartellrecht oder auch die Einhaltung des Schriftformgebots gewesen sei. Zwischen den
  113. Parteien sei die Frage der kartellrechtlichen Wirksamkeit allein im Hinblick auf § 1
  114. GWB erörtert worden. Dementsprechend äußerten sich auch die Entscheidungsgründe ausschließlich zu dieser Frage.
  115. Das Berufungsgericht hat ferner darauf hingewiesen, daß der Feststellungsantrag auf die (unzulässige) Klärung einer Rechtsfrage gerichtet gewesen sei.
  116. Zwar entfalte das – an sich unstatthafte – Feststellungsurteil des Landgerichts
  117. Rechtswirkung und entfalte Rechtskraft. Eine extensive Auslegung des Urteils
  118. komme aber unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht.
  119. II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
  120. Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
  121. 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufung der Beklagten sei
  122. zulässig, weil der Wert der Beschwer 1.500 DM übersteige (§ 511a Abs. 1 ZPO
  123. a.F.), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
  124. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß sich der Wert
  125. des Beschwerdegegenstandes im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen
  126. die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft in erster Linie nach dem Aufwand an
  127. -7-
  128. Zeit und Kosten bemißt, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert
  129. (BGHZ 128, 85, 87 ff.; BGH, Urt. v. 24.6.1999 – IX ZR 351/98, NJW 1999, 3050);
  130. auf ein ebenfalls zu berücksichtigendes Geheimhaltungsinteresse hat sich die Beklagte nicht berufen. Soweit die Revision zulässig ist, ist die Bemessung der Beschwer vom Revisionsgericht überprüfbar. Da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, beschränkt sich diese Prüfung jedoch darauf, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder ob es
  131. von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
  132. Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.1992 – VIII ZB 2/92, NJW
  133. 1992, 2020; NJW 1999, 3050 m.w.N.; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 511 Rdn. 39).
  134. Derartige Ermessensfehler zeigt die Revision indessen nicht auf.
  135. Nicht zu beanstanden ist es, daß die eidesstattlichen Versicherungen der
  136. beiden Mitarbeiter der Beklagten F.
  137. und M.
  138. , auf die sich das Berufungsge-
  139. richt stützt, nicht im Original, sondern nur in Fernkopie (Telefax) vorgelegen haben. Eidesstattliche Versicherungen sind nicht formbedürftig. Sie können auch per
  140. Telefax abgegeben werden (BayObLG NJW 1996, 406, 407 zu § 156 StGB; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 294 Rdn. 4). Die Tatsache, daß – anders als in dem
  141. zitierten Fall des Bayerischen Obersten Landesgerichts – das Telefax hier vom
  142. Absender an den Anwalt (mit der Bestimmung, es bei Gericht zu verwenden) und
  143. nicht unmittelbar an das Gericht geschickt worden ist, mag im Rahmen der strafrechtlichen Beurteilung eine Rolle spielen. Im Streitfall ist sie nicht von maßgeblicher Bedeutung. Denn die Glaubwürdigkeit der beiden Mitarbeiter hängt nicht entscheidend davon ab, ob das Gericht ihre Bekundungen als eidesstattliche Versicherungen oder als schriftliche Erklärungen von Zeugen (§ 377 Abs. 3 ZPO) bewertet. Auch letztere sind als Mittel der Glaubhaftmachung zugelassen (vgl. Zöller/Greger aaO § 294 Rdn. 5; Musielak/Huber aaO § 294 Rdn. 4). Für den Beweiswert der Urkunden ist nicht von maßgeblicher Bedeutung, nach welcher Be-
  144. -8-
  145. stimmung sich die beiden Mitarbeiter im Falle einer unrichtigen Erklärung strafbar
  146. gemacht hätten, zumal sie im Streitfall aufgrund der erfolgten Belehrung von einer
  147. Strafbarkeit nach § 156 StGB ausgehen mußten.
  148. Das Vorbringen der Beklagten kann auch nicht deswegen als unglaubhaft
  149. eingestuft werden, weil eine Löschung der EDV-Daten vor Ablauf der in § 257
  150. Abs. 4 HGB bestimmten Aufbewahrungsfristen unwahrscheinlich sei. Die Beklagte
  151. hat nicht behauptet, sie habe die aufzubewahrenden Unterlagen vernichtet oder
  152. gelöscht. Vielmehr sind die Kundenaufträge nach Darstellung der Beklagten noch
  153. vorhanden; sie müssen jedoch mit erheblichem Aufwand einzeln durchgesehen
  154. werden, weil die entsprechenden Daten nicht mehr im Computer gespeichert sind.
