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24 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 251/02
  5. Verkündet am:
  6. 30. Juni 2004
  7. Küpferle,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB § 537 Abs. 1 Satz 2 a.F.
  18. a) Bei einer gewerblichen Zwischenmiete von Wohnungen zum Zwecke der Weitervermietung sind Umstände, die die Wohnungstauglichkeit beeinträchtigen, i.d.R.
  19. auch als Mängel des Zwischenmietverhältnisses im Verhältnis Hauptvermieter zu
  20. Zwischenmieter anzusehen. Ob diese Mängel dort als erheblich bzw. unerheblich
  21. i.S. des § 537 Abs. 1 Satz 2 a.F. BGB einzustufen sind, hängt insbesondere von
  22. der Größenordnung des gewerblichen Zwischenmietverhältnisses ab.
  23. b) Als unerheblich i.S. von § 537 Abs. 1 Satz 2 a.F. BGB ist ein Fehler insbesondere
  24. dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann, so daß die Geltendmachung einer Minderung gegen
  25. Treu und Glauben verstieße.
  26. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - XII ZR 251/02 - Kammergericht Berlin
  27. LG Berlin
  28. -2-
  29. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  30. vom 30. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
  31. Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats
  34. des Kammergerichts in Berlin vom 16. September 2002 aufgehoben.
  35. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
  36. Kammergericht zurückverwiesen.
  37. Von Rechts wegen
  38. Tatbestand:
  39. Die Klägerin macht rückständige Miete aus einem gewerblichen Mietvertrag geltend.
  40. Mit Generalmietvertrag vom 9. August 1983 und Nachtrag vom 9. August
  41. 1989 vermietete sie an die B. GmbH eine Wohnanlage, bestehend aus
  42. 13 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 1.336,13 m² auf die Dauer von 30
  43. Jahren zu einer Monatsmiete von zuletzt 23.064,25 DM. Die Vermietung erfolgte zur Weitervermietung zu Wohnzwecken. Anstelle des Mieters trat die Beklagte in den Mietvertrag ein.
  44. -3-
  45. Nach einer gemeinsamen Besichtigung der Wohnanlage übersandte die
  46. Beklagte der Hausverwalterin der Klägerin mit Schreiben vom 21. März 2000
  47. eine Mängelliste. Am 2. Juni 2000 forderte die Beklagte durch ihren Prozeßbevollmächtigten unter Hinweis auf Besichtigungen vom 12. April und 2. Mai 2000
  48. die Beseitigung der Mängel und kündigte eine Minderung des Nettomietzinses
  49. um 10 % an. Mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 22. November
  50. 2000 und eigenem Schreiben vom 23. Februar 2001 rügte die Beklagte weitere
  51. Mängel.
  52. Die Beklagte zahlte für März 2000 eine Miete in Höhe von 20.097,78 DM,
  53. für Juni bis November 2000 von jeweils 18.472,99 DM und für Dezember 2000
  54. von 9.290,43 DM. Die Klägerin hat den Differenzbetrag zur vollen Miete in Höhe
  55. von 2.966,47 DM für März 2000, von jeweils 4.591,26 DM für Juni bis November 2000 und von 13.773,82 DM für Dezember 2000, insgesamt 44.287,85 DM,
  56. geltend gemacht. Das Landgericht hat - unter Berücksichtigung einer Minderung in Höhe von jeweils 2.306,42 DM wegen Ausfalls der Heizung in den Monaten Oktober und November 2000 - der Klage in Höhe von 39.675,01 DM
  57. nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der
  58. Beklagten.
  59. Entscheidungsgründe:
  60. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und
  61. zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
  62. -4-
  63. I.
  64. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine weitergehende Minderung, als
  65. vom Landgericht zuerkannt, sei nicht hinreichend dargetan. Die Beklagte wehre
  66. sich nicht mehr gegen die Höhe der Miete für März 2000, sondern mache Minderung für vorangegangene Zeiträume geltend. Insoweit kämen lediglich Bereicherungsansprüche in Betracht, mit denen aufgerechnet werden könne. Es sei
  67. aber zweifelhaft, ob die Beklagte die Aufrechnung erklärt habe. Selbst wenn
  68. man ihre Ausführungen dahin verstehe, bleibe eine Aufrechnung ohne Erfolg.
