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BUNDESGERICHTSHOF
I ZB 4/99
BESCHLUSS
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 396 03 799
Verkündet am:
11. Oktober 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2001 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 30. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 1. Februar
1999 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000 DM
festgesetzt.
Gründe:
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 26. April 1996 die Marke
Nr. 396 03 799
OMEPRAZOC
für die Waren
"pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie
Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für
medizinische Zwecke, Babykost, Pflaster, Verbandmaterial"
-3-
in das Markenregister eingetragen.
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt Antrag
auf Löschung der Marke gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marke habe wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2
MarkenG nicht eingetragen werden dürfen. Sie sei praktisch identisch mit dem
International Nonproprietary Name (INN) "Omeprazol".
Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Löschungsantrag zurückgewiesen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr
Löschungsbegehren weiter. Die Markeninhaberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
auf den Beschluß in dem Verfahren 30 W (pat) 181/98 Bezug genommen, der
Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens I ZB 5/99 vor dem Bundesgerichtshof war. In jener Sache hat das Bundespatentgericht angenommen, daß
die Marke "OMEPRAZOK", die Gegenstand des Verfahrens war, nicht zu löschen sei, weil kein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-3, Nr. 4 oder Nr. 9
MarkenG gegeben sei.
-4-
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
Eine Marke ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1, § 54 Abs. 1
MarkenG auf Antrag wegen Nichtigkeit zu löschen, wenn die Eintragung hätte
versagt werden müssen, weil im Eintragungszeitpunkt ein absolutes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 MarkenG bestanden hat, und dieses Schutzhindernis
noch zur Zeit der Entscheidung über den Löschungsantrag besteht.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Bundespatentgericht
zutreffend verneint.
1. Das Bundespatentgericht ist für das Zeichen "OMEPRAZOC" mit
Recht nicht von einem Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
ausgegangen.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für
die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens
gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (BGH, Beschl.
v. 1.3.2001 - I ZB 42/98, GRUR 2001, 1151, 1152 = WRP 2001, 1082 - marktfrisch; Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042 = WRP 2001, 1205
- REICH UND SCHOEN; Beschl. v. 17.5.2001 - I ZB 60/98, GRUR 2001, 1043,
1044 = WRP 2001, 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97,
-5-
Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922, 924 Tz. 28 - Canon; Urt. v. 4.10.2001
- Rs. C-517/99, GRUR 2001, 1148, 1149 Tz. 22 = WRP 2001, 1272 - Bravo;
BGH, Beschl. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95, GRUR 1999, 245, 246 = WRP 1999,
196 - LIBERO; Beschl. v. 28.6.2001 - I ZB 1/99, GRUR 2002, 64 = WRP 2001,
1445 - INDIVIDUELLE). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, das heißt jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft
reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden.
Im Streitfall geht es um die Abwandlung eines warenbeschreibenden
Fachausdrucks. Das Zeichen "OMEPRAZOC" ist nach den Feststellungen des
Bundespatentgerichts angelehnt an den International Nonproprietary Name
(INN) "Omeprazol". Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes fehlt
der Abwandlung eines derartigen Fachbegriffs die Unterscheidungskraft, soweit die abgewandelte Bezeichnung keine individualisierende Eigenheit aufweist. Davon ist auszugehen, wenn der Verkehr in der Abwandlung ohne weiteres den ihm bekannten Fachbegriff als solchen erkennt und zu erwarten ist,
daß auch die Teile des Verkehrs, denen der Fachbegriff nicht bekannt ist, in
der Abwandlung die Sachbezeichnung selbst - und nicht nur eine inhaltliche
Bezugnahme auf den Fachbegriff - ohne weiteres erkennen werden, wenn sie
das Fachwort kennengelernt haben (vgl. BGHZ 91, 262, 264 f. - Indorektal I;
BGH, Beschl. v. 5.5.1994 - I ZB 6/92, GRUR 1994, 803, 804 - TRILOPIROX;
Beschl. v. 23.6.1994 - I ZB 7/92, GRUR 1994, 805, 806 - Alphaferon; Beschl. v.
19.10.1994 - I ZB 10/92, GRUR 1995, 48, 49 - Metoproloc). Von diesen Grundsätzen ist das Bundespatentgericht ausgegangen und hat zutreffend das Vorliegen der Unterscheidungskraft des Markenwortes bejaht. Das Deutsche Patent- und Markenamt, dessen Entscheidung das Bundespatentgericht ergänzend herangezogen hat, hat hierzu festgestellt, das medizinische Laienpubli-
-6-
kum fasse die Bezeichnung "OMEPRAZOC" als phantasievolles Kunstwort auf.