  155. 2. Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht den Realteilungsvertrag wegen eines Verstoßes gegen das kartellrechtliche Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. als nichtig angesehen hat. Dieser Beurteilung steht
  156. das zwischen den Parteien ergangene Urteil des Landgerichts Dortmund vom
  157. 4. Februar 1999 entgegen, in dem rechtskräftig festgestellt worden ist, daß die
  158. Wettbewerbsklausel in § 15 des Realteilungsvertrags der Parteien vom 20. Mai
  159. 1996 nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt.
  160. a) Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß für die
  161. Grenzen der Rechtskraft eines Urteils auf die Urteilsformel abzustellen ist, der in
  162. erster Linie der Inhalt der Entscheidung zu entnehmen ist (BGH, Urt. v. 15.6.1982
  163. – VI ZR 179/80, NJW 1982, 2257; Urt. v. 23.1.1979 – VI ZR 199/77, NJW 1979,
  164. 1046, 1047). Allerdings können zur Auslegung der Urteilsformel Tatbestand und
  165. Entscheidungsgründe sowie in geeigneten Fällen auch das Parteivorbringen herangezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1979 – KZR 1/79, GRUR 1980, 242,
  166. 245 – Denkzettel-Aktion; Urt. v. 21.1.1986 – VI ZR 63/85, NJW 1986, 2703, 2704;
  167. Urt. v. 21.11.1989 – KZR 17/88, WuW/E 2615, 2619 – Schulbuch-Koppelungs-
  168. -9-
  169. geschäft; Urt. v. 11.11.1994 – V ZR 46/93, NJW 1995, 967; Urt. v. 8.2.1996
  170. – IX ZR 215/94, NJW-RR 1996, 826, 827; Urt. v. 28.5.1998 – I ZR 275/95, GRUR
  171. 1999, 183, 185 – Ha-Ra/HARIVA, m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß
  172. die Urteilsformel zu Zweifeln Anlaß gibt. Überdies ist eine solche Auslegung nur in
  173. engen Grenzen möglich. Sie muß sich im Interesse der Rechtssicherheit an das
  174. halten, was der Richter erkennbar zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BGH, Urt. v.
  175. 30.11.1961 – VII ZR 12/61, LM ZPO § 1042 Nr. 8; NJW 1982, 2257; Urt. v.
  176. 16.3.1999 – XI ZR 209/98, NJW-RR 1999, 1006). Das Urteil schafft daher Rechtskraft auch insoweit, als es irrigerweise über einen Anspruch entscheidet, den die
  177. Partei nicht erhoben hatte; die Parteien müssen sich gegen ein solches Urteil
  178. durch Einlegung des zulässigen Rechtsmittels wehren, soweit es sie beschwert
  179. (BGHZ 34, 337, 339 f.; BGH GRUR 1999, 183, 185 – Ha-Ra/HARIVA).
  180. b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Tenor des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 4. Februar 1999 bedürfe der Auslegung; der Wortlaut lasse es offen, ob Gegenstand der gerichtlichen Prüfung und Entscheidung lediglich
  181. die Vereinbarkeit der Wettbewerbsklausel mit materiellem Kartellrecht oder auch
  182. die Einhaltung des Schriftformgebots des § 34 GWB a.F. gewesen sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Tenor des fraglichen Urteils läßt keinen Zweifel
  183. daran aufkommen, daß kartellrechtliche Gründe der Wirksamkeit des Realteilungsvertrages nicht entgegenstehen. Insbesondere gibt die Urteilsformel keinen
  184. Anlaß, zwischen der Vereinbarkeit mit materiellem und formellem Kartellrecht zu
  185. unterscheiden.
