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452 lines
17 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 2 StR 36/17
  5. vom
  6. 20. September 2017
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. 1.
  10. 2.
  11. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
  12. ECLI:DE:BGH:2017:200917U2STR36.17.0
  13. -2-
  14. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. September 2017, an der teilgenommen haben:
  15. Richter am Bundesgerichtshof
  16. Dr. Appl
  17. als Vorsitzender,
  18. die Richter am Bundesgerichtshof
  19. Prof. Dr. Krehl,
  20. Dr. Feilcke,
  21. Dr. Grube,
  22. Schmidt,
  23. Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  24. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  25. Rechtsanwalt
  26. als Verteidiger des Angeklagten
  27. G.
  28. ,
  29. Rechtsanwalt
  30. als Verteidiger des Angeklagten
  31. Amtsinspektorin
  32. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  33. für Recht erkannt:
  34. H.
  35. ,
  36. -3-
  37. 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
  38. Landgerichts Gera vom 9. September 2016
  39. a) im Schuldspruch zu Fall II.2 der Urteilsgründe dahingehend klargestellt, dass die Angeklagten G.
  40. und H.
  41. der besonders schweren räuberischen Erpressung in
  42. Tateinheit mit besonders schwerem Raub und gefährlicher
  43. Körperverletzung schuldig sind,
  44. b) mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich beider Angeklagten aufgehoben,
  45. aa) soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist,
  46. bb)
  47. im gesamten Strafausspruch sowie im Ausspruch
  48. über die Unterbringung in der Entziehungsanstalt
  49. und den Vorwegvollzug.
  50. 2. Die Revision des Angeklagten G.
  51. gegen das vorgenannte
  52. Urteil wird verworfen.
  53. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
  54. und die insoweit den Nebenklägern entstandenen Auslagen zu
  55. tragen.
  56. 3. Auf die Revision des Angeklagten H.
  57. wird das vorgenann-
  58. te Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
  59. -4-
  60. a) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe sowie über
  61. den Vorwegvollzug,
  62. b) hinsichtlich der Anordnung und Aufrechterhaltung des
  63. dinglichen Arrests sowie der Entscheidung nach § 111i
  64. Abs. 2 StPO aF.
  65. Seine weitergehende Revision wird verworfen.
  66. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der verbliebenen Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  67. Von Rechts wegen
  68. Gründe:
  69. 1
  70. Das Landgericht hat den Angeklagten G.
  71. wegen schwerer räuberi-
  72. scher Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Entscheidung über den Vorwegvollzug der Strafe
  73. getroffen. Gegen den Angeklagten H.
  74. hat es wegen Widerstands gegen
  75. Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung und Beleidigung unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem anderen Urteil eine erste
  76. Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten und wegen schwerer räuberischer Er-
  77. -5-
  78. pressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Diebstahls und
  79. wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und
  80. vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe unter Aufhebung einer in
  81. einer anderen Entscheidung festgesetzten Gesamtgeldstrafe und Einbeziehung
  82. der dort verhängten Einzelgeldstrafen eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von
  83. sechs Jahren und sechs Monaten verhängt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verbunden mit einer Entscheidung über den
  84. Vorwegvollzug der Strafen angeordnet. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen sowie eine Anordnung über die Aufrechterhaltung dinglichen Arrests getroffen. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang, das Rechtsmittel des Angeklagten H.
  85. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
  86. Erfolg. Die Revision des Angeklagten G.
  87. bleibt erfolglos.
  88. I.
  89. 2
  90. Der Verurteilung des Landgerichts liegen folgende Geschehnisse
  91. zugrunde:
  92. 3
  93. 1. Am 15. Juli 2015 gegen 11.15 Uhr geriet der Angeklagte H.