Von Fachleuten, denen der Wirkstoff Omeprazol bekannt sei, werde der Marke
"OMEPRAZOC" herkunftshinweisende Eigenart beigemessen. Die Endsilbe
"ZOC" der Marke unterscheide sich von der Endung des INN in schriftbildlicher
und klanglicher Hinsicht deutlich. "ZOC" trete in empfohlenen Wirkstoffbezeichnungen nicht auf, während "ol" ein geläufiger Wortabschluß von Wirkstoffen sei (vgl. hierzu auch BGH GRUR 1995, 48, 49 - Metoproloc). Diese
nicht angegriffenen Feststellungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
2. Ein Freihaltebedürfnis des Verkehrs (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) an
der Marke "OMEPRAZOC" hat das Bundespatentgericht ebenfalls zutreffend
verneint. Die Marke hebt sich von dem freizuhaltenden INN "Omeprazol" ausreichend deutlich ab. Verwechslungen mit dem INN sind wegen des deutlichen
Unterschieds zwischen dem Markenwort und dem Fachbegriff nicht zu erwarten
(vgl. hierzu auch Abschnitt III.1.). Behinderungen der Mitbewerber bei der Benutzung des freihaltebedürftigen Fachbegriffs Omeprazol sind ebenfalls nicht
zu befürchten, weil der Schutzumfang von Zeichen, die an freihaltebedürftige
Angaben angelehnt sind, eng zu bemessen ist (vgl. BGH GRUR 1994, 805,
807 - Alphaferon; BGH GRUR 1995, 48, 49 - Metoproloc; zum begrenzten
Schutzumfang vgl. auch BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 57/98, GRUR 2001,
1154, 1156 = WRP 2001, 1198 - Farbmarke violettfarben).
3. Das Bundespatentgericht hat mit Recht auch ein Schutzhindernis
nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG verneint. Die Bedeutung der Bestimmung erschöpft sich darin, allgemein gebräuchliche oder verkehrsübliche Bezeichnungen für die jeweils in Frage stehenden Waren von der Eintragung auszuschlie-
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ßen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1150 Tz. 40 f. - Bravo; BGH, Beschl. v.
8.12.1999 - I ZB 21/97, GRUR 2000, 323, 324 = WRP 2000, 300 - Partner with
the Best; Beschl. v. 24.2.2000 - I ZB 13/98, GRUR 2000, 722, 723 = WRP
2000, 741 - LOGO). Dazu zählt das sich von dem Fachbegriff Omeprazol hinreichend deutlich abhebende Markenwort "OMEPRAZOC" nicht.
4. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das absolute
Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sei gegeben.
Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen,
die geeignet sind, das Publikum über die Art oder die Beschaffenheit der Waren zu täuschen.
Bei der Beurteilung, ob ein solches Schutzhindernis besteht, geht es um
die Irreführung durch den Zeicheninhalt und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet
sein kann, irreführende Vorstellungen zu erwecken. Dabei wird der Zeicheninhalt im wesentlichen geprägt durch die Waren oder Dienstleistungen, für welche der markenrechtliche Schutz beansprucht wird (vgl. zu § 4 Abs. 2 Nr. 4
WZG: BGH, Beschl. v. 30.9.1993 - I ZB 16/91, GRUR 1994, 120, 121
- EUROCONSULT; BPatG GRUR 1991, 145, 146 - Mascasano; vgl. weiter zu
§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG: Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn. 299, 306; Althammer/
Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rdn. 225).
Ist für die entsprechenden Waren des Warenverzeichnisses eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt das
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absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG für diese nicht vor (vgl.
zu § 4 Abs. 2 Nr. 4 WZG: BPatG GRUR 1989, 593, 594 - Molino; BPatG GRUR
1991, 145 f. - Mascasano; BPatG GRUR 1992, 516, 517 - EGGER NATURBRÄU; zu § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG: Fezer aaO § 8 Rdn. 306; Althammer/
Ströbele aaO § 8 Rdn. 230; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 8 Rdn. 99).