  69. Die Minderung der Mieten im Rahmen eines oder mehrerer ihrer Untermietverhältnisse müsse nicht automatisch zu einer Minderung des Generalmietzinses
  70. führen. Das Erfordernis der Tauglichkeit der Mietsache habe im Generalmietvertrag der Parteien einen anderen Inhalt als im Verhältnis zwischen der Beklagten und ihren Untermietern. Während die Wohnräume den Untermietern
  71. zum Wohnen vermietet worden seien, habe die Beklagte das gesamte Objekt
  72. zum Zwecke der Untervermietung und Gewinnerzielung gemietet. Nur soweit im
  73. Rahmen dieser Zweckbestimmung Tauglichkeitsbeschränkungen erheblich seien, könnten sie zu einer Minderung der Mietansprüche der Klägerin gegenüber
  74. der Beklagten führen. Soweit die Untermieter den Mietzins ungemindert zahlten, liege kein Mangel der Mietsache im Verhältnis der Parteien des Generalmietvertrages vor.
  75. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer Minderung für die Zeit zwischen Dezember 1998 und November 1999 im einzelnen vorgetragen, welche Untermieten in welcher Höhe jeweils gemindert worden seien. Selbst bei berechtigter
  76. Minderung der Untermieten sei damit nicht automatisch die Minderung der Generalmiete in derselben Höhe berechtigt gewesen, weil die Wesentlichkeitsgrenze bei den einzelnen Wohnungsmietverhältnissen anders liege als beim
  77. Generalmietvertrag. Eine Minderung von wenigen hundert DM erreiche die We-
  78. -5-
  79. sentlichkeitsgrenze nicht. Schon deshalb bestünden die möglicherweise zur
  80. Aufrechnung gestellten Bereicherungsansprüche nicht. Die Minderungen des
  81. Untermieters Kö. für Dezember 1998, März 1999 und Oktober 1999 in Höhe
  82. von 200 DM, 200 DM und 150 DM und der Untermieterin Ki. für Oktober 1999 in
  83. Höhe von 374,32 DM reichten nicht aus. Anders könne es sich für den Monat
  84. Januar 1999 verhalten, da insoweit Minderungsbeträge in Höhe von 403,07 DM
  85. (Untermieterin Ko.), von 650 DM (Untermieter Kn.), 436,23 DM (Untermieter
  86. Kö.) und von 421,46 DM (Untermieterin Ki.) geltend gemacht würden. Da die
  87. Klägerin im einzelnen bestreite, daß die Minderungen diesen Grad erreichten,
  88. erscheine das Vorbringen der Beklagten unsubstantiiert. Wann die Störfälle im
  89. einzelnen eingetreten seien, werde lediglich bezüglich der Untermieterin Ko.
  90. vorgetragen. Bezüglich der übrigen Untermieter fehle es an jeder Darlegung, an
  91. welchen Tagen es zu den Störungen gekommen sei. Aber auch für die Untermieterin Ko. sei kein hinreichender Vortrag ersichtlich, welche Störungen im
  92. einzelnen bestanden hätten, insbesondere welche Temperaturen erreicht worden seien. Selbst wenn für die Zeit vom 23. bis 25. Januar 1999 ein Totalausfall
  93. der Heizungs- und Warmwasseranlage angenommen werde, genüge die dadurch berechtigte Minderung von ca. 150 DM nicht, um die Wesentlichkeitsgrenze zu erreichen. Das könne auch nicht angenommen werden, wenn der
  94. angeblich der Untermieterin Ko. zuerkannte Betrag 403,47 DM ausgemacht
  95. habe.
