141 lines
6.2 KiB
Text
141 lines
6.2 KiB
Text
|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|||
|
BESCHLUSS
|
|||
|
2 StR 51/08
|
|||
|
vom
|
|||
|
30. April 2008
|
|||
|
in der Strafsache
|
|||
|
gegen
|
|||
|
|
|||
|
wegen versuchter schwerer Brandstiftung u. a.
|
|||
|
|
|||
|
-2-
|
|||
|
|
|||
|
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. April 2008 gemäß
|
|||
|
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
|
|||
|
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 11. Oktober 2007
|
|||
|
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen versuchter Brandstiftung in zwei Fällen, in einem Fall in
|
|||
|
Tateinheit mit Brandstiftung, wegen Missbrauchs von Notrufen in drei Fällen, Körperverletzung in drei Fällen, Sachbeschädigung sowie wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen,
|
|||
|
davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung und Sachbeschädigung, verurteilt ist,
|
|||
|
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung
|
|||
|
über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen
|
|||
|
ist.
|
|||
|
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
|
|||
|
3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem
|
|||
|
für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.
|
|||
|
|
|||
|
-3-
|
|||
|
|
|||
|
Gründe:
|
|||
|
1
|
|||
|
|
|||
|
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung in Tateinheit
|
|||
|
mit versuchter schwerer Brandstiftung, wegen Missbrauchs von Notrufen in drei
|
|||
|
Fällen, wegen Körperverletzung in zwei Fällen und wegen Sachbeschädigung
|
|||
|
unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Witzenhausen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten
|
|||
|
und wegen versuchter schwerer Brandstiftung, wegen Körperverletzung, wegen
|
|||
|
versuchter Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung sowie wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung unter
|
|||
|
Einbeziehung von Geldstrafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Eschwege und einer Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Suhl zu einer
|
|||
|
weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
|
|||
|
|
|||
|
2
|
|||
|
|
|||
|
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat in dem
|
|||
|
aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
|
|||
|
|
|||
|
3
|
|||
|
|
|||
|
1. In den Fällen II. 10 und II. 11 der Urteilsgründe tritt die von dem Angeklagten verwirklichte Bedrohung im Konkurrenzwege hinter der jeweils versuchten Nötigung zurück (Fischer StGB 55. Aufl. § 241 Rdn. 7 m.w.N.). Der Senat
|
|||
|
hat deshalb die tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung entfallen lassen.
|
|||
|
|
|||
|
4
|
|||
|
|
|||
|
2. Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II. 10 und II. 11 berührt
|
|||
|
den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten nicht. Der Senat kann angesichts
|
|||
|
der Strafzumessungserwägungen der Strafkammer ausschließen, dass das
|
|||
|
Landgericht bei zutreffender Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses insoweit
|
|||
|
auf mildere Einzelstrafen erkannt hätte.
|
|||
|
|
|||
|
-4-
|
|||
|
|
|||
|
5
|
|||
|
|
|||
|
3. Hingegen begegnet die Gesamtstrafenbildung durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift
|
|||
|
vom 16. Februar 2008 ausgeführt:
|
|||
|
"Der Rechtsfehler liegt darin, dass der Tatrichter im Fall der Verurteilung
|
|||
|
des Angeklagten durch das Amtsgericht Witzenhausen vom 7. Juni 2004
|
|||
|
(UA S. 10) nicht dem Tag der Verkündung des Berufungsurteils am
|
|||
|
21. Oktober 2004 (UA S. 10) sondern dem Tag der Verkündung des erstinstanzlichen Strafurteils am 7. Juni 2004 die Zäsurwirkung des § 55
|
|||
|
Abs. 1 StGB zumisst. Maßgeblich für die Gesamtstrafenbildung war aber
|
|||
|
gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB der Zeitpunkt der Verkündung des Berufungsurteils am 21. Oktober 2004, weil in dem Berufungsverfahren die
|
|||
|
dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen geprüft werden konnten (Rissing-van Saan in LK StGB 12. Aufl. § 55
|
|||
|
Rdn. 7; Tröndle/Fischer StGB 55. Aufl. § 55 Rdn. 7, 12); dazu genügt
|
|||
|
auch eine Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung (Rissing-van Saan in LK StGB 12. Aufl. § 55 Rdn. 6).
