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544 lines
35 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 153/99
  5. Verkündet am:
  6. 3. Mai 2001
  7. Walz
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ
  15. : nein
  16. BGHR
  17. :
  18. ja
  19. Spritzgießwerkzeuge
  20. UWG §§ 1, 17
  21. a) An der Rechtsprechung, wonach der aus einem Beschäftigungsverhältnis
  22. ausgeschiedene Arbeitnehmer durch die Weitergabe und Verwertung der
  23. dort redlich erlangten Betriebsgeheimnisse nur unter besonderen Umständen gegen § 1 UWG verstößt, wird für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung
  24. ungeachtet der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts festgehalten,
  25. wonach der ausgeschiedene Arbeitnehmer auch ohne besondere Vereinbarung arbeitsrechtlich zur Verschwiegenheit über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet und ihm lediglich die Verwertung des erworbenen beruflichen Erfahrungswissens gestattet sein soll.
  26. b) Modifikationen und Weiterentwicklungen an einer als Betriebsgeheimnis anzusehenden Vorrichtung ändern nichts an einer Übernahme bzw. Verwertung des geheimen Know-hows, solange für das Betriebsgeheimnis entscheidende Grundelemente beibehalten werden und deshalb davon auszugehen ist, daß ohne eine Kenntnis des Vorbildes dasselbe technische Er-
  27. -2-
  28. gebnis entweder nicht oder jedenfalls nicht in derselben Zeit oder so zuverlässig hätte erreicht werden können.
  29. c) Zu den Umständen, die bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung einer
  30. Weitergabe oder Verwertung rechtmäßig erlangter Betriebsgeheimnisse
  31. durch den aus einem Beschäftigungsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Rahmen der Gesamtabwägung der sich gegenüberstehenden
  32. Interessen zu berücksichtigen sind.
  33. BGH, Urt. v. 3. Mai 2001 - I ZR 153/99 - OLG Düsseldorf
  34. LG Mönchengladbach
  35. -3-
  36. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
  37. und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
  38. für Recht erkannt:
  39. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats
  40. des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. April 1999 aufgehoben.
  41. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
  42. auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  43. Von Rechts wegen
  44. Tatbestand:
  45. Die Klägerin produziert und vertreibt seit dem Jahr 1963 Kunststoffbeschläge für verschiedene Industriebranchen, darunter insbesondere eine Serie
  46. von Lamellenstopfen (Rohrbeschlägen) in mehreren Formen, Ausführungen
  47. und Größen. Sie bedient sich dabei besonderer Spritzgießmaschinen, in die
  48. Werkzeugstammformen mit auswechselbaren Einsätzen eingelegt werden. Die
  49. Stammformen sowie die auswechselbaren Einsätze wurden von dem Firmengründer und Vater der heutigen Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der
  50. -4-
  51. Klägerin selbst entwickelt. Sie sind seit dem Jahr 1973 im Betrieb der Klägerin
  52. im Einsatz und seither kontinuierlich fortentwickelt, aber weder in ihrer Gesamtheit noch in Teilen zum Patent angemeldet worden.
  53. Im Jahr 1988 entschloß sich die Klägerin dazu, die für ihre Fertigung
  54. benötigten Werkzeuge nunmehr extern erstellen zu lassen. Sie beauftragte
  55. hiermit die ihr aufgrund einer langjährigen Lieferbeziehung bekannte Firma
  56. H.
  57. und übergab dieser die notwendigen technischen Zeichnungen als Vorla-
  58. gen. Im Jahr 1990 verließen die seinerzeit bei der Firma H.
  59. beschäftigten
  60. Beklagten zu 5 und 6 diese Firma und gründeten die Beklagte zu 1. Die Klägerin entschloß sich daraufhin, die Werkzeugteile durch die Beklagte zu 1 fertigen zu lassen. Die Kooperation der beiden Firmen bestand bis zur Mitte des
  61. Jahres 1993.
  62. Bis zum Ende des Jahres 1993 waren im Geschäftsbetrieb der Klägerin
  63. der Beklagte zu 3 als leitender Angestellter im technischen Bereich und der
  64. Beklagte zu 4 als verantwortlicher Meister für Produktionstechnik und Qualitätssicherung tätig. Beide hatten sich arbeitsvertraglich dazu verpflichtet, über
  65. die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gelangten geschäftlichen Angelegenheiten und technischen Entwicklungen der Klägerin Stillschweigen zu
  66. bewahren. Sie kündigten im November 1993 ihr Arbeitsverhältnis bei der Klägerin zum 31. Dezember 1993. Im selben Monat gründeten sie zusammen mit
  67. den Beklagten zu 5 und 6 die Beklagte zu 2, die ihre Geschäfts- und Produktionsräume unter derselben Anschrift hat wie die Beklagte zu 1.
  68. Die Klägerin kündigte daraufhin den Beklagten zu 3 und 4 fristlos. Das
  69. Arbeitsgericht hat die Wirksamkeit der Kündigungen im März 1994 bestätigt.
  70. -5-
  71. Im Rahmen des aufgrund einer Strafanzeige der Klägerin eingeleiteten
  72. staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens wurden die Geschäftsräume der Beklagten zu 1 und 2 im Februar 1994 durchsucht. Der von der Staatsanwaltschaft mit der Überprüfung der dabei sichergestellten Werkzeugstammformen
  73. und -einsätze auf deren Identität mit entsprechenden Werkzeugen der Klägerin
  74. beauftragte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, daß die Konstruktionsunterlagen der Klägerin als Vorlagen für die Werkzeuge der Beklagten zu 2 verwendet worden seien.
