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355 lines
20 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. BESCHLUSS
  4. XII ZB 175/17
  5. Verkündet am:
  6. 31. Januar 2018
  7. Küpferle,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Familiensache
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 199 Abs. 1, 204 Abs. 1 Nr. 1, 1379
  19. a) Der Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB kann auch zum Zwecke
  20. der Abwehr eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich erhoben werden (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 101/10 - FamRZ 2013,
  21. 103).
  22. b) Die Verjährung der wechselseitigen Auskunftsansprüche aus § 1379 BGB beginnt gleichzeitig mit der Verjährung des Zahlungsanspruchs auf Zugewinnausgleich, zu dessen Berechnung sie dienen sollen.
  23. c) Durch die Stellung des Leistungsantrags im Zugewinnausgleichsverfahren wird
  24. nicht nur die Verjährung des Zahlungsanspruchs, sondern auch der wechselseitigen Auskunftsansprüche gemäß § 1379 BGB gehemmt.
  25. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 175/17 - OLG Stuttgart
  26. AG Kirchheim unter Teck
  27. ECLI:DE:BGH:2018:310118BXIIZB175.17.0
  28. -2-
  29. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  30. vom 31. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
  31. Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
  32. für Recht erkannt:
  33. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats
  34. - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. März
  35. 2017 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Gründe:
  38. I.
  39. 1
  40. Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich. Sie haben am 12. August
  41. 1988 die Ehe geschlossen; der Scheidungsantrag wurde am 20. Juli 2011 zugestellt. Mit ihrem Stufenantrag hat die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau)
  42. von ihrem seit dem 10. Oktober 2012 rechtskräftig geschiedenen Ehemann,
  43. dem Antragsgegner, zunächst Auskunft für einen noch zu beziffernden Zugewinnausgleichsanspruch verlangt. Der Antrag ist am 29. Dezember 2015 bei
  44. Gericht eingegangen und dem Ehemann am 13. Januar 2016 zugestellt worden. Mit Widerantrag vom 3. Februar 2016 hat der Ehemann seinerseits Auskunft über den Bestand des Anfangs- und Endvermögens der Ehefrau sowie
  45. über illoyale Vermögensverfügungen verlangt. Das Familiengericht hat dem
  46. Antrag der Ehefrau stattgegeben und den Widerantrag des Ehemanns wegen
  47. -3-
  48. Verjährung zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Ehemanns hat das Oberlandesgericht die Ehefrau im Wesentlichen zur Erteilung der verlangten Auskunft verpflichtet. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde
  49. der Ehefrau, mit der sie die Wiederherstellung der familiengerichtlichen Entscheidung erstrebt.
  50. II.
  51. 2
  52. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
  53. 3
  54. 1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2017, 1042 veröffentlichte
  55. Entscheidung wie folgt begründet: Der Anspruch des Ehemanns auf Auskunftserteilung ergebe sich aus § 1379 BGB. Darunter fielen auch Ansprüche
  56. auf Auskunft über illoyale Vermögensverfügungen. Selbst wenn einem Anspruch des Ehemanns auf Zugewinnausgleich die Einrede der Verjährung entgegenstünde, hinderte dies nicht eine Aufrechnung gegen früher entstandene
  57. Forderungen der Ehefrau. Unabhängig von eigenen Zugewinnausgleichsansprüchen des Ehemanns könne die Aufdeckung illoyaler Vermögensverfügungen jedenfalls zu einer Reduzierung des Zugewinnausgleichsanspruchs der
  58. Ehefrau führen.
  59. 4
  60. Zwar unterliege auch der Auskunftsanspruch als solcher der Verjährung.
  61. Soweit es um die Aufdeckung illoyaler Vermögensverfügungen aus der Zeit vor
  62. der Trennung gehe, sei der Auskunftsanspruch jedoch erst im Zeitpunkt der
  63. gerichtlichen Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs durch die