  96. Die Mietzinsansprüche für Juni bis Dezember 2000 seien nicht wegen
  97. Unvermietbarkeit der Wohnungen im 1., 3. und 4. Obergeschoß, jeweils links,
  98. gemindert. Soweit sich die Beklagte auf Mängel an den Einbauküchen und Bädern berufe, sei nur die Ansehnlichkeit der Wohnungen betroffen. Soweit eine
  99. mangelnde Funktion geltend gemacht werde, sei das Vorbringen unsubstantiiert. Der Vortrag, bei den Einbauschränken seien die Türen zu den Hängeschränken "verhangen" und nicht mehr im Lot, die Schubkästen gingen aus
  100. -6-
  101. dem Leim, seien verkantet und schwer gängig, betreffe letztlich Wertungen, die
  102. keinen sicheren Aufschluß über die mangelnde Funktionstüchtigkeit der Einrichtungsgegenstände zuließen. Es komme hinzu, daß die Mängel nicht ausreichend gemäß § 545 BGB angezeigt worden seien. Soweit die Beklagte rüge,
  103. daß die Entlüftungsanlagen der Bäder und Gästetoiletten kaum noch funktionstüchtig seien und der Sog der Anlagen fast nicht mehr wahrnehmbar sei, fehle
  104. dem Vortrag ebenfalls Substanz; es müsse dargetan werden, was an den Entlüftungsanlagen kaputt sei. Jedenfalls fehle es auch insoweit an einer ordnungsgemäßen Anzeige gemäß § 545 BGB. Bei den in den leerstehenden
  105. Wohnungen gerügten Feuchtigkeitsflecken handle es sich nicht um Funktionsmängel, sondern allenfalls um ästhetische Mängel. Diese müsse die Beklagte
  106. im Rahmen der Schönheitsreparaturen beheben, da nicht vorgetragen werde,
  107. daß die Feuchtigkeit nach wie vor in das Mauerwerk eindringe, nachdem diese
  108. Fenster überarbeitet worden seien. Soweit sich die Beklagte auf Setzungsrisse
  109. berufe, könne ebenfalls nicht davon ausgegangen werden, daß die Erheblichkeitsgrenze des § 537 BGB überschritten werde. Die Beklagte behaupte selbst
  110. nicht, die Wohnung im 3. Obergeschoß habe allein wegen der dort befindlichen
  111. Setzungsrisse nicht weitervermietet werden können. Für die Wohnung im 3.
  112. Obergeschoß rechts komme hinzu, daß die Untermieter keine Minderung geltend gemacht hätten. Davon hänge aber nach § 8 des Generalmietvertrages die
  113. Minderung seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin ab. Aus dem gleichen
  114. Grunde scheitere eine Minderung wegen der angeblichen Mängel an den Außenfenstern zur B.-Straße, an der Fassade und an den Außenanlagen des
  115. Grundstücks. Der Wasserschaden am 17. November 2000 in der Wohnung der
  116. Untermieter E. sei mangels anderer Anhaltspunkte darauf zurückzuführen, daß
  117. der Abfluß durch die Untermieter nicht hinreichend gewartet worden sei. Die
  118. nicht fachgerechte Verbauung des Ablaufes sei der Beklagten anzulasten, da
  119. diese nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin das Bad selbst habe moderni-
  120. -7-
  121. sieren lassen. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob Fußboden und Wände
  122. besser hätten isoliert werden müssen.
  123. II.
  124. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  125. 1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus,
  126. daß es sich um zwei verschiedene Mietverträge handelt, für die jeweils eigene
  127. - nicht notwendig identische - Regelungen gelten (vgl. Kraemer in Bub/Treier
  128. Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. III A Rdn. 1032). Rechtlich ist das zwischen dem Eigentümer und dem Zwischenvermieter bestehende
  129. Mietverhältnis als Hauptmietverhältnis zu bewerten, während das Mietverhältnis
  130. zwischen dem Zwischenvermieter und dem Endnutzer als Untermietverhältnis
  131. anzusehen ist. Für das Hauptmietverhältnis gelten grundsätzlich die Vorschriften über die gewerbliche Miete. Beim Untermietverhältnis kommt es darauf an,
  132. ob die Räume vom Zwischenvermieter zu Wohn- oder zu Gewerbezwecken
  133. vermietet werden (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 8. Aufl. § 540 Rdn. 15).
