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315 lines
18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 294/10
  5. Verkündet am:
  6. 28. September 2011
  7. Ring,
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 560 Abs. 4
  19. Die letzte Betriebskostenabrechnung ist Grundlage für eine Anpassung der Vorauszahlungen, hindert aber nicht die Berücksichtigung anderer - bereits eingetretener
  20. oder noch eintretender - Umstände, von denen die im laufenden Jahr entstehenden
  21. Kosten voraussichtlich beeinflusst werden. Es ist jedoch kein Raum für einen "abstrakten" Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % auf die zuletzt abgerechneten Betriebskosten.
  22. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - VIII ZR 294/10 - LG Berlin
  23. AG Berlin-Schöneberg
  24. -2-
  25. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 28. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
  27. Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und
  28. Dr. Schneider
  29. für Recht erkannt:
  30. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 63
  31. des Landgerichts Berlin vom 10. August 2010 wird zurückgewiesen.
  32. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand:
  35. 1
  36. Die Kläger sind Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Mit
  37. Schreiben vom 6. März 2009 rechnete die Beklagte über die Betriebs- und
  38. Heizkosten für das Kalenderjahr 2008 ab. Die im Abrechnungszeitraum auf die
  39. Wohnung entfallenden Betriebskosten einschließlich der Heizkosten betrugen
  40. insgesamt 3.670,89 €. Unter Berücksichtigung der von den Klägern geleisteten
  41. Vorauszahlungen errechnete sich eine Nachforderung der Beklagten in Höhe
  42. von 348,09 €. Mit der Abrechnung erklärte die Beklagte zugleich eine Erhöhung
  43. der monatlichen Vorauszahlungen von bisher 276,90 € auf 336,50 €, und zwar
  44. 251,48 € für "Betriebskosten" und 85,02 € für "Heiz-/Hausnebenkosten" (GA 4).
  45. 2
  46. Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, ab Mai 2009 monatliche Vorauszahlungen auf die kalten Be-
  47. -3-
  48. triebskosten von mehr als 228,62 € und auf die Heizkosten von mehr als
  49. 77,29 € zu leisten. Der sich daraus errechnende Gesamtbetrag von 305,91 €
  50. entspricht einem Zwölftel der auf die Kläger entfallenden Betriebs- und Heizkosten des Jahres 2008. Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, dass sie
  51. bei der Anpassung der Vorschüsse nicht an die letzte Betriebskostenabrechnung gebunden sei, sondern wegen zu erwartender Preissteigerungen, insbesondere wegen massiv gestiegener Energiekosten, einen "Sicherheitszuschlag"
  52. von 10 % auf die zuletzt ermittelten Betriebskosten in Ansatz bringen dürfe.
  53. 3
  54. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die
  55. Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
  56. Entscheidungsgründe:
  57. 4
  58. Die Revision hat keinen Erfolg.
  59. I.
  60. 5
  61. Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2010, 1540) hat zur Begründung
  62. seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
  63. 6
  64. Das Amtsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die von der
  65. Beklagten vorgenommene Erhöhung der Betriebskostenvorschüsse nicht angemessen im Sinne von § 560 Abs. 4 BGB sei. Die Höhe der künftigen Vorschüsse habe sich allein am letzten Abrechnungsergebnis zu orientieren. Ein
  66. Spielraum stehe den Parteien insoweit nicht zu. Insbesondere seien etwa eine
  67. zu erwartende Entwicklung der künftigen Betriebskosten oder ein Zuschlag für
  68. unvorhergesehene oder ähnliche Unwägbarkeiten nicht zu berücksichtigen.
  69. -4-
  70. 7
  71. Als Voraussetzung für eine Erhöhung sei in der gesetzlichen Regelung
  72. nur das Vorliegen einer Abrechnung genannt, eine Begründung der Erklärung
  73. sei nicht erforderlich. Unter diesen Umständen könne die Angemessenheit der
  74. Bestimmung einer Partei nur auf der Grundlage der Abrechnung zu überprüfen
  75. sein. Soweit das Abrechnungsergebnis die Vorauszahlungen über- oder unterschreite, seien diese nicht angemessen, wobei hier angesichts der Höhe der
  76. streitigen Differenz von mehr als 30 € dahinstehen könne, ob dies auch bei jeder geringfügigen Abweichung der Fall sei. Da die Abrechnung regelmäßig nur
  77. den Betrag der vergangenen Abrechnungsperiode ausweise, könne grundsätzlich nur dieser zur Beurteilung der Angemessenheit herangezogen werden.