  64. Ehefrau entstanden und deshalb nicht verjährt.
  65. 5
  66. 2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
  67. -4-
  68. 6
  69. a) Nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jeder Ehegatte ab den dort näher bezeichneten Zeitpunkten von dem anderen Auskunft über das Vermögen
  70. zum Zeitpunkt der Trennung (Nr. 1) oder Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist (Nr. 2). Das umfasst auch Auskünfte zu illoyalen Vermögensminderungen im Sinne von § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB (Senatsbeschlüsse BGHZ
  71. 194, 245 = FamRZ 2012, 1785 Rn. 35 ff. und vom 13. Dezember 2017
  72. - XII ZB 488/16 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt Rn. 12). Der Auskunftsanspruch hat dienende Funktion gegenüber den materiell-rechtlichen Regelungen des güterrechtlichen Ausgleichs und steht mit diesen im untrennbaren
  73. Zusammenhang (vgl. Senatsbeschluss vom 5. April 2017 - XII ZB 259/16 FamRZ 2017, 1039 Rn. 18).
  74. 7
  75. aa) Der Auskunftsanspruch steht beiden Ehegatten wechselseitig zu, um
  76. die im Wissen des jeweils anderen stehenden notwendigen Informationen für
  77. die Zugewinnausgleichsberechnung zu erhalten. Dabei kann dem Gesetz nicht
  78. entnommen werden, dass die Auskunft zwingend dem Zweck dienen muss,
  79. einen eigenen Anspruch auf Zugewinnausgleich zu verfolgen. Der Wortlaut der
  80. Vorschrift hebt im Gegenteil ausdrücklich hervor, dass jeder Ehegatte von dem
  81. anderen Ehegatten die Auskunft verlangen kann. Das schließt auch Auskunftsverlangen eines Ehegatten ein, dessen Zugewinn den des anderen von vornherein offensichtlich übersteigt. In dem Fall bedarf er der Auskunft nicht zur Verfolgung eines eigenen, sondern zur Ermittlung des gegen ihn selbst gerichteten
  82. Ausgleichsanspruchs.
  83. 8
  84. Der Anspruch entfällt in solchen Fällen auch nicht deswegen, weil der
  85. andere Ehegatte seinen Zahlungsanspruch substanziiert darlegen muss. Als
  86. Schuldner der Ausgleichsforderung kann der Ausgleichspflichtige aus der vom
  87. Ausgleichsberechtigten erteilten Auskunft Konsequenzen ziehen, etwa indem er
  88. -5-
  89. die Forderung anerkennt oder sie ganz oder teilweise bestreitet. So wie es dem
  90. Ausgleichsberechtigten mit der Verfolgung seines Auskunftsverlangens darum
  91. geht, alle der Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen mitgeteilt
  92. zu erhalten, hat auch der Ausgleichspflichtige ein berechtigtes Interesse
  93. daran, alle Umstände zu erfahren, die seiner Rechtsverteidigung gegen den
  94. Ausgleichsanspruch dienen können (OLG München NJW 1969, 881, 882;
  95. Staudinger/Thiele BGB [2017] § 1379 Rn. 6; Hoppenz Familiensachen 9. Aufl.
  96. § 1379 BGB Rn. 2 f.; Löhnig NZFam 2017, 363, 364). Jeder Ehegatte hat deshalb grundsätzlich nach Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Auskunft im Sinne
  97. des § 1379 BGB ohne Rücksicht darauf, ob er tatsächlich einen Ausgleich fordern kann (Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 101/10 - FamRZ 2013,
  98. 103 Rn. 24 mwN).
  99. 9
  100. bb) Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung Auskunftsverlangen als rechtsmissbräuchlich bezeichnet hat, wenn dem Auskunft Begehrenden unzweifelhaft keine eigene Ausgleichsforderung zusteht (Senatsurteil
  101. vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 101/10 - FamRZ 2013, 103 Rn. 24 mwN), betraf
  102. dies nicht den Fall, in dem die Auskunft noch für die Ermittlung oder Abwehr
  103. eines Gegenanspruchs von Bedeutung sein kann.