|
|||
|
Die Strafkammer hätte daher eine erste Gesamtfreiheitsstrafe aus den
|
|||
|
Einzelstrafen für die abgeurteilten Taten II 1-9 der Urteilsgründe und der
|
|||
|
Freiheitsstrafe von drei Monaten zur Bewährung aus dem Urteil des
|
|||
|
Amtsgerichts Witzenhausen bilden müssen. Die zweite Gesamtfreiheitsstrafe ist aus den Einzelstrafen für die abgeurteilten Taten II 10 und 11
|
|||
|
der Urteilsgründe mit den Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl des
|
|||
|
Amtsgerichts Eschwege vom 15. August 2005 und mit der Freiheitsstrafe
|
|||
|
aus dem Urteil des Amtsgerichts Suhl vom 23. Februar 2006 zu bilden.
|
|||
|
Durch die rechtsfehlerhafte Bildung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen ist
|
|||
|
der Angeklagte möglicherweise beschwert. Es ist nicht auszuschließen,
|
|||
|
|
|||
|
-5-
|
|||
|
|
|||
|
dass das Landgericht bei Einbeziehung der Einzelstrafen für die Taten II
|
|||
|
8 und 9 der Urteilsgründe in die erste zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe
|
|||
|
zu einem für den Angeklagten mit Blick auf beide Gesamtfreiheitsstrafen
|
|||
|
insgesamt günstigeren Ergebnis gelangt wäre."
|
|||
|
Dem schließt sich der Senat an und macht von der Möglichkeit
|
|||
|
|
|||
|
6
|
|||
|
|
|||
|
Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO zu entscheiden. Das Landgericht
|
|||
|
wird mit der abschließenden Sachentscheidung auch über die Kosten des
|
|||
|
Rechtsmittels zu befinden haben.
|
|||
|
4. Soweit die Revision mit nachgeschobenem Schriftsatz die Nichtanord-
|
|||
|
|
|||
|
7
|
|||
|
|
|||
|
nung einer Maßregel nach § 64 StGB rügt, bleibt ihr der Erfolg versagt. Für einen Hang im Sinne des § 64 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung entweder
|
|||
|
eine chronische körperliche Abhängigkeit oder eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer
|
|||
|
wieder Rauschmittel zu konsumieren, erforderlich. Nach den Feststellungen der
|
|||
|
sachverständig beratenen Kammer lag bei dem Angeklagten jedoch nur eine
|
|||
|
zeitweise auftretende Neigung zum Alkoholmissbrauch insbesondere in Frustrationssituationen vor, eine Alkoholabhängigkeit bestand nicht (UA S. 50). Eine
|
|||
|
bloß gelegentlich auftretende Neigung ohne körperliche oder zumindest psychische
|
|||
|
|
|||
|
Abhängigkeit
|
|||
|
|
|||
|
begründet
|
|||
|
|
|||
|
jedoch
|
|||
|
|
|||
|
keinen
|
|||
|
|
|||
|
Hang
|
|||
|
|
|||
|
im
|
|||
|
|
|||
|
Sinne
|
|||
|
|
|||
|
des
|
|||
|
|
|||
|
-6-
|
|||
|
|
|||
|
§ 64 StGB (Fischer StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 7 ff.), weshalb das Landgericht
|
|||
|
eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht näher
|
|||
|
erörtern musste.
|
|||
|
Rissing-van Saan
|
|||
|
|
|||
|
Rothfuß
|
|||
|
|
|||
|
Appl
|
|||
|
|
|||
|
RiinBGH Roggenbuck
|
|||
|
ist urlaubsbedingt
|
|||
|
ortsabwesend und
|
|||
|
deshalb an der Unterschrift gehindert.
|
|||
|
Rissing-van Saan
|
|||
|
Schmitt
|
|||
|
|
|||
|
|