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382 lines
17 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 221/07
  5. Verkündet am:
  6. 29. April 2008
  7. Herrwerth
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB § 241 Abs. 2, § 242 A, § 311 Abs. 2
  18. a) Grundsätzlich ist eine kreditgebende Bank unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs nur dann verpflichtet, den Kreditnehmer bei Kreditvergabe über die sittenwidrige Überteuerung der zu finanzierenden Eigentumswohnung aufzuklären, wenn sie positive Kenntnis davon hat, dass der Kaufpreis knapp doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Wohnung.
  19. b) Ausnahmsweise steht die bloße Erkennbarkeit der positiven Kenntnis
  20. dann gleich, wenn sich die sittenwidrige Überteuerung einem zuständigen
  21. Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen musste;
  22. er ist dann nach Treu und Glauben nicht berechtigt, seine Augen davor
  23. zu verschließen.
  24. BGH, Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 221/07 - OLG Nürnberg
  25. LG Nürnberg-Fürth
  26. -2-
  27. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom
  29. 29. April
  30. 2008
  31. durch
  32. den
  33. Vorsitzenden
  34. Richter
  35. Dr. h.c. Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Dr. Grüneberg
  36. und Maihold
  37. für Recht erkannt:
  38. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des
  39. 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom
  40. 30. März 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
  41. Von Rechts wegen
  42. Tatbestand:
  43. 1
  44. Die Kläger wenden sich gegen die von der beklagten Bank betriebene Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Schuldanerkenntnis.
  45. 2
  46. Die Kläger wurden im Jahr 1993 von einem Vermittler geworben,
  47. ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken zu
  48. erwerben. Mit notariellem Kaufvertrag vom 30. März 1993 erwarben sie
  49. die Wohnung Nr. .. in dem Objekt Rh.
  50. in D.
  51. zum Kaufpreis von 129.250 DM.
  52. 3
  53. Zur Finanzierung des Kaufpreises legte die Rechtsvorgängerin der
  54. Beklagten (nachfolgend: Beklagte) den Klägern den Entwurf eines Darlehensvertrages vom 5. August 1993 über 129.000 DM vor. Die Kläger un-
  55. -3-
  56. terzeichneten den Antrag, in dem die Tilgung mit 1% p.a. und die monatlich zu zahlende Rate mit 908,38 DM angegeben waren. Zur Sicherheit
  57. wurde von der im Kaufvertrag bevollmächtigten Notariatsangestellten am
  58. 6. August 1993 eine Grundschuld über 129.000 DM an der Eigentumswohnung bestellt. In der Grundschuldbestellungsurkunde ist auch die
  59. Übernahme der persönlichen Haftung der Kläger nebst Unterwerfung in
  60. die sofortige Zwangsvollstreckung enthalten.
  61. Der Beklagten lagen zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung der
  62. 4
  63. notarielle Kaufvertrag vom 30. März 1993 und ein Verkaufsprospekt vor,
  64. der Lichtbilder der Front- und Rückseite des Objekts, Planzeichnungen
  65. und einen Auszug aus dem Stadtplan von D.
  66. enthielt. Das Objekt
  67. wurde im Prospekt u.a. wie folgt beschrieben: Baujahr 1952, renoviert;
  68. Sonstiges: Guter Zustand, von außen verklinkert, Isolierverglasung, jede
  69. ETW hat Balkon, Ölzentralheizung. In einem an die zuständige Filiale
  70. S.
  71. der Beklagten gerichteten Kreditantrag für Baufinanzierun-
  72. gen vom 6. August 1993 wurde der Objektwert von der Filiale R.
  73. mit
  74. dem Kaufpreis gleich gesetzt.
  75. 5
  76. Am 2. September 1993 richtete die Filiale R.
  77. der Beklagten ein
  78. Schreiben an die Kläger, das auszugsweise wie folgt lautet:
  79. "Die Eigentumswohnung wurde nach Ihren Angaben 1952 erstellt.
  80. Renovierungsarbeiten wurden angabegemäß durchgeführt, die
  81. aber in genauerem Umfang nicht bekannt sind. Uns liegt zur Wertermittlung der Immobilie lediglich ein Exposé der Vertriebsfirma
  82. vor. Aufgrund des von uns ermittelten Verkehrswertes können wir
  83. der Finanzierung nur dann näher treten, wenn uns objektive Belei-
  84. -4-
  85. hungsunterlagen (aktuelles Lichtbild, Mietvertrag, Zustandsbericht
  86. der Raumverhältnisse sowie der Zeitpunkt der Modernisierung, inklusive Kostenaufstellung) vorliegen. Unabhängig vom Darlehensantrag, in welchem eine Tilgung von 1% p.a. vereinbart wurde,
  87. müssen wir mit dem derzeitigen Informationsstand die Tilgung auf
  88. 5% p.a. erhöhen. Dies würde eine Erhöhung der Belastung auf
  89. DM 1.338,38 monatlich bedeuten. Bis zur Vorlage der von uns benötigten Objektunterlagen und bis zu Ihrer Entscheidung, ob Sie
  90. mit der höheren Tilgung einverstanden sind, können wir das Darlehen nicht zusagen."