  104. 10
  105. Als lediglich dienendes Recht kann der Auskunftsanspruch nur dann
  106. nicht mehr erhoben werden, wenn für ihn kein Bedürfnis mehr besteht, weil die
  107. Auskunft für den ihr ausschließlich zugedachten Zweck der Zugewinnberechnung nicht mehr verwendet werden kann. Den in § 1379 BGB geregelten
  108. Auskunftspflichten ist nämlich keine außerhalb des güterrechtlichen Ausgleichs
  109. stehende Bedeutung beigegeben (vgl. Senatsbeschluss vom 5. April 2017
  110. - XII ZB 259/16 - FamRZ 2017, 1039 Rn. 17). Deshalb kann die Auskunft nicht
  111. mehr verlangt werden, wenn sie weder zur Verfolgung eines eigenen noch zur
  112. -6-
  113. Ermittlung eines Gegenanspruchs auf Zugewinnausgleich dienen kann, etwa
  114. weil der Zugewinnausgleich vertraglich wirksam ausgeschlossen oder auf einen
  115. bestimmten Betrag festgesetzt worden ist (OLG Naumburg FamRZ 2014, 944;
  116. OLG Düsseldorf FamRZ 1989, 181, 182; vgl. auch Hoppenz Familiensachen
  117. 9. Aufl. § 1379 BGB Rn. 5; BeckOK BGB/Cziupka [Stand: 15. Juni 2017] § 1379
  118. Rn. 14).
  119. 11
  120. b) Nach diesen Kriterien besteht der Auskunftsanspruch für den
  121. Ehemann fort, denn die Ehefrau hat einen Anspruch auf Zugewinnausgleich
  122. rechtshängig gemacht. Deren Ausgleichsanspruch ist auch nicht verjährt, da
  123. der noch vor Ablauf der Verjährungsfrist bei Gericht eingegangene Antrag
  124. "demnächst" im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 113 Abs. 1 Satz 2
  125. FamFG, 167 ZPO zugestellt worden ist (vgl. BGH Urteil vom 3. September
  126. 2015 - III ZR 66/14 - NJW 2015, 3101 Rn. 15 mwN).
  127. 12
  128. Um den gegen ihn gerichteten Zugewinnausgleichsanspruch berechnen
  129. und sich gegen eine gegebenenfalls zu Unrecht erhobene Forderung zur Wehr
  130. setzen zu können, bedarf der Ehemann der in § 1379 BGB bezeichneten
  131. Auskünfte. Die von der Ehefrau bei Übergang zum Zahlungsantrag ohnehin
  132. offenzulegenden Angaben über ihr eigenes Anfangs- und Endvermögen können
  133. die nach § 1379 BGB geschuldete Auskunft nicht ersetzen (OLG München
  134. NJW 1969, 881, 882; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. November 2017
  135. - XII ZB 503/16 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt Rn. 13 zum Ehegattenunterhalt). Denn der Auskunftsanspruch gibt dem Ehemann umfassendere
  136. Rechte, als sie ihm bei der Rechtsverteidigung gegen eine Ausgleichsforderung
  137. der Ehefrau in Bezug auf deren Vortrag zur Begründung ihres Zahlungsantrags
  138. zustünden. Er kann die Vorlage von Belegen anfordern (§ 1379 Abs. 1 Satz 2
  139. BGB) und verlangen, dass er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen
  140. wird oder dass das Verzeichnis durch eine Behörde oder einen Notar aufge-
  141. -7-
  142. nommen wird (§ 1379 Abs. 1 Satz 3 und 4 BGB). Auch kann er, falls die Auskunft ungenügend ist, von der Ehefrau gemäß § 260 Abs. 2 BGB eine Versicherung an Eides statt verlangen, dass sie nach bestem Wissen den Bestand so
  143. vollständig angegeben habe, als sie dazu imstande sei.
  144. 13
  145. c) Der Auskunftsanspruch des Ehemanns ist auch nicht verjährt.
  146. 14
  147. aa) Gemäß § 194 Abs. 1 BGB unterliegt das Recht, von einem anderen
  148. ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist,
  149. mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des
  150. Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste
  151. (§ 199 Abs. 1 BGB).