  94. in eine
  95. Polizeikontrolle. Dabei wurde festgestellt, dass gegen ihn ein Sitzungshaftbefehl
  96. des Amtsgerichts Gera vorlag. Der Angeklagte wollte sich zunächst nicht festnehmen lassen, erklärte sich schließlich aber doch dazu bereit. Ein zur Verstärkung herbeigerufener Polizeibeamter, der davon ausging, der Angeklagte leiste
  97. weiter Widerstand, ging auf ihn zu, um ihn zur Durchsetzung des Haftbefehls
  98. zum Funkstreifenwagen zu bringen. Die Situation eskalierte. Der Angeklagte
  99. versteifte sich und begann durch Bewegungen seines Kopfs sowie durch
  100. -6-
  101. Schläge mit geballten Fäusten auf den Polizeibeamten einzuschlagen. Dies
  102. misslang, weil dieser den Kopf- und Faustschlägen ausweichen konnte. Der
  103. Angeklagte wurde sodann von zwei Polizisten fixiert, zu Boden gebracht und
  104. gefesselt. Als er schließlich zum Streifenwagen gebracht wurde, beleidigte er
  105. die an der Aktion beteiligten Beamten mit den Worten „Fotze“, „Assi“ und
  106. „Pussy“.
  107. 4
  108. 2. Die beiden Angeklagten G.
  109. und H.
  110. hatten nach Freiheitsent-
  111. ziehungen spätestens seit August 2015 wieder miteinander Kontakt. Sie waren
  112. beide betäubungsmittelabhängig und hatten weder Arbeit noch Geld. Am 4. Oktober 2015 fuhren sie in der Nacht von W.
  113. nach M.
  114. und
  115. parkten dort vor der Agrargenossenschaft. Sie sahen zwischen 4.30 und
  116. 4.50 Uhr, wie die später geschädigten Zeugen S.
  117. , C.
  118. Cl.
  119. und K.
  120. St.
  121. auf der Straße zwischen M.
  122. St.
  123. und
  124. ent-
  125. lang liefen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt fassten sie den Entschluss, diese
  126. zu überfallen und unter Vorhalt eines Messers sowie einer Gasdruckpistole zur
  127. Herausgabe von Bargeld und Wertgegenständen aufzufordern. Zunächst fuhren
  128. sie an der Gruppe vorbei und ließen diese sodann den PKW per Fuß überholen. Sie fuhren erneut an den Geschädigten vorbei, stellten das Fahrzeug
  129. schließlich nicht einsehbar ab und gingen diesen dann entgegen. Beide Angeklagte waren vermummt, einer trug ein Messer mit sich, der andere eine Gasdruckpistole. Unter Vorhalt des Messers und der Gasdruckpistole forderten die
  130. Angeklagten die Zeugen zur Herausgabe von Bargeld und Mobiltelefonen auf.
  131. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, versetzte der Angeklagte mit dem
  132. Messer dem Zeugen C.
  133. St.
  134. einen Faustschlag ins Gesicht, durch den
  135. der Zeuge – von der Rückseite des Messers getroffen – zu Boden ging. Er verlor dabei sein Mobiltelefon, das die Angeklagten an sich nahmen. In der Folge
  136. übergab der Zeuge S.
  137. seinen Geldbeutel mit ca. 100 Euro und diversen
  138. -7-
  139. Ausweispapieren sowie sein Handy, zusätzlich auch 60 Euro Bargeld, das er
  140. auf Aufforderung aus der Hosentasche des am Boden liegenden C.
  141. St.
  142. entnommen hatte. Cl.
  143. St.
  144. übergab den Angeklagten auf Aufforde-
  145. rung ihre Handtasche, die sie auf mögliche Beute hin durchsuchten.
  146. 5
  147. C.
  148. St.
  149. erlitt infolge des Schlages eine blutende Wunde im Ge-
  150. sicht sowie Schmerzen; die rechte Gesichtshälfte schwoll an. Beide Angeklagte
  151. hatten dies für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen.
  152. 6
  153. 3./4. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem
  154. 29. Oktober 2015 um 22.00 Uhr und dem 30. Oktober 2015 um 13.00 Uhr
  155. entwendete der Angeklagte H.
