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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. RiZ(R) 2/08
  5. vom
  6. 16. Oktober 2008
  7. in dem Prüfungsverfahren
  8. Nachschlagewerk:
  9. ja
  10. BGHZ:
  11. nein
  12. BGHR:
  13. ja
  14. DRiG §§ 6 Abs. 3, 62 Nr. 4 e
  15. Ein Rechtspfleger ist nicht befugt, eine Maßnahme der Dienstaufsicht nach
  16. § 62 Nr. 4 e DRiG i.V. mit § 26 Abs. 3 DRiG anzufechten.
  17. BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 16. Oktober 2008 - RiZ(R) 2/08
  18. Dienstgerichtshof beim Oberlandesgericht Hamm
  19. Dienstgericht beim Landgericht Düsseldorf
  20. -2-
  21. des Justizamtmanns
  22. Antragsteller und Revisionskläger,
  23. gegen
  24. das Land
  25. Antragsgegner und Revisionsbeklagter,
  26. wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht
  27. -3-
  28. Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat ohne mündliche Verhandlung am 16. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
  29. Dr. Rissing-van Saan,
  30. die
  31. Richter
  32. am
  33. Bundesgerichtshof
  34. Prof. Dr. Kniffka, Dr. Joeres und Prof. Dr. Fischer sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Mayen
  35. für Recht erkannt:
  36. Die Revision des Antragstellers wird zurückgewiesen.
  37. Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Der Antragsteller, ein Justizamtmann, ist als Rechtspfleger am Amtsgericht W.
  42. tätig. Er wendet sich mit vor dem Dienstgericht für Richter erhobe-
  43. nen Anträgen gegen Maßnahmen der Dienstaufsicht.
  44. 2
  45. Mit Schreiben vom 1. März 2005 teilte die Direktorin des Amtsgerichts
  46. dem Antragsteller unter dem Betreff "Prüfung von Betreuungen, Vormundschaften pp., in denen ein Vermögen von mehr als 200.000 Euro verwaltet wird" mit,
  47. sie habe in verschiedenen Verfahren zur Kenntnis nehmen müssen, dass der
  48. Antragsteller die Verfahrensbeteiligten um Zustimmung zur Einsicht durch den
  49. Präsidenten des Landgerichts D.
  50. ersuche. Dieser Zustimmung bedürfe
  51. -4-
  52. es nicht. Sie forderte den Antragsteller auf, derartige Zustimmungsanfragen an
  53. die Verfahrensbeteiligten umgehend zu unterlassen und etwaige zur Prüfung
  54. anstehende Betreuungsakten ungeachtet einer nachgefragten, aber nicht erteilten Zustimmung unverzüglich weiterzuleiten.
  55. 3
  56. Mit Disziplinarverfügung vom 24. August 2005 erteilte der Präsident des
  57. Landgerichts D.
  58. in anderem Zusammenhang einen Verweis.
  59. Mit Schriftsatz vom 18. März 2006 hat sich der Antragsteller an das
  60. 4
  61. Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf mit den Anträgen gewandt,
  62. gemäß § 26 Abs. 3 DRiG festzustellen, dass
  63. 5
  64. a) die Disziplinarverfügung der Direktorin des Amtsgerichts W.
  65. nach
  66. Maßgabe des Beamten- und Disziplinarrechts des Landes NRW unvereinbar
  67. mit der sachlichen Unabhängigkeit - Art. 97 Abs. 1 GG/§ 9 RPflG - des als nicht
  68. hauptamtlich und planmäßig angestellten Einzelrichters im richterlichen Verwendungsamt tätigen Klägers ist, und zwar als eine mit der sachlichen Unabhängigkeit unvereinbare Maßnahme an sich und als unzulässige Disziplinarmaßnahme nach § 26 Abs. 2 DRiG insbesondere,
  69. 6
  70. b) die unter dem 1. März 2005 auf Aufforderung des Vizepräsidenten des
  71. Landgerichts D.
  72. unter Androhung der Einleitung von disziplinarischen
  73. Maßnahmen erlassene dienstliche Anweisung, ab sofort in Betreuungs- und
  74. vormundschaftsgerichtlichen Angelegenheiten es zu unterlassen, den Beteiligten nach Maßgabe des Gesetzes und der Verfassung rechtliches Gehör und ein
  75. faires Verfahren zu gewähren, unvereinbar mit der sachlichen Unabhängigkeit
  76. des Klägers ist.
  77. -5-
  78. Das Dienstgericht für Richter hat den Antrag mit Gerichtsbescheid vom
  79. 7
  80. 19. Juli 2006 als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Antragsteller fehle für einen Antrag nach § 26 Abs. 3
  81. DRiG die Befugnis, denn die Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes gälten nur für Berufsrichter. Zu diesem Personenkreis gehöre der Antragsteller
  82. nicht.
