78 lines
4.1 KiB
Text
78 lines
4.1 KiB
Text
|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|||
|
1 StR 192/02
|
|||
|
|
|||
|
BESCHLUSS
|
|||
|
vom
|
|||
|
25. Juli 2002
|
|||
|
in der Strafsache
|
|||
|
gegen
|
|||
|
|
|||
|
wegen Betrugs
|
|||
|
|
|||
|
-2-
|
|||
|
|
|||
|
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juli 2002 beschlossen:
|
|||
|
|
|||
|
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. November 2001, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird
|
|||
|
die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über
|
|||
|
die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des
|
|||
|
Landgerichts zurückverwiesen.
|
|||
|
|
|||
|
Gründe:
|
|||
|
|
|||
|
Der Angeklagte wurde wegen Betrugs in 88 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, ein weiterer Angeklagter, der das Urteil nicht angefochten
|
|||
|
hat, wegen Begünstigung zu Geldstrafe. Die Revision hat mit der Sachrüge
|
|||
|
Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
|
|||
|
1. Der Angeklagte war durch mißglückte Geldanlagegeschäfte hoch verschuldet. Er vermittelte daraufhin "unter Vorspiegelung irrealer Anlagegewinne"
|
|||
|
Geldanlagen, wobei ihm die Geschädigten Beträge in vier- oder meist fünfstelliger, in einigen Fällen aber auch sechsstelliger Höhe überließen. In unverjährter Zeit legte er die Gelder überhaupt nicht mehr an, sondern verwendete
|
|||
|
sie für sich oder zur Schuldentilgung nach dem von der Strafkammer so bezeichneten "Loch-auf-Loch-zu-Prinzip". War er zunächst mit etwa 500.000 DM
|
|||
|
|
|||
|
-3-
|
|||
|
|
|||
|
verschuldet, so belaufen sich seine Schulden inzwischen auf etwa 3 Millionen
|
|||
|
DM.
|
|||
|
2. In einer Reihe von Fällen handelt es sich um "Wiederanlagefälle". Der
|
|||
|
Angeklagte hatte die Geschädigten veranlaßt, auf fällige Zahlungen zu verzichten und ihr Kapital sowie die angeblich angelaufenen Zinsen erneut anzulegen.
|
|||
|
Hier läge ein Betrugsschaden nur dann vor, wenn die Gläubiger wegen
|
|||
|
der erneuten Täuschung auf realistische Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer
|
|||
|
bisherigen Forderungen verzichtet hätten. Andernfalls wäre der schon zuvor
|
|||
|
entstandene Schaden nicht weiter vertieft worden (st. Rspr., vgl. nur BGH wistra 2001, 338; StV 2000, 498; Urteil vom 1. Dezember 1992 - 1 StR 695/92).
|
|||
|
Daß in den Wiederanlagefällen derartige Möglichkeiten bestanden hätten, versteht sich angesichts der Vermögensverhältnisse des Angeklagten nicht von
|
|||
|
selbst und folgt auch nicht aus den wenigen, meist verhältnismäßig geringfügigen Rückzahlungen in anderen Fällen, die sich aus den Urteilsgründen konkret
|
|||
|
ergeben (vgl. z.B. die Fälle Nr. 17 und 58, in denen die Geschädigte M.
|
|||
|
bei einer Anlage von 60.000 DM eine Rückzahlung von 12.850 DM und bei einer Anlage von 10.000 DM eine Rückzahlung von 300 DM erhielt).
|
|||
|
3. In den übrigen Fällen sieht sich der Senat an der Bestätigung des
|
|||
|
Schuldspruchs (auch der an sich sehr maßvollen Einzelstrafen) wegen Unklarheiten bezüglich der Konkurrenzen gehindert. So wird in einigen Fällen schon
|
|||
|
nicht deutlich, warum bei mehreren, mit dem selben Geschädigten am selben
|
|||
|
Tag geschlossenen Verträgen rechtlich selbständige Handlungen vorliegen
|
|||
|
(dies betrifft nicht nur einige Wiederanlagefälle, sondern z.B. auch die Fälle 63
|
|||
|
und 64). Die Möglichkeit einer "natürlichen Handlungseinheit" erscheint hier
|
|||
|
zumindest nicht fernliegend.
|
|||
|
|
|||
|
-4-
|
|||
|
|
|||
|
Vor allem hat die Strafkammer aber verkannt, daß Tateinheit vorliegt,
|
|||
|
soweit von einem Werkzeug abgeschlossene betrügerische Verträge auf nur
|
|||
|
einem Auftrag des Täters beruhen (BGH NStZ 1994, 35 m.w.Nachw.). So verhält es sich in einem konkret für den Senat nicht feststellbaren Umfang hier.
|
|||
|
Ohne daß dies näher aufgeschlüsselt wäre, hatte der Angeklagte nämlich
|
|||
|
"nicht immer" selbst Kontakt mit den Geschädigten, sondern er bediente sich
|
|||
|
auch des gutgläubigen Vermittlers A.
|
|||
|
|
|||
|
S.
|
|||
|
|
|||
|
, demgegenüber der Ange-
|
|||
|
|
|||
|
klagte den "Anschein seriöser Geldanlagen aufrecht erhielt".
|
|||
|
4. All dies führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt, ohne daß es auf
|
|||
|
Weiteres noch ankäme. Der Senat weist jedoch auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts im Antrag vom 15. Mai 2002 hin, wie etwa zu Unklarheiten
|
|||
|
über den Umfang des Eröffnungsbeschlusses oder zu der notwendigen Prüfung hinsichtlich des von der Strafkammer ohne weiteres angewendeten, bei
|
|||
|
einer Reihe von Taten aber noch nicht geltenden § 263 Abs. 3 StGB nF.
|
|||
|
Schäfer
|
|||
|
|
|||
|
Wahl
|
|||
|
Schluckebier
|
|||
|
|
|||
|
Boetticher
|
|||
|
Kolz
|
|||
|
|
|||
|
|