  78. II.
  79. 8
  80. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis
  81. stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Feststellungklage ist begründet. Die Kläger sind entgegen der Aufforderung der Beklagten vom 6. März
  82. 2009 nicht verpflichtet, auf die Betriebs- und Heizkosten ab Mai 2009 höhere
  83. Vorauszahlungen als die von ihnen im Feststellungsantrag zugestandenen Beträge zu leisten.
  84. 9
  85. 1. Bei vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung der
  86. Vorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen (§ 560 Abs. 4 BGB).
  87. Damit soll Änderungen der Betriebskosten, die im Laufe des Mietverhältnisses
  88. zum Beispiel hinsichtlich der Anzahl der Bewohner oder der Verbrauchsgewohnheiten eintreten, Rechnung getragen werden können (BT-Drucks.
  89. 14/4553, S. 59).
  90. 10
  91. a) Hinsichtlich des Begriffs der Angemessenheit korrespondiert § 560
  92. Abs. 4 BGB mit der Regelung in § 556 Abs. 2 Satz 2 BGB, nach der Betriebs-
  93. -5-
  94. kostenvorauszahlungen nur in angemessener Höhe vereinbart werden können
  95. (BT-Drucks. 14/4553, S. 59). In der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift
  96. wird auf die Vorläuferbestimmung in § 4 Abs. 1 MHG Bezug genommen (BTDrucks. 14/4553, S. 50). Daraus ergibt sich, dass sich die Vorauszahlungen an
  97. der Höhe der zu erwartenden Betriebskosten ausrichten sollen (BT-Drucks.
  98. 7/2011, S. 12 zu § 4 Abs. 1 MHG). Dementsprechend ist für die Angemessenheit von Vorauszahlungen auf die voraussichtlich tatsächlich entstehenden
  99. Kosten abzustellen (Senatsurteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 258/09, NJW
  100. 2011, 145 Rn. 25 zu § 560 Abs. 4 BGB; BayObLGZ 1995, 323, 326 zu § 4
  101. Abs. 1 MHG).
  102. 11
  103. b) Das Recht der Mietvertragsparteien, eine Anpassung vorzunehmen,
  104. besteht gemäß § 560 Abs. 4 BGB allerdings nur "nach einer Abrechnung". Ausgangspunkt für die Anpassung ist damit die letzte Betriebskostenabrechnung,
  105. die bereits vorliegt; nicht maßgebend ist eine "letztmögliche" Abrechnung, die
  106. noch nicht erstellt ist (Senatsurteil vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 271/10, NJW
  107. 2011, 2350 Rn. 15). Die Anpassung der Vorauszahlungen an die jeweils letzte
  108. Betriebskostenabrechnung stellt sicher, dass die Vorauszahlungen - im Interesse beider Vertragsparteien - den voraussichtlich tatsächlich entstehenden Kosten möglichst nahe kommen (Senatsurteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 258/09,
  109. aaO).
  110. 12
  111. 2. Aus der gesetzlichen Anknüpfung an die letzte Betriebskostenabrechnung hat das Berufungsgericht mit Recht hergeleitet, dass diese Abrechnung
  112. die Grundlage der Anpassung bildet und damit - dies gilt jedenfalls in der Regel - ein Zwölftel des vom Mieter geschuldeten Jahresbetrags der letzten Betriebskostenabrechnung als monatlicher Vorauszahlungsbetrag für das Folgejahr angemessen ist. Denn die Entwicklung der Betriebskosten im vorangegangenen Jahr rechtfertigt eine Prognose über die zu erwartende Höhe der Be-
  113. -6-
  114. triebskosten im Folgejahr, wenn andere Anhaltspunkte fehlen. Das ist nicht umstritten.
  115. 13
  116. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann es aufgrund besonderer Umstände aber auch Ausnahmen von dieser Berechnungsweise geben. Das Berufungsgericht meint, eine Anpassung der Vorauszahlungen habe
  117. ausschließlich in der Weise zu erfolgen, dass das Ergebnis der letzten Betriebskostenabrechnung durch zwölf geteilt werde; andere Umstände seien in
  118. keinem Fall zu berücksichtigen. Das trifft nicht zu.