  75. Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Landgericht vorgetragen, die Beklagten hätten sich die im Klageantrag als Q1 bis Q6 spezifizierten Stammformen und Werkzeugeinsätze der Klägerin unerlaubt angeeignet. Die Beklagten
  76. zu 3 und 4 hätten darüber hinaus aus dem Haus der Klägerin die im Antrag zu
  77. Ziffer 2.1 bis 2.15 beschriebenen Konstruktionszeichnungen mitgenommen,
  78. bereits Anfang 1993 Kunden der Klägerin an die Beklagte zu 1 verwiesen, in
  79. mehreren Fällen die gleichen Produkte, wie die Klägerin sie fertige, deren
  80. Kunden zu wesentlich geringeren Preisen angeboten sowie einen beträchtlichen Anteil der Namen und Anschriften der Kunden der Klägerin zusammengestellt, kopiert und mitgenommen.
  81. Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, die von ihr entwickelte Werkzeugtechnik sei als Geschäfts- und Betriebsgeheimnis i.S. von § 17 UWG anzusehen, weil ihre Spritzgießmaschinen erheblich schneller und zuverlässiger
  82. als Konkurrenzwerkzeuge seien, das firmeneigene Heißkanalsystem eine angußlose Fertigung garantiere, die Herstellung ohne Anstoßstifte erfolge und
  83. durch die Verwendung einer Kupferlegierung ein optimales Verhältnis aus Festigkeit und Wärmeleitfähigkeit gesichert sei. Die Verfahren seien nur einem
  84. geschlossenen Personenkreis in ihrem Unternehmen zugänglich gewesen. Der
  85. -6-
  86. ihr von den Beklagten zu ersetzende Schaden umfasse insbesondere auch die
  87. ihr durch die Einschaltung einer Detektei entstandenen Kosten. Der weitere ihr
  88. durch das Verhalten der Beklagten entstandene geschäftliche Verlust sei noch
  89. nicht zu beziffern, so daß insoweit ein Feststellungsantrag notwendig sei.
  90. Soweit die Klägerin ursprünglich u.a. beantragt hat, den Beklagten zu
  91. untersagen, die im Antrag unter Ziffer 2.1 bis 2.15 beschriebenen Konstruktionszeichnungen der Klägerin für eigene geschäftliche Zwecke zu verwenden
  92. und/oder an Dritte weiterzugeben oder sonstwie in den geschäftlichen Verkehr
  93. zu bringen, haben die Beklagten den Anspruch vor dem Landgericht anerkannt.
  94. Im übrigen sind sie der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht,
  95. die Beklagten zu 3 und 4 seien nicht an der Verwertung ihres im Betrieb der
  96. Klägerin redlich erworbenen Know-hows gehindert gewesen. Die Vereinbarung
  97. in ihren Arbeitsverträgen über nachvertragliche Geheimhaltungspflichten sei
  98. mangels einer dort vorgesehenen Karenzentschädigung unwirksam gewesen.
  99. Die Fertigungssysteme der Klägerin seien zudem nicht als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse anzusehen, weil sie lediglich dem Stand der Technik entsprochen hätten.