  91. 6
  92. Mit Fax vom 5. Oktober 1993 wandte sich der Vermittler an die Beklagte und teilte mit, dass die Kläger bereit seien, die Wohnung über diese zu finanzieren, wenn die Tilgung auf 1% reduziert werde. Am
  93. 28. Oktober/5. November 1993 unterzeichneten die Parteien einen Darlehensvertrag über 129.000 DM, der eine Tilgung von 3% p.a. vorsah.
  94. 7
  95. Nachdem das von der Beklagten valutierte Darlehen notleidend
  96. geworden war, stellte die Beklagte den Darlehensrestbetrag am 16. Juli
  97. 2003 in Höhe von 51.089,44 € zum 29. August 2003 fällig und betrieb
  98. aus der Grundschuldbestellungsurkunde die Zwangsversteigerung der
  99. finanzierten Eigentumswohnung. Diese erfolgte im Februar 2004 für
  100. 24.500 €. Wegen des Restbetrages betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen der Kläger.
  101. 8
  102. Das Landgericht hat die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen.
  103. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und deren Hilfswiderklage auf Zahlung der noch
  104. -5-
  105. offenen Darlehensforderung von 25.720,40 € zuzüglich Zinsen abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die
  106. Beklagte ihren Klageabweisungs- und Hilfswiderklageantrag in vollem
  107. Umfang weiter.
  108. Entscheidungsgründe:
  109. Die Revision hat keinen Erfolg.
  110. 9
  111. I.
  112. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von
  113. 10
  114. Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
  115. Die Kläger könnten dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Be-
  116. 11
  117. klagten einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte
  118. entgegenhalten. Aufgrund eines Wissensvorsprungs habe die Beklagte
  119. die Kläger über den tatsächlichen Wert der Eigentumswohnung aufklären
  120. müssen. Der Kaufpreis für die Wohnung sei sittenwidrig überhöht gewesen, weil er den Verkehrswert der Wohnung um 87,07% überstiegen habe.
  121. 12
  122. Hiervon habe die Beklagte Kenntnis gehabt. Offen bleiben könne
  123. deshalb, ob in den Fällen eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert die Kenntnis der Bank hiervon zu
  124. -6-
  125. vermuten sei. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe
  126. fest, dass sich die Beklagte einer Erkenntnis der sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung bewusst verschlossen und eine sittenwidrige Übervorteilung der Kläger in Kauf genommen habe. Der Beklagten seien die
  127. wertbildenden Faktoren der Eigentumswohnung bekannt gewesen. Sie
  128. habe den Kaufpreis, das Baujahr, die Ausstattung und die Lage der
  129. Wohnung und als überregional tätige Bank auch die Markt- und Preisverhältnisse auf dem Immobilienmarkt gekannt. Angesichts der Lage der
  130. Wohnung an einer breiten Hauptstraße sei ihr auch die Verkehrslärmbeeinträchtigung bekannt gewesen. Weiter habe sie gewusst, dass das
  131. Hauptrisiko für die Werthaltigkeit der Wohnung darin gelegen habe, ob
  132. und in welchem Umfang Renovierungen durchgeführt worden seien. Sie
  133. habe die Finanzierung deshalb angesichts der erkannten Risiken zunächst nur mit einer fünfprozentigen Tilgung gewähren wollen. Obgleich
  134. ihr keine Informationen zum Renovierungszustand erteilt worden seien,
  135. habe sie das Darlehen dann mit einem Tilgungssatz von 3% ausgereicht.
  136. Das belege, dass die Beklagte die sich ihr aufdrängenden Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Immobilie beiseite geschoben habe. Dies
  137. sei einer positiven Kenntnis gleich zu stellen. Wegen Verletzung ihrer
  138. Aufklärungspflicht müsse die Beklagte die Kläger so stellen, als ob sie
  139. die sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung erkannt und die Bezahlung des
  140. Kaufpreises verweigert hätten.
  141. II.
  142. 13
  143. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus Auf-
  144. -7-
  145. klärungsverschulden unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs
  146. hinsichtlich der sittenwidrigen Überteuerung des Kaufpreises für die Eigentumswohnung bejaht, die die Zwangsvollstreckung der Beklagten unzulässig macht und ihrem Darlehensrückzahlungsanspruch entgegensteht.