  119. 14
  120. a) Sowohl der Mieter als auch der Vermieter sind nicht daran gehindert,
  121. eine Anpassung der Vorauszahlungen im Hinblick darauf vorzunehmen, dass
  122. die Betriebskosten des laufenden Jahres voraussichtlich höher oder niedriger
  123. sein werden als die abgerechneten Betriebskosten des Vorjahres. Denn ausschlaggebend für die Angemessenheit einer Anpassung sind letztlich nicht die
  124. Betriebskosten des vergangenen Jahres, sondern, wie ausgeführt, die zu erwartenden Kosten des laufenden Jahres. Diese können maßgeblich auch durch
  125. Umstände beeinflusst werden, die sich in der letzten Betriebskostenabrechnung noch nicht ausgewirkt haben können. So kann etwa eine einschneidende
  126. Änderung der Anzahl der Bewohner, auf die in den Gesetzesmaterialien als
  127. Anpassungsgrund hingewiesen wird (BT-Drucks. 14/4553, S. 59), sich im vergangenen Jahr noch nicht oder nur für einen kurzen Zeitraum ausgewirkt haben, im laufenden Jahr dagegen voll zu Buche schlagen und damit eine Anpassung der Vorauszahlungen rechtfertigen.
  128. 15
  129. Die letzte Betriebskostenabrechnung ist damit zwar Ausgangspunkt und
  130. Orientierungshilfe für eine Anpassung der Vorauszahlungen, hindert aber nicht
  131. die Berücksichtigung anderer - bereits eingetretener oder noch eintretender Umstände, von denen die im laufenden Jahr entstehenden Kosten voraussicht-
  132. -7-
  133. lich beeinflusst werden. Lassen solche Umstände Vorauszahlungen in anderer
  134. Höhe als angemessen erscheinen, als unter Zugrundelegung der Abrechnung
  135. des Vorjahres zu erwarten wäre, so können sowohl der Mieter als auch der
  136. Vermieter eine entsprechende Anpassung vornehmen. Das entspricht auch nahezu einhelliger Auffassung in der Literatur (MünchKommBGB/Schmid, 5. Aufl.,
  137. § 560 Rn. 37; Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 560 Rn. 9; Sternel, Mietrecht
  138. Aktuell, 4. Aufl., Rn. V 280; Börstinghaus, Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen, in Neues Mietrecht, Schriftenreihe des Evangelischen Siedlungswerkes, 2002, S. 207; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 556 Rn. 121;
  139. Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 2. Aufl., § 560 Rn. 26; vgl. auch SchmidtFutterer/Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl., § 560 BGB Rn. 46; Kinne in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 6. Aufl., § 556 Rn. 63; Pfeifer,
  140. Betriebskosten bei Wohn- und Geschäftsraummiete, 2002, S. 88; aA Blank in
  141. Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 560 Rn. 28).
  142. 16
  143. b) Der Berücksichtigung außerhalb der letzten Abrechnung liegender
  144. Umstände steht, anders als das Berufungsgericht meint, auch nicht entgegen,
  145. dass in § 560 Abs. 4 BGB eine Begründung für die einseitige Anpassung der
  146. Vorauszahlungen nicht vorgeschrieben ist.
  147. 17
  148. aa) Das Fehlen eines gesetzlichen Begründungserfordernisses ist vor
  149. dem Hintergrund zu sehen, dass Vorauszahlungen auf die Betriebskosten wegen der Abrechnungspflicht nur vorläufigen Charakter haben, und sagt nichts
  150. darüber aus, welche Umstände bei der Beurteilung der Angemessenheit einer
  151. Anpassung von Vorauszahlungen zu berücksichtigen sind. Aus dem fehlenden
  152. Begründungserfordernis ist deshalb nicht herzuleiten, dass es dem Vermieter
  153. oder dem Mieter verwehrt wäre, sich auf für die Anpassung maßgebliche Umstände zu berufen, die außerhalb der letzten Abrechnung liegen. Im Übrigen
  154. trifft es auch nicht zu, dass im Wohnraummietrecht, wie das Berufungsgericht
  155. -8-
  156. meint, in allen Regelungen, die eine Vertragsänderung durch einseitige Erklärung einer Vertragspartei zum Gegenstand hätten, die Notwendigkeit einer formellen Begründung vorgesehen wäre (vgl. § 556a Abs. 2 BGB).