  100. Das Landgericht hat die Klage, soweit die Beklagten ihr entgegengetreten sind, weitgehend abgewiesen.
  101. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin beantragt,
  102. I.
  103. die Beklagten weitergehend zu verurteilen,
  104. 1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
  105. -7-
  106. Mehrfach-Kunststoffspritzwerkzeuge zum Spritzgießen
  107. stopfenförmiger Spritzlinge gewerbsmäßig herzustellen,
  108. feilzuhalten, in Verkehr zu bringen und/oder zu benutzen,
  109. welche aus zwei zum Schließen und Öffnen gegeneinander
  110. verschieblichen Stammformhälften bestehen, in welche je
  111. ein dem Spritzling angepaßter Einsatz einsetzbar ist,
  112. welche Einsätze zusammen mit an der einen Stammformhälfte angeordneten Backen den mit Hinterschneidungen
  113. ausgestatteten Formhöhlungsfreiraum bilden,
  114. wenn
  115. a) das eine Einsatzteil als eine kühlmittel-durchflossene
  116. Stiftleiste gestaltet ist, die mehrere je den SpritzlingInnenraum formende Stifte besitzt, welche über eine
  117. Kühlmitteldurchflußbohrung des Einsatzteils mit einem
  118. Kühlmittelanschluß verbunden sind, welche Kühlmitteldurchflußbohrungen jeweils bis zu der mit Kupferlegierungsbelägen ausgestatteten Stirnfläche der Stifte reichen,
  119. welchen Stirnflächen je eine Austrittsbohrung für die
  120. Spritzgießmasse zugeordnet ist, welche Bohrung von einem an der Unterseite des Einsatzes über dessen Länge
  121. reichenden Verteilerkanal ausgeht,
  122. in welchem sich über dessen ganze Länge reichend eine
  123. Heizpatrone erstreckt, die nur stellenweise in Berührung
  124. zur Verteilerkanalwand liegt und von welcher Wärmeleitstifte ausgehen, die bis in die Nähe der Austrittsbohrung
  125. reichen,
  126. und/oder
  127. wenn
  128. b) die Backen als quer und durch Federwirkung in Öffnungsrichtung verlagerbare Schieber gestaltet sind, die
  129. das zweite kühlmitteldurchflossene Einsatzteil der anderen Stammformhälfte übergreifen, welches deckend zu
  130. -8-
  131. den Stirnflächen des ersten Einsatzteils Vertiefungen
  132. aufweist, entsprechend der Bodenfläche der Spritzlinge,
  133. soweit über den Anspruch nicht bereits durch rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 22. September 1995 - 7 O 53/95 - entschieden ist;
  134. 2. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie
  135. die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar durch Angabe
  136. a) des Umfangs der Herstellung, des Verkaufs und der Angebote der nach Ziffer 1. gestalteten Mehrfach-Kunststoffspritzwerkzeuge unter Angabe
  137. aa) der Stückzahl und der Fertigstellungsdaten der hergestellten Werkzeuge,
  138. bb) der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger
  139. und der Empfänger der Werkzeuge unter Angabe
  140. der Lieferdaten,
  141. b) des Umfangs der Benutzung unter Angabe der mit den
  142. gemäß Ziffer I. 1. hergestellten Werkzeuge spritzgegossenen Teile, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Stückzahl, Lieferdaten und Lieferpreisen;
  143. 3. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie
  144. die in dem Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 22. September 1995 - 7 O 53/95 - bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar durch
  145. Angabe
  146. a) des Umfangs der Herstellung, des Verkaufs und der Angebote der nach den zu Ziffer 1 bis 15 im Teilanerkenntnisurteil genannten Konstruktionsunterlagen hergestellten Kunststoffspritzwerkzeuge unter Angabe
  147. aa) der Stückzahl und der Fertigstellungsdaten der hergestellten Werkzeuge,
  148. -9-
  149. bb) der Namen und Anschriften der Empfänger der
  150. Werkzeuge unter Angabe der Lieferdaten,
  151. b) des Umfangs der Benutzung unter Angabe der mit den
  152. unter Verwendung der Konstruktionsunterlagen gemäß
  153. Ziffer 1 bis 15 hergestellten Werkzeugen spritzgegossenen Teile, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
  154. Stückzahl, Verkaufsdaten und Verkaufspreisen;
  155. soweit diese Auskunft nicht bereits in der nach Ziffer 2.
  156. zu erteilenden Auskunft enthalten ist;
  157. 4. als Gesamtschuldner an die Klägerin 105.000 DM nebst
  158. 4 % Zinsen ab Zustellung zu zahlen;
  159. II.
  160. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr
  161. durch Zuwiderhandlungen gegen die vorstehend zu Ziffer I. 1.
  162. genannten Unterlassungspflichten entstanden ist und noch
  163. entsteht.
  164. Das Berufungsgericht hat dem Klagebegehren ganz überwiegend stattgegeben. Die Berufung der Klägerin führte lediglich hinsichtlich des Antrags zu
  165. Ziff. I. 4. zur Zurückverweisung an das Landgericht und hinsichtlich des Antrags zu Ziff. I. 2. a) bb) zur Abweisung, soweit die Klägerin auch Auskunft über
  166. Namen und Anschriften der Angebotsempfänger begehrt hat.
  167. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen
  168. die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellten Klageanträge weiter.
  169. - 10 -
  170. Entscheidungsgründe:
  171. I. Das Berufungsgericht hat die im zweiten Rechtszug gestellten Klageanträge für weitgehend begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
  172. Der gegen die Beklagten zu 3 und 4 geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Übernahme der Werkzeugtechnik rechtfertige sich
  173. aus § 1 UWG. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. B.
  174. stehe
  175. fest, daß die Werkzeugtechnik der Klägerin nicht lediglich dem Stand der
  176. Technik entspreche, sondern über diesen hinausgehe. Die Beklagten zu 3 und
  177. 4 hätten die Spezifika dieser klägerischen Technologie schon nach ihrem eigenen Vortrag, aber auch nach den Feststellungen von Prof. B.
  178. in ihre Werk-
  179. zeugtechnik übernommen. Zwar sei es grundsätzlich keinem Arbeitnehmer
  180. verwehrt, sein als ehemaliger Beschäftigter eines Unternehmens erworbenes
  181. Know-how anderweitig zu nutzen. Im hier zu entscheidenden Einzelfall lägen
  182. aber verschiedene besondere Umstände vor, die das Verhalten der Beklagten
  183. zu 3 und 4 als unlauter erscheinen ließen.
  184. Die Klägerin habe gegen die Beklagten zu 3 und 4, an deren Verschulden kein ernstlicher Zweifel bestehe, aus § 1 UWG dem Grunde nach auch
  185. einen Anspruch auf Ersatz der Detektivkosten.