  152. 15
  153. (1) Der Auskunftsanspruch entsteht gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB,
  154. wenn der Güterstand beendet ist oder ein Ehegatte die Scheidung, die
  155. Aufhebung der Ehe, den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger
  156. Aufhebung der Zugewinngemeinschaft oder die vorzeitige Aufhebung der
  157. Zugewinngemeinschaft beantragt hat, spätestens also mit dem Antrag auf
  158. Scheidung oder Aufhebung der Ehe. Noch früher, nämlich bereits im Zeitpunkt
  159. der Trennung, entsteht der Anspruch auf Auskunftserteilung über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung (§ 1379 Abs. 2 BGB), der auch sofort fällig wird (BeckOK BGB/Cziupka [Stand: 15. Juni 2017] § 1379 Rn. 16;
  160. MünchKommBGB/Koch 7. Aufl. § 1379 Rn. 11). Isoliert betrachtet würde die
  161. regelmäßige Verjährung der Auskunftsansprüche gemäß § 199 Abs. 1 BGB
  162. zum Jahresende dieser jeweiligen Einsatzzeitpunkte beginnen, soweit nicht ein
  163. anderer Verjährungsbeginn bestimmt wäre; der Lauf der Verjährung wäre gemäß § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB gehemmt, solange die Ehe besteht.
  164. -8-
  165. 16
  166. (2) Demgegenüber entsteht der Zugewinnausgleichsanspruch als Zahlungsanspruch erst mit der Beendigung des Güterstands (§ 1378 Abs. 3 Satz 1
  167. BGB), regelmäßig also mit Rechtskraft der Ehescheidung. Nach Kenntniserlangung des Ehegatten hiervon (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) beginnt der Zahlungsanspruch an dem darauffolgenden Jahresende zu verjähren.
  168. 17
  169. (3) Auf dieser gesetzlichen Grundlage könnte ein Auskunftsanspruch früher als der Zugewinnausgleichsanspruch verjähren, sofern zwischen der Zustellung des Scheidungsantrags und der Rechtskraft der Entscheidung - wie im
  170. vorliegenden Fall - ein Jahreswechsel liegt. Die wechselseitigen Auskunftsansprüche entstanden hier mit der Zustellung des Scheidungsantrags am 20. Juli
  171. 2011. Ihre Verjährung hätte isoliert betrachtet am 1. Januar 2012 begonnen und
  172. zum Jahresende 2014 geendet. Vom 1. Januar 2012 bis zur Rechtskraft der
  173. Scheidung am 10. Oktober 2012 wäre die Verjährung für insgesamt 283 Tage
  174. gemäß § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB gehemmt gewesen, so dass die beiderseitigen
  175. Auskunftsansprüche bereits mit Ablauf des 10. Oktober 2015 verjährt gewesen
  176. wären, der Zugewinnausgleichsanspruch hingegen erst am Jahresende 2015.
  177. 18
  178. (4) Das Auseinanderfallen der Verjährung von Auskunfts- und Zahlungsanspruch entspräche allerdings nicht der mit § 1379 BGB und dem Verjährungsrecht bezweckten Zielsetzung.
  179. 19
  180. Die Verjährung beruht auf den Gedanken des Schuldnerschutzes, des
  181. Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit. Diese Zwecke stehen der Annahme
  182. entgegen, der Hilfsanspruch auf Auskunft nach § 1379 BGB könne vor dem
  183. Hauptanspruch verjähren, zu dessen Berechnung die Auskunft benötigt wird
  184. (vgl. BGH Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16 - NJW 2017, 2755 Rn. 9
  185. mwN).