  186. aa) Bereits der Wortlaut des Tenors („Es wird festgestellt, daß die Wettbewerbsklausel ... nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt“) ist eindeutig.
  187. Bei dem kartellrechtlichen Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. handelt es
  188. sich um eine kartellrechtliche Vorschrift, deren Nichteinhaltung die Unwirksamkeit
  189. der entsprechenden Vertragsklausel (und damit grundsätzlich des gesamten Ver-
  190. - 10 -
  191. trages) nach sich zieht. In nichts deutet der Wortlaut auf eine Beschränkung etwa
  192. in dem Sinne hin, daß lediglich ein Verstoß gegen das Kartell- oder das Preisbindungsverbot in Rede gestanden hätte.
  193. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann eine solche Beschränkung auch nicht dem Umstand entnommen werden, daß die Unwirksamkeit wegen
  194. Nichteinhaltung des kartellrechtlichen Schriftformgebots nicht allein eine einzelne
  195. Bestimmung, sondern den gesamten Vertrag betrifft (Bornkamm in Langen/Bunte,
  196. Kartellrecht, 9. Aufl., Anh. zu § 34 GWB Rdn. 26). Der Klägerin ging es bei ihrer
  197. Klage allein um die Durchsetzung des vertraglichen Wettbewerbsverbots, so daß
  198. sich die Beschränkung des Antrags auf diese Bestimmung zwanglos erklärt.
  199. bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Tenor auch nicht deswegen
  200. auslegungsbedürftig, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts am
  201. 4. Februar 1999 noch nicht feststand, mit welchem Inhalt der fragliche Vertrag zustande gekommen war. Zwar war es zwischen den Parteien streitig, ob sich die
  202. getroffene Vereinbarung auf die Anlagen 15 und 17 bezog. Das Landgericht hat
  203. jedoch zum Ausdruck gebracht, daß seine Entscheidung auf einer „abstrakten
  204. kartellrechtlichen Überprüfung der Vertragsregelung, ihr wirksames Zustandekommen im übrigen unterstellt“ beruhte.
  205. cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begründen auch die verfahrensrechtlichen Besonderheiten der kartellrechtlichen Feststellungsklage keine
  206. Zweifel; sie unterstreichen vielmehr die Eindeutigkeit der vom Landgericht getroffenen Feststellung.
  207. Mit Recht weist das Berufungsgericht allerdings darauf hin, daß die Feststellungsklage, über die das Landgericht Dortmund entschieden hat, unzulässig war.
  208. Denn sie war auf die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage und nicht auf die Fest-
  209. - 11 -
  210. stellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet
  211. (§ 256 Abs. 1 ZPO). Dennoch waren derartige auf die Klärung einer abstrakten
  212. Rechtsfrage gerichteten Feststellungsanträge unter der Geltung des § 96 Abs. 2
  213. GWB a.F. nicht selten. Diese Bestimmung sah vor, daß immer dann, wenn sich in
  214. einem Verfahren vor einem für Kartellstreitigkeiten nicht zuständigen Gericht
  215. (§§ 87, 89, 92 GWB a.F.) eine kartellrechtliche Vorfrage stellte, das Verfahren
  216. auszusetzen und den Parteien Gelegenheit zu geben war, die kartellrechtliche
  217. Frage mit einer Feststellungsklage vor dem für Kartellstreitigkeiten zuständigen
  218. Gericht zu klären. Mit dieser Feststellungsklage konnten daher abstrakte Rechtsfragen geklärt werden. Diese Besonderheit beschränkte sich aber auf die nach
  219. Aussetzung gemäß § 96 Abs. 2 GWB a.F. erhobene Feststellungsklage. Es war
  220. zwar möglich, eine solche Klage – wie im Streitfall – vorab beim Kartellgericht zu
  221. erheben; für sie galten aber die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen des
  222. § 256 ZPO (Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 8. Aufl., § 96 GWB Rdn. 25
  223. a.E.).