  186. Der Auskunftsanspruch der Klägerin folge - soweit er sich nicht auf die
  187. Namen und Anschriften der Angebotsempfänger beziehe - aus § 242 BGB.
  188. Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht
  189. ergebe sich ebenfalls aus § 1 UWG; die Klägerin habe bereits gegenwärtig ein
  190. - 11 -
  191. berechtigtes Interesse daran, die insoweit bestehende Schadensersatzpflicht
  192. der Beklagten feststellen zu lassen.
  193. Die Beklagten zu 5 und 6 seien als Mitstörer in gleichem Maße für die
  194. unlautere Übernahme der klägerischen Werkzeugtechnik verantwortlich wie die
  195. Beklagten zu 3 und 4. Die Beklagte zu 1 hafte nach § 31 BGB im entsprechenden Umfang für das Verhalten der Beklagten zu 5 und 6. In gleicher Weise sei
  196. die Beklagte zu 2 nach § 31 BGB für die Beklagten zu 3 und 5 verantwortlich;
  197. beim Unterlassungsanspruch müsse sie sich über § 13 Abs. 4 UWG auch das
  198. Verhalten der in ihrem Betrieb tätigen Beklagten zu 4 und 6 zurechnen lassen.
  199. II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
  200. Erfolg.
  201. 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen die
  202. Beklagten zu 3 und 4 ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG zu, hält der
  203. revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  204. a) In rechtlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht allerdings zutreffend
  205. davon ausgegangen, daß ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus einem
  206. Beschäftigungsverhältnis in der Weitergabe und Verwertung der dort redlich
  207. erlangten Betriebsgeheimnisse grundsätzlich frei ist. Diese Beurteilung entspricht der vom Reichsgericht begründeten (vgl. RGZ 65, 333, 337 - Pomril;
  208. 166, 193, 198 - Sammlung D; RG GRUR 1936, 573, 578 - Albertus Stehfix) und
  209. vom Bundesgerichtshof fortgeführten Rechtsprechung, wonach eine solche
  210. Weitergabe oder Verwertung nur unter besonderen Umständen gegen § 1
  211. UWG verstößt (BGHZ 38, 391, 396 - Industrieböden; BGH, Urt. v. 16.11.1954
  212. - I ZR 180/53, GRUR 1955, 402, 403 - Anreißgerät; Urt. v. 6.11.1963
  213. - 12 -
  214. - Ib ZR 41/62 und Ib ZR 40/63, GRUR 1964, 215, 216 - Milchfahrer; Urt. v.
  215. 19.11.1982 - I ZR 99/80, GRUR 1983, 179, 181 = WRP 1983, 209 - StapelAutomat). Für sie spricht insbesondere die Erwägung, daß die Arbeitnehmer
  216. nach der Fassung des § 17 UWG ihre - redlich - erworbenen beruflichen
  217. Kenntnisse grundsätzlich sollen verwerten dürfen (BGHZ 38, 391, 396
  218. - Industrieböden), sowie weiter der Gesichtspunkt, daß eine sichere Abgrenzung von Geheimnis und Erfahrungswissen nur schwer möglich ist (vgl. Kraßer,
  219. GRUR 1977, 177, 186). An ihr ist deshalb ungeachtet der Rechtsprechung des
  220. Bundesarbeitsgerichts, wonach der ausgeschiedene Arbeitnehmer auch ohne
  221. besondere Vereinbarung aufgrund nachwirkender Treuepflicht arbeitsrechtlich
  222. zur Verschwiegenheit über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet
  223. und ihm lediglich die Verwertung des erworbenen beruflichen Erfahrungswissens gestattet sein soll (NJW 1983, 134, 135; 1988, 1686, 1687), für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung festzuhalten (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG,
  224. 2. Aufl., § 19 Rdn. 4).
  225. b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich danach auf der
  226. Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ein Verstoß der Beklagten
  227. zu 3 und 4 gegen § 1 UWG nicht bejahen.
  228. aa) Die Revision wendet sich allerdings ohne Erfolg dagegen, daß das
  229. Berufungsgericht - wie sich dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen
  230. entnehmen läßt - die von der Klägerin entwickelte Werkzeugtechnik, insbesondere das in den vier vom Berufungsgericht im einzelnen behandelten Besonderheiten ("Spezifika") verwirklichte Know-how, als ein Betriebsgeheimnis gewertet und für schutzwürdig erachtet hat.
  231. - 13 -
  232. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts geht die Werkzeugtechnik der Klägerin über den allgemein anerkannten (und damit auch bekannten) Stand der Technik hinaus. Es hat insoweit unter Bezugnahme auf die
  233. Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. B.
  234. ausgeführt, die
  235. Erhebungen des Torpedos an den Stellen, an denen die Kunststoffschmelze in
  236. die Formnester gelange, die Integration des Torpedos in die Stiftleiste, der unter Verzicht auf Auswerferstifte mittels Federleisten zu betätigende Öffnungsmechanismus sowie die aus demselben Material wie die Torpedos bestehenden Wärmeleitspitzen seien vom Stand der Technik abweichende technische
  237. Besonderheiten, die auf einer eigenen spezifischen Konzeption der Klägerin
  238. beruhten und deren besonderes technisches Know-how darstellten, an dessen
  239. Geheimhaltung der Klägerin erkennbar und aus berechtigten Gründen gelegen
  240. gewesen sei. Die gegen diese tatrichterliche Beurteilung gerichteten Angriffe
  241. der Revision bleiben erfolglos.