  147. 14
  148. 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine
  149. kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft allerdings nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie
  150. darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die
  151. notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls
  152. der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den
  153. besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann
  154. etwa dann der Fall sein, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken
  155. des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (Senatsurteile BGHZ 161, 15,
  156. 20; 168, 1, 19 f., Tz. 41, vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03,
  157. WM 2005, 72, 76, vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828,
  158. 830, vom 10. Juli 2007 - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831, 1832, Tz. 14 und
  159. vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, 156, Tz. 13). Eine
  160. Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises
  161. unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs ist ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn eine so wesentliche Verschiebung
  162. der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert vorliegt, dass die
  163. Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den
  164. Verkäufer ausgehen muss (st.Rspr., Senatsurteile vom 23. März 2004
  165. -8-
  166. - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, vom 15. März 2005 - XI ZR
  167. 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05,
  168. WM 2008, 154, 156, Tz. 16, jeweils m.w.Nachw.). Von einer solchen sittenwidrigen Übervorteilung ist auszugehen, wenn der Verkaufspreis
  169. knapp doppelt
  170. so hoch ist wie der Verkehrswert der Wohnung
  171. (BGHZ 146, 298, 301 ff.; 168, 1, 21, Tz. 47; Senatsurteile vom 19. Juni
  172. 2007 - XI ZR 142/05, WM 2007, 1456, 1457, Tz. 13, vom 26. Juni 2007
  173. - XI ZR 277/05, WM 2007, 1651, 1653, Tz. 15 und vom 26. Februar 2008
  174. - XI ZR 74/06, WM 2008, 683, 687, Tz. 38, jeweils m.w.Nachw.).
  175. 15
  176. a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht von einer sittenwidrigen Überteuerung der Eigentumswohnung ausgegangen. Entgegen
  177. seiner Ansicht übersteigt der Kaufpreis den Wert der Eigentumswohnung
  178. allerdings nicht lediglich um 87,07%, sondern um mehr als 100%. Für
  179. den Wert-Preisvergleich ist der vom Sachverständigen Si.
  180. Verkehrswert
  181. der
  182. Wohnung
  183. maßgeblich,
  184. der
  185. am
  186. ermittelte
  187. 30. März
  188. 1993
  189. 63.500 DM betrug. Dem steht der mehr als doppelt so hohe Kaufpreis
  190. von 129.000 DM gegenüber. Das belegt die sittenwidrige Überteuerung
  191. der Wohnung.
  192. 16
  193. b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die subjektiven
  194. Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht bejaht.
  195. 17
  196. aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  197. muss ein Kreditinstitut nur das ihm präsente Wissen offenbaren. Dabei
  198. ist grundsätzlich positive Kenntnis der Bank von der sittenwidrigen Überteuerung des Kaufobjekts erforderlich. Eine solche Kenntnis wird selbst
  199. bei einem - hier nicht vorliegenden - institutionalisierten Zusammenwir-
  200. -9-
  201. ken der Bank mit dem Verkäufer oder Vermittler der Anlage nicht vermutet (Senatsurteil vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008, 154,
  202. 156 f., Tz. 16 m.w.Nachw.; OLG Frankfurt WM 2006, 2207, 2209). Etwas
  203. anderes ist auch nicht etwa dem vom Berufungsgericht zitierten Urteil
  204. des Senats vom 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524) zu
  205. entnehmen. Darin wurde insoweit lediglich ausgesprochen, dass ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung eine Vermutung der subjektiven Voraussetzungen für ein sittenwidriges
  206. Handeln des Verkäufers begründet (ebenso BGHZ 146, 298, 302). Von
  207. einer widerleglichen Vermutung der Kenntnis der finanzierenden Bank
  208. von der sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer
  209. ist dort keine Rede. Eine solche positive Kenntnis der Beklagten hat das
  210. Berufungsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerhaft nicht als bewiesen angesehen.
  211. 18
  212. bb) Es hat aber aufgrund der besonderen Umstände des Falles die
  213. Überzeugung gewonnen, dass die mit der Bewilligung des Darlehens befassten Mitarbeiter der Beklagten vor der Erkenntnis der sittenwidrigen
  214. Überteuerung der Wohnung bewusst die Augen verschlossen haben, was
  215. der positiven Kenntnis der Sittenwidrigkeit gleichsteht. Diese tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
  216. 19
  217. (1) Allerdings besteht, worauf die Revision zu Recht hinweist, keine Nachforschungspflicht einer Bank hinsichtlich etwaiger Risiken des zu
  218. finanzierenden Vorhabens. Kreditinstitute prüfen den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im
  219. Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht aber im Kundeninteresse (BGHZ 147, 343, 349; 168, 1, 20 f., Tz. 45 und Senatsurteile
  220. - 10 -
  221. vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992, 977, vom 21. Oktober 1997
  222. - XI ZR 25/97, WM 1997, 2301, 2302, vom 11. November 2003 - XI ZR
  223. 21/03, WM 2004, 24, 27, vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007,
  224. 876, 880 f., Tz. 41, vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008,
  225. 154, 156, Tz. 15 und vom 6. November 2007 - XI ZR 322/03, WM 2008,
  226. 115, 119, Tz. 43). Dementsprechend kann sich aus einer lediglich zu
  227. bankinternen Zwecken erfolgten oder unterlassenen Beleihungswertermittlung grundsätzlich keine Pflichtverletzung gegenüber dem Kreditnehmer und somit auch keine diesbezügliche Aufklärungspflicht ergeben
  228. (Senat, BGHZ 168 aaO S. 21, Tz. 45; Urteile vom 20. März 2007 - XI ZR
  229. 414/04, WM 2007, 876, 881, Tz. 41 und vom 23. Oktober 2007 - XI ZR
  230. 167/05, WM 2008, 154, 156, Tz. 15 m.w.Nachw.).