  186. -9-
  187. 20
  188. Für die Aspekte des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit liegt dies
  189. auf der Hand. Zwar würde eine frühere Verjährung des Auskunftsanspruchs
  190. dazu führen, dass ein Streit über das Bestehen dieses Anspruchs nicht mehr
  191. geführt zu werden braucht. Kern des zwischen den Beteiligten bestehenden
  192. Streits ist in solchen Fällen aber regelmäßig nicht der Hilfs-, sondern der
  193. Hauptanspruch. Der Streit über ihn würde durch die Verjährung nur des Hilfsanspruchs nicht gelöst. Im Gegenteil würde die Lösung des eigentlichen Streits
  194. über das Bestehen und den Umfang des Zugewinnausgleichsanspruchs mit der
  195. Annahme der Verjährung nur des Hilfsanspruchs erschwert, weil mit dem Auskunftsanspruch ein Mittel aus der Hand genommen würde, mit dessen Hilfe zur
  196. Klärung des Hauptanspruchs hätte beigetragen werden können. Dass ein Ausschluss des Hilfsanspruchs den Streit um das Bestehen des noch nicht verjährten Hauptanspruchs im Einzelfall deshalb beenden kann, weil dessen Geltendmachung ohne die vom verjährten Hilfsanspruch umfasste Auskunft tatsächlich
  197. unmöglich ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Wegfall der Durchsetzbarkeit des Hauptanspruchs allein infolge Zeitablaufs ist nach dem Willen
  198. des Gesetzgebers erst nach Eintritt der für ihn bestimmten Verjährung und nicht
  199. bereits nach Eintritt der für den Auskunftsanspruch bestimmten Verjährung gerechtfertigt (BGH Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16 - NJW 2017, 2755
  200. Rn. 10).
  201. 21
  202. Entsprechendes gilt für den Gedanken des Schuldnerschutzes. Das vom
  203. Institut der Verjährung geschützte Interesse des Schuldners, nicht wegen länger zurückliegender Vorgänge, die er nicht mehr aufklären kann, weil ihm die
  204. Beweismittel für etwa begründete Einwendungen abhandengekommen oder
  205. Zeugen nicht mehr auffindbar sind, in Anspruch genommen zu werden, bezieht
  206. sich erkennbar auf den Hauptanspruch und nicht auf bloße Hilfsansprüche.
  207. Diese haben allein den Zweck, dem Gläubiger die Durchsetzung des - noch
  208. nicht verjährten - Hauptanspruchs zu ermöglichen. Denn auch insoweit ist zu
  209. - 10 -
  210. berücksichtigen, dass die Annahme einer Verjährung des Hilfsanspruchs die
  211. Durchsetzung des Hauptanspruchs oder dessen Abwehr allein wegen Zeitablaufs erschwerte oder sogar ganz unmöglich machte, obwohl die für den Hauptanspruch bestimmte Verjährungsfrist gerade noch nicht eingetreten ist (BGH
  212. Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16 - NJW 2017, 2755 Rn. 11 mwN).
  213. 22
  214. (5) Für den Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB gilt zudem die Besonderheit, dass dieser nicht nur als Hilfsanspruch zur Geltendmachung eigener
  215. Zugewinnausgleichsansprüche dient, sondern seiner Struktur nach darauf
  216. angelegt ist, mittels wechselseitiger Auskunft die Bemessungsgrundlagen für
  217. die Zugewinnausgleichsberechnung in Übereinstimmung zu bringen. In seiner
  218. wechselseitig dienenden Funktion würde der Auskunftsanspruch beschnitten,
  219. träte seine Verjährung zu einem Zeitpunkt ein, in dem ein Zugewinnausgleichsanspruch noch verfolgt wird und zu seiner Berechnung die wechselseitige Beibringung der Bemessungsgrundlagen durch belastbare, gegebenenfalls mit eidesstattlicher Versicherung bewehrte Auskunft erforderlich ist.
  220. 23
  221. Entsprechend seiner unselbständigen Natur folgt aus § 1379 BGB deshalb zugleich die Bestimmung eines anderen Verjährungsbeginns im Sinne des
  222. § 199 Abs. 1 BGB. Die Verjährung der wechselseitigen Auskunftsansprüche
  223. aus § 1379 BGB beginnt gleichzeitig mit der Verjährung des Zahlungsanspruchs auf Zugewinnausgleich, zu dessen Berechnung sie dienen sollen (vgl.