  242. Entgegen der Auffassung der Revision ist kein Begründungsmangel i.S.
  243. des § 551 Nr. 7 ZPO darin zu sehen, daß das Berufungsgericht nicht ausdrücklich festgestellt hat, daß der bloße Zeitablauf von rund 20 Jahren seit der
  244. erstmaligen Benutzung der fraglichen Merkmale deren Geheimnischarakter
  245. unberührt gelassen hat. Entsprechende Feststellungen waren auch dann nicht
  246. veranlaßt, wenn man mit der Revision annimmt, daß ein erfahrener Fachmann
  247. in der Lage war, die technischen Merkmale der Spritzwerkzeuge der Klägerin
  248. nach ihren äußeren Maßen und ihrer Funktion anhand einer einmal studierten
  249. Konstruktionszeichnung oder eines einmal in Augenschein genommenen Werkexemplars mehr oder weniger identisch nachzubauen. Auch unter dieser Voraussetzung nämlich setzte die Offenkundigkeit voraus, daß der Fachmann
  250. Gelegenheit zum eingehenden Betrachten der Konstruktionspläne der Klägerin
  251. oder eines ihrer Werkstücke samt seines Innenlebens gehabt und seine so er-
  252. - 14 -
  253. langten Kenntnisse nachfolgend derart offenbart hat, daß Interessierte jederzeit
  254. auf dieses Know-how zugreifen konnten. Hierfür aber fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten.
  255. Die weiteren, auf § 286 ZPO gestützten Rügen der Revision gegen die
  256. vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, die von der Klägerin entwickelte
  257. Werkzeugtechnik habe ein als Betriebsgeheimnis anzusehendes Know-how
  258. dargestellt, hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird gemäß § 565a Satz 1 ZPO abgesehen.
  259. bb) Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht weiter angenommen,
  260. die Beklagten zu 3 und 4 hätten die geheime Werkzeugtechnik der Klägerin
  261. durch Nachbau im wesentlichen identischer bzw. nur unerheblich abgewandelter Werkzeugeinsätze übernommen.
  262. Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe unter Verstoß
  263. gegen § 286 ZPO unberücksichtigt gelassen, daß nach den mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. B.
  264. vom 8. Dezember 1998 die von
  265. den Beklagten verwendete aktuelle Ausführung der Werkzeugeinsätze auf einem völlig neu konzipierten Öffnungsvorgang mittels Getriebe basiere, greift
  266. nicht durch. Das Berufungsgericht hat diese Änderung des Öffnungsmechanismus in seine Betrachtungen einbezogen, ihr aber keine ausschlaggebende
  267. Bedeutung beigemessen, weil nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen wesentliche Elemente wie insbesondere die für das Betriebsgeheimnis der Klägerin maßgebenden Bewegungen der Bauteile zur Entformung unverändert geblieben seien. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
  268. Modifikationen und Weiterentwicklungen der vorliegenden Art ändern nichts an
  269. einer Übernahme bzw. Verwertung des geheimen Know-hows, solange - wie im
  270. - 15 -
  271. Streitfall - für das Betriebsgeheimnis entscheidende Grundelemente beibehalten worden sind und deshalb davon auszugehen ist, daß dasselbe technische
  272. Ergebnis ohne Kenntnis des Vorbildes nicht oder jedenfalls nicht in derselben
  273. Zeit oder so zuverlässig hätte erreicht werden können (vgl. OLG Frankfurt a.M.
  274. CR 1990, 589 f.; Großkomm./Otto, § 17 UWG Rdn. 84).
  275. cc) Mit Recht beanstandet die Revision allerdings, daß das Berufungsgericht zur Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten zu 3 und 4 keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat. Die Beurteilung eines Wettbewerbsverhaltens nach § 1 UWG erfordert regelmäßig die Prüfung des Gesamtverhaltens
  276. des Wettbewerbers nach seinem konkreten Anlaß, Zweck und Mittel, seinen
  277. Begleitumständen und Auswirkungen (BGHZ 140, 134, 139 - Hormonpräparate). Bei einer Fallgestaltung der vorliegenden Art ist daher grundsätzlich in
  278. eine einzelfallbezogene Gesamtabwägung der - mit Verfassungsrang ausgestatteten - Interessen der Beklagten zu 3 und 4 an ihrem beruflichen Fortkommen (Art. 12 Abs. 1 GG) einerseits und der Klägerin an einer Geheimhaltung
  279. ihres im Herstellungsprozeß verwendeten technischen Know-hows (Art. 2
  280. Abs. 1, Art. 14 GG) andererseits einzutreten (vgl. BGHZ 38, 391, 395
  281. - Industrieböden; Mes, GRUR 1979, 584, 586 f.; Kunz, DB 1993, 2482, 2485).