  231. 20
  232. (2) Ausnahmsweise steht die bloße Erkennbarkeit von aufklärungspflichtigen Tatsachen wie etwa der sittenwidrigen Überteuerung
  233. eines Wohnungskaufpreises der positiven Kenntnis aber dann gleich,
  234. wenn sich diese einem zuständigen Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen musste; er ist dann nach Treu und Glauben nicht berechtigt, seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschließen
  235. (Senatsbeschluss vom 28. Januar 1992 - XI ZR 301/90, WM 1992, 602,
  236. 603 und Senatsurteil vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992, 977).
  237. So liegt der Fall hier.
  238. 21
  239. Das Berufungsgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der unstreitigen besonderen Umstände des Falles zu der
  240. Überzeugung gelangt, dass die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten
  241. bewusst die Augen vor der sittenwidrigen Überteuerung der Wohnung
  242. verschlossen haben. Die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Ver-
  243. - 11 -
  244. antwortung vorgenommene Würdigung, die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 1992
  245. - XI ZR 301/90, WM 1992, 602, 603), weist keinen Rechtsfehler auf. Sie
  246. ist vollständig, verstößt nicht gegen die Denkgesetze und ist vertretbar.
  247. 22
  248. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der
  249. Beklagten alle wertbildenden Faktoren der Wohnung bekannt waren und
  250. sich ihr deshalb die sittenwidrige Überteuerung der Wohnung aufgedrängt hat. Die Beklagte kannte den Kaufpreis und war als überregional
  251. tätige Bank mit den Markt- und Preisverhältnissen auf dem Immobilienmarkt in D.
  252. vertraut. Sie kannte aufgrund des ihr vorliegenden
  253. Prospekts Alter, schlechte Lage und Ausstattung der Wohnung. Ihr war,
  254. wie sich ihrem Schreiben vom 2. September 1993 entnehmen lässt, bewusst, dass ein unzureichender Renovierungszustand, mit dem sie
  255. ernsthaft rechnete, den Wert negativ beeinflusst. Ihr nachträgliches ungewöhnliches Verlangen nach einer unüblich hohen fünfprozentigen Tilgung pro Jahr ist ein wichtiges Indiz dafür, dass sie die Immobilie in hohem Maße nicht als werthaltig ansah. Wenn sie trotz Fehlens zusätzlich
  256. angeforderter tragfähiger Informationen zum Renovierungszustand nach
  257. Intervention des Vermittlers die Finanzierung zu einem immer noch ungewöhnlich hohen Tilgungssatz von 3% p.a. abgeschlossen hat, so durfte das Berufungsgericht annehmen, dass die Beklagte vor der von ihr als
  258. Risiko erkannten und sich aufdrängenden Erkenntnis einer sittenwidrigen
  259. Überteuerung der Wohnung bewusst die Augen verschlossen und lediglich versucht hat, durch einen ungewöhnlich hohen Tilgungssatz das
  260. durch die völlig unzureichende Werthaltigkeit der Immobile bedingte Kreditausfallrisiko zu verringern.
  261. - 12 -
  262. 23
  263. 2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die
  264. Kläger wegen des Aufklärungsverschuldens der Beklagten im Wege des
  265. Schadensersatzes so zu stellen sind, als hätten sie den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass
  266. ausgleichspflichtige Vorteile der Kläger nicht vorhanden sind, werden
  267. von der Revision nicht angegriffen. Die von der Beklagten betriebene
  268. Zwangsvollstreckung ist danach unzulässig, ihre Hilfswiderklage unbegründet.
  269. - 13 -
  270. III.
  271. 24
  272. Die Revision war nach alledem zurückzuweisen.
  273. Nobbe
  274. Müller
  275. Grüneberg
  276. Ellenberger
  277. Maihold
  278. Vorinstanzen:
  279. LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 25.08.2005 - 10 O 8701/04 OLG Nürnberg, Entscheidung vom 30.03.2007 - 12 U 2164/05