Danach ist für Arzneimittel eine Täuschungseignung im Sinne von § 8
Abs. 2 Nr. 4 MarkenG insgesamt zu verneinen, weil die Marke jedenfalls für
Arzneimittel, die Omeprazol enthalten, ohne die Gefahr einer Irreführung benutzt werden kann.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Bundespatentgericht aber auch für die übrigen Waren, für die die Marke eingetragen ist, eine
Täuschungseignung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG rechtsfehlerfrei
verneint. Es hat hierzu festgestellt, das Fachpublikum wisse, daß Omeprazol
ein Wirkstoff sei, der nur in Arzneimitteln verwendet werde. Omeprazol werde
als Ulkusmittel und Protonenpumpenhemmer benutzt. Bei anderen Erzeugnissen werde der Fachmann einen Bezug zu diesem Inhaltsstoff nicht herstellen.
Mit ihrer gegenteiligen Wertung für veterinärmedizinische und diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke sei die Annahme, sie enthielten den Wirkstoff Omeprazol, naheliegend und für die übrigen Waren sei diese Annahme
nicht ausgeschlossen, begibt sich die Rechtsbeschwerde auf das ihr grundsätzlich verschlossene Gebiet tatrichterlicher Würdigung. Sie verweist insoweit
auch nur auf die Möglichkeit einer irreführenden Verwendung der Marke. Damit
kann sie jedoch im Löschungsverfahren bei der Beurteilung des absoluten
Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht gehört werden.
-9-
5. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde weiter unter Hinweis auf
Art. 1 Abs. 2 1. Spiegelstrich der Richtlinie 92/27/EWG des Rates über die Etikettierung und die Packungsbeilage von Humanarzneimitteln vom 31. März
1992 (ABl. EG Nr. L 113 v. 30.4.1992, S. 8) geltend, das Zeichen
"OMEPRAZOC" habe nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG nicht eingetragen werden
dürfen, weil eine Verwechslungsgefahr mit dem International Nonproprietary
Name (INN) "Omeprazol" bestehe.
Aufgrund der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG sind Marken von
der Eintragung ausgeschlossen, deren Benutzung ersichtlich nach "sonstigen
Vorschriften", das heißt nach Vorschriften außerhalb des Markenrechts, im ö ffentlichen Interesse untersagt werden kann.
Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Bundespatentgericht angenommen, daß Art. 1 Abs. 2 1. Spiegelstrich der Richtlinie 92/27/EWG für die Marke
"OMEPRAZOC" kein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG begründet. Nach dieser Vorschrift darf ein Arzneimittel nicht mit einer Phantasiebezeichnung in den Verkehr gebracht werden, die zu Verwechslungen mit einer
gebräuchlichen Bezeichnung führt. Es kann offenbleiben, ob die Richtlinienvorschrift, die nicht als solche umgesetzt worden ist, die Eintragungsbehörde bei
der Anwendung des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG bindet, weil auch daraus im vorliegenden Verfahren kein Schutzhindernis abzuleiten wäre.
Die Benutzung der Marke ist für die Waren, für die Schutz besteht, möglich, ohne gegen Art. 1 Abs. 2 1. Spiegelstrich der Richtlinie 92/27/EWG zu
verstoßen. Von den Waren, für die die Marke eingetragen ist, werden veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diä-
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tetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost, Pflaster, Verbandmaterial durch die Richtlinie 92/27/EWG nicht erfaßt. Der Warenbereich der
pharmazeutischen Erzeugnisse, auf den sich die Markeneintragung ebenfalls
bezieht, ist weiter als der Anwendungsbereich der Richtlinie 92/27/EWG. Die
Richtlinie betrifft nach ihrem Art. 1 Abs. 1 die Etikettierung und die Packungsbeilage von Humanarzneimitteln, auf die die Kapitel II bis V der Richtlinie
65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (ABl. EG Nr. 22 v. 9.2.1965,
S. 369) anwendbar sind. Dies sind nach Art. 1 Nr. 4 und Nr. 5, Art. 2 der Richtlinie 65/65/EWG im wesentlichen Arzneispezialitäten zur Anwendung beim
Menschen (zum Begriff der Arzneispezialitäten vgl. Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie
65/65/EWG). Von den pharmazeutischen Erzeugnissen werden danach durch
die Richtlinie 92/27/EWG alle pharmazeutischen Grundstoffe und Arzneimittel,
die nach einer Einzelrezeptur hergestellt werden, nicht erfaßt. Dies reicht aus,
um auch die Waren "pharmazeutische Erzeugnisse" von der Eintragung nicht
auszuschließen (vgl. Fezer aaO § 8 Rdn. 403). Denn es ist nicht erforderlich,
daß die Benutzung sämtlicher unter einen Warenbegriff fallender Produkte
rechtlich zulässig ist.
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Antragstellerin
(§ 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) zurückzuweisen.
v. Ungern-Sternberg
Starck
Büscher
Pokrant
Schaffert