  282. Dem ist das Berufungsgericht nicht in dem gebotenen Maße nachgekommen.
  283. (1) Das Berufungsgericht hat besondere Unlauterkeitsumstände bei den
  284. Beklagten zu 3 und 4 darin erblickt, daß sich diese in ihren Arbeitsverträgen zu
  285. einer auch nachvertraglichen Geheimhaltung der im Rahmen ihrer Dienstverhältnisse erlangten Kenntnisse über technische Entwicklungen verpflichtet
  286. hätten, im Betrieb der Klägerin nur relativ kurze Zeit beschäftigt gewesen seien
  287. und dort eine besondere Vertrauensstellung inne gehabt hätten. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht dem Umstand Bedeutung beigemessen, daß die
  288. - 16 -
  289. Beklagten zu 3 und 4 jedenfalls im Kern nichts Entscheidendes zur Entwicklung
  290. des bei der Klägerin vorhandenen Know-hows beigetragen hätten.
  291. Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, daß das Berufungsgericht
  292. die bei der gebotenen Abwägung zu berücksichtigenden weiteren Interessen
  293. der Klägerin und insbesondere die Interessen der Beklagten zu 3 und 4 in der
  294. gebotenen Weise beachtet hat. Namentlich fehlt es an Ausführungen zu der
  295. Frage, inwieweit dem Interesse der Klägerin an der weiteren Geheimhaltung
  296. und Nutzung ihrer Betriebsgeheimnisse berechtigte Interessen der Beklagten
  297. zu 3 und 4 gegenüberstanden, ihr im Rahmen ihres Dienstverhältnisses bei der
  298. Klägerin erlangtes Wissen für ihr berufliches Fortkommen nutzen zu können.
  299. Zur Beendigung der Dienstverhältnisse der Beklagten zu 3 und 4 bei der
  300. Klägerin hat das Berufungsgericht lediglich festgestellt, das Arbeitsgericht habe die Wirksamkeit der von der Klägerin ausgesprochenen fristlosen Kündigungen bestätigt. Insoweit fehlt es an einer im Rahmen der vorzunehmenden
  301. Interessenabwägung auch gebotenen Auseinandersetzung mit den vom Arbeitsgericht für durchgreifend erachteten Kündigungsgründen (vgl. BGH GRUR
  302. 1955, 402, 404 f. - Anreißgerät).
  303. Den Ausführungen des Berufungsgerichts läßt sich auch nicht entnehmen, ob es hinreichend berücksichtigt hat, daß die Beklagten zu 3 und 4 von
  304. dem in Rede stehenden Know-how nicht unredlich Kenntnis erlangt hatten und
  305. dessen Mitteilung jedenfalls nach ihrem in der Revisionsinstanz als richtig zu
  306. unterstellenden Vortrag, die Werkzeugtechnik der Klägerin sei nahezu jedem
  307. ihrer Mitarbeiter zugänglich gewesen, auch keinen Vertrauensbeweis darstellte
  308. (vgl. Köhler aaO § 19 Rdn. 4).
  309. - 17 -
  310. Keine Feststellungen enthält das angefochtene Urteil insbesondere zu
  311. dem Einwand der Beklagten, daß die seinerzeit bei der Firma H.
  312. beschäftig-
  313. ten Beklagten zu 5 und 6 ab dem Jahr 1989 in redlicher Weise Kenntnis von
  314. den Besonderheiten der Werkzeugtechnik der Klägerin erhalten und deshalb
  315. die den Gegenstand des Unterlassungsantrags der Klägerin bildenden Werkzeuge nachzubauen vermocht hätten. Sollte dies der Fall gewesen sein, fehlte
  316. es an einem für eine Rechtsverletzung der Klägerin kausalen Wettbewerbsverstoß der Beklagten zu 3 und 4.
  317. Zu der Zeit und zu der Art der Verwertung des Know-hows der Klägerin
  318. durch die Beklagten zu 3 und 4 und zu der dabei insbesondere zu berücksichtigenden Frage, ob diese die Verwertung schon zu der Zeit vorbereitet hatten,
  319. zu der sie noch bei der Klägerin beschäftigt waren (vgl. BGH GRUR 1983, 179,
  320. 181 - Stapel-Automat), hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die
  321. entsprechenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. B.
  322. ausgeführt, es
  323. sei unwahrscheinlich, daß das Werkzeug der Klägerin so genau aus dem Kopf
  324. habe nachgearbeitet werden können. Danach aber war im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung mangels Feststellung eines entsprechenden
  325. vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten zu 3 und 4 zu deren Gunsten davon
  326. auszugehen, daß sie die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren beschlagnahmten Formen ohne die Zuhilfenahme von bei der Klägerin mitgenommenen
  327. oder kopierten Unterlagen gefertigt hatten.
  328. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil lassen ferner nicht erkennen,
  329. ob das Berufungsgericht berücksichtigt hat, daß die Beklagten zu 3 und 4 das
  330. Know-how der Klägerin nicht durch dessen Weiterveräußerung, sondern zur
  331. eigenen beruflichen Nutzung verwertet haben, daß sie, was jedenfalls die
  332. zweite und die dritte sichergestellte Geräteversion anbelangt, das Betriebsge-
  333. - 18 -
  334. heimnis der Klägerin wohl nur teilweise genutzt haben und daß im übrigen dem
  335. im Berufungsurteil als streitig behandelten Umstand, ob die Klägerin mit der
  336. Beklagten zu 1 vorab ein Wettbewerbsverbot vereinbart hatte, im Rahmen der
  337. gebotenen Interessenabwägung durchaus ebenfalls Bedeutung zukam. Mit einer entsprechenden Vereinbarung nämlich hätte die Klägerin zum Ausdruck
  338. gebracht, daß sie an der Wahrung ihrer Betriebsgeheimnisse ein erhebliches
  339. Interesse hatte, wohingegen das Fehlen einer solchen Vereinbarung ein Indiz
  340. für das Nichtvorhandensein eines solchen Interesses sein konnte.
