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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- VERSÄUMNISURTEIL
- V ZR 266/12
- Verkündet am:
- 9. Mai 2014
- Langendörfer-Kunz
- Justizangestellte
- als Urkundsbeamtin
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
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- Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
- vom 9. Mai 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
- Dr. Lemke und die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Brückner und
- Weinland
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- für Recht erkannt:
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des
- Kammergerichts vom 16. Oktober 2012 aufgehoben.
- Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
- über
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- die
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- Kosten
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- des
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- Revisionsverfahrens,
-
- an
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- das
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- Berufungsgericht zurückverwiesen.
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- Von Rechts wegen
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- Tatbestand:
- 1
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- Die
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- Beklagte
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- beauftragte
-
- die
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- Firma
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- T.
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- GmbH mit dem Verkauf einer gebrauchten vermieteten Eigentumswohnung.
- Mitarbeiter dieser Firma führten Beratungsgespräche mit der Klägerin und
- ihrem (im Verlauf des Rechtsstreits verstorbenen) Ehemann und stellten in
- einem Gespräch am 12. August 2006 die Eigentumswohnung der Beklagten
- vor. Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag gaben die Klägerin und ihr
- Ehemann ein Kaufangebot ab, das die folgende Klausel enthält:
- „An dieses Angebot hält sich Käufer auf die Dauer von 4 Wochen
- von heute an gebunden. Nach Ablauf dieser Frist erlischt nicht das
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- Angebot, sondern nur die Bindung hieran. Die Annahme des
- Angebots kann solange erklärt werden, solange dem
- beurkundenden Notar gegenüber das Angebot nicht schriftlich
- widerrufen
- worden
- ist.
- Für
- die
- Wirksamkeit
- des
- Vertragsabschlusses soll die Beurkundung der Annahmeerklärung
- ausreichen.
- Des
- Zuganges
- einer
- Ausfertigung
- der
- Annahmeerklärung beim Käufer bedarf es zur Wirksamkeit nicht.“
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- Mit notarieller Erklärung vom 2. Oktober 2006 nahm die Beklagte das
- Angebot an. Die Käufer zahlten den Kaufpreis in Höhe von 91.000 € und
- wurden als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
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- Auf die Klage hat das Landgericht die Beklagte - soweit von Interesse zur Rückzahlung von 91.000 € Zug um Zug gegen Rückübereignung und
- Rückgabe der Eigentumswohnung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten
- hat das Kammergericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat
- zugelassenen Revision will die Klägerin die Zurückweisung der Berufung
- erreichen.
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- Entscheidungsgründe:
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- I.
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- Das Berufungsgericht meint, der Kaufvertrag sei zustande gekommen,
- weil das Angebot der Klägerin und ihres Ehemannes im Zeitpunkt der Annahme
- noch nicht erloschen gewesen sei. Die maßgebliche Klausel sei nicht gemäß
- § 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie sehe lediglich eine Bindung von vier Wochen
- vor. Auch sei nicht zu beanstanden, dass das Angebot nach Ablauf dieser Frist
- widerruflich fortgelte. Den Käufern habe es ohne weiteres offen gestanden, von
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- dem Vertrag Abstand zu nehmen. Auf die schuldhafte Verletzung eines
- zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrags könne sich die
- Klägerin nicht stützen, weil jedenfalls kein Beratungsfehler ersichtlich sei.
- II.
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- Über die Revision der Klägerin ist durch Versäumnisurteil zu
- entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der
- Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962
- - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).
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- Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher
- Nachprüfung nicht stand.
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- 1. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht einen Anspruch der
- Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises von 91.000 € Zug um Zug gegen
- Rückgabe und Rückübereignung der Eigentumswohnung gemäß § 812 Abs. 1
- Satz 1 Alt. 1 BGB. Die Käufer haben den Kaufpreis ohne Rechtsgrund
- geleistet, weil ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen ist.
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- a) Bei der Angebotsannahme durch die Beklagte war die in dem
- Kaufangebot bestimmte vierwöchige Bindungsfrist, die sich - regelmäßig und
- auch hier - mit der dem Empfänger für die Annahme des Angebots
- eingeräumten Frist (§ 148 BGB) deckt, verstrichen; denn die Beklagte hat die
- Annahmeerklärung erst nach Ablauf von fast zwei Monaten abgegeben.