  134. Gewährleistungsrechte des Endmieters führen nicht automatisch zu Gewährleistungsrechten des Zwischenvermieters, da die Vereinbarungen des Zwischenvermieters mit dem Endmieter von denjenigen des Vermieters mit dem
  135. Zwischenmieter abweichen können. So kann z.B. die Kenntnis des Zwischenvermieters von Mängeln zum Gewährleistungsausschluß führen, während dem
  136. Endmieter solche Ansprüche zustehen. Umgekehrt können dem Zwischenvermieter Gewährleistungsrechte zustehen, während sie dem Endmieter wegen
  137. -8-
  138. dessen Kenntnis zu versagen sind. Erfolgt die Zwischenvermietung - wie hier aber zur Weitervermietung zu Wohnzwecken, so werden Umstände, die die
  139. Wohnungstauglichkeit beeinträchtigen, regelmäßig auch Mängel des Zwischenmietverhältnisses sein.
  140. 2. Davon zu trennen ist die weitere Frage, ob ein "wesentlicher" Mangel
  141. des Mietobjektes im Wohnraummietverhältnis automatisch auch zu einem solchen im gewerblichen Zwischenmietverhältnis führt. Nach Auffassung der Revision ist das der Fall, denn der Mangel an einer Wohnung könne nicht allein
  142. deshalb gewährleistungsrechtlich unbeachtlich sein, weil der Eigentümer an
  143. den Zwischenvermieter nicht nur diese eine - mangelhafte -, sondern gleichzeitig andere - mangelfreie - Wohnungen zur Weitervermietung vermietet habe. Ob
  144. diese Auffassung generell zutrifft und ob ein im Wohnraummietverhältnis als
  145. wesentlich anzusehender Mangel im gewerblichen Zwischenmietverhältnis aufgrund der dort gegebenen Größenordnungen als geringfügig eingestuft werden
  146. muß, kann offen bleiben. Das Berufungsgericht hat nämlich bei seiner Bewertung nur einen geringen Teil der hier geltend gemachten Mängel herangezogen,
  147. den überwiegenden Teil aber teils - zu Unrecht - als unsubstantiiert, teils unter
  148. Verkennung der Darlegungslast oder unter Übergehung von zu beachtenden
  149. Beweisangeboten unberücksichtigt gelassen. Die von der Beklagten geschilderten Mängel der einzelnen Wohnungen wären, ihr Vorliegen unterstellt, so erheblich, daß trotz Mangelfreiheit des größeren Teils der insgesamt vermieteten
  150. 13 Wohneinheiten nicht mehr von einer unerheblichen Minderung der Tauglichkeit ausgegangen werden kann.
  151. Zwar handelt es sich bei der Frage, ob die Tauglichkeit der Mietsache
  152. nur unerheblich gemindert ist, um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der dem
  153. Tatrichter einen im Revisionsverfahren nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilungsspielraum eröffnet. Die Überprüfung ist hier aber möglich, weil das Be-
  154. -9-
  155. rufungsgericht von einem unzutreffenden Verständnis des unbestimmten
  156. Rechtsbegriffes "unerheblich" ausgegangen ist. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung des § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. Dieser
  157. wurde durch das zweite Mietrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1964 (BGBl I
  158. S. 457) eingeführt. Bis zum Inkrafttreten dieser Änderung unterschied § 537
  159. BGB a.F. bei den Gewährleistungspflichten des Vermieters nicht zwischen erheblichen und unerheblichen Mängeln (wie bei den Gewährleistungspflichten
  160. des Verkäufers nach § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Der Unterschied wurde in
  161. den Motiven damit begründet, daß bei der Miete - anders als beim Kauf - jeder
  162. vom Vermieter zu vertretende Mangel als Mangel einer zugesicherten Eigenschaft zu beurteilen sei; daher sei es "inkonsequent", die Gewährleistungspflicht
  163. des Vermieters wegen nicht erheblicher Mängel in irgendeiner Weise zu erleichtern. Diese dogmatisch konsequente, aber nicht interessengerechte Regelung
  164. haben Rechtsprechung und Schrifttum bald negiert und die Geltendmachung
  165. eines ganz geringfügigen Mangels als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen. Das 2. Mietrechtsänderungsgesetz hat insoweit kein neues Recht geschaffen, sondern nur richterliches Gewohnheitsrecht bestätigt und dadurch die
  166. Parallele zum Kaufrecht hergestellt. Als unerheblich ist ein Fehler insbesondere
  167. dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann, so daß die Geltendmachung einer Minderung gegen Treu und Glauben verstieße (MünchKomm/Voelskow BGB 3. Aufl. § 537
  168. Rdn. 4 m.w.N.; Kraemer aaO Rdn. 1353; für neues Recht vgl. Erman/Jendrek
  169. BGB 11. Aufl. § 536 Rdn. 16).
  170. 3. Bei Zugrundelegung dieser Bewertungsgrundsätze kann die Entscheidung des Kammergerichts keinen Bestand haben.