  341. (2) Aber auch soweit im Berufungsurteil eine Interessenabwägung enthalten ist, ist diese nicht frei von Rechtsfehlern.
  342. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob sich die Beklagten zu 3 und
  343. 4 in ihren Dienstverträgen gegenüber der Klägerin wirksam verpflichtet hatten,
  344. auch nach Vertragsbeendigung Stillschweigen über die bei der Klägerin erlangten Kenntnisse über technische Entwicklungen zu bewahren. Dagegen
  345. bestehen, auch wenn die Vereinbarung nachvertraglicher Verschwiegenheitspflichten einerseits und die Abrede eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots andererseits grundsätzlich auseinanderzuhalten sind und unterschiedlichen Voraussetzungen unterliegen (vgl. BAG NJW 1983, 134, 135; 1988,
  346. 1686, 1687), mit Blick auf die unbegrenzte Dauer der Verschwiegenheitspflicht,
  347. die Verquickung mit einer Schadensersatzpflicht bei unmittelbarer oder mittelbarer Vermittlung von entsprechenden Kenntnissen an Wettbewerber oder
  348. Gründung eines Wettbewerbsunternehmens sowie das Fehlen einer Karenzentschädigung nicht unerhebliche Bedenken. Die - in erster Linie der tatrichterlichen Auslegung der vertraglichen Vereinbarung vorbehaltene - Frage der
  349. Wirksamkeit der genannten Verschwiegenheitsabrede bedarf jedoch derzeit
  350. keiner abschließenden Entscheidung. Das Berufungsgericht durfte nämlich
  351. - 19 -
  352. jedenfalls nicht einerseits die Frage der Wirksamkeit der Vereinbarung offenlassen und diese Vereinbarung andererseits als einen der Umstände heranziehen, die nach seiner Auffassung das Verhalten der Beklagten zu 3 und 4 als
  353. unlauter erscheinen ließen.
  354. Mit Recht wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die achtjährige Beschäftigungsdauer des Beklagten zu 3 sei
  355. eine derart kurze Zeitspanne, daß sie im Rahmen der Interessenabwägung zu
  356. dessen Lasten zu berücksichtigen sei. Eine entsprechende Beschäftigungsdauer kann nach der Lebenserfahrung nicht als Anzeichen dafür gewertet werden, daß sich ein Beschäftigter auf das Anstellungsverhältnis bei seinem Arbeitgeber vor allem zu dem Zweck eingelassen hat, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zu erfahren, um diese anschließend im Rahmen einer anderweiten beruflichen Betätigung für eigene Ziele zu verwerten. Auch im übrigen sind
  357. keine Anhaltspunkte ersichtlich, die den Beklagten zu 3 mit Blick auf seine Beschäftigungsdauer als gegenüber der Klägerin weniger schutzwürdig erscheinen lassen. Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung dem Umstand zu
  358. wenig Bedeutung beigemessen, daß ein über acht Jahre andauerndes Anstellungsverhältnis je nach Art der Tätigkeit dazu führen kann, die Kenntnisse und
  359. Fertigkeiten des Arbeitnehmers durch die Beschäftigung mit dem Betriebsgeheimnis und die dadurch eintretende Spezialisierung zu prägen, so daß die
  360. weitere berufliche Existenz des Arbeitnehmers bei einem Verbot der Anwendung des Geheimnisses entscheidend beengt würde (vgl. BGHZ 38, 391, 397 f.
  361. - Industrieböden).
  362. Schließlich vermag auch der vom Berufungsgericht festgestellte Umstand, die Beklagten zu 3 und 4 hätten das in Rede stehende technische
  363. Know-how im Kern nicht selbst beeinflußt, jedenfalls für sich allein die Sitten-
  364. - 20 -
  365. widrigkeit der Verhaltensweise der Beklagten zu 3 und 4 nicht zu begründen.
  366. Dies folgt namentlich aus dem Umstand, daß, worauf die Revision zutreffend
  367. hinweist, die Klägerin selbst vorgetragen hat, die Beklagten zu 3 und 4 seien
  368. aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und der von ihnen praktizierten Entwicklungsarbeit mit der Konstruktion vertraut gewesen. Das Berufungsgericht
  369. ist hierauf zu Unrecht nicht weiter eingegangen. Die Entwicklungsbeiträge eines Beschäftigten sind nämlich im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur
  370. dann zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, wenn das Know-how im Kern oder
  371. ganz wesentlich auf seinem Gedankengut beruht, sondern auch dann, wenn es
  372. sich um Änderungs- oder Verbesserungsvorschläge geringeren Ausmaßes
  373. handelt (vgl. BGHZ 38, 391, 398 - Industrieböden).