  224. Danach war die erhobene Feststellungsklage zwar im konkreten Fall mangels eines nach § 96 Abs. 2 GWB a.F. ausgesetzten Verfahrens unzulässig;
  225. gleichwohl war die Verfahrensweise aber nicht ungewöhnlich. Unter der Geltung
  226. des § 96 Abs. 2 GWB a.F. wurden häufig derartige Feststellungsklagen erhoben,
  227. in denen es immer wieder um die Klärung der kartellrechtlichen Wirksamkeit von
  228. Verträgen ging. Zu klären waren dabei im allgemeinen die Frage einer möglichen
  229. Unwirksamkeit nach § 1 oder § 15 GWB a.F. sowie die Einhaltung des kartellrechtlichen Schriftformerfordernisses (§ 34 GWB a.F.). Typischerweise sollten
  230. auch sämtliche kartellrechtlichen Vorfragen geklärt werden, um eine (erneute)
  231. Aussetzung des Hauptprozesses zu vermeiden. Die Urteilsformel, wonach die
  232. fragliche Wettbewerbsklausel nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften verstieß,
  233. - 12 -
  234. entsprach daher damals einer üblichen Tenorierung und ließ erkennen, welche
  235. kartellrechtlichen Fragen damit geklärt sein sollten.
  236. dd) Auch im vorliegenden Fall ist der Streitstoff vom Landgericht auf dieses
  237. übliche Maß reduziert worden. Die Klägerin hatte nämlich die Feststellung beantragt, „daß die Wettbewerbsklausel ... wirksam ist und nicht gegen kartellrechtliche
  238. Vorschriften verstößt“. Da sonstige Wirksamkeitsfragen nicht Gegenstand des
  239. Verfahrens vor dem für Kartellsachen zuständigen Gericht sein sollten, hat das
  240. Landgericht den Ausspruch entsprechend begrenzt und hierzu ausgeführt (Urteil
  241. des Landgerichts Dortmund vom 4.2.1999 im Verfahren 13 O 180/97 (Kart.)):
  242. Das Feststellungsinteresse der Klägerin für den Klageantrag zu 1 ist
  243. gegeben gemäß § 96 Abs. 2 GWB a.F. ... Der Antrag ist, wie die Erörterungen im Termin ergeben haben, allein auf die abstrakte kartellrechtliche Überprüfung der Vertragsregelung, ihr wirksames Zustandekommen im übrigen unterstellt, gerichtet.
  244. Daraus wird deutlich, daß es der Klägerin zunächst um eine noch umfassendere Feststellung zur Wirksamkeit gegangen war. Das Landgericht hielt jedoch
  245. das Klagebegehren nur für zulässig, soweit es um die Klärung der kartellrechtlichen Wirksamkeit ging. Daß das Landgericht sich in seinem Urteil nur zur Frage
  246. einer möglichen Unwirksamkeit nach § 1 GWB geäußert hat, erlaubt entgegen der
  247. Auffassung des Berufungsgerichts nicht den Schluß, daß das Landgericht seinen
  248. Ausspruch zur Wirksamkeit entsprechend beschränken wollte. Es ist vielmehr
  249. gang und gäbe, daß das Gericht sich auf die von den Parteien behandelten Streitpunkte beschränkt und andere von den Parteien nicht angesprochene Punkte unerörtert läßt. Unterläuft dem Gericht hierbei ein Fehler, indem es einen Gesichtspunkt übersieht, der die Unwirksamkeit der in Rede stehenden Vertragsklausel
  250. hätte begründen können, folgt daraus noch nicht ein Wille, den Gegenstand der
  251. ausgesprochenen Feststellung zu beschränken.
  252. - 13 -
  253. III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist
  254. nunmehr darüber zu entscheiden, ob das Landgericht die Beklagte zu Recht zur
  255. Auskunft verurteilt hat. Hierfür ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens
  256. zu übertragen ist.
  257. Hirsch
  258. Goette
  259. Raum
  260. Bornkamm
  261. Meier-Beck