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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 443/18
vom
4. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:041218B4STR443.18.0
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. Dezember 2018 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 18. Mai 2018 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet
sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision
des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
2
Nach den Feststellungen versetzte der Angeklagte, der an einer hebephrenen Schizophrenie leidet, dem elf Jahre alten Geschädigten, der auf seinem Fahrrad an dem Angeklagten vorbeifahren wollte, unvermittelt einen Stoß
mit den Händen, wodurch der Geschädigte von seinem Fahrrad stürzte und
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gegen einen Zaun prallte. Dabei ging es dem Angeklagten wie bereits mehrfach zuvor in der Vergangenheit darum, sich in den Besitz des Fahrrades zu
bringen. Nachdem der Geschädigte infolge des Sturzes die Gewalt über das
Fahrrad verloren hatte, nahm der Angeklagte es wie von vornherein beabsichtigt an sich und flüchtete. Der Geschädigte trug durch den Sturz eine Schwellung an der Stirn davon und litt an Kopfschmerzen und Schwindel.
3
Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Fähigkeit des Angeklagten entsprechend der vorhandenen Unrechtseinsicht zu handeln, bei Begehung der Tat krankheitsbedingt aufgehoben war. Sie hat dies den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen folgend damit begründet, dass der
Angeklagte, den die Zeugen „etwas wirr“ erlebt hätten, seine Handlungen nicht
richtig willensmäßig habe steuern können.
II.
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1. Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus kann nicht bestehen bleiben, weil die vom Landgericht vorgenommene
Schuldfähigkeitsbeurteilung durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
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a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63
StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts
schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht.
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Die Diagnose einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis führt
für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der
Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung,
in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der
Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat
(st. Rspr.; vgl. Beschlüsse vom 12. Oktober 2016 4 StR 78/16, StV 2017,
588; vom 23. August 2012 1 StR 389/12, NStZ 2013, 98; vom 24. April 2012
5 StR 150/12, NStZ-RR 2012, 239; vom 29. Mai 2012 2 StR 139/12,
NStZ-RR 2012, 306, 307).
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b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
Weder die im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen vorgenommene Wertung der Strafkammer, der Angeklagte habe im Tatzeitpunkt seine Handlungen nicht richtig willensmäßig steuern können, noch das von nicht
näher bezeichneten Zeugen als „etwas wirr“ erlebte Verhalten des Angeklagten
werden in den Urteilsgründen durch Tatsachen belegt und für das Revisionsgericht nachvollziehbar ausgeführt. Einen Schub der schizophrenen Erkrankung
hat das Landgericht für den Tatzeitpunkt nicht festgestellt. Ob die ab 2012 beim
Angeklagten zu beobachtenden Symptome wie Denk- und Antriebsstörungen
sowie eine sich in Grimassierungen und ballistischen Bewegungen zeigende
affektive Störung auch bei der Tat vorlagen und sich auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation auswirkten, lassen die
Urteilsausführungen offen. Soweit die Strafkammer als Ergebnis eines in einem
früheren Strafverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachtens mitteilt, dass
beim Angeklagten eine schwere Störung der affektiven und impulsiven Kontrolle
mit fremdaggressiven Verhaltensweisen gegeben sei, werden die diese Bewer-
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tung tragenden Anknüpfungs- und Befundtatsachen nicht wiedergegeben, so
dass eine Überprüfung nicht möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 4 StR 348/12). Die Urteilsgründe befassen sich weder mit den
tatsächlichen Umständen, die im damaligen Verfahren zu Freisprüchen unter
anderem von Vorwürfen der Körperverletzung und der versuchten gefährlichen
Körperverletzung wegen Schuldunfähigkeit führten, noch mit den Sachverhalten, die den jeweiligen Tatvorwürfen zugrunde lagen. Vor dem Hintergrund des
Umstands, dass der Angeklagte, der in der Vergangenheit seinen Lebensunterhalt durch die Reparatur und Weiterveräußerung von Fahrrädern bestritt, sich
Fahrräder in einer Vielzahl von Fällen durch Diebstähle beschaffte, hätte sich
der Tatrichter schließlich mit einem möglichen normalpsychologisch erklärbaren
Beweggrund für die Raubtat zum Nachteil des Geschädigten auseinandersetzen müssen.
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2. Die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB kann daher nicht bestehen bleiben. Mit Blick auf die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO ist
auch der Freispruch des Angeklagten aufzuheben (vgl. BGH, Beschlüsse vom
5. August 2014 3 StR 271/14, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 2 Freispruch 1;
vom 30. Juli 2013 4 StR 275/13 Rn. 18, insoweit in NStZ 2014, 36 nicht abgedruckt; vom 12. Oktober 2016 4 StR 78/16 aaO).
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Entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts lässt der Senat die
tatsächlichen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen nicht bestehen. Der
neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird bei seiner Überzeugungsbildung
zur Täterschaft des Angeklagten den beschränkten Beweiswert eines wiederholten Wiedererkennens (vgl. Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl.,
§ 261 Rn. 82; Miebach in MK-StPO, § 261 Rn. 262 jeweils mwN) in den Blick zu
nehmen haben. Hierzu besteht Veranlassung, weil der Geschädigte den An-
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geklagten vor der polizeilichen Wahllichtbildvorlage zunächst auf einer von seiner Mutter gefertigten, nur den Angeklagten zeigenden Videoaufnahme als Täter wiedererkannte. Auch dem sicheren Wiedererkennen durch den Zeugen
S.
in der Hauptverhandlung ging eine Wahllichtbildvorlage voraus, bei
welcher der Zeuge den Angeklagten „ziemlich sicher“ als die nach der Tat mit
dem Fahrrad angetroffene Person identifizierte.
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Zudem werden die Einzelheiten der Durchführung der Wahllichtbildvorlagen eingehender als bisher geschehen in den Urteilsgründen darzustellen
sein (vgl. Miebach aaO Rn. 259 ff.).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Bender
Cierniak
Feilcke