  171. a) Mietzinsanspruch für März 2000:
  172. - 10 -
  173. aa) Die Beklagte mindert die Miete für März 2000 nicht, sondern verweigert die Bezahlung aufgrund von Minderungen für die Monate Dezember 1998,
  174. Januar, März und Oktober 1999 wegen Ausfalls der Heizung und der Warmwasserversorgung. Das Berufungsgericht durfte nicht offen lassen, ob in der
  175. Zahlungsverweigerung durch die Beklagte eine Aufrechnung mit Bereicherungsansprüchen zu sehen ist, denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommen Bereicherungsansprüche aufgrund berechtigter Minderungen
  176. in Betracht. Das Funktionieren der Heizung ist in den Wintermonaten und in der
  177. Übergangszeit von erheblicher Bedeutung für die Gebrauchstauglichkeit einer
  178. Wohnung. Die Annahme eines geringfügigen Mangels ist nur bei sehr kurzem
  179. Heizungsausfall oder bei vorübergehend geringfügiger (1° C) Unterschreitung
  180. der erforderlichen Heizleistung möglich. Auch eine Warmwasserversorgung
  181. rund um die Uhr gehört im Regelfall zur Gebrauchstauglichkeit einer Mietwohnung (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid aaO § 536 Rdn. 47, 220).
  182. bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
  183. Es ist von einem Totalausfall der Heizung in der Wohnung Ko. an drei
  184. Tagen im Januar 1999 ausgegangen und hat den Mangel mit 150 DM bewertet.
  185. Demgegenüber rügt die Revision zu Recht, daß die Beklagte einen Totalausfall
  186. der Heizung und Warmwasserversorgung für die Wohnung Ko. an 14 Tagen im
  187. Januar 1999 behauptet und unter Beweis gestellt hat. Das Berufungsgericht
  188. überspannt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Darlegung, wenn es
  189. bei einem Totalausfall der Heizung und Warmwasserversorgung im Januar
  190. Ausführungen über die Höhe der erreichbaren Raumtemperatur und die Ursache des Heizungsausfalles vermißt. Zumindest hätte es, falls es nähere Angaben für erforderlich erachtete, die Beklagte darauf hinweisen müssen (§ 139
  191. ZPO).
  192. - 11 -
  193. Zu Recht rügt die Revision auch, das Berufungsgericht habe die Heizungsausfälle im Monat Januar bei den Untermietern Kn., Kö. und Ki. zu Unrecht nicht berücksichtigt. Die Beklagte hat vorgetragen, daß die für die Wohnung Ko. näher geschilderten Heizungsausfälle im Januar 1999 auch die Wohnungen dieser Untermieter betroffen habe. Damit war ausreichend klargestellt,
  194. an welchen Tagen die Ausfälle gewesen sein sollen. Wenn das Berufungsgericht weiteren Sachvortrag dazu für erforderlich hielt, an welchen Tagen im Jahre 1999 die Heizungen ausgefallen waren, dann hätte es, was die Revision zu
  195. Recht rügt, im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) darauf hinweisen
  196. müssen, da nicht ohne weiteres einsichtig ist, daß es auf die datumsmäßige
  197. Angabe der Ausfalltage ankommen konnte.
  198. Ähnliches gilt auch für die Heizungsausfälle beim Untermieter Kö. für
  199. Dezember 1998, März 1999 und Oktober 1999 sowie für die Untermieterin Ki.
  200. vom 1. bis 13. Oktober 1999.
  201. b) Auch den Vortrag der Beklagten zu den für die Monate Juni bis Dezember 2000 geltend gemachten Mängeln der leerstehenden Wohnungen, die
  202. für das Revisionsverfahren als zutreffend zu unterstellen sind, durfte das Berufungsgericht nicht übergehen.