  157. 18
  158. bb) Auch wenn das Gesetz eine Begründung der Anpassung nicht vorschreibt, versteht sich von selbst, dass der Vermieter oder der Mieter eine von
  159. ihm beanspruchte Anpassung der Vorauszahlungen zumindest nachträglich der
  160. anderen Vertragspartei gegenüber rechtfertigen muss, wenn der andere Teil die
  161. Angemessenheit bestreitet.
  162. 19
  163. Beschränkt sich die Anpassung darauf, dass die Vorauszahlungen lediglich rechnerisch an den Jahresbetrag der letzten Betriebskostenabrechnung
  164. angepasst werden, so wird ein Hinweis auf das Abrechnungsergebnis genügen.
  165. Weicht die beanspruchte Anpassung davon erheblich ab, so sind die dafür
  166. maßgeblichen Umstände nachvollziehbar darzulegen. Zu hohe Anforderungen
  167. sind an eine solche Begründung aber auch in diesem Fall nicht zu stellen.
  168. Denn es geht um eine Prognose über die Höhe der im laufenden Jahr zu erwartenden Betriebskosten. Eine solche Prognose kann naturgemäß nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit, aber keine Gewissheit für sich beanspruchen. Die zu
  169. erwartende Höhe der Betriebskosten des laufenden Jahres muss nicht bewiesen, sondern nur plausibel gemacht werden. Die Beurteilung, ob dies geschehen ist, obliegt dem Tatrichter.
  170. 20
  171. 3. Insbesondere darf entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
  172. auch eine zu erwartende Entwicklung der künftigen Betriebskosten bei der für
  173. die Anpassung erforderlichen Prognose über die mutmaßliche Höhe der Betriebskosten im laufenden Jahr berücksichtigt werden. Kostensteigerungen im
  174. Bereich der Betriebskosten sind ein maßgeblicher - wenn nicht gar entscheidender - Faktor für eine Änderung der Betriebskosten und sind deshalb, wenn
  175. -9-
  176. mit ihrem Eintritt konkret zu rechnen ist, in die Beurteilung der Angemessenheit
  177. von Vorauszahlungen durchaus einzubeziehen. Das entsprach schon der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zur Auslegung von § 4
  178. Abs. 1 MHG (BayObLG, aaO mwN). An dieser Rechtslage hat der Gesetzgeber
  179. mit den Bestimmungen in § 556 Abs. 2 Satz 2 und § 560 Abs. 4 BGB, wie aus
  180. der Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 MHG in der Gesetzesbegründung ersichtlich
  181. ist, nichts ändern wollen (BT-Drucks. 14/4553, S. 50, 59).
  182. 21
  183. Dementsprechend wird eine Anpassung der Betriebskosten im Hinblick
  184. auf zu erwartende Kostensteigerungen mit Recht allgemein für zulässig gehalten. Soweit allerdings in der Literatur unter Berufung auf den Rechtsentscheid
  185. des Bayerischen Obersten Landesgerichts (aaO) teilweise die Auffassung vertreten wird, dass der Vermieter wegen möglicher Kostensteigerungen das Abrechnungsergebnis des Vorjahres generell um einen "Sicherheitszuschlag" von
  186. bis zu 10 % erhöhen und die Vorauszahlungen entsprechend anpassen dürfe
  187. (Staudinger/Weitemeyer, BGB, Neubearb. 2011, § 560 Rn. 52; SchmidtFutterer/Langenberg, aaO; Sternel, aaO; Kinne in Kinne/Schach/Bieber, Mietund Mietprozessrecht, 6. Aufl., § 560 Rn. 73; Pfeifer, aaO, S. 97; Börstinghaus,
  188. aaO), ist dem nicht zu folgen (so auch Eisenschmid in BetriebskostenKommentar, 3. Aufl., § 560 Rn. 2426; Both, NZM 2009, 896, 898 f.; Blank,
  189. aaO).