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- b) Die in dem Angebot enthaltene Erklärung, dass nach Ablauf der
- vierwöchigen Bindungsfrist nur die Bindung an das Angebot, nicht aber das
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- Angebot selbst erlöschen solle, führt nicht zu einer Fortgeltung des Angebots,
- weil die Klausel gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
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- aa) Unter Bezugnahme auf die Feststellungen und die rechtliche
- Würdigung des Landgerichts sieht das Berufungsgericht die Klausel als von der
- Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung an. Dies ist nicht zu
- beanstanden, nachdem das Landgericht festgestellt hat, dass der Inhalt des
- Kaufangebots von der gewerblich im Grundstückshandel tätigen Beklagten
- vorgegeben war und nicht zur Disposition der Käufer stand. Danach unterliegt
- die Klausel gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB den Vorschriften über die
- richterliche Kontrolle des Inhalts Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307
- bis 309 BGB) und wird als Vertragsabschlussklausel von § 308 Nr. 1 BGB
- erfasst (vgl. zu Letzterem Senat, Urteile vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW
- 2010, 2873 Rn. 7; vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 11 ff.;
- vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, ZfIR 2014, 51 Rn. 9; vom
- 22. November 2013 - V ZR 229/12, juris Rn. 13; vom 17. Januar 2014
- - V ZR 5/12, NJW 2014, 857 Rn. 6).
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- bb) Der Senat hat - allerdings erst nach dem Erlass des angefochtenen
- Urteils - entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen,
- nach denen das Angebot des anderen Teils - wie hier - unbefristet fortbesteht
- und von dem Verwender jederzeit angenommen werden kann, auch dann mit
- § 308 Nr. 1 Halbs. 1 BGB unvereinbar sind, wenn sich der andere Teil durch
- einen Widerruf von seinem Angebot lösen kann (näher Senat, Urteil vom
- 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 11 ff.).
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- cc) Danach war das Angebot der Käufer im Zeitpunkt der Annahme
- gemäß § 146 BGB erloschen. Anhaltspunkte dafür, dass die Käufer die
- verspätete Annahmeerklärung der Beklagten, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als
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- neues Angebot gilt, angenommen haben, sind nicht ersichtlich. Eine Annahme
- durch Schweigen kommt bei beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäften
- nicht in Betracht. Die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen
- Handlungen wie etwa die Kaufpreiszahlung sind grundsätzlich nicht als
- schlüssige Annahmeerklärung auszulegen (näher Senat, Urteil vom 11. Juni
- 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 16 ff.).
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- 2. Ob die Klägerin den Rückzahlungsanspruch auch auf § 280 Abs. 1
- BGB wegen schuldhafter Verletzung der Pflichten aus einem zwischen den
- Kaufvertragsparteien geschlossenen Beratungsvertrag stützen könnte, kann
- offenbleiben. Denn über den Bereicherungsanspruch hinausgehende Rechte
- könnten sich aus § 280 Abs. 1 BGB im Hinblick auf den nunmehr allein
- verfahrensgegenständlichen Rückzahlungsanspruch nicht ergeben.
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- III.
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- Danach ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
- (§ 562 Abs. 1 ZPO; § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht im
- Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht
- hat - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen
- zu der Höhe des Bereicherungsanspruchs der Klägerin getroffen, insbesondere
- im Hinblick auf etwaige Nutzungen bzw. Verwendungen auf die Sache (vgl.
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- dazu Senat, Urteile vom 17. Januar 2014 - V ZR 5/12, NJW 2014, 857 Rn. 17
- und vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, ZfIR 2014, 51 Rn. 31 ff. jeweils
- mwN).
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- Stresemann
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- Lemke
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- Brückner
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- Schmidt-Räntsch
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- Weinland
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- Vorinstanzen:
- LG Berlin, Entscheidung vom 10.02.2011 - 23 O 6/10 KG Berlin, Entscheidung vom 16.10.2012 - 7 U 67/11 -
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