  156. dem Kennzeichen
  157. die beiden Kraftfahrzeugkennzeichen mit
  158. , die er sodann vor dem 31. Oktober 2015 um
  159. 22.14 Uhr an dem nicht zugelassenen und nicht haftpflichtversicherten Fahrzeug VW Golf des Zeugen
  160. Kr.
  161. anbrachte. Mit diesem Fahrzeug fuhr er
  162. am späten Abend des 31. Oktober 2015 in Ge. , obwohl er keine Erlaubnis
  163. zum Führen von Kraftfahrzeugen besaß. Im Kofferraum des PKW befand sich
  164. eine Gasdruckpistole, ohne dass der Angeklagte im Besitz der dafür erforderlichen waffenrechtlichen Erlaubnis war.
  165. II.
  166. 7
  167. Die Revisionen haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
  168. Erfolg.
  169. -8-
  170. 8
  171. 1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
  172. 9
  173. a) Das Rechtsmittel führt im Schuldspruch zu Fall II.2 der Urteilsgründe
  174. zur Klarstellung, dass die Angeklagten im Hinblick auf den Einsatz von Messer
  175. und Gasdruckpistole der besonders schweren räuberischen Erpressung
  176. schuldig sind. Zugleich war – die Angeklagten haben unter Einsatz dieser Nötigungsmittel das Mobiltelefon des Zeugen St.
  177. weggenommen – in den
  178. Schuldspruch die tateinheitliche Verwirklichung eines besonders schweren
  179. Raubes nach § 250 Abs. 2 StGB aufzunehmen.
  180. 10
  181. b) Die Revision hat Erfolg, soweit das Landgericht bei beiden Angeklagten von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen hat.
  182. 11
  183. aa) Zu Recht beanstandet die Revisionsführerin, dass das Landgericht
  184. die Ablehnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hinsichtlich des
  185. Angeklagten H.
  186. nicht tragfähig begründet hat. Die Annahme, der Angeklag-
  187. te sei nicht infolge eines Hanges für die Allgemeinheit gefährlich, beruht bereits
  188. auf einem falsch verstandenen und deshalb unzutreffenden rechtlichen
  189. Maßstab.
  190. 12
  191. Das Merkmal des Hanges im Sinne von § 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1
  192. Nr. 4 StGB verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn
  193. immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist danach derjenige,
  194. der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet,
  195. ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag. Der Hang als „eingeschliffenes Verhaltensmuster“ bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 204).
  196. -9-
  197. 13
  198. Das Landgericht hat trotz der gutachterlich getroffenen Feststellung, der
  199. Angeklagte sei bereits mehrfach als Straftäter ermittelt und auch bereits verurteilt worden, habe Strafen verbüßt, wobei alles dies keine Verhaltensänderung
  200. bewirkt habe, einen eingeschliffenen inneren Zustand des Angeklagten, der ihn
  201. immer wieder Straftaten begehen lasse, verneint. Dabei hat es sich ersichtlich
  202. – wie sich dem Gesamtzusammenhang der landgerichtlichen Ausführungen
  203. entnehmen lässt – vor allem auf die Erwägung gestützt, die Delinquenz des
  204. Angeklagten beruhe auf der bei ihm bereits im Kindesalter einsetzenden Suchtproblematik, an die im Tatzeitraum auch die Gewaltproblematik wesentlich
  205. anknüpfe. Die Suchterkrankung sei aber bisher nicht hinreichend therapeutisch
  206. behandelt worden. Auch habe der Angeklagte, der bereits im Alter von
  207. 14 ½ Jahren straffällig geworden sei, eine Entwicklung und Reifung seiner
  208. Persönlichkeit im Alter der Pubertät und Adoleszenz nur unter Haftbedingungen
  209. erlebt. Diese Überlegungen, die nicht in genügender Weise berücksichtigen,
  210. dass der Angeklagte entsprechend der zuvor geschilderten Kriminalitätsentwicklung in der Vergangenheit immer wieder Straftaten begangen hat, lassen
  211. besorgen, es könne der Strafkammer insoweit aus dem Blick geraten sein, dass
  212. es für die Annahme des Hanges unerheblich ist, auf welcher Ursache das
  213. eingeschliffene Verhaltensmuster beruht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010
  214. – 4 StR 210/10). Die Annahme eines Hanges kommt danach grundsätzlich
  215. auch dann in Betracht, wenn die Ursache für die Begehung der Straftaten in
  216. einer Suchterkrankung liegt.