  374. 2. Die Verurteilung der Beklagten zu 3 und 4 kann revisionsrechtlich
  375. auch nicht gemäß § 563 ZPO unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt
  376. wie namentlich dem des von der Klägerin auch angesprochenen ergänzenden
  377. wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes nach § 1 UWG aufrechterhalten
  378. werden; denn hierfür fehlt es an entsprechenden tatrichterlichen Feststellungen.
  379. 3. Damit aber kann auch die Verurteilung der Beklagten zu 1, 2, 5 und 6,
  380. die das Berufungsgericht im wesentlichen mit einer Mitstörerhaftung, mit Beihilfeleistungen zu den Handlungen der Beklagten zu 3 und 4 sowie über § 31
  381. BGB begründet hat, nicht aufrechterhalten werden.
  382. III. Danach war auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an
  383. das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1
  384. ZPO).
  385. - 21 -
  386. Das Berufungsgericht wird, sollte es bei der von ihm nunmehr unter Berücksichtigung der Ausführungen zu vorstehender Ziffer II. 1. b) bb) neu vorzunehmenden Prüfung im Grundsatz wiederum zu einem Verbot gelangen, zu
  387. prüfen haben, ob nicht im Streitfall eine zeitliche Begrenzung des nachvertraglichen Geheimnisschutzes geboten ist (vgl. BGH GRUR 1983, 179, 181
  388. - Stapel-Automat; Gaul, ZIP 1988, 689, 691 f. und WRP 1988, 215, 217; Kunz,
  389. DB 1993, 2482, 2486).
  390. Hinsichtlich der Reichweite eines etwa ergehenden verurteilenden Erkenntnisses wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß für einen Auskunftsanspruch, wie ihn das Berufungsgericht der Klägerin entsprechend deren
  391. Berufungsantrag zu Ziffer I. 3. zuerkannt hat, im Hinblick auf die diesbezügliche teilweise Erledigungserklärung der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 1996 gemäß § 308 Abs. 1 ZPO keine Grundlage mehr
  392. besteht.
  393. Außerdem fehlt es, wie die Revision mit Recht beanstandet, in bezug auf
  394. das den Beklagten u.a. untersagte Feilhalten und Inverkehrbringen der Spritzwerkzeuge bislang an Feststellungen für das Vorliegen einer beim Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr.
  395. Dagegen rechtfertigte die Feststellung einer unbefugten Verwertung der
  396. Betriebsgeheimnisse der Klägerin - entgegen der Ansicht der Revision und anders als im Rahmen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes (vgl. hierzu BGHZ 141, 329, 344 f. - Tele-Info-CD, m.w.N.) - das ferner
  397. ausgesprochene Verbot der gewerbsmäßigen Herstellung und Benutzung;
  398. denn im Streitfall stellen sowohl das Herstellen der Werkzeuge (vgl. BGH, Urt.
  399. - 22 -
  400. v. 1.7.1960 - I ZR 72/59, GRUR 1961, 40, 41 - Wurftaubenpresse; BGH GRUR
  401. 1983, 179, 181 - Stapel-Automat) als auch deren Benutzung (vgl. BGHZ 38,
  402. 391, 392 - Industrieböden; BGH GRUR 1961, 40, 41 - Wurftaubenpresse) bereits unzulässige Verwertungshandlungen dar. Beim gegenwärtigen Sach- und
  403. Streitstand ist allerdings nicht ersichtlich, inwiefern der Klägerin schon durch
  404. das Herstellen der Werkzeuge ein Schaden entstanden sein könnte.
  405. Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht außerdem in Rechnung zu stellen haben, daß ein etwa ergehender Unterlassungsausspruch nicht die Merkmale der eigenen Vorrichtung der
  406. Klägerin wiederzugeben hat, sondern diejenigen der gegebenenfalls nach § 1
  407. UWG als rechtsverletzend anzusehenden Vorrichtungen der Beklagten. Weiter
  408. wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß eine Verurteilung,
  409. die bereits die Benutzung nur eines oder einzelner Merkmale der Vorrichtung
  410. der Beklagten untersagt, voraussetzt, daß bereits dieses eine Merkmal oder
  411. diese einzelnen Merkmale als Geschäftsgeheimnis anzusehen sind und sich
  412. seine oder ihre Benutzung allein nach der vorzunehmenden Interessenabwägung zudem auch als unlauter darstellt.
  413. Im Falle einer erneuten Verurteilung der Beklagten zu 3 und 4 bedürfte
  414. es im übrigen einer sorgfältigen Prüfung, ob und ggf. wegen welcher Handlungen bzw. Tatbeiträge Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche gegen die weiteren Beklagten gerechtfertigt sind. Hierfür genügte nicht in
  415. jedem Fall der Hinweis auf eine Mitstörerhaftung, Organhaftung gemäß § 31
  416. BGB oder Haftung für Beauftragte gemäß § 13 Abs. 4 UWG, zumal bei den
  417. weiteren Beklagten unter Umständen andere Beurteilungsmaßstäbe zugrunde
  418. zu legen sein können als bei den als Angestellte bei der Klägerin ausgeschiedenen Beklagten zu 3 und 4.
  419. - 23 -
  420. Erdmann
  421. Starck
  422. Büscher
  423. Pokrant
  424. Schaffert