  190. 22
  191. Für einen "abstrakten" Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % wegen
  192. möglicher Preissteigerungen ist kein Raum. Die Zubilligung eines generellen
  193. Zuschlags von 10 % auf die gesamten Betriebskosten, der deutlich über der
  194. gegenwärtigen allgemeinen Teuerungsrate liegt, ginge über das berechtigte
  195. Interesse des Vermieters, die vom Mieter zu tragenden Betriebskosten nicht
  196. vorfinanzieren zu müssen, hinaus. Nur wenn hinsichtlich bestimmter Betriebskosten - etwa der Energiepreise - Preissteigerungen konkret zu erwarten sind,
  197. - 10 -
  198. kann dies in die Berechnung der Vorauszahlungen einbezogen werden, allerdings nur unter Berücksichtigung des Verhältnisses der betreffenden Betriebskosten zu den Betriebskosten insgesamt.
  199. 23
  200. 4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die von der Beklagten im
  201. Schreiben vom 6. März 2009 vorgenommene Anpassung der Betriebskosten
  202. - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - insoweit
  203. unwirksam, als die Höhe der ab Mai 2009 beanspruchten Vorauszahlungen ein
  204. Zwölftel des Jahresbetrages der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008
  205. übersteigt.
  206. 24
  207. a) Zur Begründung der Anpassung hat die Beklagte in ihrem Schreiben
  208. vom 9. März 2009 lediglich auf das Abrechnungsergebnis für die Betriebs- und
  209. Heizkosten des Jahres 2008 Bezug genommen. Dieses Abrechnungsergebnis
  210. - geteilt durch zwölf - rechtfertigt aber nur eine Erhöhung der Vorauszahlungen
  211. auf den von den Klägern zugestandenen Betrag von 305,91 €, nicht aber auf
  212. den von der Beklagten beanspruchten Betrag von 348,09 €. Dass dieser Betrag
  213. die aus dem Abrechnungsergebnis zu errechnende Anpassung tatsächlich um
  214. 10 % übersteigt, wird im Anpassungsverlangen auch nicht kenntlich gemacht,
  215. geschweige denn begründet, sondern vielmehr durch die Formulierung "entsprechend dem Abrechnungsergebnis" kaschiert.
  216. 25
  217. b) Vergeblich beruft sich die Beklagte in der Klageerwiderung darauf,
  218. dass es dem Vermieter infolge der bekannten allgemeinen Preissteigerung gestattet sei, einen "Sicherheitszuschlag" von 10 % geltend zu machen. Ein
  219. abstrakter Zuschlag in dieser Höhe auf die gesamten Betriebskosten des Vorjahres steht dem Vermieter, wie ausgeführt, nicht zu.
  220. 26
  221. Auch der ergänzende Hinweis auf "die bekannte massive Steigerung der
  222. Energiekosten" vermag die von der Beklagten beanspruchte Anpassung nicht
  223. - 11 -
  224. zu rechtfertigen. Zwar trifft es zu, dass unter dem Gesichtspunkt steigender
  225. Energiekosten eine Erhöhung der Vorauszahlungen über den Betrag hinaus,
  226. der sich aus dem Abrechnungsergebnis des Vorjahres errechnen lässt, angemessen sein kann. Dies setzt aber voraus, dass unter diesem Gesichtspunkt
  227. die Erhöhung der energieabhängigen Betriebskosten entweder auf die Vorauszahlungen für diese Betriebskosten beschränkt oder aber nur anteilig in die Berechnung der Vorauszahlungen für die Betriebskosten insgesamt einbezogen
  228. wird. Beides ist bei der von der Beklagten vorgenommenen Anpassung nicht
  229. der Fall. Die von ihr beanspruchte Erhöhung der Vorauszahlungen über das
  230. Abrechnungsergebnis des Vorjahres hinaus um weitere 10 % wegen steigender
  231. Energiekosten beschränkt sich nicht auf gesondert ausgewiesene Heizkosten
  232. oder andere energieabhängige Kosten, sondern erfasst die - nicht aufgeschlüsselten - "Betriebskosten" und "Heiz-/Hausnebenkosten" insgesamt und in voller
  233. Höhe.
  234. Ball
  235. Dr. Frellesen
  236. Dr. Achilles
  237. Dr. Hessel
  238. Dr. Schneider
  239. Vorinstanzen:
  240. AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 14.10.2009 - 12 C 314/09 LG Berlin, Entscheidung vom 10.08.2010 - 63 S 622/09 -