  224. BeckOGK/Siede [Stand: 1. November 2017] § 1379 BGB Rn. 101; BeckOK
  225. BGB/Cziupka [Stand: 15. Juni 2017] § 1379 Rn. 41; so im Ergebnis auch BGH
  226. Urteile vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16 - NJW 2017, 2755 Rn. 7 ff.; vom
  227. 28. April 1992 - X ZR 85/89 - WM 1992, 1437, 1440 und vom 18. Februar 1972
  228. - I ZR 82/70 - MDR 1972, 484, 485).
  229. - 11 -
  230. 24
  231. (6) Hiernach hat die Verjährung der beiderseitigen Auskunftsansprüche
  232. der beteiligten Ehegatten erst mit Ablauf des Jahres begonnen, in dem der Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau entstanden ist, mithin am Jahresende
  233. 2012. Die Frist der regelmäßigen Verjährung endete somit zum Jahresende
  234. 2015.
  235. 25
  236. Kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt findet sich indessen für die vom
  237. Oberlandesgericht getroffene Annahme, die Verjährung des Auskunftsanspruchs über illoyale Vermögensverfügungen beginne erst mit der Kenntnis von
  238. der beabsichtigten Inanspruchnahme zu laufen (dem folgend BeckOGK/Siede
  239. [Stand: 1. November 2017] § 1379 BGB Rn. 102.1). Das Gesetz knüpft für den
  240. Beginn der Verjährung an die Kenntnis von den Anspruch begründenden Umständen (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) und nicht an die Kenntnis davon an, dass
  241. die Auskunft tatsächlich benötigt werde. Auch ein Fall des Neubeginns der Verjährung nach Maßgabe des § 212 BGB liegt insoweit nicht vor.
  242. 26
  243. bb) Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung
  244. der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils gehemmt.
  245. Dem entspricht im Zugewinnausgleichsverfahren die Stellung des auf Zahlung
  246. gerichteten Leistungsantrags.
  247. 27
  248. Durch die Erhebung des Leistungsantrags auf Zugewinnausgleich
  249. wird aber nicht nur die Verjährung des Zahlungsanspruchs als solcher gehemmt, sondern ebenso die Verjährung des Hilfsanspruchs auf Auskunft gemäß § 1379 BGB. Zwar erfüllen Auskunftsansprüche nicht das Merkmal einer
  250. von dem Hauptanspruch abhängenden Nebenleistung im Sinne von § 217 BGB
  251. (Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2014] § 217 Rn. 7). Ähnlich wie diese ist der
  252. Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB jedoch von unselbstständiger Natur und
  253. - 12 -
  254. hat lediglich dienende Funktion zur Durchsetzung des Hauptanspruchs. Die
  255. gleichen Erwägungen, die im Hinblick auf die Zielsetzungen des Verjährungsrechts dafür sprechen, den Verjährungsbeginn der Auskunftsansprüche erst
  256. zeitgleich mit dem Beginn der Verjährung des Hauptanspruchs anzunehmen,
  257. führen mithin zu dem weiteren Schluss, auch den Hemmungstatbestand des
  258. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf die dienenden Auskunftsansprüche zu erstrecken.
  259. 28
  260. Die Verjährungshemmung durch einen rechtzeitig erhobenen Antrag auf
  261. Zugewinnausgleich erstreckt sich auf den Hilfsanspruch des Ausgleichsberechtigten gleichermaßen wie auf denjenigen des Ausgleichspflichtigen. Weil der
  262. Auskunftsanspruch auch für die Abwehr eines Gegenanspruchs von Bedeutung
  263. sein kann, muss er auch dann weiterhin durchsetzbar sein, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Gegenanspruch auf Zugewinnausgleich erst kurz vor der
  264. Verjährung anhängig gemacht und erst danach zugestellt wird (Löhnig NZFam
  265. 2017, 363, 364; BeckOK BGB/Cziupka [Stand: 15. Juni 2017] § 1379 Rn. 41).
  266. Dose
  267. Klinkhammer
  268. Nedden-Boeger
  269. Günter
  270. Guhling
  271. Vorinstanzen:
  272. AG Kirchheim unter Teck, Entscheidung vom 09.03.2016 - 2 F 577/15 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.03.2017 - 11 UF 83/16 -