  217. 14
  218. Schon angesichts dieses unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkts
  219. bedarf es hinsichtlich der Sicherungsverwahrung neuer Verhandlung und
  220. Entscheidung. Ergänzend weist der Senat auf die vom Generalbundesanwalt in
  221. seiner Antragsschrift festgestellten Unzulänglichkeiten des von der Strafkammer ihrer Bewertung zugrunde gelegten Gutachtens der Sachverständigen,
  222. - 10 -
  223. insbesondere auch zur Kriminalitätsbelastung des Angeklagten, hin, die von der
  224. Sachverständigen kaum nachvollziehbar gewürdigt wird. Diese entziehen nicht
  225. nur der hilfsweise angestellten Ermessensausübung des Landgerichts, auch bei
  226. Annahme eines Hanges hätte man von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen, die Grundlage. Sie lassen es auch zweckmäßig erscheinen, in
  227. der neuen Hauptverhandlung einen anderen Sachverständigen zu beauftragen.
  228. 15
  229. bb) Auch hinsichtlich des Angeklagten G.
  230. hat die Strafkammer ihrer
  231. Entscheidung über das Vorliegen eines Hanges einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt. Bei ihrer knappen formelhaften Würdigung, in
  232. der sie im Wesentlichen auf die Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen Bezug nimmt, geht sie von der Notwendigkeit aus, diejenigen Straftaten, die zur Begründung der formellen Voraussetzungen erforderlich gewesen
  233. seien, wie auch die abzuurteilende Anlasstat daraufhin zu untersuchen, ob
  234. diese symptomatisch für die verbrecherische Neigung und eine von dem Angeklagten ausgehende Gefahr seien. Damit verengt sie die von ihr vorzunehmende Gesamtwürdigung, weil sie damit weitere Straftaten des Angeklagten außer
  235. Betracht lässt, denen massive Gewalttätigkeiten aus nichtigem Anlass zugrunde lagen.
  236. 16
  237. Hinzu kommt auch hier, dass das Landgericht seine Entscheidung
  238. wesentlich (auch) auf die sachverständige Einschätzung stützt, „jenseits der
  239. Abhängigkeitserkrankung und dem damit im Zusammenhang stehenden
  240. Gewaltrisiko könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Hang des Angeklagten im
  241. Sinne des § 66 StGB nicht bejaht werden“. Ungeachtet der auch hinsichtlich
  242. dieses Angeklagten zweifelhaften Einschätzungen der Sachverständigen, auf
  243. die der Generalbundesanwalt bereits in seiner Zuschrift aufmerksam gemacht
  244. hat, lassen diese Ausführungen besorgen, bei der Prüfung des Hanges gemäß
  245. - 11 -
  246. § 66 StGB blieben nach Ansicht der Strafkammer Straftaten außer Betracht,
  247. denen wie bei dem Angeklagten eine „Abhängigkeitserkrankung“ zugrunde liege. Dies steht freilich im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es auf die Ursachen des eingeschliffenen Verhaltensmusters gerade nicht ankommt.
  248. 17
  249. cc) Die Aufhebung der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung führt
  250. zur Aufhebung auch der jeweiligen Strafaussprüche. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anordnung von Sicherungsverwahrung mildere
  251. Strafen gegen die Angeklagten verhängt hätte.
  252. 18
  253. Der Senat hebt wegen des inneren Zusammenhangs mit der Prüfung des
  254. § 66 StGB auch die Anordnungen über die Unterbringung in der Entziehungsanstalt auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu einer in sich stimmigen
  255. Straf- und Maßregelentscheidung zu geben. Dies bedingt auch den Wegfall der
  256. jeweiligen Anordnungen über den Vorwegvollzug der Strafe.