  203. aa) Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, daß die Einbauküchen in den leerstehenden Wohnungen im 1. Obergeschoß links, im 3. Obergeschoß links und im 4. Obergeschoß links nach mehr als 17 Jahren abgenutzt
  204. und wirtschaftlich verbraucht gewesen seien. Die Farbe an den Oberflächenbeschichtungen sei verblaßt gewesen. Die Bereiche der Türgriffe und der Umleimungen an den Außenkanten sei abgegriffen und verschlissen gewesen. Abplatzungen und Ablösungserscheinungen der Oberflächenbeschichtung seien
  205. im gesamten Einbauküchenbereich sichtbar gewesen. Im Bereich der Arbeits-
  206. - 12 -
  207. platte bei den Anschlüssen zum Spülbecken seien Quellerscheinungen zu sehen gewesen, durch die Abnutzung der Scharniere seien die Türen zu den
  208. Hängeschränken verhangen und nicht mehr im Lot gewesen. Die Schubkästen
  209. seien aus dem Leim gegangen, hätten auf den abgenutzten Führungsschienen
  210. verkantet und seien schwer gängig gewesen.
  211. Diesen Vortrag durfte das Berufungsgericht nicht als unsubstantiiert abtun. Zu Recht macht die Revision geltend, daß die Beschreibung von Mängeln
  212. auch auf sprachliche Grenzen stößt. Die Schilderung der Einbauküchen durch
  213. die Beklagte legt eine schlechtere Vermietbarkeit zumindest nahe, zumal gerade optische Beeinträchtigungen, wenn es - wie hier - um die Vermietbarkeit
  214. geht, sich als Mangel erweisen können (Schmidt-Futterer/Eisenschmid aaO
  215. § 536 Rdn. 185 m.w.N.). Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung fällt nicht in
  216. die Darlegungslast des Mieters. Es ist Aufgabe des Tatrichters, sich durch Augenschein oder mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens zu überzeugen, ob
  217. und in welchem Umfang der geschilderte Zustand der Küchen die Weitervermietbarkeit der Wohnungen beeinträchtigte (Senatsurteil vom 27. Februar 1991
  218. - XII ZR 47/90 - NJW-RR 1991, 779, 780).
  219. Die Hilfsbegründung, diese Mängel seien nicht ausreichend gemäß
  220. § 545 BGB a.F. angezeigt worden, trägt die Entscheidung des Berufungsgerichts schon deshalb nicht, weil die Klägerin sich darauf nicht berufen hat. Zu
  221. Recht weist die Revision darauf hin, daß es Sache des Vermieters ist, zu den
  222. Voraussetzungen des § 545 Abs. 2 BGB a.F. vorzutragen (Palandt/Weidenkaff
  223. BGB 60. Aufl. § 545 Rdn. 11). Im übrigen hat die Beklagte unter Beweisantritt
  224. vorgetragen, daß sie diese Mängel geltend gemacht hat. Zu Recht weist die
  225. Revision darauf hin, daß die Behauptung im Schreiben vom 21. März 2000, es
  226. sei erneut die Instandsetzung der Küche in den leerstehenden Wohnungen erörtert worden, nicht anders verstanden werden könne.
  227. - 13 -
  228. bb) Die Behauptung der Beklagten, daß die Entlüftungsanlage der Bäder
  229. und Gästetoiletten kaum noch funktionstüchtig und der Sog der Anlage fast
  230. nicht mehr wahrnehmbar seien, durfte das Berufungsgericht nicht mit der Begründung ablehnen, dem Vortrag fehle die Substanz, weil nicht dargetan sei,
  231. was an der Entlüftungsanlage kaputt sei. Der Mieter kommt seiner Darlegungslast nach, wenn er auf die Funktionsuntüchtigkeit einer Anlage hinweist. Die
  232. Ursache der Mängel zu erforschen oder gar Beseitigungsmöglichkeiten aufzuzeigen, ist nicht erforderlich (Senatsurteil vom 27. Februar 1991, aaO, S. 780).
  233. Die Beklagte hat Beweis dafür angeboten, daß die Mangelhaftigkeit der Bäder
  234. und Gästetoiletten der Klägerin am 21. März 2000 und am 26. Januar 2001 angezeigt worden ist.