  83. 8
  84. Die dagegen gerichtete Berufung des Antragstellers hat der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom
  85. 16. November 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Dienstgerichtshof
  86. auf den Bescheid des Dienstgerichts Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, der Antragsteller könne durch die angefochtenen Maßnahmen schon
  87. deshalb nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletzt sein, weil ihm diese
  88. in seiner Eigenschaft als Rechtspfleger nicht zustehe. Der Gesetzgeber habe
  89. zwar deutlich gemacht, dass dem Rechtspfleger eine besondere, der des Richters in gewissem Umfang vergleichbare Rechtsstellung zukomme. Es fehle ihm
  90. aber die für die Rechtsstellung des Richters charakteristische persönliche Unabhängigkeit, da er dienstrechtlich auch bei der Wahrnehmung richterlicher Geschäfte Beamter des gehobenen Dienstes bleibe.
  91. 9
  92. Mit der Revision verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er
  93. macht im Wesentlichen geltend, der Rechtspfleger sei in der Gesetzgebung wie
  94. in der höchstrichterlichen Rechtsprechung einem sachlich unabhängigen Richter gleichgestellt. Auf ihn fänden alle zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit vom einfachen Gesetzgeber geschaffenen Schutzvorschriften unmittelbar
  95. Anwendung.
  96. 10
  97. Der Antragsteller beantragt,
  98. -6-
  99. die angefochtene Entscheidung aufzuheben und antragsgemäß zu entscheiden oder die Sache an den Dienstgerichtshof für Richter zurückzuverweisen.
  100. 11
  101. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Revisionsschrift vom
  102. 10. März 2008 Bezug genommen.
  103. 12
  104. Der Antragsgegner beantragt,
  105. die Revision zurückzuweisen.
  106. 13
  107. Wegen seines Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 22. April 2008
  108. verwiesen.
  109. 14
  110. Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
  111. Entscheidungsgründe:
  112. 15
  113. Die zulässige Revision (§ 80 Abs. 2 DRiG) ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Prüfungsantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig
  114. zurückgewiesen, weil ihm die Antragsbefugnis fehlt. Ein Rechtspfleger ist nicht
  115. befugt, eine Maßnahme der Dienstaufsicht nach § 62 Nr. 4 e DRiG, § 37 Nr. 4 e
  116. LRiG NW i.V. mit § 26 Abs. 3 DRiG anzufechten.
  117. -7-
  118. I.
  119. 16
  120. Das Dienstgericht für Richter ist nach Maßgabe des § 62 Nr. 4 e DRiG,
  121. § 37 Nr. 4 e LRiG NW zuständig für Anfechtungen einer Maßnahme der Dienstaufsicht aus den Gründen des § 26 Abs. 3 DRiG. Der Anfechtung nach § 26
  122. Abs. 3 DRiG liegt die Behauptung eines Richters zugrunde, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige. Die Vorschriften des Gesetzes gelten, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, nur für
  123. Berufsrichter, § 2 DRiG, vgl. auch § 1 LRiG NW. Berufsrichter im Sinne des
  124. Deutschen Richtergesetzes kann nur derjenige sein, der in einem öffentlichrechtlichen Richterverhältnis auf Lebenszeit, auf Zeit, auf Probe oder kraft Auftrags zum Bund oder zu einem Land steht, § 3 und § 8 DRiG. Berufsrichter werden durch Aushändigung einer Urkunde ernannt, § 17 DRiG. Dazu gehören
  125. Rechtspfleger nicht. Das Deutsche Richtergesetz trifft keine Bestimmung, dass
  126. Rechtspfleger Maßnahmen der Dienstaufsicht nach § 26 Abs. 3 DRiG anfechten können. Dass Rechtspfleger sachlich unabhängig und nur an das Gesetz
  127. gebunden sind, § 9 RPflG, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht die Anwendung des § 26 Abs. 3 DRiG.
  128. 17
  129. Auf die Erwägungen des Antragstellers zur sachlichen Unabhängigkeit
  130. des Rechtspflegers (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1991 - 2 B
  131. 19/91, zitiert nach juris) kommt es, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben,
  132. für die Zulässigkeit des Antrags vor dem Dienstgericht für Richter nicht an.
  133. 18
  134. Der vom Dienstgericht für Richter angeregten Verweisung an das Verwaltungsgericht hat sich der Antragsteller widersetzt.
  135. -8-
  136. II.
  137. 19
  138. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V. mit
  139. § 154 VwGO.
  140. 20
  141. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf
  142. 5.000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).
  143. Rissing-van Saan
  144. Kniffka
  145. Fischer
  146. Joeres
  147. Mayen
  148. Vorinstanzen:
  149. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.07.2006 - DG 1/2006 OLG Hamm, Entscheidung vom 16.11.2007 - 1 DGH 4/06 -