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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IV ZR 34/08
  4. vom
  5. 2. Juli 2008
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
  9. Dr. Franke
  10. am 2. Juli 2008
  11. beschlossen:
  12. 1. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Fristen für
  13. die Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des
  14. Oberlandesgerichts Hamm vom 9. November 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
  15. 2. Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das genannte Urteil zugelassen.
  16. Die Sache wird unter Aufhebung dieses Urteils gemäß
  17. § 544 Abs. 7 ZPO an das Berufungsgericht zu neuer
  18. Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten
  19. des Revisionsverfahrens zurückverwiesen.
  20. Streitwert: 356.243 €
  21. Gründe:
  22. 1
  23. I. Die Vorinstanzen haben die Stufenklage, mit der die Klägerin
  24. Pflichtteilsansprüche nach ihrem am 31. März 1990 verstorbenen Ehe-
  25. -3-
  26. mann verfolgt, abgewiesen. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung auf § 1933 Satz 1 BGB gestützt. Es hat nicht ausgeschlossen, dass
  27. für die Scheidung deutsches Recht maßgebend sei. Es hat ferner offen
  28. gelassen, ob die Klägerin der vom Erblasser beantragten Scheidung zugestimmt habe. Jedenfalls habe die Ehe nach mehr als einjähriger Trennung gemäß § 1565 Abs. 1 BGB geschieden werden müssen, weil sie
  29. gescheitert gewesen sei.
  30. 2
  31. Insoweit hat sich das Berufungsgericht wesentlich auf die eigene
  32. Darstellung der Klägerin in einer von ihr in Spanien am 18. Dezember
  33. 1989 eingereichten so genannten Gegenklage (gegen die dort vom Erblasser erhobene Scheidungsklage) gestützt. Danach hätten sich die Ehegatten im Juli 1988 getrennt; die Klägerin habe ihre Bemühungen, die
  34. Ehe zu erhalten, im Hinblick auf das beleidigende und quälende Verhalten des Erblassers eingestellt.
  35. 3
  36. Mit der Beschwerde macht die Klägerin unter anderem geltend,
  37. das Berufungsgericht habe sich nicht mit ihrem Vorbringen auseinander
  38. gesetzt, nach Einreichen dieser Gegenklage hätten sich die Ehepartner
  39. dahin geeinigt, ihre Ehe fortzuführen und die eingeleiteten gerichtlichen
  40. Schritte zur Auflösung der Ehe nicht weiterzuverfolgen. Von dieser gemeinsamen Entscheidung (man habe sich nunmehr endgültig "zusammengerauft") habe der Erblasser mehreren (als Zeugen benannten)
  41. Freunden im Januar und März 1990 berichtet.
  42. 4
  43. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Berufungsgericht hat das Recht der Klägerin auf Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1
  44. GG) jedenfalls dadurch verletzt, dass es ihrem Vorbringen zu einer Ver-
  45. -4-
  46. söhnung der Ehegatten in der Zeit nach Einreichen der Gegenklage nicht
  47. nachgegangen ist.
  48. 5
  49. Das Berufungsgericht stellt zwar einleitend und am Ende seiner
  50. Ausführungen zu § 1933 BGB fest, dass die Ehe der Klägerin "im Zeitpunkt des Erbfalls" ... "ohne den Tod des Erblassers" geschieden worden
  51. wäre. Seine Begründung des Scheiterns der Ehe bezieht das Berufungsgericht dagegen auf den Zeitpunkt "bei Einreichung der Scheidungsklage
  52. am 07.09.1989" (BU 17 zu Beginn des zweiten Absatzes). Nach § 1933
  53. BGB kommt es indessen darauf an, dass die Voraussetzungen für eine
  54. Scheidung zur Zeit des Todes des Erblassers gegeben waren. Auch
  55. wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht, sie
  56. schon mehr als ein Jahr getrennt voneinander leben und einer von ihnen
  57. die Scheidung beantragt hat, setzt § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB für die
  58. Feststellung des Scheiterns dieser Ehe weiterhin voraus, dass eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden
  59. kann (BGHZ 128, 125, 129). Für diese Prognose, zu der das Berufungsgericht nicht näher Stellung genommen hat, war der Vortrag der Klägerin
  60. zur Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Zeit
  61. nach dem 18. Dezember 1989 von Bedeutung. Soweit das Berufungsgericht dem Vortrag der Klägerin, sie habe schon in der Zeit seit Juli 1988
  62. bis zum Einreichen der Gegenklage am 18. Dezember 1989 nur vorübergehend vom Erblasser getrennt gelebt, im Hinblick darauf keinen Glauben geschenkt hat, dass sie den Sachverhalt in ihrer Gegenklage anders
  63. dargestellt und die Abweichung nicht erklärt habe, spielt diese Würdigung keine Rolle für die Frage, wie sich die Beziehungen der Ehepartner
  64. nach dem 18. Dezember 1989 weiterentwickelt haben. Die dazu von der
  65. Klägerin unter Beweis gestellten Behauptungen insbesondere zu Äußerungen des Erblassers gegenüber Dritten Anfang des Jahres 1990 sind
  66. -5-
  67. hinreichend substantiiert; wenn sie als wahr unterstellt würden, könnte
  68. nicht von einem Scheitern der Ehe ausgegangen werden, das die Beklagten zu beweisen haben.
  69. Im Übrigen fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, von
  70. 6
  71. welchen subjektiven Vorstellungen die konkrete Lebensgemeinschaft
  72. hier geprägt war (vgl. BGHZ 128, 125, 128). Deshalb ist fraglich, ob außereheliche Beziehungen des Erblassers, obwohl sie nach dem Vortrag
  73. der Klägerin "nicht weiter ernstzunehmen" waren, hier als Anhaltspunkt
  74. für ein Scheitern der Ehe gewertet werden können.
  75. Terno
  76. Dr. Schlichting
  77. Felsch
  78. Wendt
  79. Dr. Franke
  80. Vorinstanzen:
  81. LG Münster, Entscheidung vom 27.05.1999 - 15 O 144/99 OLG Hamm, Entscheidung vom 09.11.2006 - 10 U 109/99 -