  235. cc) Zu Recht wendet sich die Revision auch gegen die Auffassung des
  236. Berufungsgerichts, die durch die mangelhaften Fenster verursachten Feuchtigkeitsflecken rechtfertigten keine Mietminderung, weil sie im Wege der Schönheitsreparaturen vom Mieter hätten beseitigt werden müssen. Ausweislich der
  237. tatrichterlichen Feststellungen handelte es sich bei den Wasserflecken nicht um
  238. durch vertragsgemäßen Gebrauch entstandene, sondern um vom Vermieter zu
  239. vertretende Mängel. Diese unterfallen aber nicht dem Begriff der Schönheitsreparaturen (Palandt/Weidenkaff BGB 62. Aufl. § 535 Rdn. 41 m.w.N.) und müssen deshalb nicht von der Beklagten als Mieterin beseitigt werden.
  240. dd) Bedenken bestehen auch in der Vorgehensweise des Berufungsgerichts, soweit es die geltend gemachten Setzungsrisse im Mauerwerk der leerstehenden Wohnungen, die Wasserdurchlässigkeit der Fenster und die Risse in
  241. der Fassade als unerheblich gewertet hat. Die Beklagte hatte unter Beweisantritt vorgetragen, in der leerstehenden Wohnung im 3. Obergeschoß hätten erhebliche Setzungsrisse in Form von Treppenrissen von ca. 1,5 m x 1 m Ausmaß vorgelegen, und zwar an der linken Wand des Wohnzimmers sowie im
  242. - 14 -
  243. vierten Zimmer der Wohnung an der linken und rechten Wandseite. Darüber
  244. hinaus habe sich ein Treppenriß in der Trennwand zum Gebäuderücksprung
  245. und im gesamten Fliesenspiegel der Küche sowie in der Wand zum Flur über
  246. die gesamte Höhe der Wand befunden. Sämtliche Fenster des Mietobjektes zur
  247. B.-Straße seien aufgrund mangelhafter Reparaturarbeiten undicht geworden.
  248. Darüber hinaus hat die Beklagte zahlreiche Schäden an der Außenfassade sowie an den Außenanlagen geltend gemacht und Mängel ins Detail gehend geschildert. Ohne Beweiserhebung durften die behaupteten Mängel nicht als unerheblich eingestuft werden. Dies liefe auf eine unzulässige vorweggenommene
  249. Beweiswürdigung hinaus.
  250. Auch die Begründung, weil die Untermieter S. und St. keine Minderung
  251. geltend gemacht hätten, scheide gemäß § 8 des Generalmietvertrages eine
  252. Minderung der Beklagten aus, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  253. § 8 des Generalmietvertrages lautet:
  254. "Der Vermieter übergibt die Mieträume im Neubauzustand. Die Mieterin
  255. erkennt diesen Zustand als den vertragsgemäßen ausdrücklich an, sofern die Nutzer Schadensersatz oder Mietminderung gegenüber dem
  256. Mieter nicht durchsetzen können."
  257. Es ist nicht ersichtlich, daß nach dieser Regelung Minderungsansprüche
  258. der Beklagten von der erfolgreichen Durchsetzung seitens der Untermieter gegen sie abhängen sollten. Das Berufungsgericht läßt nicht erkennen, wie es zu
  259. dieser Auslegung gelangt ist. Damit ist eine Überprüfung nicht möglich. Der Senat hält eine solche Auslegung auch nicht für naheliegend.
  260. ee) Mit Erfolg beruft sich die Beklagte auch darauf, das Berufungsgericht
  261. habe nicht ohne Beweiserhebung eine Minderung für den am 17. November
  262. 2000 eingetretenen Wasserschaden ablehnen dürfen. Die Beklagte hatte unter
  263. - 15 -
  264. Beweisantritt vorgetragen, daß Ursache dieses Wasserschadens die fehlende
  265. Naßzellenisolierung des Fußbodens und der Wände des Badezimmers der Untermieter E. sei. Diesen Vortrag hat die Klägerin bestritten und die Schadensursache in einer nicht fachgerechten Renovierung seitens des Untermieters gesehen. Bei dieser Sachlage hätte das Berufungsgericht seinem Urteil nicht die
  266. Sachdarstellung der Klägerin ohne Beweiserhebung zugrunde legen dürfen.
  267. 4. Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit die erforderlichen Beweise erhoben werden.
  268. Hahne
  269. Fuchs
  270. Vézina
  271. Ahlt
  272. Dose