  257. 19
  258. 2. Die Revision des Angeklagten G.
  259. 20
  260. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
  261. 21
  262. a) Die Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in
  263. seiner Zuschrift mitgeteilten Gründen nicht durch.
  264. 22
  265. b) Der Schuldspruch wie auch der Rechtsfolgenausspruch weisen keine
  266. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Dies gilt auch, soweit das
  267. Landgericht den Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe im Hinblick auf die
  268. durch das Messer zugefügte Verletzung wegen gefährlicher Körperverletzung
  269. nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB verurteilt hat. Die nicht näher begründete
  270. - 12 -
  271. Annahme der Strafkammer, beide Angeklagte hätten die Körperverletzung
  272. eines Opfers durch den Einsatz von zunächst nur zu Drohzwecken mitgeführten
  273. Messer oder Gasdruckpistole für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Es liegt angesichts der bereits
  274. vielfach dokumentierten Gewaltbereitschaft beider Angeklagter auf der Hand,
  275. dass die Anwendung von Gewalt durch den jeweils anderen im Verlaufe des
  276. Überfalls, insbesondere dann, wenn die eingesetzten Drohungen nicht oder
  277. nicht unmittelbar zum Erfolg führen würden, billigend in Kauf genommen
  278. worden ist. Aus diesem Grund stellt der Einsatz des Messers, der keinem der
  279. Angeklagten konkret zugerechnet werden konnte, keinen Mittäterexzess dar.
  280. 23
  281. 3. Die Revision des Angeklagten H.
  282. 24
  283. Das Rechtsmittel hat nur teilweise – hinsichtlich der Gesamtstrafenaussprüche sowie der Entscheidungen über den Vorwegvollzug sowie mit Blick auf
  284. die Arrestentscheidungen – Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet.
  285. 25
  286. a) Der Schuldspruch ist – insoweit wird auf die Ausführungen zur Revision des Angeklagten G.
  287. Bezug genommen – ebenso ohne Rechtsfehler wie
  288. die Einzelstrafaussprüche sowie die Anordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt.
  289. 26
  290. b) Hingegen weisen die Gesamtstrafenaussprüche Rechtsfehler zum
  291. Nachteil des Angeklagten auf.
  292. 27
  293. Nach den Feststellungen ereignete sich die letzte durch den Strafbefehl
  294. des Amtsgerichts Arnstadt vom 7. März 2016 geahndete Tat am 1. März 2015
  295. und damit – wie die Tat II.1 der Urteilsgründe – vor Erlass des Urteils des
  296. Amtsgerichts Gera vom 19. August 2015, dem insoweit Zäsurwirkung zukommt.
  297. - 13 -
  298. Die Einzelgeldstrafen aus diesem Strafbefehl hätten daher ebenfalls in die erste
  299. und nicht in die zweite Gesamtstrafe einbezogen werden müssen. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung beider Gesamtstrafenaussprüche und damit auch zur
  300. Aufhebung des Ausspruchs über den Vorwegvollzug der Strafe vor der rechtsfehlerfrei angeordneten Unterbringung in der Entziehungsanstalt.
  301. 28
  302. c) Die Entscheidungen über die Anordnung und die Aufrechterhaltung
  303. des dinglichen Arrests sowie die in den Urteilsgründen der Sache nach
  304. getroffene Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO aF begegnen durchgreifenden Bedenken. Sie beziehen sich jeweils auf das bei dem Angeklagten am
  305. 31. Oktober 2015 sichergestellte Bargeld und erweisen sich schon insoweit, als
  306. die Bezeichnung eines bestimmten Betrages fehlt, als nicht hinreichend
  307. bestimmt.
  308. Appl
  309. Krehl
  310. Grube
  311. Feilcke
  312. RiBGH Schmidt ist
  313. wegen Urlaubs an der
  314. Unterschrift gehindert.
  315. Appl